S. 315 / Nr. 50 Registersachen (d)

BGE 57 I 315

50. Urteil der I. Zivilabteilung vom 8. Dezember 1931 i. S. Aargauische
Kantonalbank gegen Justizdirektion des Kantons Aargau.


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Regeste:
Verwaltungsrechtliche Beschwerde gegen eine kantonale Verfügung. Formelle
Legitimation der Aargauischen Kantonalbank dazu. Kantonalbankgesetz § 2 Abs. 1
und 2. Zulässigkeit weitergehender Beschwerdeanträge, als im
Administrativverfahren VDG Art. 10.
Eintragungspflicht einer Erhöhung des Dotationskapitals einer Kantonalbank in
das Handelsregister, OR Art. 865 Abs. 4, Gebührenordnung Art. 1 Ziff. 3.
Gebührencharakter der Handelsregistergebühren.

A. - In der Volksabstimmung vom 23. Juni 1912 wurde im Kanton Aargau ein neues
Bankgesetz angenommen, durch das die «Aargauische Bank», eine
Aktiengesellschaft mit Beteiligung des Staates, in eine reine Staatsbank, die
Aargauische Kantonalbank, umgewandelt wurde. Der Kanton stellte dem neuen
Institut ein Dotationskapital von 12 Millionen Fr. zur Verfügung, doch wurde
der Grosse Rat ermächtigt, den Betrag bei Bedarf bis auf 25 Millionen Fr. zu
erhöhen. Auf Grund des neuen Bankgesetzes wurde die Aargauische Bank im
Handelsregister gelöscht und die Aargauische Kantonalbank eingetragen. Die
Änderung wurde im Schweizerischen Handelsamtsblatt veröffentlicht. Für die
Eintragung bezahlte die Kantonalbank gestützt auf den Tarif der
Handelsregisterverordnung vom 6. Mai 1890 eine Gebühr von 295 Fr.
Durch Beschluss vom 6. Mai 1930 setzte der Grosse Rat des Kantons Aargau das
Dotationskapital der Kantonalbank von 12 Millionen auf 18 Millionen Franken
herauf. Diese Erhöhung wurde dem Handelsregisterbureau Aarau zur

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Eintragung angemeldet, und die Eintragung wurde darauf wiederum im
Handelsamtsblatt publiziert. Als Gebühr wurde ein Betrag von 2070 Fr.
berechnet, und zwar auf Grund des Art. 1 Ziff. 1 lit. e und Ziff. 3 in
Verbindung mit Art. 3 der bundesrätlichen Verordnung III betreffend Abänderung
der Verordnung über das Handelsregister und das Handelsamtsblatt
(Gebührenordnung) vom 8. Dezember 1917. Die Rechnung stellte sich
folgendermassen:
a) Eintragung der Erhöhung am Hauptsitz (50 Fr. Grundgebühr und 1790 Fr.
Zusatzgebühr = 1840 Fr. gemäss Art. 1 Ziff. 3 der genannten Gebührenordnung,
geteilt durch zwei für eine blosse Eintragungsänderung gemäss Art. 3) =

Fr. 920.-
b) Eintragung der Erhöhung am Sitz der fünf Zweigniederlassungen (je ein
Viertel der obigen Gebühr gemäss Art. 2 Abs. 2 der Verordnung, 5 mal 230 Fr.)

Fr. 1150.-
Fr. 2070.-
B. - Gegen diese Gebührenberechnung hat die Aargauische Kantonalbank am 10.
August 1931 bei der kantonalen Justizdirektion Beschwerde erhoben und das
Begehren gestellt, das Handelsregisteramt sei anzuweisen, die Gebühr für die
Eintragung der Dotationserhöhung auf 640 Fr. zu ermässigen. Die Berechnung sei
nach zwei Richtungen unrichtig: Einmal werde das bisherige Dotationskapital
mitgerechnet, während nur die Erhöhung von 6 Millionen Franken zu Grunde zu
legen sei, sonst beziehe der Fiskus eine Gebühr auf dem gleichen Kapital
zweimal. Sodann dürfe keine Gebühr für die Eintragung bei den Filialen
gefordert werden; die Erhöhung der Dotation müsse nur am Hauptsitz angemeldet
werden; für die Filialen ergebe sie sich von selbst und sei ex lege am
Hauptsitz auch für die Filialen anzumerken.
C. - Mit Entscheid vom 6. Oktober 19.31 hat die

