S. 131 / Nr. 22 Registersachen (d)

BGE 58 I 131

22. Urteil der II. Zivilabteilung vom 22. März 1932 i. S. Schweiz.
Bankgesellschaft gegen Regierungsrat Bern.


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Regeste:
Erfordernisse des Begehrens um Zugehör- Anmerkung im Grundbuch, ZGB Art. 644
/5, 805 Abs. 2, 946 Abs. 2, Grundbuchverordnung, Art. 78 (Erw. 2).
Legitimation des Grundpfandgläubigers zur verwaltungsgerichtlichen Beschwerde
gegen die Abweisung des Begehrens, VDG Art. 9 (Erw. 1).

A. - Die Worbla A.-G., Eigentümerin der Liegenschaften laut Grundbuchblättern
995 und 2251 in Bolligen, stellte am 5. Mai 1931 das Begehren um Anmerkung von
Zugehör, nämlich
auf Blatt 995 laut einem Inventar im Werte von 2104650 Fr.,
auf Blatt 2251 laut einem Inventar im Werte von 790965 Fr.,
auf beiden Blättern entsprechend der Klausel:
«Ausser den bereits als Zugehör im Sinne von Art. 644
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 644 - 1 Die Verfügung über eine Sache bezieht sich, wenn keine Ausnahme gemacht wird, auch auf ihre Zugehör.
1    Die Verfügung über eine Sache bezieht sich, wenn keine Ausnahme gemacht wird, auch auf ihre Zugehör.
2    Zugehör sind die beweglichen Sachen, die nach der am Orte üblichen Auffassung oder nach dem klaren Willen des Eigentümers der Hauptsache dauernd für deren Bewirtschaftung, Benutzung oder Verwahrung bestimmt und durch Verbindung, Anpassung oder auf andere Weise in die Beziehung zur Hauptsache gebracht sind, in der sie ihr zu dienen haben.
3    Ist eine Sache Zugehör, so vermag eine vorübergehende Trennung von der Hauptsache ihr diese Eigenschaft nicht zu nehmen.
und 645
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 645 - Zugehör sind niemals solche bewegliche Sachen, die dem Besitzer der Hauptsache nur zum vorübergehenden Gebrauche oder zum Verbrauche dienen, oder die zu der Eigenart der Hauptsache in keiner Beziehung stehen, sowie solche, die nur zur Aufbewahrung oder zum Verkauf oder zur Vermietung mit der Hauptsache in Verbindung gebracht sind.
ZGB angemerkten
Gegenständen gelten ferner alle diejenigen Sachen (Maschinen, Einrichtungen,
Werk zeuge etc.) als Zugehör zu den vorstehend aufgeführten Gebäuden, soweit
sie nicht Bestandteil der Liegenschaften sind, die jetzt für den Betrieb des
Etablissements vorhanden sind, und ferner diejenigen Sachen, die künftig zum
Fabrikbetriebe angeschafft werden, sei es als Ersatz für abgegangene Stücke,
sei es zur Vervollkommnung und Erweiterung des Geschäftsbetriebes.»
B. - Als die Schweizerische Bankgesellschaft in Zürich, Gläubigerin zweier
Schuldbriefe, die Pfandtitel ohne Anmerkung vermittelst Hinweises auf das die
allgemeine Klausel enthaltende Beleg erhielt, der auch gar nicht in die
Kolonne Anmerkungen aufgenommen worden ist, verlangte sie die Vornahme einer
weiteren Zugehöranmerkung entsprechend jener Klausel und, als dem nicht Folge
gegeben wurde, führte sie Beschwerde.

