BGE 57 I 329
52. Urteil vom 12. November 1931 i. S. Elektrizitätswerk Olten-Aarburg A.-G.
gegen Solothurn.
Regeste:
1. Streitigkeiten zwischen Verleihungsbehörden und Beliehenen über die
Festsetzung des Wasserzinses fallen in die Zuständigkeit des Bundesgerichts.
2. Der Grundsatz, dass die Verleihungsbehörde dem Beliehenen gegenüber die
Bestimmungen der Konzession einzuhalten hat, gilt auch für den Wasserzins.
Wurde dessen Höchstbetrag in der Konzession festgelegt, so ist die
Verleihungsbehörde
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gebunden und darf bei periodischen Revisionen der Zinsberechnung nicht höher
gehen, als in der Konzession vorgesehen wurde.
A. - Die A.-G. Elektrizitätswerk Olten-Aarburg in Olten ist Inhaberin einer
Konzession des Regierungsrates des Kantons Solothurn zur Erstellung und zum
Betriebe einer Wasserwerkanlage an der Aare bei Winznau und Obergösgen. Die
Konzession wurde am 17. September 1909 erteilt und später erweitert und
abgeändert (16. Februar 1912, 7. Dezember 1917, 4. März 1926).
Die Konzessionsgebühr wurde für die ersten 10 Jahre vom Tage der
Konzessionserteilung an auf eine Pauschalsumme festgesetzt, die zunächst 24000
Fr. betrug und bei den Konzessionserweiterungen 1912 und 1917 sukzessive auf
50000 Fr. und 55000 Fr. erhöht wurde (§ 34, Abs. 1 der Konzession, Ziffer
XIII, Abs. 1 der Erweiterung von 1912 und Ziffer IV, Abs. 2 derjenigen von
1917). Für die spätere Zeit bestimmt die Konzession: «Nach Ablauf der ersten
10 Jahre (Abs. 1) und je nach Verfluss eines ferneren Jahrzehntes wird der
Regierungsrat auf Grund des Gesetzes betreffend die Taxation der staatlich
konzedierten Wasserfallrechte vom 3. April 1892 die Wasserkraft der Anlage,
den Einheitspreis per Pferdekraft und die demgemäss zu entrichtende jährliche
Konzessionsgebühr für eine weitere zehnjährige Periode festsetzen» (§ 34, Abs.
2, bestätigt in Ziffer XIII, Abs. 4 der Erweiterung von 1912). Nach § 41 der
Konzession bleiben die Bestimmungen der künftigen eidgenössischen und
kantonalen Gesetzgebung vorbehalten (Abs. 1). «Wenn jedoch durch die künftige
kantonale Gesetzgebung die materiellen Bedingungen der vorliegenden Konzession
zum Nachteile des Konzessionsinhabers verändert werden sollten, so ist
demselben für allen hiedurch entstehenden direkten und indirekten Schaden
voller Schadenersatz zu leisten» (Abs. 2). § 2 des solothurnischen Gesetzes
vom 3. April 1892 betreffend Taxation der staatlich konzedierten
Wasserfallrechte, auf das § 34, Abs. 2 der Konzession Bezug nimmt, lautet:
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«Für jedes staatlich konzedierte Wasserfallrecht an öffentlichen Gewässern ist
zu Handen der Staatskasse eine jährliche Konzessionsgebühr zu bezahlen, die
nach der örtlichen Lage und den Verhältnissen der Ausnützung per
Effektivpferdekraft 3 bis 6 Fr. beträgt und jeweilen vom Regierungsrat
festgesetzt wird. - Die Konzessionsgebühren unterliegen innerhalb dieser
gegebenen Grenzen alle 10 Jahre einer Revision durch den Regierungsrat, wobei
gegen allfällige Änderungen den Inhabern der Konzessionen der Rekurs an den
Kantonsrat zusteht.» Das Gesetz ist bei Einführung des Bundesgesetzes über die
Nutzbarmachung der Wasserkräfte (WRG) aufgehoben worden (kantonales Gesetz vom
29. März 1925 betreffend Vollzug des WRG, § 2). Über die Berechnung der
Konzessionsgebühren bestimmt nun die kantonale Verordnung zum WRG: «Der
jährliche Wasserzins beträgt 6 Fr. pro Bruttopferdekraft. - Der Regierungsrat
kann nach seinem Ermessen ausnahmsweise unter diesen Ansatz gehen, in keinem
Falle jedoch unter 4 Fr.» (§ 13, Abs. 1 und 2 der Verordnung).