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Justizdirektion des Kantons Aargau die Beschwerde abgewiesen.
D. - Gegen diese Verfügung hat die Aargauische Kantonalbank rechtzeitig und in
der vorgeschriebenen Form die verwaltungsrechtliche Beschwerde an das
Bundesgericht ergriffen und den weitergehenden Antrag gestellt, es sei ihr für
die Eintragung der Erhöhung des Dotationskapitals im Jahre 1930 überhaupt nur
eine mässige Schreib- und Insertionsgebühr aufzuerlegen, eventuell sei die
Gebühr gemäss dem verordnungsrechtlichen Tarif nur auf 640 Fr. anzusetzen.
Die Kantonalbanken seien überhaupt nicht zur Eintragung ihrer Dotation
gehalten, da bei ihnen an Stelle eines bestimmten Kapitals als Garantie
diejenige des Staates trete. Die Anmeldung vom Jahre 1930 sei fakultativ
gewesen; eine konstitutive Wirkung komme der Eintragung nicht zu, da die Bank
unter dem kantonalen Bankgesetz und nicht unter dem Obligationenrecht stehe.
Eventuell werden in Bezug auf die Anwendung des Gebührentarifs dieselben
Einwendungen erhoben, wie in der Beschwerde an die Justizdirektion.
E. - Die Justizdirektion des Kantons Aargau hat in ihrer Antwort Abweisung der
Beschwerde beantragt.
F. - Das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement hat sich diesem Antrag
in seiner Vernehmlassung angeschlossen. Auf die Erwägungen des angefochtenen
Entscheides, der Beschwerdeantwort und der bundesrätlichen Vernehmlassung wird
im rechtlichen Teil näher einzutreten sein.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. - Nach § 2 Abs. 1 und 2 des aargauischen Gesetzes über die Errichtung der
aargauischen Kantonalbank wird diese zwar als Staatsbank und auf
ausschliessliche Rechnung des Staates betrieben, doch hat sie juristische
Persönlichkeit, und ihre Verwaltung ist getrennt von der übrigen
Staatsverwaltung zu führen. Daraus ergibt sich