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C. - Der Regierungsrat des Kantons Bern hat am 6. November 1931 die Beschwerde
abgewiesen.
D. - Hierauf hat die Schweizerische Bankgesellschaft die vorliegende
verwaltungsgerichtliche Beschwerde geführt und hiebei auch noch den
eventuellen Antrag gestellt, die generelle Klausel sei mit einer allgemeinen
Wertangabe zur Anmerkung zuzulassen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Nach der Vernehmlassung des Regierungsrates ist das Begehren um Anmerkung
von Zugehör entsprechend der streitigen allgemeinen Klausel ursprünglich von
der Grundeigentümerin Worbla A.-G. gestellt worden. Gegen die Ablehnung dieses
Begehrens durch das Grundbuchamt hat die Schweizerische Bankgesellschaft
Beschwerde geführt und ist deshalb «in dem angefochtenen Entscheid als Partei
beteiligt», woraus ihre Legitimation zur verwaltungsgerichtlichen Beschwerde
ohne weiteres folgt. Auch kann dem Grundpfandgläubiger, der an der
Zugehöranmerkung grösseres Interesse hat als der Grundeigentümer selbst, im
Streit um deren Vornahme die Sachlegitimation nicht abgesprochen werden.
2.- Wie eine Anmerkung von Zugehör im Grundbuch beschaffen sein muss, ist in
Art. 78
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 78 - Die Auflösung erfolgt durch das Gericht auf Klage der zuständigen Behörde oder eines Beteiligten, wenn der Zweck des Vereins widerrechtlich oder unsittlich ist.
der Grundbuchverordnung bestimmt. Dadurch werden die einschlägigen
Vorschriften des ZGB (Art. 946 Abs. 2 und 805 Abs. 2) aus geführt. Die in Art.
805 Abs. 2 beispielsweise als Zugehör genannten Sachen: Maschinen, und
Hotelmobiliar, können somit nur in der in Art. 78 der Grundbuchverordnung
vorgesehenen Weise als Zugehör angemerkt werden. Danach findet die
Zugehöranmerkung in der Kolonne der Anmerkungen des Hauptbuchblattes oder der
Liegenschaftsbeschreibung entweder in der Weise statt, dass die einzelnen
Zugehörstücke angegeben werden, oder (wenn dies nicht wohl geschehen kann) in
der Weise, dass der Hinweis auf ein Beleg aufgenommen wird. Und zwar hat ein
solches Beleg zu bestehen entweder aus dem

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Verzeichnis (Inventar) der einzelnen Zugehörstücke oder aus der
Gattungsbezeichnung der Zugehör unter Angabe ihres Wertes. Hieraus folgt ohne
weiteres, dass einem Begehren um Zugehöranmerkung nur Folge gegeben werden
kann. wenn entweder ein (mit dem Begehren verbundenes oder ein besonderes)
Verzeichnis (Inventar) eingereicht wird, in dem die einzelnen Zugehörstücke
aufgezählt sind, oder wenn Angaben über Gattung und Wert der Zugehör gemacht
werden. Das streitige Begehren entspricht diesen Anforderungen nicht und würde
ihnen auch nicht entsprechen, wenn es gemäss dem eventuellen Beschwerdeantrag
ergänzt würde. Von den als Liegenschaftszugehör angemerkten beweglichen Sachen
wird vermutet, dass sie Zugehör seien. Um Missbräuche zu vermeiden, müssen die
Grundbuchbehörden in den Stand gesetzt werden, zu prüfen, ob das Begehren um
Zugehöranmerkung nicht auf Gegenstände ausgedehnt werde, die von Gesetzes
wegen nicht Zugehör sein können. Diese Prüfung wird ohne weiteres ermöglicht
durch die einzelne Aufzählung der als Zugehör anzumerkenden Sachen. Sie wird
aber auch ermöglicht durch die Angabe der Gattung und des Wertes von auf der
Liegenschaft vorhandenen Sachen, da sich mindestens ungefähr nachkontrollieren
lässt, ob Sachen der angegebenen Gattung im angegebenen Werte
Zugehöreigenschaft zukommen kann. Dagegen ist jede derartige Prüfung von
vorneherein ausgeschlossen, wenn mit der Anmerkung einfach erzielt werden will
- was mit der streitigen Klausel verfolgt wird -, dass die Zugehöreigenschaft
von Sachen einer gewissen Kategorie im angegebenen Werte zu vermuten sei,
welche künftig auf die Liegenschaft werden verbracht werden. Wenn nämlich die
bereits vorhandenen und die später hinzu kommenden beweglichen Sachen der
angegebenen Gattung zusammen nicht mehr als den angegebenen Wert aus machen,
so wäre durch eine solche Anmerkung die Vermutung der Zugehöreigenschaft für.
alle neu hinzugekommenen Sachen dieser Gattung begründet, gleichgültig, ob

