S. 439 / Nr. 76 Obligationenrecht (d)

BGE 56 II 439

76. Urteil der 1. Zivilabteilung vom 23. Dezember 1930 i. S. Senn gegen
Sutter.

Regeste:
Konkurrenzverbot. Dessen Zulässigkeit im Arzt- bezw. Zahnarztberuf.
Es ist nicht auf Grund von Art. 20
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 20 - 1 Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
1    Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
2    Betrifft aber der Mangel bloss einzelne Teile des Vertrages, so sind nur diese nichtig, sobald nicht anzunehmen ist, dass er ohne den nichtigen Teil überhaupt nicht geschlossen worden wäre.
OR ungültig (Erw. 1). - Mangel der
Voraussetzungen des Art. 366 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 366 - 1 Beginnt der Unternehmer das Werk nicht rechtzeitig oder verzögert er die Ausführung in vertragswidriger Weise oder ist er damit ohne Schuld des Bestellers so sehr im Rückstande, dass die rechtzeitige Vollendung nicht mehr vorauszusehen ist, so kann der Besteller, ohne den Lieferungstermin abzuwarten, vom Vertrage zurücktreten.
1    Beginnt der Unternehmer das Werk nicht rechtzeitig oder verzögert er die Ausführung in vertragswidriger Weise oder ist er damit ohne Schuld des Bestellers so sehr im Rückstande, dass die rechtzeitige Vollendung nicht mehr vorauszusehen ist, so kann der Besteller, ohne den Lieferungstermin abzuwarten, vom Vertrage zurücktreten.
2    Lässt sich während der Ausführung des Werkes eine mangelhafte oder sonst vertragswidrige Erstellung durch Verschulden des Unternehmers bestimmt voraussehen, so kann ihm der Besteller eine angemessene Frist zur Abhilfe ansetzen oder ansetzen lassen mit der Androhung, dass im Unterlassungsfalle die Verbesserung oder die Fortführung des Werkes auf Gefahr und Kosten des Unternehmers einem Dritten übertragen werde.
OR (Erw. 2).
Bei Ungültigkeit eines Konkurrenzverbotes verstösst es nicht gegen Treu und
Glauben (Art. 48
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 48
OR), wenn ein Dienstnehmer, der, um sich selbständig zu
machen, eine Stelle verlässt, dies seinen Bekannten durch ein Rundschreiben
zur Kenntnis bringt (Erw. 3).

A. - Der Kläger, Dr. Albert Senn, ist ein bekannter Zahnarzt, der seit Jahren
in Zürich seine Praxis ausübt.

Seite: 440
Im November 1925 trat der Beklagte, Zahnarzt Dr. Karl Sutter, bei ihm als
Assistent in Stellung, wobei der Kläger ihn am 13. April 1926 folgende
Erklärung unterzeichnen liess: «Der Unterzeichnete verpflichtet sich auf
Ehrenwort, nach eventuellem Austritt aus der Praxis des Herrn Dr. Senn, sich
während zwei Jahren nicht anderweitig in Zürich zahnärztlich zu betätigen». Im
Januar 1927 kam es zu Differenzen zwischen den Parteien, worauf der Kläger dem
Beklagten auf Ende 1927 kündigte. In der Folge einigten sich die Parteien
jedoch wieder, und es wurde das Dienstverhältnis, ohne dass die Frage des
Konkurrenzverbotes neu geregelt worden wäre, fortgesetzt, bis der Beklagte dem
Kläger am 30. April 1929 seinerseits die Stellung kündigte. Er trat daraufhin
am 15. Juni gleichen Jahres bei Zahnarzt Dr. Keller in Zürich ein, bei welchem
Anlass er an seine Bekannten, worunter auch an solche, zu denen er infolge
seiner Tätigkeit beim Kläger in Beziehung getreten war, ein Zirkular
versandte, in welchem er sie davon in Kenntnis setzte, dass er «ab 15. Juni
nächsthin Weinbergstrasse 20, Telephon Hottingen 5488 praktizieren werde».