B. - Der Regierungsrat des Kantons Solothurn hat durch Entscheid vom 21.
Dezember 1929 den Wasserzins für das Kraftwerk Gösgen für die Zeit vom 17.
September 1929 bis 16. September 1939 auf jährlich 306900 Fr. festgesetzt. Er
beruft sich dabei auf § 13 der kantonalen Verordnung zum WRG und berechnet den
Wasserzins auf 51150 Bruttopferdekräften zum Ansatz von 6 Fr. pro Pferdekraft.
C. - Mit Eingabe vom 25. Januar 1930 klagt die A.-G. Elektrizitätswerk
Olten-Aarburg auf Festsetzung des vom 17. September 1929 bis 16. September
1939 zu entrichtenden jährlichen Wasserzinses auf 224037 Fr., eventuell 224040
Fr., eventuell auf Schadenersatz insoweit der Staat Solothurn zu einem höheren
Wasserzins berechtigt sein sollte, unter Kostenfolge. - Zur Begründung wird
geltend gemacht, die jährliche Konzessionsgebühr (Wasserzins) dürfe für das
Wasserwerk Olten-Gösgen nicht
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auf den nach § 13 der kantonalen Verordnung zum WRG vorgesehenen Maximalansatz
von 6 Fr. pro Bruttopferdekraft, sondern nur im Rahmen von § 34 der Konzession
und § 2 des kantonalen Gesetzes von 1892 zu höchstens 6 Fr. pro
Effektivpferdekraft oder 4 Fr. 38 Cts. pro Bruttopferdekraft festgesetzt
werden, wobei 51150 Bruttopferdekräfte oder 37340 Effektivpferdekräfte zu
Grunde zu legen seien. Der Anspruch der Klagpartei aus § 34 der Konzession sei
weder durch die eidgenössische Wasserrechtsgesetzgebung noch durch die damit
verbundenen Änderungen des kantonalen Rechts beseitigt worden. Eventuell wäre
der Klägerin nach § 41 der Konzession eine allfällige, durch Änderung der
kantonalen Gesetzgebung eintretende Mehrbelastung vom Kanton zu ersetzen.
Der Regierungsrat des Kantons Solothurn hat sich mit der direkten materiellen
Erledigung des Streites durch das Bundesgericht einverstanden erklärt. Er
beantragt Abweisung der Klage mit folgender Begründung: Der Staat habe sich in
der Konzession das Recht ausdrücklich vorbehalten, die Konzessionsgebühr alle
10 Jahre neu festzusetzen. Diese sei demnach veränderlich. Das Gesetz von
1892, auf das § 34 der Konzession Bezug nimmt, sei bei Einführung der
eidgenössischen Wasserrechtsgesetzgebung aufgehoben worden und deshalb nicht
mehr anwendbar. Nach dem neuen Recht betrage der Wasserzins 6 Fr. pro
Bruttopferdekraft. Ein niedrigerer Ansatz sei nur unter ausserordentlichen
Verhältnissen zulässig, welche eine Ausnahme von der Regel besonders
rechtfertigen, was hier nicht der Fall sei. Ein Anspruch auf Ersatz der
Mehrbelastung komme nicht in Frage, da es sich um Änderungen eidgenössischen
Rechtes handle. Auch sonst seien die Voraussetzungen für einen Anspruch auf
Schadenersatz nicht erfüllt.
Im Schriftenwechsel haben die Parteien ihre Anträge bestätigt. Weiterhin haben
sich die Parteien im Laufe des Instruktionsverfahrens vor Bundesgericht auf
Grund eines Expertengutachtens über die Berechnungsgrundlagen
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geeinigt, sodass nur die grundsätzliche Frage zu beurteilen ist.
