S. 133 / Nr. 20 Obligationenrecht (d)

BGE 56 II 133

20. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 8. April 1930 i. S. Läubli
u. Kons. gegen Erben Blattner.

Regeste:
Rechtliche Natur der Aberkennungsklage.
Berufung der Beklagten gegen ein die Klage «im Sinne der Motive» abweisendes
Urteil; Beschwerung der Berufungskläger durch die nicht vollständige Abweisung
der Klage. (Erw. 1.)
Der Rückgriff des Bürgen gegen einen Mitbürgen hängt nicht davon ab, ob er die
Bürgschaft aus seinem eigenen Vermögen bezahlt hat, ausser wenn er sie aus dem
Vermögen gerade des belangten Mitbürgen entrichtet hat. (Erw. 2 und 3.)

A. - Bei der öffentlichen Unterstützung der notleidenden Leih- und Sparkasse
Ermatingen A.-G. verpflichteten sich ihre Verwaltungsräte, nämlich die
heutigen Beklagten Läubli, Keller, Ribi und Pluer, sowie Heinrich Bügler, J.
H. Debrunner, der Rechtsvorgänger des Beklagten Dr. Moosberger, und Adolf
Blattner, der Rechtsvorgänger der Kläger, durch Vertrag vom 2. März 1921,
persönlich und solidarisch gegenüber der Thurgauischen Kantonalbank für eine
Forderung von 260000 Fr. bis zum Höchstbetrag von 50000 Fr. zu bürgen. Bei der
1928 abgeschlossenen Liquidation der Leih- und Sparkasse

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Ermatingen A.-G. erlitt die Thurgauische Kantonalbank auf dieser Forderung
einen Verlust von mehr als 50000 Fr. Auf die Bitte der Bürgen setzte sie die
Bürgschaftsschuld jedoch auf 35000 Fr. herab und forderte sie zur Zahlung bis
Februar 1929 auf. Innert dieser Frist wurden die 35000 Fr. durch die Beklagten
entrichtet. 10000 Fr. nahmen sie aus dem Liquidationserlös der Genossenschaft
Leihkasse Ermatingen. Diese Genossenschaft war bei der Hilfsaktion für die
Leih- und Sparkasse Ermatingen A.-G. mit Unterstützung des Kantons Thurgau und
der Kantonalbank gegründet worden; als Genossenschafter gehörten ihr deren
Verwaltungsräte an, und ihre Statuten bestimmten, dass die Mitgliedschaft
durch Tod untergehe und dass ein allfälliger Liquidationserlös der Leih- und
Sparkasse Ermatingen A.-G. zufallen solle. Die Organe der Leih- und Sparkasse
Ermatingen A.-G. verzichteten jedoch vergleichsweise auf die Ausrichtung des
Erlöses. Die übrigen für die Tilgung der Bürgschaftsschuld notwendigen 25000
Fr. wurden aus einem dem Bürgen Ribi unter Solidarbürgschaft der vier andern
Beklagten durch die Kantonalbank gewährten Kredit beschafft; doch
beabsichtigen die Beklagten, sich auch hiefür aus dem Liquidationsüberschuss
der Genossenschaft zu decken, indem sie die an die Genossenschaft
geschuldeten, noch ausstehenden Zahlungen eines Louis Sauter dazu verwenden
wollen.
Nach der Tilgung der 35000 Fr. belangten die Beklagten die Kläger als Erben
ihres verstorbenen Mitbürgen Adolf Blattner für einen Siebentel der bezahlten
Summe, also für 5000 Fr. Gegen den Rechtsvorschlag der Kläger erteilte das
Bezirksgerichtspräsidium Kreuzlingen am 13. Juni 1929 die provisorische
Rechtsöffnung.
B. - Darauf haben die Kläger Aberkennungsklage erhoben.
C. - Das Bezirksgericht Kreuzlingen hat die Klage am 3. Oktober 1929
abgewiesen.
D. - Auf Appellation der Kläger hat das Obergericht

