S. 28 / Nr. 5 Bundesrechtliche Abgaben (d)

BGE 57 I 28

5. Auszug aus dem Urteil vom 19. Februar 1931 i. S. Vogel gegen Luzern.


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Regeste:
Militärpflichtersatz.
1. Militärdienstpflichtige Wehrmänner erfüllen ihre Wehrpflicht durch
persönliche Leistung des Militärdienstes. Ersatzpflichtig werden sie nur bei
Dienstversäumnis.
2. Bei Dienstnachholung werden die früher bezahlten Ersatzbeiträge
zurückerstattet. Auch wenn die Rückerstattung nicht unmittelbar im Anschluss
an den Nachholungsdienst vollzogen wird, wird ein Vergütungszins nicht
ausgerichtet.

A. - Der Beschwerdeführer ist 1905 geboren und 1925 bei der ersten
Untersuchung auf ein Jahr zurückgestellt worden. Am 17. August 1926 wurde er
tauglich erklärt, bestand 1927 die Rekrutenschule, 1928, 1929 und 1930 die
Wiederholungskurse, sowie seit 1928 die verschiedenen Dienste, die er als
Lieutenant zu leisten hatte. Für 1925 und 1926 hat er je . . .Fr.
Militärsteuer bezahlt.
Im Juli 1930 verlangte er mündlich die bezahlten Steuern zurück, wurde jedoch
mit Verfügung des Militär-

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und Polizeidepartementes des Kantons Luzern vom 25. Juli, zugestellt am 28.
Juli, abgewiesen.
B. - Hiegegen richtet sich die am 27. August erhobene Beschwerde mit dem
Antrag:
«1. Es sei in Gutheissung der Beschwerde der Kanton Luzern anzuweisen, dem
Beschwerdeführer den als Militärsteuer bezahlten Betrag nebst Zins zu 5% seit
21. Mai 1927 zurückzuvergüten.
2. ...»
Der Beschwerdeführer begründet diese Begehren im wesentlichen wie folgt: Die
Vorinstanz gebe zu, dass er wegen der Leistung der Rekrutenschule im Jahre
1927 die für 1925 bezahlte Steuer zurückverlangen könne, verweigere aber die
Rückerstattung, weil er 1927 den Wiederholungskurs versäumt habe. Er habe
allerdings diesen Wiederholungskurs nicht bestanden, aber er habe ihn nicht
versäumt, denn er sei dazu nicht aufgeboten worden. Deshalb schulde er für
1927 keine Steuer, wie sich aus dem bundesgerichtlichen Entscheid 56 I 23 ff.
ergebe. Auch der analog anwendbare Art. 2 des BB betreffend die Anrechnung von
geleisteten Militärdienst bei der Bemessung des Militärplichtersatzes vom 18.
Februar 1921 spreche gegen seine Steuerpflicht für 1927. Neben dem
Steuerbetrag seien ihm auch Zinsen zu 5% seit der Fälligkeit des
Rückerstattungsanspruches zu vergüten.
C. - Die Vorinstanz beantragt Abweisung der Beschwerde unter Kostenfolge.
Durch das Bestehen der Rekrutenschule von 1927 sei zwar diejenige von 1925 als
nachgeholt zu betrachten, aber bei Rückvergütung der Steuer für 1925 werde der
Beschwerdeführer für 1927 ersatzpflichtig, weil für ihn der Wiederholungskurs
ausgefallen sei. Bei rechtzeitiger Leistung der Rekrutenschule hätte er den
Wiederholungskurs bestehen müssen. Die eidgenössische Steuerverwaltung habe in
einem Schreiben vom 8. Juli 1930 über die Rückerstattungsansprüche
verschiedener Soldaten, die die Rekrutenschule verspätet geleistet haben,
denselben