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für den vorliegenden Fall zunächst, dass die Rekurrentin als juristische
Person die für das Beschwerdeverfahren notwendige Prozessfähigkeit besitzt und
dass nicht etwa davon die Rede sein kann, der Staat beschwere sich in
Wirklichkeit über sich selbst, über seine eigene Rechtsanwendung. Die formelle
Legitimation ist durch das Bundesgericht beim staatsrechtlichen Rekurs sogar
den Schweizerischen Bundesbahnen zuerkannt worden, als sie sich über eine
Verletzung des Art. 58
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 58 Armee - 1 Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
1    Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
2    Die Armee dient der Kriegsverhinderung und trägt bei zur Erhaltung des Friedens; sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung. Sie unterstützt die zivilen Behörden bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung anderer ausserordentlicher Lagen. Das Gesetz kann weitere Aufgaben vorsehen.
3    Der Einsatz der Armee ist Sache des Bundes.18
der BV beschwerten, obwohl sie im Gegensatz zur
Rekurrentin nicht einmal in eine selbständige juristische Person gekleidet
sind (BGE 33 I S. 706 ff.; 35 I S. 386 ff.).
2. - Als fraglich erscheint in formeller Beziehung noch, ob es zulässig war,
dass die Rekurrentin vor Bundesgericht mit ihren Anträgen über diejenigen
hinausging, die sie im Administrativverfahren gestellt hatte. Allein das
Verfahren innerhalb der kantonalen Verwaltung und das Verfahren vor dem
Bundesgericht als Verwaltungsgericht stehen nicht im Verhältnis von unter- und
obergerichtlichem Verfahren zueinander, so dass die Bindung der
Beschwerdeführerin an ihre ursprünglichen Begehren jedenfalls nicht aus der
prozessualen Sachlage gefolgert werden kann (KIRCHHOFER, Die
Verwaltungsrechtspflege beim Bundesgericht S. 38). Eine solche Bindung kann
mangels einer ausdrücklichen Vorschrift jedoch überhaupt nicht angenommen
werden, denn grundsätzlich hatte die Justizdirektion das anwendbare Recht von
Amtes wegen und richtig anzuwenden - die Frage der Gebührenpflicht ist
öffentlichen Rechtes - und das Bundesgericht ist gemäss Art. 10 Abs. 1 VDG
zuständig, in vollem Umfang nachzuprüfen, ob Bundesrecht verletzt worden sei.
Es ist freilich zuzugeben, dass in Handelsregistersachen in frühern
Erklärungen ein materiellrechtlicher und wirksamer Verzicht oder eine
Anerkennung liegen kann (KIRCHHOFER, a.a.O.); allein in casu trifft eine
Anerkennung nicht zu, und sie ist auch nicht behauptet worden.
3. - Da die Rekurrentin juristische Persönlichkeit

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besitzt und, wenn auch auf Rechnung des Staates, ein nach kaufmännischer Art
geführtes Gewerbe betreibt, ist sie gemäss Art. 865 Abs. 4
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 865 - 1 Enthalten die Statuten keine Bestimmung über einen Abfindungsanspruch, so können die ausscheidenden Genossenschafter oder ihre Erben keine Abfindung beanspruchen.
1    Enthalten die Statuten keine Bestimmung über einen Abfindungsanspruch, so können die ausscheidenden Genossenschafter oder ihre Erben keine Abfindung beanspruchen.
2    Wird die Genossenschaft innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden oder nach dem Tode eines Genossenschafters aufgelöst und wird das Vermögen verteilt, so steht dem Ausgeschiedenen oder seinen Erben der gleiche Anspruch zu wie den bei der Auflösung vorhandenen Genossenschaftern.
OR zur Eintragung
im Handelsregister verpflichtet. Der Bundesrat hat diesen Grundsatz in seinem
Kreisschreiben an die Kantonsregierungen vom 13. März 1883 (STAMPA, Sammlung
von Entscheiden in Handelsregistersachen S. 153 ff.) ausdrücklich
ausgesprochen: «Wenn ein derartiges Institut, z. B. Staatsinstitut, ein
eigenes, ihm vom Staate zugeschiedenes Kapital besitzt, und von der übrigen
Staatsverwaltung losgetrennt ist, besteht allerdings die Pflicht der
Eintragung in das Handelsregister, selbst wenn die Staatsbehörde sich das
Aufsichtsrecht vorbehalten hat; wenn dagegen ein solches Institut mit der
Staatsverwaltung unmittelbar verbunden ist und kein besonderes, ihm
zugeschiedenes Betriebskapital besitzt, ist es nicht pflichtig, sich eintragen
zu lassen.» Es besteht umso weniger Grund, auf die Frage der Gültigkeit dieser
an die kantonalen Verwaltungsinstanzen gerichteten Ausführungsbestimmung
einzutreten, als die Beschwerdeführerin ihre Eintragungspflicht grundsätzlich
nicht bestritten hat.
Die Rekurrentin hat geltend gemacht, sie sei keine Aktiengesellschaft, sondern
eine durch kantonales Gesetz gegründete öffentliche Anstalt, für deren
Verbindlichkeiten der Staat die subsidiäre Haftung übernommen habe; da das
Dotationskapital eine Darlehensschuld sei, dem Aktienkapital nicht
gleichgestellt werden dürfe und nicht einzutragen sei, könne Art. 613
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 613 - 1 Die Privatgläubiger eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters oder eines Kommanditärs sind nicht befugt, das Gesellschaftsvermögen zu ihrer Befriedigung oder Sicherstellung in Anspruch zu nehmen.
1    Die Privatgläubiger eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters oder eines Kommanditärs sind nicht befugt, das Gesellschaftsvermögen zu ihrer Befriedigung oder Sicherstellung in Anspruch zu nehmen.
2    Gegenstand der Zwangsvollstreckung ist nur, was dem Schuldner an Zinsen, Gewinn und Liquidationsanteil sowie an allfälligem Honorar aus dem Gesellschaftsverhältnis zukommt.
OR nicht
angewendet werden, sondern einzutragen sei lediglich die Firma samt den
Vertretungsverhältnissen; bei der ersten Eintragung von 1912 sei gemäss dem
damaligen Tarif auch keine Gebühr auf dem Dotationskapital berechnet worden.
Allein diese letztere Behauptung ist falsch; das Dotationskapital hat auch bei
der Eintragung von 1912 eine Rolle gespielt. Wenn auch damals die heutige
Progression mit der Zusatzgebühr von 10 Cts. für je 1000 Fr. Kapital