B. - Der Kläger erblickt in diesem Verhalten eine Verletzung des vom Beklagten
unterm 13. April 1926 eingegangenen Konkurrenzverbotes, sowie auch ein
unlauteres Verhalten im Sinne von Art. 48
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 48
OR, und er reichte daher gegen den
Beklagten Klage auf Bezahlung von 5000 Fr., eventuell eines nach richterlichem
Ermessen festzusetzenden Betrages ein.
C. - Mit Urteil vom 27. August 1930 hat das Obergericht des Kantons Zürich die
Klage abgewiesen.
D. - Hiegegen hat der Kläger am 8. Oktober 1930 die Berufung an das
Bundesgericht erklärt, indem er erneut um Schutz der Klage ersuchte; eventuell
sei die Angelegenheit zur Feststellung des Schadens an die Vorinstanz
zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt die Abweisung der Berufung und Bestätigung des
angefochtenen Entscheides.

Seite: 441
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Beklagte hält dem in Frage stehenden Konkurrenzverbot, auf das sich die
Klage in erster Linie stützt, entgegen, dieses überschreite die allgemeine
Schranke, welche der Vertragsfreiheit durch Art. 20
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 20 - 1 Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
1    Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
2    Betrifft aber der Mangel bloss einzelne Teile des Vertrages, so sind nur diese nichtig, sobald nicht anzunehmen ist, dass er ohne den nichtigen Teil überhaupt nicht geschlossen worden wäre.
OR gesetzt ist, und sodann
beruft er sich auf die besondere Schutzbestimmung, welche das Gesetz in Art.
356 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 356 - 1 Durch den Gesamtarbeitsvertrag stellen Arbeitgeber oder deren Verbände und Arbeitnehmerverbände gemeinsam Bestimmungen über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse der beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf.
1    Durch den Gesamtarbeitsvertrag stellen Arbeitgeber oder deren Verbände und Arbeitnehmerverbände gemeinsam Bestimmungen über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse der beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf.
2    Der Gesamtarbeitsvertrag kann auch andere Bestimmungen enthalten, soweit sie das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern betreffen, oder sich auf die Aufstellung solcher Bestimmungen beschränken.
3    Der Gesamtarbeitsvertrag kann ferner die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien unter sich sowie die Kontrolle und Durchsetzung der in den vorstehenden Absätzen genannten Bestimmungen regeln.
4    Sind an einem Gesamtarbeitsvertrag auf Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerseite von Anfang an oder auf Grund des nachträglichen Beitritts eines Verbandes mit Zustimmung der Vertragsparteien mehrere Verbände beteiligt, so stehen diese im Verhältnis gleicher Rechte und Pflichten zueinander; abweichende Vereinbarungen sind nichtig.
OR im Interesse des Dienstpflichtigen aufgestellt hat.
Mit Recht hat es jedoch die Vorinstanz abgelehnt, aus Art. 20
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 20 - 1 Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
1    Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
2    Betrifft aber der Mangel bloss einzelne Teile des Vertrages, so sind nur diese nichtig, sobald nicht anzunehmen ist, dass er ohne den nichtigen Teil überhaupt nicht geschlossen worden wäre.
