S. 73 / Nr. 18 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 58 III 73

18. Entscheid vom 27. April 1933 i. S. Vogt.

Regeste:
Die Rechtsprechung, welche die in den Statuten der Pensions- und Hilfskasse
der S B. B. für die Kassenleistungen aufgestellte Unpfändbarkeitsvorschrift
als gültig anerkannt hat, wird bestätigt.
Confirmation de la jurisprudence qui reconnaît la validité de IB disposition
par laquelle les statuts de la Caisse de pensions et de secoure des CFF
instituent l'insaisissabilité des prestations de ladite caisse.
Conferma della giurisprudenza che ammette l'inoppignorabilits delle
prestazioni della Cassa pensioni e soccorsi della SFF.

A. - In einer Betreibung gegen den Rekurrenten pfändete das Betreibungsamt
Wangen (Kanton Schwyz) von der Pension, welche dieser als ehemaliger Zugführer
von der Pensions- und Hilfskasse der Schweizerischen

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Bundesbahnen bezieht, einen Betrag von 15 Fr. pro Monat. Die Pfändung wurde
von der kantonalen Aufsichtsbehörde durch Beschwerdeentscheid vom 30. März
1932 geschützt. Die Aufsichtsbehörde anerkannte, dass die Pension in den vom
Verwaltungsrat der Bundesbahnen aufgestellten Statuten als unpfändbar
bezeichnet sei, bestritt aber dem Verwaltungsrat die Kompetenz, eine solche
Vorschrift zu erlassen; letztere sei daher ungültig, was noch umso mehr gelten
müsse, als sie zum mindesten gegenüber den nicht öffentlichen Beamten und
Angestellten eine Rechtsungleichheit bedeuten würde.
B. - Gegen diesen Entscheid richtet sich der vorliegende, rechtzeitig
eingereichte Rekurs, mit welchem der Schuldner den Antrag auf Aufhebung der
Pfändung wiederholt.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
Die Unpfändbarkeit der von der Pensions- und Hilfskasse der Schweizerischen
Bundesbahnen auszurichtenden Leistungen ist in Art. 18 Abs. 1 der Statuten vom
31. August 1921 ausgesprochen. Zur Aufstellung der Statuten war der
Verwaltungsrat durch Art. 17 Ziff. 18 des Bundesgesetzes betreffend die
Erwerbung und den Betrieb von Eisenbahnen für Rechnung des Bundes und die
Organisation der Verwaltung der schweizerischen Bundesbahnen vom 15. Oktober
1897 (Rückkaufsgesetz) ermächtigt, mit dem in Art. 13 lit. B Ziff. 5 desselben
Gesetzes gemachten Vorbehalt der Genehmigung durch den Bundestat, welche
dieser den geltenden Statuten am 22. November 1921 erteilt hat. Als
Verordnung, deren Erlass durch Gesetz delegiert wurde, können die Statuten
demnach innert den Schranken dieser Delegation auch allgemein verbindliche
Vorschriften enthalten. Dabei sind die Behörden, welche sie anzuwenden haben,
befugt zu überprüfen, ob die Vorschriften nicht über jene Schranken
hinausgehen, da sie insoweit unverbindlich wären (Art. 113 Abs. 3 BV).

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Das Bundesgericht hat in den bisherigen Entscheidungen, welche sich mit dieser
Frage befassten, als evident vorausgesetzt, dass die Unpfändbarkeitsbestimmung
durch das Rückkaufsgesetz gedeckt sei (siehe BGE 46 III S. 59 und dortige
Verweisungen). Von der Vorinstanz wird das nun verneint; jedoch zu Unrecht.
Die Pensions- und Hilfskasse der Bundesbahnen ist eine Fürsorgeeinrichtung für
das Personal. Zur Ausgestaltung der Fürsorge gehörte, dass nicht nur das
interne Verhältnis, die Leistungspflicht der Kasse gegenüber den Versicherten
geregelt wurde, sondern auch die Art und Weise, wie die Leistungen dem Zugriff
Dritter ausgesetzt sein sollen. Auch das macht einen Teil ihrer Beschaffenheit
aus. Wenn das Rückkaufsgesetz dem Verwaltungsrat die Aufstellung der Statuten
übertrug, so war demnach darin auch die Ermächtigung enthalten, die Leistungen
der Kasse als unpfändbar zu erklären. Könnten darüber noch Zweifel bestehen,
so würden sie durch das Bundesgesetz über die Versicherungskasse für die
eidgenössischen Beamten, Angestellten und Arbeiter vom 30. September 1919
beseitigt, wo in Art. 8 ebenfalls eine solche Unpfändbarkeitsvorschrift
aufgestellt ist. Daraus ergibt sich in zwingender Weise, dass im
Rückkaufsgesetz eine Ermächtigung im gleichen Sinne ausgesprochen werden
wollte. Der Frage, ob die Unpfändbarkeitsbestimmung eine Ungleichheit
gegenüber andern Bevölkerungskreisen bedeute, kommt unter diesen Umständen
keine Bedeutung zu.
Die Praxis des Bundesgerichtes, welche die Vorschrift als gültig anerkannt
hat, ist also zu bestätigen. Das führt zur Gutheissung des vorliegenden
Rekurses, ohne dass die Anwendbarkeit von Art. 93 SchKG geprüft werden müsste.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird gutgeheissen und die Pfändung aufgehoben.
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 58 III 73
Date : 01 janvier 1931
Publié : 27 avril 1932
Source : Tribunal fédéral
Statut : 58 III 73
Domaine : ATF - Droit des poursuites et de la faillite
Objet : Die Rechtsprechung, welche die in den Statuten der Pensions- und Hilfskasse der S B. B. für die...
Classification : Confirmation de la Jurisprudence


Répertoire des lois
Cst: 113
LP: 93
Répertoire ATF
46-III-57 • 58-III-73
Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
conseil d'administration • question • tribunal fédéral • délégué • autorisation ou approbation • nullité • travailleur • calcul • pratique judiciaire et administrative • mois • autorité inférieure • 1919 • débiteur • droit des poursuites et faillites • doute • minorité • office des poursuites