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noch nicht gegolten hatte, sah Art. 38 der Handelsregisterverordnung von 1890
doch eine Abstufung der Eintragungsgebühr zwischen 20 Fr. und 100 Fr. je nach
dem Grundkapital vor, und die Rekurrentin wurde in der Gebührenrechnung gleich
einer Aktiengesellschaft mit einem Kapital von mehr als einer Million Franken
klassifiziert und mit einer Abgabe von 100 Fr. (dem Maximum) als Grundgebühr
und 55 Fr. und 140 Fr. für die Eintragung der Vollmachten und Filialen
belastet. Es kann aber auch nicht zugegeben werden, dass das Dotationskapital
begrifflich eine Darlehensschuld sei. In § 5 des Kantonalbankgesetzes wird es
ausdrücklich als Grundkapital bezeichnet; damit steht im Zusammenhang, dass
nach § 2 die Bank in erster Linie mit ihren eigenen Mitteln haften soll, wozu
neben dem Reservefonds auch das Grundkapital gehört, obwohl es bilanzmässig
unter die Passiven eingestellt wird; ausserdem kann als sicher angenommen
werden, dass das Grundkapital nicht wie ein Darlehen kündbar und rückzahlbar
ist.
4. - Expressis verbis steht allerdings weder im Gesetz, noch in einer
Verordnung, dass das Grundkapital von Instituten, die für das Gemeinwesen
betrieben werden, im Handelsregister einzutragen sei. Immerhin hat das
Justizdepartement in seiner Vernehmlassung mit Recht bemerkt, dass aus OR Art.
865 Abs. 4, 866 und 861 auch nicht das Gegenteil abgeleitet werden könne. Auf
der andern Seite setzt Art. 1 Ziff. 3 der Gebührenordnung offenbar voraus,
dass die Eintragungspflicht auch des Dotationskapitals bestehe, sonst würde
sie dieses nicht dem Kommandit-, Genossenschafts- und Aktienkapital
gleichstellen, und es könnte sich füglich fragen, ob die weitere Diskussion
nicht durch diese Gebührenverordnung und durch das schon zitierte
bundesrätliche Kreisschreiben abgeschnitten werde, indem die
Eintragungspflicht dadurch, dass sie durch die Verordnung vorausgesetzt werde,
auch aufgestellt werde.
Wenn man aber nicht so weit gehen wollte, wäre dem