OR die
Ungültigkeit des vorliegenden Konkurrenzverbotes abzuleiten. Die von der
deutschen Judicatur (vgl. Entscheidungen des Reichsgerichtes in Zivilsachen
Bd. 16 NF S. 144) - auf welche der Beklagte sich beruft - vertretene
Auffassung, wonach die Ausübung eines ärztlichen Berufes wegen des
öffentlichen Interesses und auch kraft der diesem innewohnenden Würde
unbedingt frei sein müsse, wird von der schweizerischen Rechtsprechung nicht
geteilt, und sie erweist sich strenger als die Schranken, welche das
Bundesgesetz über das Obligationenrecht dem in ihm grundsätzlich anerkannten
Prinzip der Vertragsfreiheit gesogen hat. Der eidg. Gesetzgeber hat sich bei
der Reform des Obligationenrechtes besonders angelegen sein lassen, die
Wirkungen der Vertragsfreiheit gerade in Bezug auf das Konkurrenzverbot auf
ein erträgliches und vernünftiges Mass zurückzuschrauben, aber er hat doch
davon abgesehen, eine besondere Schranke in Ansehung der Art der Betätigung,
um welche es sich bei dem Dienstverhältnis handelt, zu ziehen, d.h. er hat es
unterlassen, besondere Klassen von Dienstpflichtigen bei der Behandlung des
Konkurrenzverbotes über die allgemeine Ordnung hinauszuheben und sich vielmehr
damit begnügt, in Art. 356 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 356 - 1 Durch den Gesamtarbeitsvertrag stellen Arbeitgeber oder deren Verbände und Arbeitnehmerverbände gemeinsam Bestimmungen über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse der beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf.
1    Durch den Gesamtarbeitsvertrag stellen Arbeitgeber oder deren Verbände und Arbeitnehmerverbände gemeinsam Bestimmungen über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse der beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf.
2    Der Gesamtarbeitsvertrag kann auch andere Bestimmungen enthalten, soweit sie das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern betreffen, oder sich auf die Aufstellung solcher Bestimmungen beschränken.
3    Der Gesamtarbeitsvertrag kann ferner die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien unter sich sowie die Kontrolle und Durchsetzung der in den vorstehenden Absätzen genannten Bestimmungen regeln.
4    Sind an einem Gesamtarbeitsvertrag auf Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerseite von Anfang an oder auf Grund des nachträglichen Beitritts eines Verbandes mit Zustimmung der Vertragsparteien mehrere Verbände beteiligt, so stehen diese im Verhältnis gleicher Rechte und Pflichten zueinander; abweichende Vereinbarungen sind nichtig.
OR die Grenzen zu ziehen im Hinblick auf die
grössere oder geringere Möglichkeit und die Schadenswirkungen des
Vertrauensmissbrauches, dem die Konkurrenzverbote begegnen sollen.

Seite: 442
2. Es fragt sich deshalb bei der Beurteilung der Rechtsgültigkeit des hier im
Streite liegenden Konkurrenzverbotes einzig, ob die in Art. 356 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 356 - 1 Durch den Gesamtarbeitsvertrag stellen Arbeitgeber oder deren Verbände und Arbeitnehmerverbände gemeinsam Bestimmungen über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse der beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf.
1    Durch den Gesamtarbeitsvertrag stellen Arbeitgeber oder deren Verbände und Arbeitnehmerverbände gemeinsam Bestimmungen über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse der beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf.
2    Der Gesamtarbeitsvertrag kann auch andere Bestimmungen enthalten, soweit sie das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern betreffen, oder sich auf die Aufstellung solcher Bestimmungen beschränken.
3    Der Gesamtarbeitsvertrag kann ferner die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien unter sich sowie die Kontrolle und Durchsetzung der in den vorstehenden Absätzen genannten Bestimmungen regeln.
4    Sind an einem Gesamtarbeitsvertrag auf Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerseite von Anfang an oder auf Grund des nachträglichen Beitritts eines Verbandes mit Zustimmung der Vertragsparteien mehrere Verbände beteiligt, so stehen diese im Verhältnis gleicher Rechte und Pflichten zueinander; abweichende Vereinbarungen sind nichtig.
