BGE 57 II 603
99. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 9. Dezember 1931 i. S.
Schülke & Mayr A.-G. gegen Cofmann-Nicoresti.
Regeste:
Markenschutz:
Verwandlung eines Individualzeichens in eine generelle Sachbezeichnung.
Voraussetzungen. - «Lysol» ist heute noch Individualzeichen (Erw. 4).
Defensivzeichen sind ungültig nach schweizerischem Recht (Erw. 12).
Aus dem Tatbestand:
A. - Die Klägerin, Firma Schülke & Mayr A.-G. in Hamburg, ist seit Jahren
Inhaberin der im schweiz. Markenregister unter Nr. 37381 und im internat.
Markenregister unter Nr. 33387 für Desinfektionsmittel eingetragenen Wortmarke
«Lysol». Im Jahre 1929 liess der damals
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in Brüssel wohnhafte Beklagte, C. A. Cofmann-Nicoresti, auf Grund einer im
Jahre 1928 in Belgien erfolgten Hinterlegung ebenfalls für
Desinfektionsmittel, die Wortmarken «Lysolats» und «Lysovet» unter Nr. 61382
und 61383 im internat. Markenregister eintragen. Daraufhin hinterlegte die
Klägerin ihrerseits auf Grund von in Deutschland erfolgten Eintragungen
dieselben Wortmarken «Lysolats» und «Lysovets», sowie die weitere Wortmarke
«Lysotabs» unter Nr. 62029, 65952 und 66101 beim internationalen Amt für
geistiges Eigentum.
B. - Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin, die internat. Marke
«Lysolats» des Beklagten sei für das Gebiet der Schweiz ungültig zu erklären,
da diese sich nur unwesentlich von der Marke «Lysol» unterscheide, auf die die
Klägerin zufolge früheren Gebrauches und früherer Eintragung ein besseres
Recht besitze als der Beklagte.
Der Beklagte verlangte widerklageweise die Ungültigerklärung der klägerischen
Marke «Lysol» (soweit diese im internat. Markenregister eingetragen, für das
Gebiet der Schweiz), da diese nur deskriptive Bedeutung habe, von Anfang an
lediglich eine Sachbezeichnung gewesen und daher als Marke nicht schutzfähig
sei; eventuell sei sie jedenfalls im Laufe der Zeit zur blossen
Sachbezeichnung geworden. Sodann verlangte der Beklagte, die internat. Marken
«Lysolats», «Lysovets» und «Lysotabs» der Klägerin seien für das Gebiet der
Schweiz ungültig zu erklären, da diese unzulässige Nachahmungen der bezgl.
beklagtischen Marken darstellten und zudem blosse Defensivzeichen seien, denen
nach schweizerischem Recht kein Schutz zukomme.
C. - Das Bundesgericht hat das Hauptklagebegehren auf Ungültigerklärung der
beklagtischen internat. Marke «Lysolats» für das Gebiet der Schweiz geschützt,
andererseits aber auch das Widerklagebegehren auf Ungültigerklärung der
klägerischen internat. Marken «Lysolats» «Lysovets» und «Lysotabs» für das
Gebiet der Schweiz gutgeheissen.
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Aus den Erwägungen:
1. - ...
2. - («Lysol» ist keine Beschaffenheitsbezeichnung).
3. - («Lysol» ist von der Klägerin bezw. ihrer Rechtsvorgängerin von Anfang an
als Phantasiebezeichnung und nicht als Sachbezeichnung verwendet worden).
4. - Es fragt sich nun aber, ob, wie der Beklagte weiter geltend macht, das
ursprüngliche Individualzeichen «Lysol» nicht im Laufe der Zeit zur generellen
Sachbezeichnung für Desinfektionsmittel der fraglichen Art geworden sei; denn
wenn dies zutreffen würde, entfiele jeder markenrechtliche Schutz, unbekümmert
darum, dass das Zeichen von der Klägerin im internationalen und
schweizerischen Markenregister eingetragen worden ist (vgl. BGE 55 II S. 349).
