S. 26 / Nr. 2 Derogatorische Kraft des Bundesrechts (d)

BGE 58 I 26

2. Urteil vom 22. Januar 1932 i. S. Rapp und Genossen gegen Basel-Stadt.

Regeste:
Art. 6
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 6 - 1 Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt.
1    Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt.
2    Sie können in den Schranken ihrer Hoheit den Verkehr mit gewissen Arten von Sachen beschränken oder untersagen oder die Rechtsgeschäfte über solche Sachen als ungültig bezeichnen.
ZGB. Umfang der öffentlichrechtlichen Befugnis der Kantone zum Eingriff
in private Rechtsbeziehungen.
Die Vorschrift des baselstädtischen Gesetzes betr. die Gewährung jährlicher
Ferien, wonach der Dienstherr dem Dienstpflichtigen nicht nur Ferien geben,
sondern auch während der Dauer dieser Ferien den Lohn bezahlen muss, verstösst
nicht gegen

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den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechtes, speziell des
eidgenössischen Obligationenrechts gegenüber dem kantonalen Rechte.

A. - Infolge einer Initiative erliess der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt
am 18. Juni 1931 ein Gesetz betreffend die Gewährung jährlicher Ferien, das
mit gewissen in § 3 angegebenen Ausnahmen und unter Vorbehalt der
entgegenstehenden Bestimmungen der Bundesgesetzgebung nach § 2 auf alle
Personen Anwendung findet, die im Kantonsgebiet in einem öffentlichen oder
privaten Dienstverhältnis beschäftigt werden. Diese haben nach § 5 unter
gewissen Voraussetzungen Anspruch auf jährliche Ferien, die laut § 6 nach
einem Jahr 6 Werktage, nach fünf Jahren 9 Werktage und nach 10 Jahren 12 Werk
tage betragen. Die §§ 13-16 des Gesetzes lauten: «§ 13: Während der Dauer der
Ferien hat der Dienstpflichtige Anspruch auf Fortbezug der lautenden
Lohnentschädigung...»
Das Gesetz ist in der Volksabstimmung vom 12./13. September 1931 mit 11,956
gegen 4192 Stimmen angenommen worden.
B. - Am 25. September haben Joachim Rapp, Otto Buser, der Basler
Volkswirtschaftsbund, die Basler Handelskammer und der Kantonale
Gewerbeverband in Basel gegen die §§ 13-16 des Gesetzes die staatsrechtliche
Beschwerde ergriffen mit dem Antrag, diese Bestimmungen, die die Arbeitgeber
zur Lohnzahlung während der Ferien verpflichten, seien aufzuheben.
Zur Begründung wird geltend gemacht: Die angefochtenen Bestimmungen verletzten
die Bundesverfassung und das Bundeszivilrecht. Nach Art. 64
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 64 Forschung - 1 Der Bund fördert die wissenschaftliche Forschung und die Innovation.30
1    Der Bund fördert die wissenschaftliche Forschung und die Innovation.30
2    Er kann die Förderung insbesondere davon abhängig machen, dass die Qualitätssicherung und die Koordination sichergestellt sind.31
3    Er kann Forschungsstätten errichten, übernehmen oder betreiben.
BV sei der Bund
aus schliesslich zur Gesetzgebung in den Gebieten des Zivilrechtes befugt,
insbesondere in Beziehung auf das Dienstvertragsrecht, das er erschöpfend
geregelt habe. Die Kantone dürften daher nicht widersprechende zivilrechtliche
Bestimmungen über den Dienstvertrag erlassen (BGE 37 I S. 46 ff.). Lediglich
in ihren öffentlichrechtlichen