OR für
dessen Zulässigkeit geforderten Voraussetzungen zutreffen, d.h. ob das in
Frage stehende Dienstverhältnis dem Beklagten einen Einblick in den
Kundenkreis oder in Geschäftsgeheimnisse des Klägers gewährte, durch dessen
Verwendung er den Kläger erheblich schädigen könnte. Geschäftsgeheimnisse
kommen hier - darüber sind die Parteien einig - nicht in Frage. Mit Bezug auf
den Einblick in den Kundenkreis aber hat das Bundesgericht in seinem
Entscheide in Band 44 II S. 56 ff. ausgeführt, dass dieser immer dann vom
Angestellten nicht ausgebeutet werden könne, wenn das Verhältnis zwischen
Kundschaft und Geschäftsherrn im wesentlichen auf einem persönlichen Bande
beruhe, wenn es sich stütze auf die persönliche Leistungsfähigkeit des
Geschäftsherrn. In diesem Falle werde dem Dienstnehmer sein Einblick in den
Kundenkreis nichts nützen; denn dieser Kenntnis an sich werde er noch nicht
die Mittel entnehmen können, um die Verbindung zwischen Prinzipal und
Kundschaft aufzulösen oder zu lockern. Der berühmte Arzt könne daher seinem
Assistenten, der bekannte Rechtsanwalt seinem Substituten, kein
Konkurrenzverbot auferlegen. Wohl sei eventuell auch in solchen Fällen eine
Schadenszufügung vermöge der eigenen Leistungsfähigkeit des Dienstnehmers
möglich. Allein dann sei eben nicht dessen Einblick, wenigstens nicht in
erheblichem Masse, für den Schaden des Dienstgebers kausal, sondern kausal
seien dann seine persönlichen Eigenschaften, deren Werbekraft aber nach Art.
356 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 356 - 1 Durch den Gesamtarbeitsvertrag stellen Arbeitgeber oder deren Verbände und Arbeitnehmerverbände gemeinsam Bestimmungen über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse der beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf.
1    Durch den Gesamtarbeitsvertrag stellen Arbeitgeber oder deren Verbände und Arbeitnehmerverbände gemeinsam Bestimmungen über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse der beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf.
2    Der Gesamtarbeitsvertrag kann auch andere Bestimmungen enthalten, soweit sie das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern betreffen, oder sich auf die Aufstellung solcher Bestimmungen beschränken.
3    Der Gesamtarbeitsvertrag kann ferner die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien unter sich sowie die Kontrolle und Durchsetzung der in den vorstehenden Absätzen genannten Bestimmungen regeln.
4    Sind an einem Gesamtarbeitsvertrag auf Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerseite von Anfang an oder auf Grund des nachträglichen Beitritts eines Verbandes mit Zustimmung der Vertragsparteien mehrere Verbände beteiligt, so stehen diese im Verhältnis gleicher Rechte und Pflichten zueinander; abweichende Vereinbarungen sind nichtig.
OR nicht unterbunden werden dürfe. Es liegt kein Grund vor, von der
Auslegung, wie sie die in Frage stehende Bestimmung durch den erwähnten
Entscheid erfahren hat, abzugehen. Art. 356 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 356 - 1 Durch den Gesamtarbeitsvertrag stellen Arbeitgeber oder deren Verbände und Arbeitnehmerverbände gemeinsam Bestimmungen über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse der beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf.
1    Durch den Gesamtarbeitsvertrag stellen Arbeitgeber oder deren Verbände und Arbeitnehmerverbände gemeinsam Bestimmungen über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse der beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf.
2    Der Gesamtarbeitsvertrag kann auch andere Bestimmungen enthalten, soweit sie das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern betreffen, oder sich auf die Aufstellung solcher Bestimmungen beschränken.
3    Der Gesamtarbeitsvertrag kann ferner die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien unter sich sowie die Kontrolle und Durchsetzung der in den vorstehenden Absätzen genannten Bestimmungen regeln.
4    Sind an einem Gesamtarbeitsvertrag auf Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerseite von Anfang an oder auf Grund des nachträglichen Beitritts eines Verbandes mit Zustimmung der Vertragsparteien mehrere Verbände beteiligt, so stehen diese im Verhältnis gleicher Rechte und Pflichten zueinander; abweichende Vereinbarungen sind nichtig.