Das Bundesgericht hat den Hauptantrag der Klagpartei geschützt
in Erwägung:
1. - Streitigkeiten zwischen Verleihungsbehörden und Beliehenen über die
Festsetzung des Wasserzinses fallen nach Art. 71
SR 721.80 Loi fédérale du 22 décembre 1916 sur l'utilisation des forces hydrauliques (Loi sur les forces hydrauliques, LFH) - Loi sur les forces hydrauliques LFH Art. 71 - 1 Sauf disposition contraire de la présente loi ou de l'acte de concession, les contestations entre le concessionnaire et l'autorité concédante au sujet des droits et des obligations découlant de la concession relèvent en première instance de l'autorité judiciaire cantonale, en seconde instance du Tribunal fédéral. |
|
1 | Sauf disposition contraire de la présente loi ou de l'acte de concession, les contestations entre le concessionnaire et l'autorité concédante au sujet des droits et des obligations découlant de la concession relèvent en première instance de l'autorité judiciaire cantonale, en seconde instance du Tribunal fédéral. |
2 | Si la concession a été accordée par plusieurs cantons, par le Conseil fédéral ou par le département, ce dernier rend une décision en cas de litige. Cette décision est sujette à recours conformément aux dispositions générales de la procédure fédérale.113 |
in die Zuständigkeit des Bundesgerichts (vgl. Botschaft des Bundesrates zum
VDG, S. 59, Ziffer 5). Beide Parteien sind damit einverstanden, dass das
Bundesgericht ihren Streit als einzige Instanz beurteilt, was nach bestehender
Praxis zulässig ist (BGE 48 I S. 211).
2. - Die Klagpartei erhebt Anspruch darauf, dass der von ihr zu entrichtende
jährliche Wasserzins für die zehnjährige Periode 1929/1939 auf 6 Fr. pro
Effektivpferdekraft oder 4 Fr. 38 Cts. pro Bruttopferdekraft festgesetzt wird
nach § 2 des soloturnischen Gesetzes betreffend die Taxation der staatlich
konzedierten Wasserfallrechte vom 3. April 1892. Sie beruft sich dafür auf §
34 ihrer Konzession vom 17. September 1909. Der Regierungsrat des Kantons
Solothurn erhebt Anspruch auf 6 Fr. pro Bruttopferdekraft gestützt auf § 13,
Abs. 1 der kantonalen Verordnung vom 21. Juli 1925 zum WRG.
§ 34 der Konzession von 1909 sieht vor, dass die Konzessionsgebühr jeweilen
nach Ablauf von 10 Jahren für eine weitere zehnjährige Periode festgesetzt
wird «auf Grund des Gesetzes betreffend die Taxation der staatlich
konzedierten Wasserfallrechte vom 3. April 1892». Dieses Gesetz bestimmt den
Ansatz der Konzessionsgebühren auf 3 Fr. bis 6 Fr. pro Effektivpferdekraft.
Die Klagpartei ist somit einverstanden damit, dass der hienach zulässige
Höchstansatz auf sie angewendet werde. Sie wendet sich einzig gegen die höhere
Belastung, die ihr unter Berufung auf die neue Ordnung auferlegt werden soll,
weil das Gesetz von 1892 nicht mehr gelte.
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Das letztere Moment vermag in der Tat die vom Regierungsrat des Kantons
Solothurn für die Periode 1929/1939 vorgenommene Bestimmung des Wasserzinses
nicht zu stützen. § 34, Abs. 2 der Konzession legt dem Regierungsrate die
Pflicht auf, die periodischen Neufestsetzungen der Konzessionsgebühr auf Grund
des Gesetzes von 1892 vorzunehmen und erklärt damit die materielle Regelung
dieses Gesetzes zum Inhalt der Konzession. Die Ordnung des Gesetzes von 1892
ist in die Konzessionsbedingungen übernommen worden, um Höherbelastungen
auszuschliessen. Sie ist Bestandteil der Konzession und bleibt es, auch wenn
das Gesetz von 1892 als solches nicht mehr gilt. Wenn sich demnach die
Klagpartei dagegen wehrt, dass der Wasserzins für die Periode 1929 /1939 höher
angesetzt wird, als es nach den Vorschriften des Gesetzes von 1892 zulässig
gewesen wäre, so kann sie diesen Anspruch aus der Konzession ableiten.