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Befugnissen würden sie nach Art. 6 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 6 - 1 Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt.
1    Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt.
2    Sie können in den Schranken ihrer Hoheit den Verkehr mit gewissen Arten von Sachen beschränken oder untersagen oder die Rechtsgeschäfte über solche Sachen als ungültig bezeichnen.
ZGB durch das Bundeszivilrecht nicht
beschränkt. Es erhebe sich daher die Frage, ob die kantonale Verpflichtung zur
Lohnzahlung für die Ferienzeit eine unzulässige zivilrechtliche oder eine
zulässige öffentlichrechtliche Bestimmung sei. Das Dienstvertragsverhältnis
sei ein privatrechtliches. Zu seinem Wesen gehöre nach dem Bundeszivilrecht
die freie Vereinbarung des Dienstlohnes. Für die Vertragsfreiheit gälten nur
die Schranken des Gesetzes (OR Art. 19, 319). Die Kompetenzen der Kantone
erstreckten sich auf das öffentliche Recht, soweit hierin nicht der Bund
kompetent sei, also vor allem auf die Aufstellung von Straf- und
Polizeibestimmungen usw. Daneben seien die Kantone zweifellos auch zum Erlass
von öffentlichrechtlichen Wohlfahrtsvorschriften, d. h. von Normen über den
Schutz der sozial Schwachen kompetent, sofern nicht der Bund widersprechende
zwingende Normen aufgestellt hat. Zu den sozialpolitischen Normen gehöre die
gesetzliche Bestimmung, dass die Dienstherren verpflichtet seien, den
Dienstpflichtigen Ferien von bestimmter Dauer zu gewähren, so dass diese in
der Kompetenz der Kantone stehe. Ganz anders verhalte es sich mit der Frage
der Lohnzahlung für die Ferienzeit. Der Bundesgesetzgeber habe autoritativ die
Rechtsauffassung kund getan, dass die Lohnfestsetzung zur Freiheitssphäre der
Parteien gehöre und nicht durch den Staat bestimmt werden dürfe. Das
entspreche der freiheitlichen Staatsauffassung, wie sie in der
Bundesverfassung und im Zivilgesetzbuch enthalten sei. Doch habe der
Bundesgesetzgeber den Freiheitsgrundsatz durchbrochen, indem er bestimmt habe,
dass in einigen ausdrücklich genannten Fällen der Lohn bezahlt werden müsse,
obwohl ihm keine Gegenleistung entspricht. Das sei in Art. 336
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 336 - 1 Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist missbräuchlich, wenn eine Partei sie ausspricht:
1    Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist missbräuchlich, wenn eine Partei sie ausspricht:
a  wegen einer Eigenschaft, die der anderen Partei kraft ihrer Persönlichkeit zusteht, es sei denn, diese Eigenschaft stehe in einem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis oder beeinträchtige wesentlich die Zusammenarbeit im Betrieb;
b  weil die andere Partei ein verfassungsmässiges Recht ausübt, es sei denn, die Rechtsausübung verletze eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis oder beeinträchtige wesentlich die Zusammenarbeit im Betrieb;
c  ausschliesslich um die Entstehung von Ansprüchen der anderen Partei aus dem Arbeitsverhältnis zu vereiteln;
d  weil die andere Partei nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend macht;
e  weil die andere Partei schweizerischen obligatorischen Militär- oder Schutzdienst oder schweizerischen Zivildienst leistet oder eine nicht freiwillig übernommene gesetzliche Pflicht erfüllt.
2    Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ist im Weiteren missbräuchlich, wenn sie ausgesprochen wird:
a  weil der Arbeitnehmer einem Arbeitnehmerverband angehört oder nicht angehört oder weil er eine gewerkschaftliche Tätigkeit rechtmässig ausübt;
b  während der Arbeitnehmer gewählter Arbeitnehmervertreter in einer betrieblichen oder in einer dem Unternehmen angeschlossenen Einrichtung ist, und der Arbeitgeber nicht beweisen kann, dass er einen begründeten Anlass zur Kündigung hatte;
c  im Rahmen einer Massenentlassung, ohne dass die Arbeitnehmervertretung oder, falls es keine solche gibt, die Arbeitnehmer, konsultiert worden sind (Art. 335f).
3    Der Schutz eines Arbeitnehmervertreters nach Absatz 2 Buchstabe b, dessen Mandat infolge Übergangs des Arbeitsverhältnisses endet (Art. 333), besteht so lange weiter, als das Mandat gedauert hätte, falls das Arbeitsverhältnis nicht übertragen worden wäre.195
und 341
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 341 - 1 Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses und eines Monats nach dessen Beendigung kann der Arbeitnehmer auf Forderungen, die sich aus unabdingbaren Vorschriften des Gesetzes oder aus unabdingbaren Bestimmungen eines Gesamtarbeitsvertrages ergeben, nicht verzichten.
1    Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses und eines Monats nach dessen Beendigung kann der Arbeitnehmer auf Forderungen, die sich aus unabdingbaren Vorschriften des Gesetzes oder aus unabdingbaren Bestimmungen eines Gesamtarbeitsvertrages ergeben, nicht verzichten.
2    Die allgemeinen Vorschriften über die Verjährung sind auf Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis anwendbar.
OR
geschehen. Art. 335
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 335 - 1 Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann von jeder Vertragspartei gekündigt werden.
1    Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann von jeder Vertragspartei gekündigt werden.
2    Der Kündigende muss die Kündigung schriftlich begründen, wenn die andere Partei dies verlangt.
OR bilde eine privatrechtliche Vorschrift über die
Lohnzahlung. Sie sei zwingendes Recht, vor allem gegenüber dem Dienstherrn.
Der Bundesgesetzgeber habe damit aber auch zu erkennen geben wollen, dass er
die