OR ist nur ein besonderer
Anwendungsfall des in Art. 27
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 27 - 1 Auf die Rechts- und Handlungsfähigkeit kann niemand ganz oder zum Teil verzichten.
1    Auf die Rechts- und Handlungsfähigkeit kann niemand ganz oder zum Teil verzichten.
2    Niemand kann sich seiner Freiheit entäussern oder sich in ihrem Gebrauch in einem das Recht oder die Sittlichkeit verletzenden Grade beschränken.
ZGB ausgesprochenen allgemeinen Prinzips, wonach
niemand sich seiner persönlichen Freiheit entäussern oder sich in ihrem
Gebrauch in einem das Recht

Seite: 443
oder die Sittlichkeit verletzenden Grade beschränken kann. Eine solche
rechtswidrige bezw. unsittliche Beschränkung würde aber durch die Vereinbarung
von Konkurrenzverboten ermöglicht, wenn man der in Frage stehenden Bestimmung
nicht die weitreichende Bedeutung, wie sie ihr im erwähnten Entscheide
beigemessen worden ist, zuerkennen würde. Dem kann nicht, wie der Kläger
glaubt, entgegengehalten werden, dass diese Auffassung in ihrer
Verallgemeinerung einer Verneinung der Anwendbarkeit des Konkurrenzverbotes
auf freie Dienste gleichkomme. Die Haltlosigkeit dieser Behauptung ergibt sich
schon daraus, dass es sich im angefochtenen Urteil, wie auch im heutigen
Falle, nur um den Einblick in den Kundenkreis und nicht auch in
Geschäftsgeheimnisse handelt. Auch bei sog. freien Diensten kann der
Dienstnehmer sehr wohl in die Lage kommen, Geschäftsgeheimnisse des
Dienstherrn zu erfahren, in welchem Falle dann der Vereinbarung eines
Konkurrenzverbotes nichts im Wege steht.
Sind somit die vorerwähnten, in dem angeführten Entscheide ausgesprochenen
Grundsätze heute noch als zutreffend zu erachten, so ist damit aber, wie die
Vorinstanz mit Recht angenommen hat, ohne weiteres auch die Unzulässigkeit des
vorliegend streitigen Konkurrenzverbotes dargetan. Der Kläger behauptet zwar,
er sei wohl ein guter, angesehener Zahnarzt, aber nicht «berühmt». Das spielt
jedoch keine ausschlaggebende Rolle. Der Gleichstellung des «berühmten» Arztes
mit dem «bekannten» Rechtsanwalt ist unschwer zu entnehmen, dass das
bezügliche Urteil - was sich übrigens auch aus dem Sinn jener Erwägungen ohne
weiteres ergibt - nicht gerade eine Berühmtheit in dem betreffenden Fach,
sondern überhaupt einen Praktiker von Ruf im Auge hatte; hierauf passt aber
auch das Prädikat, das dem Kläger nach seiner eigenen Sachdarstellung zukommt.
3. Bei dieser Sachlage kann aber in dem Umstande, dass der Beklagte sich seit
Austritt beim Kläger anderweitig in Zürich als Zahnarzt betätigt und dass er
hievon

Seite: 444
seinen Bekannten Kenntnis gegeben hat, auch kein unlauteres Verhalten im Sinne
von Art. 48
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 48
OR erblickt werden. Denn einem Dienstnehmer, der eine Stelle
verlässt, um sich selbständig zu machen, oder bei einem andern Prinzipal
einzutreten, kann, wenn nicht eine besondere vertragliche Abmachung ihm dies
verbietet, nicht verwehrt werden, sich bei diesem Anlass bei seinen Bekannten,
worunter auch allenfalls bei den Kunden seines frühern Dienstherrn, zu
empfehlen, sofern dies nicht in einer Weise geschieht, dass letzterer hiedurch
herabgewürdigt, oder die eigenen Fähigkeiten in ungehöriger Weise angepriesen
werden. Das ist aber vorliegend nicht geschehen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und demgemäss das Urteil des Obergerichtes des
Kantons Zürich vom 27. August 1930 bestätigt.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 56 II 439
Datum : 01. Januar 1930
Publiziert : 23. Dezember 1930
Quelle : Bundesgericht
Status : 56 II 439
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Konkurrenzverbot. Dessen Zulässigkeit im Arzt- bezw. Zahnarztberuf.Es ist nicht auf Grund von Art...