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eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement in allen Teilen beizupflichten,
das in seiner Vernehmlassung in erschöpfenden Erwägungen Folgendes ausgeführt
hat:
«Unter diesen Umständen wird man, wie seinerzeit im Falle einer deutschen
Gesellschaft mit beschränkter Haftung, welche in der Schweiz eine Filiale
eintragen lassen wollte, die Lücke des Gesetzes durch eine der Zweckbestimmung
des Handelsregisters entsprechende Regel für die Praxis ausfüllen müssen (BBl
1902 III S. 851
). Für die Lösung der Frage, welche Tatsachen bei einem
Institut auf Rechnung öffentlicher Gemeinwesen in die Eintragung aufgenommen
werden sollen, ist davon auszugehen, dass das Handelsregister weder ein
blosses Mittel zur Veröffentlichung gewisser für den Verkehr relevanter
Tatsachen, noch Träger der Entstehungsform bestimmter Rechtsverhältnisse ist,
wie dies in einigen Fällen zutrifft, sondern vor allem ein Publizitätsinstitut
in dem Sinne, dass sein Inhalt als allgemein gekannt angenommen wird (OR Art.
861 Abs. 2) und dass jedermann in gutem Glauben sich darauf verlassen darf.
Damit wird das Handelsregister zu einem Teil der öffentlichen Ordnung. Gewisse
tatsächliche und rechtliche Verhältnisse, die für den Verkehr von besonderer
Bedeutung sind, sollen in einer zuverlässigen und möglichst vollständigen
Weise beurkundet werden, jederzeit vom Publikum durch Einsichtnahme der
Register und seiner Unterlagen festgestellt werden können und tunlichst auch
durch die öffentlichen Bekanntmachungen allgemein kund gemacht werden. Das
Handelsregister ist dabei vor allem dazu bestimmt, dem privatrechtlichen
Verkehr zu dienen und dessen Sicherheit zu fördern (vgl. BRAND und MEYER, Die
Registersachen in der gerichtlichen Praxis, 3. Aufl S. 14; ROSSEL, Code des
Obligations II No. 503). Deswegen wird die Eintragung für alle diejenigen
vorgeschrieben, welche ein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe
betreiben, gleichgültig, ob es sich um Inländer oder Ausländer,

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Einzelpersonen oder Gesellschaften, private oder staatliche, mit
Rechtspersönlichkeit ausgestattete Unternehmen handelt.
Dieser Zweck aber wird bei einem Institut auf Rechnung des Gemeinwesens nur
erreicht, wenn nicht nur Firma, Sitz und Vertretungsverhältnisse, wie die
Rekurrentin behauptet, sondern auch der Zweck, die Organisation, das Kapital
und die Haftungsverhältnisse in der Eintragung wiedergegeben werden, mit
andern Worten mutatis mutandis die Tatsachen angeführt werden, deren
Eintragung bei einer Aktiengesellschaft vorgeschrieben ist. in diesem Sinne
sind auch die im Handbuch für die schweizerischen Handelsregisterführer von
Siegmund S. 515 ff. abgefassten Musterbeispiele gehalten. Diese Praxis, die
nun über 40 Jahre besteht, ist unseres Wissens nie angefochten worden. Auch
die Rekurrentin hat im Jahre 1912 die Anmeldung in diesem Sinne vorgenommen,
und gewiss mit Recht. Denn nicht nur bei Aktiengesellschaften, sondern
ebensowohl bei juristischen Personen des öffentlichen Rechtes, welche sich
einem nach kaufmännischer Art geführten Gewerbe widmen, und deren Betrieb ohne
weitgehende Kreditgewährung nicht denkbar ist, ist von besonderer Bedeutung,
welches Grundkapital für die Verpflichtungen des Institutes haftet und was
sonst für Garantien bestehen.»
Dieser Motivierung wäre höchstens noch beizufügen, dass das Interesse des
Publikums an der Kenntnis des Grundkapitals nicht dadurch beseitigt wird, dass
der Staat ohnehin subsidiär haftet, denn das Grundkapital ist das dem Betrieb
dienende und verfügbare Kapital, während dasjenige, das der Staat im Falle der
Aktualität seiner subsidiären Haftung leisten müsste, aus andern Quellen noch
aufgebracht werden müsste; es kann den Gläubigern also nicht gleichgültig
sein, in welchem Verhältnis das Betriebskapital zum Umfang der Geschäfte und
zum sonstigen Staatsvermögen steht. Dazu kommt, dass die Gleichstellung mit
einer Aktiengesellschaft, wie