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Grenze dieser Mehrbelastung des Dienstherrn durch Lohnzahlung bei Nichtdienst
bestimmen wolle. Zudem habe er mit den genannten beiden Vorschriften dargetan,
dass er die Festsetzung der Lohnzahlung als eine privatrechtliche Norm
auffasse. Die Kantone dürften daher nicht eine abweichende Bestimmung über die
Lohnzahlung aufstellen mit der Behauptung, sie sei öffentlichrechtlich; denn
das wäre eine offenbare Umgehung des Gesetzes. Zudem sei die Lohnfestsetzung
ihrer Natur nach ein rein privatwirtschaftliches Geschäft; sie betreffe
ausschliesslich die privaten ökonomischen Interessen des Dienstherrn und des
Dienstpflichtigen. Nach der Auffassung des Bundesgesetzgebers bestehe ein
schutzwürdiges öffentliches Interesse an einer Festsetzung höherer oder
niederer Löhne nur in den Fällen, die er selbst geregelt habe (OR Art. 335,
341, 336). Die Argumentation im Ratschlag des Regierungsrates zum Feriengesetz
und in dem ihm beigegebenen Gutachten des eidgenössischen Justiz- und
Polizeidepartementes, dass die Verpflichtung zur Lohnzahlung während der
Ferien untrennbar mit derjenigen zur Gewährung von Ferien zusammenhange, sei
oberflächlich und verfehlt. Es bestünden überall zahlreiche Betriebe, in denen
Ferien ohne Lohnzahlung die Regel seien. Dass eine solche Trennung juristisch
und logisch zulässig sei, ergebe sich aus dem Bundesrecht selbst, indem das
Obligationenrecht die Lohnzahlung für Ferien ausdrücklich vorschreibe und zwar
nur für bestimmte Fälle (OR Art. 335). Auch in Art. 14 des Bundesgesetzes über
die berufliche Ausbildung vom 26. Juni 1930 habe der Gesetzgeber ausdrücklich
gesagt, dass für die Ferienzeit der Lehrlinge kein Lohnabzug zulässig sei.
Wenn die Auffassung des Basler Gesetzgebers geschützt würde, könnten die
gesetzlichen bezahlten Ferien durch eine neue Inititiative beliebig verlängert
werden...
C. - Advokat Dr. Thalmann hat namens des Kantons Basel-Stadt die Abweisung der
Beschwerde beantragt.

