S. 32 / Nr. 9 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 58 III 32

9. Entscheid vom 18. März 1932 i.S.H. Hessenmüller Söhne, G. m. b. H.

Regeste:
Dem Betriebenen kann nicht verwehrt werden, die an das Betreibungsamt bezahlte
Betreibungssumme zur Sicherung seiner betreibungsrechtlichen
Rückforderungsklage mit Arrest belegen zu lassen.
On ne peut interdire au débiteur de séquestrer - en vue d'une action en
répétition de l'indu - la somme en poursuite payée par lui à l'office.

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Non si può vietare al debitore di sequestrare, allo scopo di garantire
l'azione per la ripetizione dell'indebito che gli compete in virtù dell'art.
86 LEF, la somma oggetto dell'esecuzione che fu pagata all'ufficio.

A. - In der Betreibung der Firma H. Hessenmüller Söhne G. m. b. H. in
Ludwigshafen gegen H. Meyers Erben in Rheinfelden für 1795 Fr. 50 nebst 5%
Zins seit 16. Oktober 1930 leisteten die Betriebenen zunächst
Abschlagszahlungen von insgesamt 1100 Fr. und übergaben sodann am 14. Oktober
1931, um die drohende Verwertung der gepfändeten Liegenschaft abzuwenden, dem
Betreibungsamt weitere 700 Fr. Letztere lieferte das Betreibungsamt nicht an
H. Hessenmüller Söhne G. m. b. H. ab, weil sie als Arrestgegenstand in einem
Arrestbefehl des Gerichtspräsidiums Rheinfelden genannt wurden, welchen H.
Meyers Erben noch am gleichen Tage für ihren Rückforderungsanspruch gegen H.
Hessenmüller Söhne G. m. b. H. erwirkten, den sie daraus herleiten wollen,
dass die in Betreibung gesetzte Forderung von H. Hessenmüller Söhne G. m. b.
H. in Wahrheit erheblich kleiner sei als die Betreibungssumme. Mit der
vorliegenden Beschwerde, soweit noch streitig, verlangt die H. Hessenmüller
Söhne G. m. b. H. Ablieferung der von H. Meyers Erben geleisteten 700 Fr.
B. - Die obere kantonale Aufsichtsbehörde hat am 23. Dezember 1931 die
Beschwerde abgewiesen.
C. - Diesen Entscheid hat die H. Hessenmüller Söhne G. m. b. H. an das
Bundesgericht weitergezogen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
Zutreffend ist die Vorinstanz davon ausgegangen, H. Meyers Erben haben die
Summe von 700 Fr. an das Betreibungsamt bezahlt (nicht nur bei ihm
hinterlegt), aus dem Grunde, dass die Zahlung Voraussetzung der folgenden
Arrestierung war, weil nur im Falle der Zahlung (nicht auch im Falle der
blossen Hinterlegung) ein arrestierbares

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Recht der H. Hessenmüller Söhne G. m. b. H. an den bezw. auf die 700 Fr.
entstand. Durch diese Zahlung erlosch gemäss Art. 12 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 12 - 1 Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen.
1    Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen.
2    Die Schuld erlischt durch die Zahlung an das Betreibungsamt.
SchKG die Schuld
von H. Meyers Erben im entsprechenden Betrag, ohne dass es hiefür der
Ablieferung an die betreibende Gläubigerin H. Hessenmüller Söhne G. m. b. H.
bedurfte, die insoweit anstatt ihrer bisherigen privatrechtlichen
Geldforderung an H. Meyers Erben nicht das Eigentum am geleisteten Geld oder
Geldersatz (Banknoten), sondern vorderhand nur eine öffentlichrechtliche
Forderung gegen das Betreibungsamt Rheinfelden bezw. den Kanton Aargau auf
Ablieferung des für sie eingezogenen Geldes erhielt. Letztere Forderung
könnten allfällig dritte Gläubiger der H. Hessenmüller Söhne G. m. b. H. (auf
Grund eines rechtskräftigen Zahlungsbefehles pfänden oder auch ohne solchen
Vollstreckungstitel wegen deren Auslandwohnsitzes) arrestieren lassen,
gleichwie sie deren Forderung gegen H. Meyers Erben hätten (pfänden oder)
arrestieren lassen können, bevor sie infolge der Zahlung an das Betreibungsamt
erlosch. Dann geht es aber nicht an, ein solches Recht den betriebenen und
bezahlenden Schuldnern H. Meyers Erben vorzuenthalten sofern sie ebenfalls
eine Forderung gegen die betreibende Gläubigerin H. Hessenmüller Söhne G. m.
b. H. haben bezw. glaubhaft machen können (die ja vielleicht nicht ohne
weiteres eine genügende Grundlage für die Aufhebung der Betreibung gemäss Art.
85
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 85 - Beweist der Betriebene durch Urkunden, dass die Schuld samt Zinsen und Kosten getilgt oder gestundet ist, so kann er jederzeit beim Gericht des Betreibungsortes im ersteren Fall die Aufhebung, im letzteren Fall die Einstellung der Betreibung verlangen.
SchKG abzugeben vermochte). Und insbesondere darf keine Ausnahme gemacht
werden, wenn der betriebene und bezahlende Schuldner seine Gegenforderung
gerade aus der Zahlung der Betreibungssumme, also als rein
betreibungsrechtliche Rückforderung wegen Bezahlung einer Nichtschuld,
herleitet. Hat einmal die Arrestbehörde zur Sicherung einer Forderung gegen
den betreibenden Gläubiger einen Arrest auf dessen Ablieferungsanspruch gegen
das Betreibungsamt bewilligt, so kann es dem Betreibungsamte nicht zugestanden
werden, die Vollziehung des Arrestes mit Rücksicht auf die

