S. 230 / Nr. 36 Bundesrechtliche Abgaben (d)

BGE 57 I 230

36. Urteil vom 15. Oktober 1931 i. S. Iseli gegen Baselland.

Regeste:
Militärpflichtersatz. Wehrpflichtige, die ausgemustert werden - nicht wegen
eines im Dienste erworbenen Leidens oder wegen dessen Nachwirkungen -, sondern
um künftigen Erkrankungen im Dienste vorzubeugen, haben nicht Anspruch auf
Befreiung von der Militärsteuer.

A. - Der Beschwerdeführer ist 1927 bei der Aushebung diensttauglich erklärt
worden. Er hat 1928 die Rekrutenschule, 1929 und 1930 obligatorische
Wiederholungskurse bestanden.
Am zweitletzten Tage des Wiederholungskurses 1930 hat er sich beim Truppenarzt
gemeldet wegen rheumatischer Rückenschmerzen. Er liess sich dann 18 Tage nach

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der Entlassung, am 4. Juni 1930, bei der eidgenössischen Militärversicherung
anmelden. Der behandelnde Arzt; Herr Dr. med. Chaulmontet in Genf, stellte
Schmerzen in der Lendengegend fest ohne objektiven Befund. Seine Diagnose
lautete auf «Lombalgie gauche (rhumatismale?)», herrührend von Militärdienst
bei schlechter Witterung. Die Militärversicherung bewilligte zunächst
häusliche Pflege, ordnete aber, als während drei Wochen keine wesentliche
Besserung eintrat, auf Antrag des behandelnden Arztes vom 30. Juni
Spitalbehandlung an. Iseli wurde vom 2. bis 29. Juli im Kantonsspital in Genf
verpflegt und dann als klinisch geheilt und voll arbeitsfähig entlassen, wobei
festgestellt wurde, dass er sich noch über Beschwerden beklagte. Eine neue
Anmeldung als Militärpatient, vom 8. Oktober 1930, wies die
Militärversicherung zurück; nach Auffassung ihrer Ärzte sei durch die
seinerzeit gewährte Behandlung ein allfällig schädigender Einfluss des
Militärdienstes auf den Gesundheitszustand des Patienten als ausgeglichen zu
betrachten. Diese Verfügung ist vom Beschwerdeführer nicht weitergezogen
worden.
Er wurde dann vor U. C. gewiesen und am 10. April 1931 wegen Lumbago chronica
hilfsdiensttauglich erklärt. Auf einen Rekurs hin wurde die Verfügung am 21.
Mai 1931 nach neuer Untersuchung abgeändert in «hilfsdiensttauglich
vorsichtshalber». Als Grund wurde im Dienstbüchlein wiederum Lumbago
vorgemerkt. Die Eintragung in den Akten der Militärversicherung lautet etwas
abweichend auf «hartnäckige Lumbago, Platipodie». Im Rekursverfahren hatte
Iseli ein Arztzeugnis des Dr. med. Buess in Sissach eingereicht, worin erklärt
wird: «Die Lendenwirbelsäule ist gut beweglich. Druckempfindlichkeit besteht
nicht. - Subjektiv gibt Patient an, er könne Dienst tun. - Ich schlage vor,
den Mann wieder seiner Einheit zuzuteilen».
B. - Gegenüber der Veranlagung zur Militärsteuer für das Jahr 1931 erhob der
Beschwerdeführer die Einwendung

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er sei im Dienste erkrankt und deshalb vom Ersatz befreit. Er wurde abgewiesen
und hat innert nützlicher Frist verwaltungsrechtliche Beschwerde beim
Bundesgericht erhoben. Er behauptet, sein Rückenweh sei aus einer Erkältung im
Dienste entstanden. Vorher sei er gesund gewesen, wofür er sich auf Zeugen
beruft. Im Spital in Genf habe man seine Erkrankung nicht ernst genommen und
ihn überhaupt nur mangelhaft untersucht.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Der Beschwerdeführer ist gemäss Verfügung der sanitarischen U. C. vom 21. Mai
1931 «vorsichtshalber» als hilfsdiensttauglich erklärt worden, wobei Lumbago
chronica als Grund für diese Massnahme im Dienstbüchlein eingetragen wurde.
Das bedeutet nicht, dass der Beschwerdeführer mit dem angegebenen Leiden
behaftet und deshalb dienstuntauglich ist. Er betrachtet sich offenbar selbst
als gesund, wie aus dem Arztzeugnis hervorgeht, das er im Rekursverfahren
betreffend Ausmusterung eingereicht hat. Darin wird erklärt, er gebe an, er
könne Dienst tun. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer
an sich nach seinem heutigen Gesundheitszustand diensttauglich wäre.
Wenn er trotzdem zum Hilfsdienst versetzt wurde, so liegt der Grund in der
Befürchtung der sanitarischen Behörden, dass bei Dienstleistungen neuerdings
ähnliche Erkrankungen auftreten könnten wie diejenige, die er sich im
Wiederholungskurs 1930 zugezogen hat. Er wurde vorsichtshalber ausgemustert,
nicht wegen einer Krankheit, sondern um künftigen Erkrankungen im Dienste
vorzubeugen. Er ist demnach nicht infolge seiner dienstlichen Erkrankung
dienstuntauglich, sondern aus einem Grunde, der damit nur insofern
zusammenhängt, als jene Erkrankung und besonders die während der Behandlung
gemachten Beobachtungen die Notwendigkeit ergaben, die Gelegenheit, die zu
neuen ähnlichen Erkrankungen führen könnte, ein für alle Mal zu beseitigen.
Eine Befreiung von der

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Militärsteuer ist aber nur zulässig, wenn ein Wehrmann infolge des Dienstes
militäruntauglich geworden ist, was nach dem Gesagten nicht zutrifft.
Unerheblich und deshalb nicht zu berücksichtigen sind die Beweisanträge des
Beschwerdeführers für seinen Gesundheitszustand vor dem Wiederholungskurs
1930. Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 57 I 230
Datum : 01. Januar 1931
Publiziert : 15. Oktober 1931
Quelle : Bundesgericht
Status : 57 I 230
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Militärpflichtersatz. Wehrpflichtige, die ausgemustert werden – nicht wegen eines im Dienste...


BGE Register
57-I-230
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