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Standpunkt eingenommen. Dem Beschwerdeführer werde bei der ersten Nachholung
eines Wiederholungskurses die für 1926 bezahlte Steuer, bei der zweiten
Nachholung die für 1925 bezahlte, nun für 1927 angerechnete Steuer
zurückvergütet werden. Wie ihm in der angefochtenen Verfügung mitgeteilt
wurde, gelangt er durch die Leistung der ordentlichen Wiederholungskurse aber
nicht zur Dienstnachholung, da er als Offizier alljährlich
wiederholungskurspflichtig ist.
Die eidgenössische Steuerverwaltung beantragt ebenfalls Abweisung wegen
Verrechnung des Rückerstattungsanspruches für 1925 mit dem Steueranspruch für
den 1927 versäumten Wiederholungskurs.
Der Beschwerdeführer habe zwar Anspruch auf Rückerstattung der Ersatzleistung
für das Rekrutenschuljahr, sei aber für 1927 ersatzpflichtig. Das Bestehen
eines Nachholungsdienstes befreie den Wehrmann nicht von der Erfüllung seiner
regelmässigen dienstlichen Obliegenheiten (Verfügung des eidgenössischen
Militärdepartementes vom 24. März 1903, Militärverordnungsblatt 1903, S. 76).
V. sei zu dem von seiner Altersklasse zu bestehenden Wiederholungskurs als
Rekrut nicht aufgeboten worden und habe in diesem Jahre nur die Rekrutenschule
bestanden. Es sei einleuchtend, dass ein in einem Jahre geleisteter Dienst
nicht zugleich Erfüllung der Militärdienstpflicht für dieses Jahr und
Nachholungsdienst für ein früheres Jahr sein könne (BBl. 1918 II S. 409). Er
sei deshalb wegen Versäumnis des ordentlichen Wiederholungskurses für 1927
ersatzpflichtig, was sich aus der Praxis des Bundesgerichtes ergebe (BGE 56 I
S. 44
f. Erw. 2 c). Aus Zweckmässigkeitsgründen finde in solchen Fällen eine
Verrechnung der zurückzuerstattenden und der geschuldeten Steuer statt, wobei
allfällige Unterschiede im Ersatzbetrage durch Rückerstattung oder Nachzahlung
der Differenz ausgeglichen werden.
Die eidgenössische Steuerverwaltung hat diese Auffassung in einem
Ergänzungsbericht vom 15. Dezember 1930

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bestätigt und sich näher über die technische Durchführung der von ihr
angeordneten Verrechnung der Ersatzleistungen ausgesprochen. Sie bestätigt,
dass ein verspätet ausgebildeter Wehrmann, der Offizier wird, keinen Anspruch
auf Rückerstattung der durch Verrechnung getilgten Ersatzleistung hat, wenn er
neben der Rekrutenschule nur die ordentlichen Beförderungsdienste und jährlich
einen Wiederholungskurs besteht. Die Rechtfertigung dafür liegt nach
Auffassung der Steuerverwaltung in der Tatsache, dass dieser Wehrmann weniger
Wiederholungskurse leistet, als Offiziere gleichen Alters, die im ersten Jahr
der Wehrpflicht die Rekrutenschule und daran anschliessend alle übrigen
Dienste bestanden haben. Die Rückforderung ist von Offizieren und Soldaten
nach Nachholung der versäumten Rekrutenschule geltend zu machen. Ist indessen
infolge Anrechnung der Rekrutenschule auf ein früheres Jahr eine Ersatzpflicht
für das Rekrutenschuljahr wegen Nichtleistung des Wiederholungskurses
entstanden, so findet eine tatsächliche Rückerstattung der bezahlten
Ersatzleistung erst statt, wenn auch der versäumte Wiederholungskurs
nachgeholt worden ist.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. - ...
2. - Der Beschwerdeführer hat die Rekrutenschule verspätet bestanden und damit
den Anspruch auf Rückerstattung der für sein erstes Jahr der Wehrpflicht
entrichteten Militärsteuer erworben (BGE 56 I S. 37 ff.). Die Vorinstanz lehnt
jedoch die Rückzahlung ab mit der Begründung, der Beschwerdeführer sei für
1927 ersatzpflichtig geworden, weil er den Wiederholungskurs seines Jahrganges
versäumt habe; der Rückerstattungsanspruch werde durch den Anspruch auf die
neue Steuer für 1927 ausgeglichen.
Bei Prüfung der Frage, ob der Beschwerdeführer für 1927 ersatzpflichtig ist,
fällt nach der Praxis des Bundesrates

