S. 53 / Nr. 7 Sozialversicherung (d)

BGE 58 I 53

7. Urteil vom 28. Januar 1932 i. S. Güdel gegen Bundesamt für
Sozialversicherung.

Regeste:
Die für landwirtschaftliche Betriebe vorgesehene Befreiung von der
obligatorischen Unfallversicherung erstreckt sich nicht auf Sägereien, die von
Inhabern landwirtschaftlicher Betriebe als besondere Gewerbe neben der
Landwirtschaft betrieben werden.

A. - Ernst und Otto Güdel in Madiswil betreiben unter der Firma Gebr. Güdel
eine Sägerei und Holzhandlung. Ausserdem bewirtschaften sie das
landwirtschaftliche Heimwesen ihrer Mutter auf Grund eines Pachtverhältnisses,
über das, freilich erst im bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren, ein
Vertrag vorgelegt worden ist.
Nach den Angaben der Unternehmer wurde der Sägerei betrieb im Januar oder
Februar 1929 begonnen; seit

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Juni 1929 wird darin ein ständiger Säger, sowie gelegentlich ein weiterer
Arbeiter beschäftigt; an Betriebseinrichtungen werden genannt: eine
Gattersäge, eine Wagenkreissäge, eine Pendelsäge, eine Schmirgelmaschine, ein
Elektromotor und eine Rollbahn. Es wird behauptet, dass das Sägereipersonal in
der Landwirtschaft aushelfe.
B. - Mit Verfügung vom 29. Mai 1931 hat die SUVAL die Sägerei und Holzhandlung
der beiden Brüder Güdel der obligatorischen Unfallversicherung unterstellt,
mit Rückwirkung auf den 26. April 1930 für die Betriebs- und auf den 26.
Januar 1931 für die Nichtbetriebsunfälle. Ein Rekurs hiegegen ist vom
Bundesamt für Sozialversicherung am 14. Oktober 1931 abgewiesen worden.
Die Gebrüder Güdel beschweren sich mit Eingabe vom 14. November 1931
rechtzeitig. Sie machen geltend, Landwirtschaft und Sägerei seien in den
Händen derselben Personen und demnach keine getrennten Betriebe. Die Sägerei
sei ein Nebenbetrieb der Landwirtschaft im Sinne von Art. 9 Abs. 2 VO I zum
KUVG. Sollte die Unterstellung bestätigt werden, so gedenke die Firma, den
Säger und den zeitweise beschäftigten Hilfsarbeiter zu entlassen.
Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen
in Erwägung:
Nach Art. 60bis Ziff. 1 lit. c KUVG und Art. 17 Ziff. 6 VO I sind Sägereien
versicherungspflichtige Unternehmungen. Die Beschwerdeführer beanspruchen die
Ausnahme nach Art. 9 Abs. 2 VO I, wonach Arbeiten, die vom Inhaber eines
landwirtschaftlichen Betriebes neben diesem mit Hülfe des Personals oder der
übrigen Mittel des Betriebes vorgenommen werden, der freiwilligen Versicherung
vorbehalten bleiben, also dem Obligatorium nicht unterstellt sind. Die
Voraussetzungen hiefür treffen indessen nicht zu.
Da in der Sägerei besondere, nicht landwirtschaftliche Betriebsmittel (5
Maschinen und eine Rollbahn)

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Verwendung finden, hängt die Entscheidung davon ab, ob auch besonderes
Personal oder nur das Personal des landwirtschaftlichen Betriebes darin
beschäftigt wird (vgl. Verwaltungsentscheide der Bundesbehörden aus dem Jahre
1927 No. 83 Seite 82). Hierüber ergibt sich aus den eigenen Angaben der
Beschwerdeführer, dass für die Sägerei ständig ein Säger und zeitweise ein
Hilfsarbeiter angestellt sind. Ob der Säger nebenbei auch zu
landwirtschaftlichen Arbeiten herangezogen wird, wie es die Beschwerdeführer
behaupten, oder ob dies nicht der Fall ist, wie nach einem Berichte des
Regierungstatthalteramtes Aarwangen vom 12. Dezember 1931 anzunehmen wäre,
kann dahingestellt bleiben. Auf jeden Fall steht fest, dass die Sägerei nicht
nur mit Hülfe des Personals des landwirtschaftlichen Betriebes geführt wird.
Die Sägerei der Beschwerdeführer hat nicht den Charakter eines Nebenbetriebes
der Landwirtschaft zur bessern Ausnützung des landwirtschaftlichen Personals
oder der landwirtschaftlichen Betriebsmittel, sondern ist ein Gewerbe für
sich, das neben der Landwirtschaft betrieben wird. Die für die Landwirtschaft
vorgesehene Befreiung ist für die Sägerei mit Recht abgelehnt worden.
Ob es richtig ist, den Landwirtschaftsbetrieb und die Sägerei als Gewerbe
verschiedener Betriebsinhaber anzusehen und auch aus diesem Grunde die
Ausnahme der Sägerei von der Versicherung abzulehnen, wie es im angefochtenen
Entscheide versucht worden ist, braucht nicht erörtert zu werden.
Die Unterstellung der Holzhandlung ist nicht selbständig angefochten worden;
sie ergibt sich übrigens ohne weiteres aus Art. 4 VO I, sobald die Sägerei der
Versicherung unterstellt ist. Nicht bestritten ist auch die Rückwirkung der
Unterstellung.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 58 I 53
Date : 01. Januar 1931
Published : 28. Januar 1932
Source : Bundesgericht
Status : 58 I 53
Subject area : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Subject : Die für landwirtschaftliche Betriebe vorgesehene Befreiung von der obligatorischen...


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