S. 139 / Nr. 23 Familienrecht (d)

BGE 57 II 139

23. Auszug aus dem Urteile der II. Zivilabteilung vom 20. März 1931 i. S. Lenz
gegen Lenz.

Regeste:
Ist der Ehemann der Ehefrau für die von deren Eltern gewährten laufenden
Zuschüsse ersatzpflichtig? ZGB Art. 160 Abs. 2, 163, 190 Abs. 1, 192 Abs. 1,
209 Abs. 2, 246 Abs. 1 u. 3.

Die Klägerin stammt aus einer Familie, die ihr Haus mit viel Aufwand führt,
der Beklagte aus einer thurgauischen Bauernfamilie. Der Beklagte ist
hauptsächlich nur im Sommer als Kurarzt tätig und setzte daneben in den ersten
Jahren der Ehe noch seine Studien in verschiedenen Städten, teils im Auslande,
fort.
Während der Dauer der Ehe wurden der Klägerin von ihrem Vater zur Deckung
ihrer laufenden persönlichen und Haushaltungsbedürfnisse namhafte Zuwendungen
(im behaupteten Betrage von rund 100000 Fr.) gemacht, teils durch Bezahlung
von Rechnungen von Lieferanten, teils durch Einzahlung an eine Bank, mit der
sie in laufendem Checkverkehr stund, teils durch Übergabe an bar.
Das Obergericht des Kantons Zürich hat am 8. November 1930 das
Frauengutersatzbegehren der Klägerin (betreffend die erwähnten Zuschüsse im
Betrage von 95000 Fr.) abgewiesen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die Berufung an das Bundesgericht
eingelegt, mit dem Antrag auf Verurteilung des Beklagten zur Rückerstattung
von Frauengut im Betrage von 95000 Fr.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Gemäss Art. 160 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 160 - 1 Jeder Ehegatte behält seinen Namen.
1    Jeder Ehegatte behält seinen Namen.
2    Die Verlobten können aber gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten erklären, dass sie einen ihrer Ledignamen als gemeinsamen Familiennamen tragen wollen.221
3    Behalten die Verlobten ihren Namen, so bestimmen sie, welchen ihrer Ledignamen ihre Kinder tragen sollen. In begründeten Fällen kann die Zivilstandsbeamtin oder der Zivilstandsbeamte die Verlobten von dieser Pflicht befreien.222
ZGB war der Beklagte verpflichtet, für den Unterhalt
der Klägerin und der Kinder

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«in gebührender Weise» Sorge zu tragen. Tat er es nicht und musste deshalb die
Klägerin aus ihr vorgeschossenem anwartschaftlichem Vermögen dafür aufkommen,
so könnte sie freilich Ersatz fordern (BGE 52 II S. 424 ff.). Indessen ist
nicht genügend dargetan, dass der Beklagte jene Pflicht nicht erfüllt habe.
Für den Umfang seiner Unterhaltspflicht war massgebend, dass er aus
Verhältnissen stammte, wo Sparsamkeit herrschte, dass er in den ersten Jahren
der Ehe kein namhaftes eigenes Vermögen besass und nur während eines kleineren
Teiles des Jahres dem Erwerb oblag, womit die Klägerin einverstanden war.
Letzterer dürfte für die Führung eines einfachen Haushaltes immerhin
ausgereicht haben, zumal da ein Bruder des Beklagten für dessen
wissenschaftliche Studien einige Zehntausend Franken beisteuerte. Wollte sich
die Klägerin diesen Verhältnissen des Beklagten nicht anpassen, sondern nach
wie vor ähnlichen Aufwand treiben, wie sie es von ihrem Elternhaus her gewöhnt
war, so war es ihre Sache, für die hiezu erforderlichen weiteren Mittel
aufzukommen. Dies hätte in der Form einer vom Beklagten wiederholt erfolglos
verlangten Mitgift geschehen können, deren Nutzung ihm zugestanden wäre. Dass
mangels einer solchen laufende Zuschüsse gewährt werden müssen, scheinen
sowohl die Klägerin als ihr Vater als selbstverständlich erachtet zu haben,
ansonst es nicht erklärlich wäre, dass letzterer die von der Tochter zu diesem
Zwecke präsentierten Lieferantenrechnungen bezahlte, deren Checkguthaben
fortwährend speiste und ihr ausserdem noch Barmittel zur Verfügung stellte,
ohne dies den Beklagten auch nur wissen zu lassen. Diese Zuwendungen als für
Rechnung des eingebrachten Frauengutes gemacht anzusehen, würde aus den
angegebenen Gründen den Verhältnissen nicht gerecht, weil der Beklagte dann
dafür Ersatz schulden würde, dass sich die Klägerin aus den Mitteln ihres
Vaters Unterhalt in einer Weise gewahren liess, die über den damaligen Umfang
der Unterhaltungspflicht des Beklagten hinausging.