Die Einwendung des Regierungsrates, durch diese Bindung werde sein Recht auf
periodische Revision der Konzessionsgebühr illusorisch, da dadurch praktisch
eine Änderung der Gebühr ausgeschlossen werde, ist unbegründet. Allerdings
verbleibt die Gebühr, die die Klagpartei für die neue Periode zahlen will, mit
224040 Fr. ungefähr auf dem Betrage, der für die abgelaufene Periode 1919/1929
auf Grund einer Verständigung der heutigen Parteien entrichtet wurde (224000
Fr.). Die Klagpartei hatte eben bei dem Vergleich schon nahezu den
Höchstbetrag zugestanden, der von ihr nach Massgabe der Konzession gefordert
werden konnte. Aus der Vorschrift periodischer Neufestsetzungen kann ein
Anspruch auf Erhöhungen des Wasserzinses über den konzessionsmässigen
Höchstbetrag nicht abgeleitet werden. Sie will nur die Berücksichtigung
veränderter Verhältnisse und eine neue Festsetzung der zinspflichtigen
Wasserkräfte ermöglichen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes wird durch die Konzession ein
Rechtsverhältnis mit gegenseitigen
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Rechten und Pflichten der Verleihungsbehörde und des Beliehenen begründet,
einem durch Vertrag begründeten Rechtsverhältnis vergleichbar. Der Beliehene
hat Anspruch darauf, dass die Verleihungsbehörde ihm gegenüber die
Konzessionsbestimmungen einhält (BGE 48 I S. 206 f.). Der Staat kann nicht
einseitig von der Konzession abgehen, während sich der Beliehene daran zu
halten hat. Der sachliche Grund liegt darin, dass die konzessionierte
Unternehmung, die auf Grund der Konzession ein Werk erstellt, von vorneherein
Sicherheit haben muss über ihre Rechte und Pflichten aus der Konzession. Dies
gilt vor allem für die finanziellen Lasten und insbesondere für den
Wasserzins, soweit dessen Höchstbetrag wie hier in der Konzession selbst
festgelegt worden ist. Die Klägerin erhebt demnach mit Recht Anspruch darauf,
dass die Konzessionsgebühr nicht höher angesetzt wird, als es in der
Konzession vorgesehen ist.
Demgegenüber beruft sich der Regierungsrat zu Unrecht auf die neuen
Vorschriften über die Berechnung des Wasserzinses (§ 13 der kantonalen
Verordnung vom 21. Juli 1925). Dies schon deshalb, weil die neue Regelung
einen Rahmen von 4 Fr. bis 6 Fr. pro Bruttopferdekraft für den jährlichen
Wasserzins vorsieht und somit der nach Auffassung beider Parteien gemäss
Konzession zulässige Höchstansatz von 4 Fr. 38 Cts. pro Bruttopferdekraft noch
über dem Mindestansatz der Verordnung bleibt. Allerdings ist nach der Meinung
des Regierungsrates der Normalansatz neuer Ordnung 6 Fr., und es soll nur
darunter gegangen werden, wenn besondere Voraussetzungen einen niedrigeren
Ansatz ausnahmsweise rechtfertigen. Dies trifft aber unzweifelhaft dann zu,
wenn wie hier ein wohlerworbenes Recht aus einer bestehenden Konzession einen
solchen Anspruch begründet. Durch die Regelung der Konzession wird der
Regierungsrat in dem Ermessen, das ihm nach der Verordnung zusteht,
beschränkt. Er darf den Wasserzins nicht höher ansetzen, als es nach der
Konzession zulässig ist.
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Kann die Klägerin demnach ihr Begehren auf die Konzession und auf die
bestehende Gesetzgebung gründen, so braucht nicht erörtert zu werden, wie es
sich verhalten würde, wenn durch Änderungen der Gesetzgebung die in der
Konzession vorgesehenen Ansätze ausgeschlossen würden. Darüber, dass die
Konzessionsgebühr nach der Konzession auf 224040 Fr. anzusetzen ist, sind die
Parteien einig. Der Hauptantrag der Klägerin ist somit begründet, ihr
Eventualbegehren wird gegenstandslos.