Da der vorliegende Rechtsstreit sich um den von der Klägerin in der Schweiz
beanspruchten Markenschutz dreht, sind - nach der neuen Praxis des
Bundesgerichtes (vgl. BGE 55 II S. 152 Erw. 2 und die daselbst angeführten
Entscheide) - zur Beurteilung dieser Frage die Verhältnisse massgebend, wie
sie sich hinsichtlich der Bedeutung und Verwendung des Wortes «Lysol» in der
schweizerischen Verkehrsauffassung gebildet haben, d. h. es gilt hier das
Territorial- oder Nationalitätsprinzip. Es ist daher nicht ausgeschlossen,
dass eine Marke zwar im Ausland nicht Freizeichen ist, wohl aber im Inland als
solches betrachtet werden muss, oder umgekehrt. Hiebei hat das Bundesgericht
in seinem Entscheide in Bd. 55 II S. 347 freilich ausgeführt, dass dieses
Prinzip nicht absolut angewendet werden dürfe; denn es springe in die Augen,
dass, wo ein Erzeugnis von Weltruf in Frage stehe, sich in den verschiedenen
Ländern eine übereinstimmende Auffassung bilden wird, d. h. dass die
Anschauungen der interessierten Verkehrskreise im Ausland auch diejenigen des
Inlandes beeinflussen. Diese Überlegung greift aber hier deshalb nicht Platz,
weil es der Klägerin während der Zeit des Weltkrieges zum mindesten in den
Staaten der
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Entente nicht möglich war, ihrem Markenrecht Nachachtung zu verschaffen. Die
Vorinstanz hat daher, angesichts dieser besondern Verhältnisse, mit Recht von
einer Berücksichtigung der im Ausland herrschenden Anschauungen abgesehen und
sich streng an das Nationalitäts- bezw. Territorialitätsprinzip gehalten. Sie
hat zu diesem Behufe eine Reihe von in der Schweiz niedergelassenen Drogisten,
Apothekern, Ärzten, Tierärzten und Spitalverwaltern einvernommen, die mit
wenig Ausnahmen der Ansicht Ausdruck gegeben haben, dass «Lysol» ein
geschützter Markenartikel der Klägerin sei. Die Vorinstanz hat daher
angesichts dieser Aussagen die Einrede des Beklagten, wonach «Lysol» zu einem
Freizeichen geworden sei, verneint, obwohl ein grosser Teil des kaufenden
Publikums nicht mehr wisse, dass «Lysol» eine Marke darstelle. Die
Feststellung über die in den verschiedenen Kreisen herrschenden Auffassungen
sind tatsächlicher Natur und daher für das Bundesgericht verbindlich. Dagegen
bildet es eine Rechtsfrage, wie diese Auffassungen mit Bezug auf die
Beurteilung des behaupteten Freizeichencharakters der streitigen Marke zu
würdigen seien. Das Bundesgericht hat sich in seinem Entscheide in Bd. 55 II
S. 347 dahin geäussert, dass unter den für diese Beurteilung massgebenden
«beteiligten Verkehrskreisen» einerseits die Berufsleute, d. h. die
Fabrikanten und Händler und andererseits das kaufende Publikum zu verstehen
sei. Damit wollte jedoch nicht gesagt werden, dass die Umwandlung einer
geschützten Marke in ein Freizeichen schon dann als vollzogen zu erachten sei,
wenn auch nur dem letztern das Bewusstsein an der Zugehörigkeit des fraglichen
Zeichens zu einem bestimmten Produzenten oder Händler geschwunden ist. Die
Umwandlung einer geschützten Marke in ein Freizeichen stellt sich als etwas
Aussergewöhnliches dar und tritt nur unter ganz besondern Umständen ein, d. h.
lediglich dann, wenn überhaupt keiner der in Betracht kommenden Verkehrskreise
sich des Schutzes mehr
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bewusst ist. Wollte man die Auffassung des kaufenden Publikums für sich allein
schon als massgebend erachten, so würden dadurch gerade die wertvollsten
Marken ihrer Schutzwirkung beraubt. Es ist ja das Ziel des Produzenten oder
Händlers, der eine Wortmarke als Warenzeichen verwendet, damit für sein
Produkt ein bestimmtes Schlagwort einzuführen; und je mehr es ihm gelingt,
dass seine Ware im Verkehr unter diesem Schlagwort an Stelle der
Sachbezeichnung gehandelt wird, desto mehr gewinnt seine Marke an Bedeutung.