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besondere Natur der Forderung abzulehnen, für die er bewilligt worden ist,
bezw. allfällig ungeachtet der Arrestvollziehung seitens eines andern örtlich
zuständigen Betreibungsamtes die Ablieferung der arrestierten Summe doch
vorzunehmen. Zahlt der Betriebene an das Betreibungsamt, so hört er damit auf,
betriebener Schuldner bezüglich der bezahlten Summe zu sein, und kann daher,
insoweit er wegen Bezahlung einer Nichtschuld eine betreibungsrechtliche
Rückforderung gegen den Betreibenden geltend machen will, vom Betreibungsamt
keiner anderen Behandlung unterworfen werden als irgendwelche andern Gläubiger
des Betreibenden, also ebensowenig wie sie von der Arrestierung der
abzuliefernden Summe ausgeschlossen werden, wenn diese von der Arrestbehörde
angeordnet wird. Beigefügt werden mag doch, dass die Entstehung des
betreibungsrechtlichen Rückforderungsanspruches nicht etwa durch die
Ablieferung der gezahlten Geldsumme an den betreibenden Gläubiger bedingt ist,
und ebensowenig dadurch, dass die ganze Betreibungssumme bezahlt worden sei;
vielmehr erscheint die Rückforderungsklage bezüglich des bezahlten Teiles und
dessen Arrestierung nicht unvereinbar mit der Weiterführung der Betreibung
bezüglich des noch nicht bezahlten Teiles der Betreibungssumme. Selbst wenn es
übrigens anders wäre, so würde hieraus nur gefolgert werden dürfen, dass der
Arrest zu Unrecht von der Arrestbehörde bewilligt worden ist, weil H. Meyers
Erben die Glaubhaftmachung einer präsenten Forderung nicht gelungen ist, aber
doch nicht ohne weiteres, dass der Arrestbefehl nichtig wäre und vom
Betreibungsamt nicht beachtet zu werden brauche.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 58 III 32
Datum : 01. Januar 1931
Publiziert : 18. März 1932
Quelle : Bundesgericht
Status : 58 III 32
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Dem Betriebenen kann nicht verwehrt werden, die an das Betreibungsamt bezahlte Betreibungssumme zur...


Gesetzesregister
SchKG: 12 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 12 - 1 Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen.
1    Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen.
2    Die Schuld erlischt durch die Zahlung an das Betreibungsamt.
85
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 85 - Beweist der Betriebene durch Urkunden, dass die Schuld samt Zinsen und Kosten getilgt oder gestundet ist, so kann er jederzeit beim Gericht des Betreibungsortes im ersteren Fall die Aufhebung, im letzteren Fall die Einstellung der Betreibung verlangen.
BGE Register
58-III-32
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
betreibungsamt • erbe • schuldner • weiler • geld • nichtschuld • arrestbefehl • schuldbetreibungs- und konkursrecht • unternehmung • zahlungsbefehl • bundesgericht • banknote • eigentum • zins • wahrheit • arrestierbarkeit • nichtigkeit • vollstreckungstitel • tag • arrestgegenstand
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