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Übrigens sollte nach der für das Bundesgericht massgebenden Feststellung der
Vorinstanz in der bei Vater und Tochter obwaltenden Absicht der Beklagte von
der Verwendung dieser Gelder ausgeschlossen sein und letztere nur der Klägerin
zustehen, die denn auch die Lieferantenrechnungen von sich aus zur Begleichung
eingab und den Checkverkehr ohne Beiziehung des Beklagten pflegte. Werden
unter dem Güterstande der Güterverbindung von dritter Seite der Ehefrau
Zuwendungen gemacht, deren Behändigung dem Ehemanne versagt sein soll, so sind
es eben Zuwendungen zu Sondergut, wie sie Art. 190 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 190 - 1 Das Begehren richtet sich gegen beide Ehegatten.
1    Das Begehren richtet sich gegen beide Ehegatten.
2    ...238
ZGB ausdrücklich
vorsieht. Erhielt die Klägerin Sondergut zugewendet, so hätte der Beklagte von
ihr einen angemessenen Beitrag zur Tragung der ehelichen Lasten verlangen
können (Art. 246 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 246 - Im Übrigen gelten die Bestimmungen über die Teilung von Miteigentum und die Durchführung der Erbteilung sinngemäss.
, 192 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 192 - Tritt Gütertrennung ein, so gelten für die güterrechtliche Auseinandersetzung die Bestimmungen des bisherigen Güterstandes, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt.
ZGB), der freilich normalerweise nicht den
laufenden Vermögensertrag hätte übersteigen dürfen. Allein letztere Regel
hätte bei den vorliegenden ausserordentlichen Verhältnissen und namentlich
angesichts des mit den Zuwendungen verfolgten Zweckes von der zur Festsetzung
der Beiträge berufenen Behörde nicht eingehalten werden müssen, und übrigens
ist in erster Linie massgebend, welche Höhe des Beitrages die Ehefrau selbst
als angemessen erachtet. Das war hier der ganze Kapitalbetrag der Zuwendungen,
den die Klägerin und ihr Vater aus den angegebenen Gründen für deren Hauswesen
aufzuopfern sich entschlossen. Hiefür ist der Beklagte nicht ersatzpflichtig,
wie Art. 246 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 246 - Im Übrigen gelten die Bestimmungen über die Teilung von Miteigentum und die Durchführung der Erbteilung sinngemäss.
ZGB als Ausnahme von der Regel des Art. 209 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 209 - 1 Sind Schulden der Errungenschaft aus dem Eigengut oder Schulden des Eigengutes aus der Errungenschaft eines Ehegatten bezahlt worden, so besteht bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung eine Ersatzforderung.
1    Sind Schulden der Errungenschaft aus dem Eigengut oder Schulden des Eigengutes aus der Errungenschaft eines Ehegatten bezahlt worden, so besteht bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung eine Ersatzforderung.
2    Eine Schuld belastet die Vermögensmasse, mit welcher sie sachlich zusammenhängt, im Zweifel aber die Errungenschaft.
3    Haben Mittel der einen Vermögensmasse zum Erwerb, zur Verbesserung oder zur Erhaltung von Vermögensgegenständen der andern beigetragen und ist ein Mehr- oder ein Minderwert eingetreten, so entspricht die Ersatzforderung dem Anteil des Beitrages und wird nach dem Wert der Vermögensgegenstände im Zeitpunkt der Auseinandersetzung oder der Veräusserung berechnet.
ZGB
vorschreibt, wonach regelmässig eine Ersatzforderung besteht, wenn aus dem
Sondergut Schulden getilgt werden, für die eheliches Vermögen haftet, was hier
freilich zu Lasten des Beklagten zutraf, da nichts dafür vorliegt, dass die
Klägerin in einer für Dritte (die Lieferanten) erkennbaren Weise über die
Fürsorge für die laufenden Bedürfnisse des Haushaltes hinausgegangen wäre
(Art. 163
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 163 - 1 Die Ehegatten sorgen gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt der Familie.
1    Die Ehegatten sorgen gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt der Familie.
2    Sie verständigen sich über den Beitrag, den jeder von ihnen leistet, namentlich durch Geldzahlungen, Besorgen des Haushaltes, Betreuen der Kinder oder durch Mithilfe im Beruf oder Gewerbe des andern.
3    Dabei berücksichtigen sie die Bedürfnisse der ehelichen Gemeinschaft und ihre persönlichen Umstände.
ZGB). Den Beklagten zum Ersatz zu verpflichten. erschiene denn auch