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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Die angefochtene Vorschrift des Basler Feriengesetzes, wonach der
Dienstherr dem Dienstpflichtigen während der Dauer der Ferien den Lohn
bezahlen muss, greift in das zwischen Dienstherrn und Dienstpflichtigen
bestehende Rechtsverhältnis ein, das im allgemeinen vom eidgenössischen
Obligationenrecht geregelt ist. Sie verstösst nur dann nicht gegen den
Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechtes, wenn der Kanton
Basel-Stadt damit von seinen öffentlichrechtlichen Befugnissen Gebrauch
gemacht hat, in denen er nach Art. 6
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 6 - 1 Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt.
1    Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt.
2    Sie können in den Schranken ihrer Hoheit den Verkehr mit gewissen Arten von Sachen beschränken oder untersagen oder die Rechtsgeschäfte über solche Sachen als ungültig bezeichnen.
ZGB durch das Bundeszivilrecht nicht
beschränkt wird.
Es kommt daher zunächst, wie auch die Rekurrenten bemerken, darauf an, ob die
angefochtene Vorschrift ihrem Sinn und Zweck nach dem öffentlichen Rechte
angehört. Das ist dann zu bejahen, wenn sie wesentlich und in erster Linie im
öffentlichen Interesse besteht, und diese Voraussetzung trifft zweifellos zu.
Das Basler Feriengesetz bezweckt in der Hauptsache, den Dienstpflichtigen
jährliche Ferien zu verschaffen, soweit sie nicht der Fabrikgesetzgebung
unterstellt sind. Die Rekurrenten geben zu, dass das Gesetz insoweit
öffentliches Recht enthält, und es handelt sich denn auch dabei um
gewerbepolizeiliche Vorschriften, die im Interesse der öffentlichen Ordnung
und Gesundheit aufgestellt sind, gleich wie diejenigen, die für gewisse Tage
oder Stunden die Einstellung der Arbeit vorschreiben (vgl. BGE 49 I S. 229;
Entscheid des Bundesgerichtes i. S. Roost und Gen. g. Schaffhausen vom 27.
November 1931; HAFNER, Das schweiz. Obligationenrecht, 2. Auflage Art. 338 N.
2; BURCKHARDT, Komm. z. 33V 3. Auflage S 243; Gutachten des eidg. Justiz- und
Polizeidepartementes im Ratschlag des Regierungsrates des Kantons Basel-Stadt
vom 17./23. Januar 1930 zum Feriengesetz S. 75 ff.). Dass die Dauer der
vorgeschriebenen Ferien über das im Interesse der öffentlichen Gesundheit
erforderliche und zulässige Mass

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hinausgehe, haben die Rekurrenten mit Recht nicht behauptet. Die Vorschriften
über die Lohnzahlung während der Ferien haben nun keine selbständige
Bedeutung; sie bilden nach der Auffassung der Basler Behörden und des
Feriengesetzes ein Mittel, um den Dienstpflichtigen die Ferien zu ermöglichen,
und diese Auffassung ist keineswegs verfehlt. Gewiss mag es Fälle geben, in
denen die Verhältnisse es den Dienstpflichtigen erlauben, von den gesetzlichen
Ferien Gebrauch zu machen, auch ohne dass sie für diese Zeit ihren Lohn
erhalten. Aber die grosse Mehrzahl der Dienstpflichtigen müsste auf die Ferien
verzichten, wenn ihr für diese Zeit der Lohn nicht bezahlt würde (vgl.
Gutachten des eidg. Justiz- und Polizeidepartementes a.a.O. S. 81 f.).
Wahrscheinlich haben denn auch sehr viele Dienstpflichtige, für die das Basler
Feriengesetz gilt, schon bisher Ferien mit Lohnzahlung genossen. Das lässt
sich auch aus dem Umstand schliessen, dass das Gesetz mit einer Mehrheit von
beinahe 3/4 der Stimmenden angenommen worden ist und zudem 3/5 der
Stimmberechtigten der Abstimmung fern geblieben sind. Die Vorschriften über
die Lohnzahlung während der Ferien erscheinen daher in Verbindung mit
denjenigen über die Pflicht zur Gewährung von Ferien gleich wie diese als
gewerbepolizeiliche Beschränkung in der Freiheit der Regelung der Beziehungen
zwischen Dienstpflichtigen und Dienstherrn, die im Interesse der öffentlichen
Ordnung und Gesundheit erforderlich ist.
2.- Der Umstand, dass diese Vorschriften über die Verpflichtung der
Lohnzahlung während der Ferien öffentlichrechtliche Natur haben, genügt nun
freilich nicht ohne weiteres für die Annahme, dass der Kanton Basel Stadt
damit im Rahmen der ihm nach Art. 6
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 6 - 1 Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt.
1    Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt.
2    Sie können in den Schranken ihrer Hoheit den Verkehr mit gewissen Arten von Sachen beschränken oder untersagen oder die Rechtsgeschäfte über solche Sachen als ungültig bezeichnen.
ZGB zustehenden öffentlichrechtlichen
Befugnisse geblieben sei. Art. 6
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 6 - 1 Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt.
1    Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt.
2    Sie können in den Schranken ihrer Hoheit den Verkehr mit gewissen Arten von Sachen beschränken oder untersagen oder die Rechtsgeschäfte über solche Sachen als ungültig bezeichnen.
ZGB hat nicht, wie man dem Wortlaut nach an
nehmen könnte, den Sinn, dass das Bundeszivilrecht, ins besondere das
Zivilgesetzbuch und das Obligationenrecht, die Kantone überhaupt nicht an der
Aufstellung