Eine derartige Entwicklung führt aber notgedrungen dazu, dass das kaufende
Publikum sich des blossen Markencharakters des fraglichen Schlagwortes bald
nicht mehr bewusst ist, d. h. dass es die Herkunftsbezeichnung für die
Sachbezeichnung nimmt. Es ist nun aber nicht einzusehen, warum eine Marke, die
eine derartige Wirkung entfaltet - welcher Erfolg ja dem Verdienste des
betreffenden Markeninhabers zuzuschreiben ist - des besondern Schutzes
verlustig gehen sollte. Das kann vielmehr nur dann erfolgen, wenn auch der
Zwischenhändler und allfällige Produzenten sich der Eigenschaft eines Zeichens
als Marke einer bestimmten Person oder Firma nicht mehr erinnern, was in der
Regel voraussetzt - und darin liegt in der Hauptsache die Rechtfertigung für
den Verlust der Schutzrechte -, dass der betreffende Markeninhaber deren
Benützung als Warenzeichen für Waren Dritter widerstandslos geduldet hat (vgl.
auch die Kommentare zum deutschen Warenzeichengesetz: FINGER 3. Auflage S.
130; HAGENS S. 81, 223 ff.; SELIGSOHN 3. Auflage S. 207 ff.; PINZGER und
HEINEMANN S. 244 ff.; den Entscheid des Reichsgerichtes in Zivilsachen Bd. 108
Nr. 2 S. 8 ff., insbesondere S. 13). Bei dieser Sachlage kann aber angesichts
der vorerwähnten Feststellung der Vorinstanz nicht davon die Rede sein, dass
«Lysol» zu einem Freizeichen geworden sei, zumal als, wie sich ebenfalls aus
dem angefochtenen Entscheide ergibt, die Klägerin durch zahlreiche Inserate in
Fach- und Tageszeitungen auf die Markeneigenschaft der
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Bezeichnung «Lysol» aufmerksam gemacht hat und auch sonst gegen die ihr
bekannt gewordenen Fälle von Verletzungen ihrer Markenrechte jeweils
eingeschritten ist (vgl. auch BGE 55 II S. 347 f.). Die Vorinstanz hätte sogar
davon Umgang nehmen können, die in Ärzte- und Veterinärkreisen über diese
Frage bestehenden Auffassungen zu erkunden; es hätte nach dem Gesagten genügt,
dass die Drogisten und Apotheker, die sich mit dem Vertrieb des klägerischen
Desinfektionsmittels befassen, i n ihrer überwiegenden Mehrheit in dem
Wortzeichen «Lysol» nach wie vor eine Herkunftsbezeichnung erblicken, was
hauptsächlich darauf zurückzuführen sein wird, dass - wie sich aus einem bei
den Akten liegenden, in einem frühern von der Klägerin angestrengten Prozess
erstatteten Gutachten ergibt - die Grossisten in ihren Katalogen (auf Grund
derer die Zwischenhändler ihre Bestellungen aufzugeben pflegen) die mit einem
geschützten Warenzeichen versehenen Produkte deutlich kenntlich machen. Gegen
die beklagtische Auffassung spricht auch, wie die Vorinstanz mit Recht
hervorgehoben hat, der Umstand, dass Lysol nicht in der schweizerischen
Pharmakopoe, bei deren Redaktion die Aufnahme von Wortmarken grundsätzlich
vermieden wurde, aufgeführt ist. Diesen Feststellungen gegenüber spielt der
Umstand keine Rolle, dass in vereinzelten behördlichen Erlassen, in
Wörterbüchern und in verschiedenen wissenschaftlichen Werken das Wort «Lysol»