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durchaus unbillig, da ihm zur gegebenen Zeit nie bekanntgegeben wurde, mit
welchen Summen der Klägerin ausgeholfen werde, so dass er gar nicht
Gelegenheit hatte, seine daherigen Verpflichtungen zu überblicken und etwas
für deren Begrenzung zu tun. Von sich aus Rechenschaft zu fordern, hatte er
keine Veranlassung, solange ihm nicht zu erkennen gegeben wurde, dass er für
Ersatz in Anspruch genommen werden wolle. Ob die Klägerin seinerzeit gegenüber
ihren Geschwistern zur Ausgleichung der empfangenen Beträge verpflichtet sei,
ist für die Ersatzpflicht des Beklagten nicht von entscheidender Bedeutung.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen, und das Urteil des Obergerichtes des Kantons
Zürich vom 8. November 1930 bestätigt.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 57 II 139
Datum : 01. Januar 1931
Publiziert : 20. März 1931
Quelle : Bundesgericht
Status : 57 II 139
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Ist der Ehemann der Ehefrau für die von deren Eltern gewährten laufenden Zuschüsse ersatzpflichtig?...


Gesetzesregister
ZGB: 160 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 160 - 1 Jeder Ehegatte behält seinen Namen.
1    Jeder Ehegatte behält seinen Namen.
2    Die Verlobten können aber gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten erklären, dass sie einen ihrer Ledignamen als gemeinsamen Familiennamen tragen wollen.221
3    Behalten die Verlobten ihren Namen, so bestimmen sie, welchen ihrer Ledignamen ihre Kinder tragen sollen. In begründeten Fällen kann die Zivilstandsbeamtin oder der Zivilstandsbeamte die Verlobten von dieser Pflicht befreien.222
163 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 163 - 1 Die Ehegatten sorgen gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt der Familie.
1    Die Ehegatten sorgen gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt der Familie.
2    Sie verständigen sich über den Beitrag, den jeder von ihnen leistet, namentlich durch Geldzahlungen, Besorgen des Haushaltes, Betreuen der Kinder oder durch Mithilfe im Beruf oder Gewerbe des andern.
3    Dabei berücksichtigen sie die Bedürfnisse der ehelichen Gemeinschaft und ihre persönlichen Umstände.
190 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 190 - 1 Das Begehren richtet sich gegen beide Ehegatten.
1    Das Begehren richtet sich gegen beide Ehegatten.
2    ...238
192 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 192 - Tritt Gütertrennung ein, so gelten für die güterrechtliche Auseinandersetzung die Bestimmungen des bisherigen Güterstandes, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt.
209 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 209 - 1 Sind Schulden der Errungenschaft aus dem Eigengut oder Schulden des Eigengutes aus der Errungenschaft eines Ehegatten bezahlt worden, so besteht bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung eine Ersatzforderung.
1    Sind Schulden der Errungenschaft aus dem Eigengut oder Schulden des Eigengutes aus der Errungenschaft eines Ehegatten bezahlt worden, so besteht bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung eine Ersatzforderung.
2    Eine Schuld belastet die Vermögensmasse, mit welcher sie sachlich zusammenhängt, im Zweifel aber die Errungenschaft.
3    Haben Mittel der einen Vermögensmasse zum Erwerb, zur Verbesserung oder zur Erhaltung von Vermögensgegenständen der andern beigetragen und ist ein Mehr- oder ein Minderwert eingetreten, so entspricht die Ersatzforderung dem Anteil des Beitrages und wird nach dem Wert der Vermögensgegenstände im Zeitpunkt der Auseinandersetzung oder der Veräusserung berechnet.
246
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 246 - Im Übrigen gelten die Bestimmungen über die Teilung von Miteigentum und die Durchführung der Erbteilung sinngemäss.
BGE Register
52-II-419 • 57-II-139
Stichwortregister
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beklagter • vater • bundesgericht • ehe • sondergut • haushalt • entscheid • dauer • geschwister • geld • zahlung • ehegatte • eingebrachtes gut • benutzung • berechnung • kosten • unterhaltspflicht • ausgabe • anwartschaft • mitgift
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