BGE 58 I 162
26. Urteil vom 16. September 1932 i. S. Burkhardt gegen Zug.
Regeste:
Art. 45 Abs. 3 BV. Die Entziehung der Niederlassung wegen wiederholter
gerichtlicher Bestrafung für schwere Vergehen ist nur zulässig, wenn
wenigstens e i n Vergehen seit der Niederlassung begangen worden ist. Die
schuldhafte Unterlassung der Bezahlung der Militärsteuer ist kein schweres
Vergehen. - Berücksichtigung von Strafen, die erst nach der Entziehung der
Niederlassung ausgesprochen wurden.
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A. - Der in Greifensee, Kanton Zürich, heimatberechtigte Rekurrent ist seit
dem Juli 1927 in Zug nieder gelassen. Er war zur Zeit der Niederlassung
sechsmal vorbestraft. Am 4. Juni 1932 beschloss der Regierungsrat von Zug die
Ausweisung des Rekurrenten aus dem Gebiete des Kantons für die Dauer von 5
Jahren, wovon er am 6. Juni dem Regierungsrat von Zürich Kenntnis gab, indem
er ausführte: «Seit 1. Mai 1932 befindet sich wegen groben Unfuges,
Widersetzlichkeit und Sachbeschädigung in der Strafanstalt Zug Burkhardt Hans
Paul... Die strafrechtlichen Delikte werden per Einzelkompetenz durch die
Polizeidirektion abgewandelt werden. Der Angeschuldigte befindet sich nicht
mehr in Untersuchungshaft, da er abgeschoben werden sollte. Burkhardt ist
sechsmal vorbestraft und hat zwei weitere Strafen durch die Polizeidirektion
zu gewärtigen. Er ist ein liederlicher, arbeitsscheuer Mensch, der unbedingt
in eine Zwangsarbeitsanstalt versorgt werden sollte. Der Einwohnerrat Zug hat
deshalb bezügliche Schritte unternommen durch Unterhandlungen mit dem
Gemeinderat von Greifensee.» Der Ausweisungsbeschluss wurde dem Rekurrenten am
16. Juni mitgeteilt, an welchem Tage er auch vollzogen wurde. Eine
Verurteilung durch die Polizeidirektion von Zug ist nach den Akten nicht
erfolgt. Dagegen wurde der Rekurrent am 8. Juni 1932 vom Strafgericht von Zug
wegen Nichtbezahlung der Militärsteuer pro 1926 bis 1930 in einem Restbetrag
von 141 Fr. 60 Cts. in Anwendung des BG vom 29. März 1901 betreffend die
Ergänzung des BG über den Militärpflichtersatz zu 8 Tagen Gefängnis und einem
halben Jahr Wirtshausverbot verurteilt.
B. - Gegen die Ausweisungsverfügung hat Burkhardt am 16. Juli 1932 den
staatsrechtlichen Rekurs wegen Verletzung der Niederlassungsfreiheit ergriffen
mit dem Antrag auf Aufhebung. Er bestreitet, dass er wegen schwerer Vergehen
vorbestraft sei; aber selbst, wenn es der Fall wäre, fehle es an einer
Bestrafung wegen eines schweren Vergehens seit der Niederlassung, Die
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Verurteilung wegen Nichtbezahlung der Militärsteuer komme auch deshalb nicht
in Betracht, weil sie nach der Ausweisungsverfügung erfolgt sei.
C. - Der Regierungsrat von Zug hat die Abweisung der Beschwerde beantragt
unter Hinweis auf die Akten.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Es handelt sich um einen Niederlassungsentzug im Sinne von Art. 45 Abs. 3
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999 Cst. Art. 45 Participation au processus de décision sur le plan fédéral - 1 Les cantons participent, dans les cas prévus par la Constitution fédérale, au processus de décision sur le plan fédéral, en particulier à l'élaboration de la législation. |
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1 | Les cantons participent, dans les cas prévus par la Constitution fédérale, au processus de décision sur le plan fédéral, en particulier à l'élaboration de la législation. |
2 | La Confédération informe les cantons de ses projets en temps utile et de manière détaillée; elle les consulte lorsque leurs intérêts sont touchés. |
mit Rücksicht auf wiederholte gerichtliche Bestrafungen wegen schwerer
Vergehen Ob sich unter den Vorstrafen des Rekurrenten aus der Zeit vor dem
Juli 1927 solche wegen schwerer Vergehen befinden, kann dahingestellt bleiben.