im Sinne einer Sachbezeichnung oder doch ohne Hinweis auf seine Markenqualität
verwendet wurde; denn solchen Veröffentlichungen liegt ihrem Zwecke nach der
Hinweis auf Individualrechte und Warenbezeichnungen auch da, wo solche
bestehen und in Fachkreisen bekannt sind, in der Regel ferne (vgl. BGE 28 II
S. 559 f. Erw. 4; 31 II S. 520; 39 II S. 119 Erw. 5; 55 II S. 155).
Der Beklagte hat geltend gemacht, dass verschiedene Drogisten und Apotheker
unter der Bezeichnung «Lysol» ein Desinfektionsmittel verkauften, das nicht
aus der
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Fabrik der Klägerin stamme, und er war in der Lage, diese Behauptung an Hand
verschiedener Beispiele zu belegen. Auch dieser Einwand ist nicht schlüssig
und zwar schon deshalb nicht, weil die Vorinstanz für das Bundesgericht
verbindlich festgestellt hat, diese Leute hätten gewusst, dass ihr Vorgehen
nicht korrekt sei und dass unter dem Namen «Lysol» nur die Ware der Klägerin
verkauft werden dürfte. Unbehelflich ist endlich auch der Umstand, dass
(worauf der Beklagte ebenfalls noch hingewiesen hat) die Klägerin es den
Wiederverkäufern gestattet, ihr Produkt, das sie diesen in grössern Mengen
liefert, für den Detailverkauf in kleine Fläschchen abzufüllen und darauf eine
Etikette anzubringen, die lediglich die Bezeichnung «Lysol», ohne Hinweis auf
die klägerische Firma, sowie den Namen des betreffenden Wiederverkäufers
trägt. Wohl birgt dieses Vorgehen die Gefahr in sich, dass mit der
klägerischen Marke Missbrauch getrieben wird. Das ist jedoch vorliegend
deshalb ohne Belang, da die Klägerin, soweit solche Missbräuche vorgekommen
und ihr zur Kenntnis gelangt sind, diesen jeweils nach Kräften
entgegengetreten ist, so dass nach den mehrfach erwähnten Feststellungen der
Vorinstanz das Bewusstsein vom Markencharakter der Bezeichnung «Lysol» in den
massgebenden Fachkreisen bis anhin nicht erschüttert worden ist.
5. - ...
Demnach ist die schweizerische Marke Nr. 37381 der Klägerin als gültig zu
erachten. Dieselben Erwägungen führen aber auch zur Anerkennung der
gleichlautenden internationalen Marke Nr. 33 387 der Klägerin, da diese - sie
beruht ebenfalls auf einer in Deutschland erfolgten Eintragung - nach den
gleichen Grundsätzen wie die erstere zu beurteilen ist (vgl. PILLET, Le régime
international de la propriété industrielle S. 368/69) und der Beklagte gegen
beide Marken dieselben Einwendungen erhoben hat.
6. - («Lysolats» unterscheidet sich nicht genügend von «Lysol»).
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7 - 11. - ...
12.-Die Klägerin bestreitet nicht, dass sie die Marken «Lysovet», «Lysolats»
und «Lysotabs» als Defensivzeichen habe eintragen lassen, d. h. als Marken,
denen keine selbständige Bedeutung zukommt, sondern die lediglich zur
Verstärkung des Schutzes ihrer Hauptmarke «Lysol» bestimmt sein sollen. Solche
Marken verstossen aber gegen das Grundprinzip, auf das das schweizerische
Markenschutzgesetz aufgebaut ist, wonach das Recht an einer Marke auf ihrem
tatsächlichen Gebrauch (ihrer Anbringung an der Ware oder deren Verpackung)
beruht. Dieser erzeugt das Recht an der Marke und wahrt deren
Rechtsbeständigkeit, während deren Eintrag im Markenregister lediglich
deklaratorische Bedeutung zukommt. Freilich ist dem Inhaber durch Art. 9
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz MSchG Art. 9 Prioritätserklärung - 1 Wer die Priorität nach der Pariser Verbandsübereinkunft8 oder die Ausstellungspriorität beansprucht, hat beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) eine Prioritätserklärung abzugeben. Das IGE kann die Einreichung eines Prioritätsbelegs verlangen.9 |