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sie die Gebührenordnung vorsieht, auch nicht als unbillig erscheint, denn wo
der Staat wie ein Privater Geschäfte tätigt und nicht unmittelbar der
Verwirklichung des öffentlichen Rechtes dient, muss er im Allgemeinen auch
damit rechnen, dass ihm die entsprechenden Pflichten auferlegt werden.
5. - Wenn man mit der Beschwerdeführerin annehmen wollte, die Höhe ihres
Dotationskapitals sei im Jahre 1912 ohne Rechtspflicht dem Handelsregister
angemeldet worden, müsste sie die heutige Erhöhung doch auch eintragen lassen
(BACHMANN, Note 2 zu OR Art. 861). Andernfalls würde das Register über kurz
oder lang in keiner Weise mehr den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen
entsprechen, und die Rechtssicherheit wäre gefährdet. Unter diesem
Gesichtspunkt wird von Belang, dass die Gebühr eine Art der öffentlichen
Abgabe ist, die das Äquivalent für die Vornahme einer behördlichen Funktion
bildet (BLUMENSTEIN, Schweizerisches Steuerrecht I S. 5). Im vorliegenden Fall
ist die Gebühr Entgelt für den Vollzug des Eintragungsgesuches der
Rekurrentin. Dieses Gesuch ist tatsächlich gestellt worden. Ein Rückzug ist
nicht erfolgt und könnte jedenfalls durch das Bundesgericht nicht
berücksichtigt werden, da dieses hier auf den Zeitpunkt der angefochtenen
Verfügung abzustellen hat. So wäre die Gebühr auch für den Vollzug eines
freiwillig gestellten Eintragungsgesuches geschuldet. Es zeigt sich in diesem
Zusammenhang eben, dass die Rekurrentin vor Bundesgericht nicht kurzerhand
ihren Rechtsstandpunkt ändern konnte, indem eine solche Änderung zwar an sich
als zulässig betrachtet werden musste (Erw. 2), das einmal gestellte
Eintragungsgesuch aber entgegenstand.
Dass der Gebührentarif endlich auch für eine freiwillige Eintragung gelten
würde, kann nicht bestritten werden, denn die Gebührenordnung sieht unter
Vorbehalt zweier hier nicht massgeblicher Ausnahmen für freiwillige
Eintragungen keine besondern Ansätze vor.