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(BBl. 1918 II S. 409) die Rekrutenschule, die er in diesem Jahre bestanden
hat, als Nachholungsdienst ausser Betracht. Es kommt demnach darauf an, ob für
1927 im Hinblick auf die ordentlichen militärischen Pflichten des
Beschwerdeführers ein Ersatzanspruch besteht. Bis zum Jahre 1927 unterlag der
Beschwerdeführer, infolge seiner Zurückstellung, der Steuerpflicht als
militärsteuerpflichtiger Wehrmann ohne Rücksicht darauf, ob er im Steuerjahr
einen konkreten Dienst versäumte (BGE 56 I S. 44 Erw. 2 c). Im Jahre 1927 ist
er nach bestandener Rekrutenschule in die Gruppe der militärdienstpflichtigen
Wehrmänner übergetreten. Er erfüllt nunmehr seine Wehrpflicht durch
persönliche Leistung des Militärdienstes. Ersatzpflicht tritt für ihn nur ein
bei Dienstversäumnis, d. h. bei Nichtleistung von Diensten, zu denen er
aufgeboten worden ist.
Zu einem Wiederholungskurs ist der Beschwerdeführer aber im Jahre 1927 nicht
aufgeboten worden. Allerdings hatte seine Altersklasse einen Wiederholungskurs
zu bestehen, doch war der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Rekrutenschule,
die er damals bestanden hat, nach den Vorschriften des allgemeinen Aufgebots
davon befreit. Ein spezielles Aufgebot, das an sich zulässig gewesen wäre, ist
an ihn nicht ergangen. Er kann bei dieser Sachlage nicht zu einer
Ersatzleistung für einen Wiederholungskurs herangezogen werden, denn es liegt
kein Versäumnis vor (BGE 56 I S. 24). Damit fällt auch die Möglichkeit einer
Verrechnung mit der zurückverlangten Ersatzleistung dahin.
Dass der Beschwerdeführer, sofern er keinen ausserordentlichen Dienst besteht,
eine «Jahresleistung» weniger aufweist als die Offiziere seiner Altersklasse,
beruht darauf, dass er im Jahre 1927 nicht zum Wiederholungskurse einberufen
worden ist. Aus welchem Grunde diese Einberufung unterblieb, ist für die
Ersatzpflicht unerheblich.
Da der Beschwerdeführer für 1927 nicht ersatzpflichtig ist, braucht nicht
entschieden zu werden, ob eine Verrechnung

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gegenseitiger Ansprüche im Sinne des Entscheides der Vorinstanz und der
Darlegungen der eidgenössischen Steuerverwaltung ohne neue Veranlagung hätte
zugelassen werden können.
3. - Der Beschwerdeführer hat demnach Anspruch auf Rückerstattung der
Ersatzleistung des Jahres 1925 im Betrage von ... Fr. Dagegen ist das Begehren
auf Zuspruch eines Vergütungszinses unbegründet.
Die Frage, ob zurückzuerstattende Steuerbeträge im allgemeinen zu verzinsen
sind, wird in der Literatur allerdings verschieden beantwortet. FLEINER
(Institutionen, 8. Aufl. S. 437, Anm. 64) bejaht sie; nach BLUMENSTEIN
(Steuerrecht S. 328) wäre die Verzinsung nur zuzulassen, wenn eine
ausdrückliche Gesetzesvorschrift sie anordnet. Für das Militärsteuerrecht ist
zu berücksichtigen, dass rückständige Ersatzbeträge nach Gesetz nicht verzinst
werden müssen. Der Pflichtige hat nur den Betrag der ihm obliegenden
Ersatzleistung zu erbringen. Steht ihm infolge nachträglicher Dienstleistung
ein Anspruch auf Rückerstattung der Ersatzleistung zu, so ist der seinerzeit
bezahlte Betrag zurückzuzahlen. Eine Verzinsung desselben kann nicht gefordert
werden, auch dann nicht, wenn die Rückerstattung verzögert wird, weil deren
Berechtigung zunächst im Rekurs- und Beschwerdeverfahren überprüft werden
muss. In diesem Sinne hat der Bundesrat die Rückerstattung zutreffend geregelt
(Art. 1 u. 3 der VV vom 24. April 1885 über die Rückerstattung bezahlten
Militärpflichtersatzes in Fällen von Dienstnachholung).
4. - ....
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird dahin gutgeheissen, dass der Kanton Luzern angewiesen
wird, dem Beschwerdeführer ... Fr. ohne Zins zurückzuerstatten.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 57 I 28
Datum : 01. Januar 1931
Publiziert : 19. Februar 1931
Quelle : Bundesgericht
Status : 57 I 28
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Militärpflichtersatz.1. Militärdienstpflichtige Wehrmänner erfüllen ihre Wehrpflicht durch...


BGE Register
56-I-22 • 56-I-37 • 57-I-28
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
bundesgericht • vorinstanz • weiler • angehöriger der armee • zins • frage • obliegenheit • bundesrat • entscheid • rückerstattung • schriftstück • einladung • steuer • begründung des entscheids • angewiesener • vogel • literatur • nachzahlung
BBl
1918/II/409