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1 | Wer die Priorität nach der Pariser Verbandsübereinkunft8 oder die Ausstellungspriorität beansprucht, hat beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) eine Prioritätserklärung abzugeben. Das IGE kann die Einreichung eines Prioritätsbelegs verlangen.9 |
2 | Der Anspruch ist verwirkt, wenn die in der Verordnung festgelegten Fristen und Formerfordernisse nicht beachtet werden. |
3 | Die Eintragung einer Priorität begründet lediglich eine Vermutung zugunsten des Markeninhabers. |
eine Karenzzeit eingeräumt, indem die Löschung einer Marke erst verlangt
werden kann, wenn er während drei aufeinanderfolgenden Jahren keinen Gebrauch
von ihr gemacht hat; und auch dann besteht ein Löschungsanspruch nur, «sofern
der Inhaber die Unterlassung des Gebrauches nicht hinreichend zu rechtfertigen
vermag». Die Vorinstanz hält daher dafür, dass angesichts dieser
letzterwähnten Einschränkung, die anlässlich der Revision von 1928 - um eine
Übereinstimmung mit Art. 5 letztem Absatz der revidierten Pariser Übereinkunft
herzustellen - in das Gesetz aufgenommen worden ist, auch blosse
Defensivzeichen nunmehr als zulässig zu erachten seien (ebenso KOLB, Die
Voraussetzungen der Schutzfähigkeit eines Markenzeichens, Berner Dissertation
1930 S. 17 ff.; V. WALDKIRCH, Der Gebrauch der Marke nach schweizerischem
Recht, in ZSchwR Neue Folge Bd. 50 S. 151 f.). Dem kann nicht beigetreten
werden. Durch diesen Zusatz wurde gegenüber dem bisherigen Rechtszustand
lediglich bewirkt, dass der vorübergehende Nichtgebrauch einer Marke, selbst
wenn dieser länger als drei Jahre dauert, unter Umständen ausnahmsweise nicht
den Verlust des Markenschutzes zur Folge hat;
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doch wollte damit an dem Grundsatz an sich nichts geändert werden, dass das
Recht an der Marke auf deren tatsächlichen Gebrauch beruht, d. h. es wurde
damit nicht anerkannt, dass auch solche Marken rechtsgültig seien, die, wie
dies bei Defensivzeichen der Fall ist, der Inhaber zum vorneherein überhaupt
gar nie zu benutzen gedenkt. Das ergibt sich unzweideutig aus der
Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Es wurde seinerzeit von Seiten der
Schweizergruppe der internationalen Vereinigung für den gewerblichen
Rechtsschutz beantragt, es solle dem Art. 9
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz MSchG Art. 9 Prioritätserklärung - 1 Wer die Priorität nach der Pariser Verbandsübereinkunft8 oder die Ausstellungspriorität beansprucht, hat beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) eine Prioritätserklärung abzugeben. Das IGE kann die Einreichung eines Prioritätsbelegs verlangen.9 |
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1 | Wer die Priorität nach der Pariser Verbandsübereinkunft8 oder die Ausstellungspriorität beansprucht, hat beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) eine Prioritätserklärung abzugeben. Das IGE kann die Einreichung eines Prioritätsbelegs verlangen.9 |
2 | Der Anspruch ist verwirkt, wenn die in der Verordnung festgelegten Fristen und Formerfordernisse nicht beachtet werden. |
3 | Die Eintragung einer Priorität begründet lediglich eine Vermutung zugunsten des Markeninhabers. |
«Als gerechtfertigt ist insbesondere zu betrachten die Unterlassung des
Gebrauches von Defensivmarken». Dieser Antrag fand jedoch bei den Räten kein
Gehör und zwar nicht, weil man eine derartige Bestimmung angesichts des
vorangehenden neuen Zusatzes für überflüssig erachtet hätte, sondern weil man
Defensivmarken als mit dem Grundprinzip des schweizerischen Markenrechtes
unvereinbar nicht anerkennen wollte (vgl. die Voten der Berichterstatter im
Nationalrat TSCHUMI und BOLLE, Sten. Bull. Nat. Rat 1928 S. 847 /848).