Nach der Praxis muss, damit eine Ausweisung zulässig ist, mindestens eine der
Verurteilungen wegen eines schweren Vergehens, das seit der Niederlassung
begangen worden ist, erfolgt sein. Diese Voraussetzung trifft hier nicht zu.
Die einzige gerichtliche Bestrafung, die über den Rekurrenten, seit er im
Kanton Zug wohnt, verhängt worden ist, ist diejenige wegen Nichtbezahlung der
Militärsteuer für 1926-30. Sie könnte hier berücksichtigt werden, wennschon
sie zeitlich der Ausweisungsverfügung nachgeht, da der Regierungsrat in der
Beschwerdeantwort seine Verfügung auch gestützt auf diese Verurteilung
aufrechthält.
Allein die schuldhafte Nichtbezahlung der Militärsteuer trotz zweimaliger
Mahnung, die nach Art. 1 des BG vom 29. März 1901 (GS 18, 695) mit Haft von 1
bis 10 Tagen bestraft wird (womit Entzug des Stimmrechtes und Wirtshausverbot
bis auf 2 Jahre verbunden werden kann), ist kein schweres Delikt im Sinne von
Art. 45 Abs. 3
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999 Cst. Art. 45 Participation au processus de décision sur le plan fédéral - 1 Les cantons participent, dans les cas prévus par la Constitution fédérale, au processus de décision sur le plan fédéral, en particulier à l'élaboration de la législation. |
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1 | Les cantons participent, dans les cas prévus par la Constitution fédérale, au processus de décision sur le plan fédéral, en particulier à l'élaboration de la législation. |
2 | La Confédération informe les cantons de ses projets en temps utile et de manière détaillée; elle les consulte lorsque leurs intérêts sont touchés. |
von vornherein keine Rede sein. Doch können auf dem Boden des Art. 45
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999 Cst. Art. 45 Participation au processus de décision sur le plan fédéral - 1 Les cantons participent, dans les cas prévus par la Constitution fédérale, au processus de décision sur le plan fédéral, en particulier à l'élaboration de la législation. |
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1 | Les cantons participent, dans les cas prévus par la Constitution fédérale, au processus de décision sur le plan fédéral, en particulier à l'élaboration de la législation. |
2 | La Confédération informe les cantons de ses projets en temps utile et de manière détaillée; elle les consulte lorsque leurs intérêts sont touchés. |
anderweitige Delikte als schwer erscheinen und zwar aus dem Gesichtspunkt der
Bedrohung der öffentlichen Sicherheit und Moral, insofern sie eine dauernde
Tendenz bekunden, die öffentliche Ordnung und Ruhe ernstlich zu stören (BGE 53
I 201 f.).
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Das kann indessen vom vorliegenden Vergehen nicht gesagt werden. Es richtet
sich gegen die fiskalischen Interessen des Bundes und der Kantone; wenn der
Tatbestand der Nichtbezahlung einer Abgabe hier unter Strafe gestellt werden
ist, so erklärt sich das aus der besondern Natur des Militärpflichtersatzes
als eines Surrogates des Militärdienstes und dem Bedürfnis, ein kräftiges
indirektes Zwangsmittel für die Erfüllung dieser Pflicht zu schaffen (SALIS,
Bundesrecht III No. 1266). Eine Störung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und
Sicherheit ist mit der schuldhaften Nichtbezahlung der Militärsteuer nicht
verbunden.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen und die Ausweisungsverfügung des
Regierungsrates des Kantons Zug vom 4. Juni 1932 aufgehoben.