S. 84 / Nr. 22 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 56 III 84

22. Auszug aus dem Entscheid vom 16. Mai 1930 i. S. Wirz.

Regeste:
Kompetenzanspruch an Berufswerkzeugen. Art. 92 Ziff. 3 SchKG.
Ein Beruf im Sinne dieser Bestimmung liegt zufolge Verwendung fremder
Arbeitskräfte nur dann nicht vor, wenn die betreffende Erwerbstätigkeit ohne
sie nicht ausgeübt werden könnte oder wenn sie die Erwerbstätigkeit zu einer
überwiegend kapitalwirtschaftlichen macht.
Insaisissabilité des outils et instruments de travail. Art. 92 ch. 3 LP. On
n'est plus en présence d'une profession au sens dudit article - dans le cas de
l'utilisation de la main d'oeuvre étrangère - seulement si l'activité
professionnelle en question ne peut pas s'exercer sans aide étrangère ou si,
en raison de cette aide, elle a un caractère d'entreprise pour l'exploitation
de laquelle le concours d'un capital joue un rôle prédominant.
Impignorabilità degli arnesi e strumenti di lavoro. Art. 92 cifra 3 LEF.
Il fatto che una professione è esercitata coll' ausilio della mano d'opera di
terzi impedisce che si tratti d'una professione ai sensi dell'art. 92 cifra 3
LEF solo quando l'attività professionale non potrebbe svolgersi senza l'aiuto
d'estranei, o se quest' aiuto le dà un carattere prevalentemente
capitalistico.

Der Vorinstanz ist insoferne zuzustimmen, als sie bei der Abgrenzung des
Berufs im Sinne von Art. 92 Ziff. 3 SchKG gegenüber der Unternehmung auch
berücksichtigt, ob fremde Arbeitskräfte verwendet werden. Zu weit geht jedoch
ihre Auffassung, dass die Verwendung fremder Arbeitskraft schon für sich
allein und in jedem Falle eine Erwerbstätigkeit zur Unternehmung mache.
Verhielte es sich so, so müsste jeder Schuhmacher, Schlosser oder Schreiner,
der noch einen Gesellen oder gar nur einen Lehrling beschäftigt, als
Unternehmer angesprochen werden. Das hiesse auf Zufälligkeiten abstellen,
durch welche sich die eine dieser Kleinhandwerkerexistenzen ihrem sozialen
Wesen nach vor der andern nicht unterscheidet.

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Die Beschäftigung fremder Arbeitskraft steht der Anwendung von Art. 92 Ziff. 3
SchKG vielmehr nur dann entgegen, wenn entweder die betreffende
Erwerbstätigkeit ohne diese Mithilfe nicht ausgeübt werden könnte, sei es
überhaupt nicht, sei es nicht in rationeller und konkurrenzfähiger Weise, oder
wenn sich die Erwerbstätigkeit dadurch als überwiegend kapitalwirtschaftliche
darstellt. Notwendig kann die Anstellung einer Hilfskraft zum Beispiel sein
für die Bedienung einer Maschine. Das kapitalistische Element seinerseits
beginnt, abgesehen vom Wert der zudienenden mechanischen Hilfsmittel,
gegenüber der persönlichen Berufstätigkeit dort zu überwiegen, wo der
Schuldner die Berufsarbeit zur Hauptsache von fremden Kräften verrichten lässt
und seine eigene Mitwirkung im wesentlichen darin besteht, dass er
Arbeitsraum, Einrichtung, Warenvorräte zur Verfügung stellt und die Arbeit der
andern beaufsichtigt, m. a. W., dass er das wenn vielleicht auch nicht
bedeutende Betriebskapital liefert und den Betrieb leitet, ohne selbst mehr
als ausnahmsweise Hand anzulegen. Von diesen Grundsätzen ist schon die frühere
Rechtsprechung des Bundesgerichtes ausgegangen (vgl. insbesondere BGE 23 II
1268, ferner 24 I 374, 38 I 194). Wenn dann in einzelnen spätern Entscheiden
die Verwendung fremder Arbeitskraft schlechtweg als Kriterium der Unternehmung
genannt wurde, so geschah das in mehr stichwortmässiger Aufzählung dieser
Kriterien (Verwendung von mechanischen Hilfsmitteln in grösserem Umfange, von
elementaren Naturkräften und von fremden, gemieteten Arbeitskräften); auf
jeden Fall wurde in keinem Entscheid lediglich auf die äussere Tatsache hin,
dass fremde Arbeitskraft mitbeschäftigt war, der Schutz von Art. 92 ziff. 3
SchKG versagt.
Trifft auf die Verwendung fremder Arbeitskraft in einem Betriebe keine der
erwähnten beiden Voraussetzungen zu und liegen auch die übrigen Kriterien
einer Unternehmung nicht vor, so ist der Kompetenzanspruch grundsätzlich
anzuerkennen. Dass dabei dem Schuldner nicht auch

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diejenigen Werkzeuge, Gerätschaften etc. überlassen werden können, die
notwendig wären, um die fremden Arbeitskräfte weiterzubeschäftigen, bedarf
keiner Erörterung.
Ein Fall dieser Art ist hier gegeben. Es handelt sich um ein kleineres
Coiffeurgeschäft, in dem die eigenhändige Ausübung des Berufes durch den
Rekurrenten und seine Ehefrau einen wesentlichen Bestandteil des Betriebes
ausmacht. Auch ist die Einrichtung, trotzdem bisher noch zwei Angestellte
mitbeschäftigt waren, so bescheiden, dass nicht gesagt werden kann, es gehören
unbedingt drei oder noch mehr Personen dazu, um sie rationell auszunützen.
Informazioni decisione   •   DEFRITEN
Documento : 56 III 84
Data : 01. gennaio 1930
Pubblicato : 16. maggio 1930
Sorgente : Tribunale federale
Stato : 56 III 84
Ramo giuridico : DTF - Diritto delle esecuzioni e del fallimento
Oggetto : Kompetenzanspruch an Berufswerkzeugen. Art. 92 Ziff. 3 SchKG.Ein Beruf im Sinne dieser Bestimmung...


Registro di legislazione
LEF: 92
Registro DTF
24-I-373 • 38-I-192 • 56-III-84
Parole chiave
Elenca secondo la frequenza o in ordine alfabetico
lavoratore • meccanico • debitore • sida • attrezzo • bisogno • decisione • azienda • estensione • dimensioni della costruzione • falegname • tribunale federale • autorità inferiore • diritto delle esecuzioni e del fallimento • cosa principale • valore • apprendista • parte costitutiva