Angesichts dieser klaren Willenskundgebung des Gesetzgebers erscheint somit
die von KOLB (a.a.O. S. 19) geäusserte Auffassung ohne weiteres irrig, dass
aus dem Fehlen einer die Defensivzeichen ausschliessenden Bestimmung auf die
Zulässigkeit solcher Marken geschlossen werden müsse. Diese Auffassung wäre
aber auch ohne Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien nicht zu hören, da ein
derart tiefgreifender Einbruch in das System des Gesetzes ohnehin klar und
unzweideutig hätte zum Ausdruck gebracht werden müssen. Die Verweigerung der
Anerkennung von blossen Defensivzeichen beruht übrigens nicht nur auf rein
theoretischen Erwägungen, sondern es sprechen auch gewichtige praktische
Gründe gegen deren Zulassung. Es kann schon grundsätzlich nicht Sache des
Markeninhabers sein, an Stelle des Richters selber den Schutzkreis seiner
Marke zu umschreiben. Wenn er dadurch den ihm gesetzlich zukommenden
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Bereich überschreitet, masst er sich damit zudem zum Nachteil der übrigen
Produzenten und Händler Rechte an, an denen er nicht das geringste
schutzwürdige Interesse besitzt. Das hat auch v. WALDKIRCH (a.a.O. S. 162)
erkannt; doch glaubte er, diesem Bedenken dadurch begegnen zu können, dass er
den Grundsatz aufstellte, es dürfe bei einer Klage auf Grund eines
Defensivzeichens dieses nicht für sich allein, wie eine selbständige,
tatsächlich gebrauchte Marke, gewürdigt werden, sondern nur im Zusammenhang
mit dem Hauptzeichen, dessen Schutz es verstärken soll. Allein, wenn es zur
Beurteilung der Zulässigkeit einer angefochtenen Marke doch einzig auf deren
Ähnlichkeit mit dem Hauptzeichen ankommt, ist nicht einzusehen, welcher
praktische Wert einem Defensivzeichen noch zukommen würde. Eine solche
Regelung vermöchte auch vor Art. 6 Abs. 1
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz MSchG Art. 6 Hinterlegungspriorität - Das Markenrecht steht demjenigen zu, der die Marke zuerst hinterlegt. |
Voraussetzung für die Gültigkeit einer Marke ganz allgemein eine genügende
Unterscheidbarkeit von schon früher eingetragenen Marken verlangt, ohne hievon
gewisse Kategorien auszuschliessen.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist daher nicht nur die klägerische
Defensivmarke «Lysovet», sondern auch «Lysolats» und «Lysotabs» als ungültig
zu erklären. Die Klägerin hat allerdings noch geltend gemacht, gemäss Art. 9
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz MSchG Art. 9 Prioritätserklärung - 1 Wer die Priorität nach der Pariser Verbandsübereinkunft8 oder die Ausstellungspriorität beansprucht, hat beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) eine Prioritätserklärung abzugeben. Das IGE kann die Einreichung eines Prioritätsbelegs verlangen.9 |
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1 | Wer die Priorität nach der Pariser Verbandsübereinkunft8 oder die Ausstellungspriorität beansprucht, hat beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) eine Prioritätserklärung abzugeben. Das IGE kann die Einreichung eines Prioritätsbelegs verlangen.9 |
2 | Der Anspruch ist verwirkt, wenn die in der Verordnung festgelegten Fristen und Formerfordernisse nicht beachtet werden. |
3 | Die Eintragung einer Priorität begründet lediglich eine Vermutung zugunsten des Markeninhabers. |
MSchG stehe es ihr während der ersten drei Jahre vom Datum des Eintrages an
gerechnet völlig frei, diese Marken zu gebrauchen oder nicht; diese Frist sei
aber noch nicht abgelaufen, so dass der Beklagte auch aus diesem Grunde deren
Löschung zum mindesten heute noch nicht verlangen könne. Dieser Einwand ist
deshalb nicht zu hören, weil die Klägerin selber ausdrücklich zugegeben hat,
die Marken überhaupt nie gebrauchen zu wollen. Angesichts dieser unzweideutig
endgültigen Willensäusserung der Klägerin trifft aber die Frist des Art. 9
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz MSchG Art. 9 Prioritätserklärung - 1 Wer die Priorität nach der Pariser Verbandsübereinkunft8 oder die Ausstellungspriorität beansprucht, hat beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) eine Prioritätserklärung abzugeben. Das IGE kann die Einreichung eines Prioritätsbelegs verlangen.9 |
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1 | Wer die Priorität nach der Pariser Verbandsübereinkunft8 oder die Ausstellungspriorität beansprucht, hat beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) eine Prioritätserklärung abzugeben. Das IGE kann die Einreichung eines Prioritätsbelegs verlangen.9 |
2 | Der Anspruch ist verwirkt, wenn die in der Verordnung festgelegten Fristen und Formerfordernisse nicht beachtet werden. |
3 | Die Eintragung einer Priorität begründet lediglich eine Vermutung zugunsten des Markeninhabers. |
MSchG, der unter solchen Umständen jede Rechtfertigung abginge, nicht zu.