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irgendwelcher Vorschriften des öffentlichen Rechts hinderte. Vielmehr muss das
kantonale öffentliche Recht, das Beziehungen berührt, die vom Bundeszivilrecht
geregelt sind, sich diesem Recht anpassen; es darf mit dessen Sinn und Geist
nicht in Widerspruch geraten (BURCKHARDT a.a.O. S. 587 f.). Wie das
Bundesgericht beim Entscheid i. S. Salamin et consorts gegen Préfet du
district de Sierre vom 19. Oktober 1916 (BGE 42 I S. 349 ff.) hervorgehoben
hat, dient die Ordnung des Bundeszivilrechtes keineswegs ausschliesslich dem
Zweck des rechtlichen Schutzes von Privatinteressen; sondern es wird dabei in
erheblichem Masse auch den öffentlichen Interessen des Gemeinwesens Rechnung
getragen, so dass das Bundeszivilrecht insofern öffentliches Recht enthält,
das allerdings infolge der ihm im Rechtssystem angewiesenen Stellung wegen
seines Zusammenhanges mit dem reinen Privatrecht in der Regel wie solches
behandelt wird (vgl. auch BURCKHARDT a.a.O. S. 586 ff.; LANG, Komm. z.
Dienstvertrag 2. Aufl. S. 8). Die Kantone können daher vom Gesichtspunkt des
öffentlichen Interesses aus die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien, die
einen privatrechtlichen Vertrag, speziell einen Dienstvertrag mit einander
abgeschlossen haben, nur soweit ordnen, als das eidgenössische Zivilrecht mit
seinen Normen nicht selbst bestimmt, ob und inwieweit die öffentlichen
Interessen des Gemeinwesens Rechtsschutz verdienen. Das Obligationenrecht
enthält aber keinen genügenden Anhaltspunkt für die Annahme, dass eine
Anordnung wie die vorliegend streitige durch die Zivilrechtsordnung
ausgeschlossen werde. Das ist, wenigstens für die Regel, schon deshalb nicht
anzunehmen, weil die zivilrechtliche Ordnung auf lange Dauer erfolgt, während
das Gewerbepolizeirecht sich Bedürfnissen anpassen muss, die leicht wechseln
oder neu auf treten und auch an den einzelnen Orten im Herrschaftsgebiet des
Zivilrechts verschieden sein können. So hat man denn auch von jeher im
allgemeinen angenommen, dass das eidgenössische - Obligationenrecht

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gewerbepolizeilichen Vorschriften der Kantone nicht im Wege stehe, auch wenn
dadurch die Freiheit des Dienstvertrages eingeschränkt wird (vgl. HAFNER
a.a.O.). Eine Ausnahme in dem Sinne, dass das Obligationenrecht eine im
Interesse der öffentlichen Ordnung und Gesundheit aufgestellte Vorschrift über
die Gewährung von Ferien mit Lohnzahlung im Dienstvertragsverhältnis
ausschlösse, könnte nur dann angenommen werden, wenn die Vorschriften des
Obligationenrechtes ganz unzweideutige Anhaltspunkte hiefür enthielten. Solche
lassen sich aber in den von den Rekurrenten angerufenen Art. 335, 336 und 341
nicht finden. Der Kanton Basel-Stadt hat daher mit den Bestimmungen seines
Feriengesetzes, soweit sie von den Rekurrenten angefochten worden sind, nicht
auf das dem Bunde vorbehaltene Gebiet des Zivilrechtes übergegriffen. Damit
ist nicht gesagt, dass der Kanton Basel-Stadt ohne Verletzung des Grundsatzes
der derogatorischen Kraft des Bundesrechtes beliebig lange Ferien mit
Lohnzahlung vorschreiben könnte.
Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 58 I 26
Date : 01. Januar 1931
Published : 22. Januar 1932
Source : Bundesgericht
Status : 58 I 26
Subject area : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Subject : Art. 6 ZGB. Umfang der öffentlichrechtlichen Befugnis der Kantone zum Eingriff in private...


Legislation register
BV: 64
OR: 335  336  341
ZGB: 6
BGE-register
37-I-43 • 42-I-346 • 49-I-228 • 58-I-26
Keyword index
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