Gesetzesregister
OR: 20 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 20 - 1 Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
1    Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
2    Betrifft aber der Mangel bloss einzelne Teile des Vertrages, so sind nur diese nichtig, sobald nicht anzunehmen ist, dass er ohne den nichtigen Teil überhaupt nicht geschlossen worden wäre.
48 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 48
356 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 356 - 1 Durch den Gesamtarbeitsvertrag stellen Arbeitgeber oder deren Verbände und Arbeitnehmerverbände gemeinsam Bestimmungen über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse der beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf.
1    Durch den Gesamtarbeitsvertrag stellen Arbeitgeber oder deren Verbände und Arbeitnehmerverbände gemeinsam Bestimmungen über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse der beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf.
2    Der Gesamtarbeitsvertrag kann auch andere Bestimmungen enthalten, soweit sie das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern betreffen, oder sich auf die Aufstellung solcher Bestimmungen beschränken.
3    Der Gesamtarbeitsvertrag kann ferner die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien unter sich sowie die Kontrolle und Durchsetzung der in den vorstehenden Absätzen genannten Bestimmungen regeln.
4    Sind an einem Gesamtarbeitsvertrag auf Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerseite von Anfang an oder auf Grund des nachträglichen Beitritts eines Verbandes mit Zustimmung der Vertragsparteien mehrere Verbände beteiligt, so stehen diese im Verhältnis gleicher Rechte und Pflichten zueinander; abweichende Vereinbarungen sind nichtig.
366
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 366 - 1 Beginnt der Unternehmer das Werk nicht rechtzeitig oder verzögert er die Ausführung in vertragswidriger Weise oder ist er damit ohne Schuld des Bestellers so sehr im Rückstande, dass die rechtzeitige Vollendung nicht mehr vorauszusehen ist, so kann der Besteller, ohne den Lieferungstermin abzuwarten, vom Vertrage zurücktreten.
1    Beginnt der Unternehmer das Werk nicht rechtzeitig oder verzögert er die Ausführung in vertragswidriger Weise oder ist er damit ohne Schuld des Bestellers so sehr im Rückstande, dass die rechtzeitige Vollendung nicht mehr vorauszusehen ist, so kann der Besteller, ohne den Lieferungstermin abzuwarten, vom Vertrage zurücktreten.
2    Lässt sich während der Ausführung des Werkes eine mangelhafte oder sonst vertragswidrige Erstellung durch Verschulden des Unternehmers bestimmt voraussehen, so kann ihm der Besteller eine angemessene Frist zur Abhilfe ansetzen oder ansetzen lassen mit der Androhung, dass im Unterlassungsfalle die Verbesserung oder die Fortführung des Werkes auf Gefahr und Kosten des Unternehmers einem Dritten übertragen werde.
ZGB: 27
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 27 - 1 Auf die Rechts- und Handlungsfähigkeit kann niemand ganz oder zum Teil verzichten.
1    Auf die Rechts- und Handlungsfähigkeit kann niemand ganz oder zum Teil verzichten.
2    Niemand kann sich seiner Freiheit entäussern oder sich in ihrem Gebrauch in einem das Recht oder die Sittlichkeit verletzenden Grade beschränken.
BGE Register
56-II-439
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
konkurrenzverbot • beklagter • frage • zahnarzt • bundesgericht • kenntnis • kundschaft • arzt • vertragsfreiheit • verhalten • vorinstanz • schaden • mass • assistent • stelle • austritt • rechtsanwalt • verhältnis zwischen • leumund • entscheid
... Alle anzeigen