BGE 56 II 438
75. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 3. Dezember 1930 i. S.
Fässler gegen Rümbeli.
Regeste:
Art. 63
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 63 - 1 Wer eine Nichtschuld freiwillig bezahlt, kann das Geleistete nur dann zurückfordern, wenn er nachzuweisen vermag, dass er sich über die Schuldpflicht im Irrtum befunden hat. |
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1 | Wer eine Nichtschuld freiwillig bezahlt, kann das Geleistete nur dann zurückfordern, wenn er nachzuweisen vermag, dass er sich über die Schuldpflicht im Irrtum befunden hat. |
2 | Ausgeschlossen ist die Rückforderung, wenn die Zahlung für eine verjährte Schuld oder in Erfüllung einer sittlichen Pflicht geleistet wurde. |
3 | Vorbehalten bleibt die Rückforderung einer bezahlten Nichtschuld nach Schuldbetreibungs- und Konkursrecht. |
der Beurteilung der Schuld und der Bestimmung des Schadens an ein in der betr.
Streitsache ergangenes strafgerichtliches Erkenntnis gebunden sei.
Die Vorinstanz hat sich mit Recht - entgegen der Auffassung der Kläger - nicht
zufolge der Vorschrift des Art. 53 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 53 - 1 Bei der Beurteilung der Schuld oder Nichtschuld, Urteilsfähigkeit oder Urteilsunfähigkeit ist der Richter an die Bestimmungen über strafrechtliche Zurechnungsfähigkeit oder an eine Freisprechung durch das Strafgericht nicht gebunden. |
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1 | Bei der Beurteilung der Schuld oder Nichtschuld, Urteilsfähigkeit oder Urteilsunfähigkeit ist der Richter an die Bestimmungen über strafrechtliche Zurechnungsfähigkeit oder an eine Freisprechung durch das Strafgericht nicht gebunden. |
2 | Ebenso ist das strafgerichtliche Erkenntnis mit Bezug auf die Beurteilung der Schuld und die Bestimmung des Schadens für den Zivilrichter nicht verbindlich. |
Schwurgerichtes (im vorangegangenen Strafprozess), wonach sich der Beklagte
vorliegend eine Widerrechtlichkeit habe zu schulden kommen lassen, gebunden
erachtet. Zwar findet sich in der Doktrin die Meinung vertreten, wenn gemäss
Art. 83 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 83 - 1 Ist bei einem zweiseitigen Vertrag der eine Teil zahlungsunfähig geworden, wie namentlich, wenn er in Konkurs geraten oder fruchtlos gepfändet ist, und wird durch diese Verschlechterung der Vermögenslage der Anspruch des andern gefährdet, so kann dieser seine Leistung so lange zurückhalten, bis ihm die Gegenleistung sichergestellt wird. |
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1 | Ist bei einem zweiseitigen Vertrag der eine Teil zahlungsunfähig geworden, wie namentlich, wenn er in Konkurs geraten oder fruchtlos gepfändet ist, und wird durch diese Verschlechterung der Vermögenslage der Anspruch des andern gefährdet, so kann dieser seine Leistung so lange zurückhalten, bis ihm die Gegenleistung sichergestellt wird. |
2 | Wird er innerhalb einer angemessenen Frist auf sein Begehren nicht sichergestellt, so kann er vom Vertrage zurücktreten. |
der Schuld und die Bestimmung des Schadens als für den Zivilrichter nicht
verbindlich erklärt worden seien, so ergebe sich daraus, dass ein
verurteilendes Straferkenntnis in andern Fragen den Zivilrichter
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binde, z. B. insofern als es die Tat und deren Widerrechtlichkeit feststelle
(Vgl. v. TUHR OR I S. 346 Ziff. II; OSER, Kommentar 2. Aufl. zu Art. 53
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 53 - 1 Bei der Beurteilung der Schuld oder Nichtschuld, Urteilsfähigkeit oder Urteilsunfähigkeit ist der Richter an die Bestimmungen über strafrechtliche Zurechnungsfähigkeit oder an eine Freisprechung durch das Strafgericht nicht gebunden. |
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1 | Bei der Beurteilung der Schuld oder Nichtschuld, Urteilsfähigkeit oder Urteilsunfähigkeit ist der Richter an die Bestimmungen über strafrechtliche Zurechnungsfähigkeit oder an eine Freisprechung durch das Strafgericht nicht gebunden. |
2 | Ebenso ist das strafgerichtliche Erkenntnis mit Bezug auf die Beurteilung der Schuld und die Bestimmung des Schadens für den Zivilrichter nicht verbindlich. |
Ziff. III S. 380 ff.). Dieser Auffassung kann jedoch nicht beigepflichtet
werden. Es ist im Grunde genommen eine Frage des Prozessrechtes, ob und
inwieweit ein Strafurteil für eine andere Instanz bindend sei. Der eidg.
Zivilgesetzgeber hatte daher nur insoweit Veranlassung, sich in diese Regelung
hineinzumischen, als es galt, dabei die Interessen des materiellen Rechtes zu
wahren. Also hatte er auch nur zu bestimmen, inwieweit der Zivilrichter unter
allen Umständen frei sein solle, während darüber hinaus die Frage der Geltung
eines Strafurteiles nach wie vor dem kantonalen Prozessrecht anheimgestellt
blieb. Aus dem Umstande, dass in Art. 53 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 53 - 1 Bei der Beurteilung der Schuld oder Nichtschuld, Urteilsfähigkeit oder Urteilsunfähigkeit ist der Richter an die Bestimmungen über strafrechtliche Zurechnungsfähigkeit oder an eine Freisprechung durch das Strafgericht nicht gebunden. |
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1 | Bei der Beurteilung der Schuld oder Nichtschuld, Urteilsfähigkeit oder Urteilsunfähigkeit ist der Richter an die Bestimmungen über strafrechtliche Zurechnungsfähigkeit oder an eine Freisprechung durch das Strafgericht nicht gebunden. |
2 | Ebenso ist das strafgerichtliche Erkenntnis mit Bezug auf die Beurteilung der Schuld und die Bestimmung des Schadens für den Zivilrichter nicht verbindlich. |
Zivilrichters nur mit Bezug auf die Beurteilung der Schuld und die Bestimmung
des Schadens ausgeschlossen worden ist, kann daher nicht per argumentum e
contrario der Schluss gezogen werden, dass hinsichtlich aller übrigen
Feststellungen der Zivilrichter von Bundesrechts wegen gebunden sei (vgl. auch
WEISS, Berufung S. 298 ff.).