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jene Eigenschaft ihnen nach Gesetz zukommen könne oder nicht. Eine derart
allgemeine Zugehöranmerkung könnte also dazu dienen, die Vermutung der
Zugehöreigenschaft auch für Sachen zu schaffen, die von Gesetzes wegen nicht
Zugehör sein können, wodurch Dritte Nachteil erleiden könnten, sei es
vielleicht auch nur in prozessualer Beziehung. Wollen die Grundbuchbehörden
hiezu nicht Hand bieten, so darf ihnen dies nicht verwehrt werden. Die
Grundpfandgläubiger werden deswegen nicht in ungerechtfertigter Weise
benachteiligt. Sachen, die nicht als Zugehör angemerkt sind, werden freilich
nicht der Vermutung teilhaftig, dass sie Zugehör seien. Aber des wegen besteht
doch nicht eine gegenteilige Vermutung, am allerwenigsten für Sachen, von
denen dargetan werden kann, dass sie bei Erstellung des Zugehörinventars noch
gar nicht da waren, aber auch nicht für andere, da diesen eine solche
allgemeine Klausel, wie die hier streitige, auch wenn sie nicht angemerkt
werden kann, doch als Ausdruck eines umfassenden Zugehör - Widmungswillens
zugute kommt. Wenn die durch die Anmerkung begründete Vermutung der
Zugehöreigenschaft überhaupt auch zu Gunsten von Ersatzstücken besteht -
welche Frage des materiellen Rechtes vorbehalten bleiben soll -, so trägt dem
eine bloss gattungs- und wertmässig erfolgende Bezeichnung der Zugehör
genügend Rechnung. Ob aber andere, nicht als Ersatz, sondern zur Ergänzung neu
hinzukommende bewegliche Sachen Zugehör sein können, steht noch dahin, auch
wenn sie der Gattung der angemerkten Zugehör angehören, weshalb es nicht
gerecht fertigt wäre, dass die Grundbuchbehörden Hand dazu bieten, zu Gunsten
der Grundpfandgläubiger, aber zum Nachteil der übrigen Gläubiger des
Grundeigentümers eine Vermutung zu schaffen, sie seien Zugehör. Würde eine
derartige generelle Zugehöranmerkung für in Zukunft allfällig vorhandene
Sachen zugelassen, so dürfte sie auch für gegenwärtig schon vorhandene nicht
zurückgewiesen werden, was aber - wie schon das Grundbuchamt

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zutreffend bemerkt hat - mit Art. 78 der Grundbuchverordnung im Widerspruch
stünde.
Demnach erkennt das Bundesgericht. Die Beschwerde wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 58 I 131
Datum : 01. Januar 1931
Publiziert : 22. März 1932
Quelle : Bundesgericht
Status : 58 I 131
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Erfordernisse des Begehrens um Zugehör- Anmerkung im Grundbuch, ZGB Art. 644 /5, 805 Abs. 2, 946...


Gesetzesregister
ZGB: 78 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 78 - Die Auflösung erfolgt durch das Gericht auf Klage der zuständigen Behörde oder eines Beteiligten, wenn der Zweck des Vereins widerrechtlich oder unsittlich ist.
644 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 644 - 1 Die Verfügung über eine Sache bezieht sich, wenn keine Ausnahme gemacht wird, auch auf ihre Zugehör.
1    Die Verfügung über eine Sache bezieht sich, wenn keine Ausnahme gemacht wird, auch auf ihre Zugehör.
2    Zugehör sind die beweglichen Sachen, die nach der am Orte üblichen Auffassung oder nach dem klaren Willen des Eigentümers der Hauptsache dauernd für deren Bewirtschaftung, Benutzung oder Verwahrung bestimmt und durch Verbindung, Anpassung oder auf andere Weise in die Beziehung zur Hauptsache gebracht sind, in der sie ihr zu dienen haben.
3    Ist eine Sache Zugehör, so vermag eine vorübergehende Trennung von der Hauptsache ihr diese Eigenschaft nicht zu nehmen.
645
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 645 - Zugehör sind niemals solche bewegliche Sachen, die dem Besitzer der Hauptsache nur zum vorübergehenden Gebrauche oder zum Verbrauche dienen, oder die zu der Eigenart der Hauptsache in keiner Beziehung stehen, sowie solche, die nur zur Aufbewahrung oder zum Verkauf oder zur Vermietung mit der Hauptsache in Verbindung gebracht sind.
BGE Register
58-I-131
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
anmerkung • wert • vermutung • inventar • bewegliche sache • regierungsrat • legitimation • bundesgericht • grundbuch • entscheid • unternehmung • anschreibung • ersatz • zeuge • liegenschaftsbeschreibung • bestandteil • frage • teilhaftung • wille • materielles recht
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