S. 37 / Nr. 9 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (Zivilabteilungen) (d)

BGE 56 III 37

9. Urteil der II. Zivilabteilung vom 23. Januar 1930 i. S. Läubli gegen Güggi.

Regeste:
Streitwert der Widerspruchsklage hat die kleinste folgender Summen:
Schätzungswert des angesprochenen Gegenstandes, noch ausstehende
Betreibungssumme, (bei Pfandansprache) Pfandforderung.
La valeur litigieuse de l'action en revendication correspond à la plus petite
des sommes suivantes: valeur estimative de l'objet revendiqué, montant de la
créance encore en poursuite, montant de la créance garantie par gage
(lorsqu'un droit de gage est revendiqué).
Il valore litigioso dell'azione di rivendicazione corrisponde al minore degli
importi seguenti: valore di stima dei beni rivendicati; importo del credito
non ancora coperto; ammontare del credito pignoratizio (se si tratta della
rivendicazione di un diritto di pegno).

Der Kläger hat ohne schriftliche Begründung die Berufung eingelegt gegen das
Urteil des Obergerichtes des Kantons Thurgau vom 10. Oktober 1929, durch
welches seine Widerspruchsklage abgewiesen worden ist, mit der er gerichtliche
Feststellung verlangt hat, «dass die dem Schuldner Hans Duetsch gepfändete
Forderung gegenüber der U. S. Cities Corporation of Tulsa per nominell 100000
Dollars Eigentum bezw. eventuell Faustpfand des Klägers (scil.: für eine
Forderung von 15936 Fr. 70 Cts.) sei». Die Pfändung war erfolgt
a) in der Betreibung des Beklagten Nr. 526 für 10282 Fr. 70 Cts. nebst Zinsen
am 20. Juni 1927, woran der Beklagte

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ausserdem noch mit einer weiteren Forderung von 30 Fr. laut Betreibung Nr. 599
teilnahm;
b) in der Betreibung des Beklagten Nr. 1072 für 320 Fr. am 30. Oktober 1927.
Beidemale wurde die gepfändete Forderung auf 50000 Fr. geschätzt. Die
Fristansetzung zur Widerspruchsklage erfolgte erstmals am 27. Oktober 1927,
wobei die Betreibungssumme mit «ca. 5500 Fr.» angegeben wurde. Auch in der
Pfändungsurkunde über die Betreibung Nr. 1072 wurde als «Vorgang» aufgeführt:
«Betr. Nr. 526 noch ca. 5000 Fr.».
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Im Widerspruchsprozess zwischen dem Gläubiger und dem das Eigentum
beanspruchenden Dritten wird der Streitwert entweder durch die Schätzungssumme
des angesprochenen Gegenstandes oder durch die Betreibungssumme gebildet, und
zwar ist von diesen beiden Grössen die kleinere massgebend (BGE 31 II S. 178
und 784). Gleiches gilt auch im Widerspruchsprozess zwischen dem Gläubiger und
dem ein Pfandrecht beanspruchenden Dritten, ausser wenn der Betrag der
Forderung, für die das Pfandrecht in Anspruch genommen wird, noch kleiner ist,
in welchem Falle hierauf abzustellen wäre. Vorliegend betrugen aber die beiden
Betreibungssummen zusammen schon im Zeitpunkt der Erhebung der dann
miteinander verbundenen Widerspruchsklagen kaum mehr 6000 Fr. Höher kann der
Streitwert unter mehr als einem Gesichtspunkte nicht bemessen werden: Um die
gepfändete Forderung vom Pfändungspfandrecht zu befreien, muss der
Drittansprecher nicht mehr als diese Summe aufwenden (zuzüglich der Zinsen und
Kosten, die jedoch bei der Bestimmung des Streitwertes nicht in Betracht
fallen, Art. 54 OG). Ungeachtet der Pfändung bleibt dem Drittansprecher das
Recht auf den Mehrerlös über die Betreibungssumme (nebst Akzessorien) hinaus
gewahrt. Wird ein solcher Mehrerlös nicht erzielt, so geht freilich der

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gepfändete Gegenstand dem Drittansprecher infolge der Pfändung gänzlich
verloren, also namentlich auch eine gepfändete Forderung, die ja im ganzen
Umfange verwertet wird, auch wenn ihr Nominalbetrag grösser ist als die
Betreibungssumme; allein dies ist dem im Ergebnis der Steigerung zum Ausdruck
gelangenden Minderwert der gepfändeten Forderung zuzuschreiben und beweist,
dass die Einbusse des Drittansprechers in Wahrheit nicht den Nominalwert (und
auch nicht den höheren Schätzungswert) der gepfändeten Forderung erreicht,
sondern auf den Betrag des Steigerungserlöses beschränkt bleibt.
Erreicht somit der Wert des Streitgegenstandes den Betrag von 8000 Fr. nicht,
so hätte der Kläger seiner Berufung eine sie begründende Rechtsschrift
beilegen sollen (Art. 67 Abs. 4 OG). Deren Mangel macht die Berufung
unwirksam.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Auf die Berufung wird nicht eingetreten.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 56 III 37
Datum : 01. Januar 1930
Publiziert : 23. Januar 1930
Quelle : Bundesgericht
Status : 56 III 37
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Streitwert der Widerspruchsklage hat die kleinste folgender Summen: Schätzungswert des...


Gesetzesregister
OG: 54  67
BGE Register
31-II-178 • 56-III-37
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
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