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6. - Der Einwand der Rekurrentin, dass die Gebühr von 2070 Fr. nicht
gerechtfertigt sei, weil ihr keine Gegenleistung, weder an Mühewalt, noch an
Verantwortlichkeit, entspreche, ist hinfällig, denn Gegenleistung ist eben die
Vornahme der Eintragung. Dass die Gebühr in Anbetracht ihrer Höhe
Steuercharakter habe, kann mit Fug nicht behauptet werden, denn die Ausgaben
des Bundes für das Handelsregister belaufen sich nach den Angaben der
eidgenössischen Verwaltung auf jährlich 200000 Franken. Dass bloss die gerade
verlangte amtliche Handlung veranschlagt werden dürfe, hat das Bundesgericht
schon wiederholt abgelehnt, zuletzt u. a. in Sachen Elektrizitätswerk Lonza
A.-G. gegen Wallis vom 9. Dezember 1927 (BGE 53 I S. 482); unter die Kosten
des Staates fällt auch ein entsprechender Anteil an den Aufwendungen für die
staatlichen Einrichtungen, die nötig sind, um die betreffende Verrichtung
vornehmen zu können. Es ist durchaus statthaft, bei der Veranlagung einer
Gebühr steigende Sätze vorzusehen oder sogar eine Progression einzuführen.
Nach dieser Richtung ist kurzerhand auf das erwähnte Urteil des
Bundesgerichtes zu verweisen, wo auch ausgeführt worden ist, dass
Steuercharakter einer vermeintlichen Gebühr erst angenommen werden könne, wenn
die Gesamteinnahmen an Gebühren der betreffenden Kategorie die Gesamtkosten
für die betreffende Einrichtung übersteigen würden.
7. - Die Behauptung der Rekurrentin, die Gebühr sei jedenfalls nur vom Betrag
der Kapitalerhöhung zu berechnen und das ursprüngliche Kapital von 12
Millionen Franken sei also ausser Acht zu lassen, findet in der Verordnung III
nicht die geringsten Anhaltspunkte. Namentlich ist in der Verordnung nicht
gesagt, wie denn Registeränderungen zu behandeln seien, die sich nicht in
einer Kapitalerhöhung erschöpfen. Das Kapital ist nur Berechnungsgrundlage,
hat aber keine Beziehung mit der Leistung der Behörde, für welche die Gebühr
geschuldet wird. Ein Tarif, wie ihn die Rekurrentin im Sinne hat,

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wäre gewiss denkbar, entspricht hier aber nicht dem Willen des
Verordnungsgesetzgebers.
8. - (Zweigniederlassungen)...
Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 57 I 315
Datum : 01. Januar 1931
Publiziert : 08. Dezember 1931
Quelle : Bundesgericht
Status : 57 I 315
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Verwaltungsrechtliche Beschwerde gegen eine kantonale Verfügung. Formelle Legitimation der...


Gesetzesregister
BV: 58
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 58 Armee - 1 Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
1    Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
2    Die Armee dient der Kriegsverhinderung und trägt bei zur Erhaltung des Friedens; sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung. Sie unterstützt die zivilen Behörden bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung anderer ausserordentlicher Lagen. Das Gesetz kann weitere Aufgaben vorsehen.
3    Der Einsatz der Armee ist Sache des Bundes.18
OR: 613 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 613 - 1 Die Privatgläubiger eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters oder eines Kommanditärs sind nicht befugt, das Gesellschaftsvermögen zu ihrer Befriedigung oder Sicherstellung in Anspruch zu nehmen.
1    Die Privatgläubiger eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters oder eines Kommanditärs sind nicht befugt, das Gesellschaftsvermögen zu ihrer Befriedigung oder Sicherstellung in Anspruch zu nehmen.
2    Gegenstand der Zwangsvollstreckung ist nur, was dem Schuldner an Zinsen, Gewinn und Liquidationsanteil sowie an allfälligem Honorar aus dem Gesellschaftsverhältnis zukommt.
865
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 865 - 1 Enthalten die Statuten keine Bestimmung über einen Abfindungsanspruch, so können die ausscheidenden Genossenschafter oder ihre Erben keine Abfindung beanspruchen.
1    Enthalten die Statuten keine Bestimmung über einen Abfindungsanspruch, so können die ausscheidenden Genossenschafter oder ihre Erben keine Abfindung beanspruchen.
2    Wird die Genossenschaft innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden oder nach dem Tode eines Genossenschafters aufgelöst und wird das Vermögen verteilt, so steht dem Ausgeschiedenen oder seinen Erben der gleiche Anspruch zu wie den bei der Auflösung vorhandenen Genossenschaftern.
BGE Register
33-I-700 • 53-I-472 • 57-I-315
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
aargau • bundesgericht • kantonalbank • aktiengesellschaft • juristische person • frage • hauptsitz • zweigniederlassung • unternehmung • gegenleistung • entscheid • angabe • handelsregisterverordnung • beschwerdeantwort • aktienkapital • legitimation • kenntnis • richtigkeit • gesuch an eine behörde • veröffentlichung
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BBl
1902/III/851