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des Kantons Thurgau durch Urteil vom 21. Januar 1930 die Aberkennungsklage in
der Höbe von 1428 Fr. 60 Cts. geschützt, im Betrage von 3571 Fr. 40 Cts. im
Sinne der Motive abgewiesen.
E. - Gegen dieses Urteil haben die Beklagten rechtzeitig die Berufung an das
Bundesgericht erklärt und beantragt, die Klage sei vollständig und
vorbehaltlos abzuweisen.
F. - Die Kläger und Berufungsbeklagten haben um Abweisung der Berufung und
Bestätigung des obergerichtlichen Urteiles aus «formellen und materiellen
Gründen» ersucht.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Die Kläger haben gegenüber der Berufung zunächst geltend gemacht, das
Obergericht habe ihre Klage im Betrage von 3571 Fr. 40 Cts. bereits im Sinne
der Motive abgewiesen, gegen die Motive allein aber sei eine Berufung nicht
zulässig. Da die Klage im Übrigen nur in der Höhe von 1428 Fr. 60 Cts.
geschützt worden sei, fehle der erforderliche Streitwert, und auf die Berufung
sei nicht einzutreten.
Der Streitwert von 4000 Fr. ist jedoch vorhanden, denn nach Massgabe der
Rechtsbegehren sind von der letzten kantonalen Instanz 5000 Fr. streitig
gewesen (OG Art. 59 Abs. 1), auch wenn anzunehmen wäre, dass den Beklagten
wegen der teilweisen Abweisung der Klage im Sinne der Motive die Berufung an
das Bundesgericht nicht zustehe. Was die Kläger mit ihrer prozessualen Einrede
geltend machen, ist in Wirklichkeit nicht das Fehlen des erforderlichen
Streitwertes, sondern, dass die Beklagten durch die Abweisung der Klage im
Betrag von 3571 Fr. 40 Cts. «im Sinne der Motive» nicht beschwert seien.
Die Vorinstanz ist zu der Auffassung gelangt, dass die Aberkennungsklage,
soweit sie auf einen Siebentel der nur vorläufig durch die Beklagten bezahlten
25000 Fr. gerichtet ist, zur Zeit zwar nicht begründet, dass den Klägern

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jedoch eine Rückforderung zu gewähren sei, sobald und in dem Masse, als sie
sich für ihre Aufwendungen von 25000 Fr. aus den Eingängen Sauters decken
können. Aus diesem Grunde hat sie die Aberkennungsklage teilweise im Sinne der
Motive abgewiesen. Die Aberkennungsklage ist jedoch nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichtes keine gewöhnliche Feststellungsklage, durch die ein
Erkenntnis über den Bestand oder Nichtbestand einer Forderung in dem durch das
kantonale Prozessrecht zu bestimmenden Zeitpunkt verlangt wird, sondern ihr
Wesen ist durch das Bundesrecht festgelegt. Im Aberkennungsprozess ist
ausschliesslich zu entscheiden, ob bei Erlass des Zahlungsbefehls die in
Betreibung gesetzte Forderung zu Recht und ob ein Recht bestand, sie auf dem
Betreibungsweg geltend zu machen, m. a. W., ob der Zahlungsbefehl begründet
war. (Vgl; das Urteil der II. Zivilabteilung vom 3. März 1915 i. S. Cubasch c.
Martin, BGE 41 III S. 157). Wenn das Obergericht zum Ergebnis kam, die
Forderung der Beklagten von 3571 Fr. 40 Cts. sei zur Zeit des Zahlungsbefehles
fällig und begründet gewesen, hätte es die Aberkennungsklage in dieser Höhe
schlechthin, nicht im Sinne der Motive, abweisen sollen und dürfen. Wenn es
das getan hätte, könnte auf die Berufung wegen mangelnder Beschwerung der
Beklagten durch das angefochtene Urteil teilweise nicht eingetreten werden,
und das obergerichtliche Urteil hätte wegen der rechtlichen Natur des
Aberkennungsprozesses, trotz der allgemeinen Fassung des die Klage abweisenden
Dispositivs, einer spätern Rückforderung der Kläger nicht als rechtskräftig
entgegengehalten werden können.
Da das Obergericht die Klage jedoch nicht überhaupt abgewiesen hat, frägt es
sich, ob die Beklagten ihre Berufung ausser gegen die Gutheissung der
Aberkennungsklage im Betrage von 1428 Fr. 60 Cts. auch gegen die Abweisung der
Klage bloss im Sinne der Motive richten können. Es ist den Klägern zuzugeben,
dass die Berufung

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nur statthaft ist, wenn und insoweit als der Berufungskläger durch das
Dispositiv des angefochtenen Urteils, nicht bloss durch die Motive beschwert,
ist. (Vgl. Th. WEISS, Die Berufung an das Bundesgericht in Zivilsachen, S. 80
ff.) Da das ein bundesrechtlicher Satz ist, steht es dem Bundesgerichte zu, zu
prüfen, was unter einer nur gegen die Motive gerichteten Berufung zu verstehen
sei und wann ein Berufungskläger auch durch das Dispositiv des von ihm
angefochtenen Urteils beschwert ist.
Eine Berufung ist jedoch nicht jedes Mal dann gegen die Motive gerichtet, wenn
im Dispositiv des angefochtenen Urteils die Motive angerufen werden. Durch die
Verweisung treten die Motive nicht an die Stelle des Dispositives, sondern sie
werden zur Ergänzung herangezogen. Die Gutheissung oder Abweisung einer Klage
im Sinne der Erwägungen ist ein Notbehelf der Urteilsredaktion; es soll ein
langes, schwerfälliges, die Erwägungen wiederholendes Dispositiv dadurch
ersetzt werden, dass kurzerhand auf das schon in den Motiven Gesagte verwiesen
wird. Dadurch werden die Motive in dem Umfange, als darauf verwiesen wird, zum
Bestandteil des Dispositives und ein Rechtsmittel, das sich gerade gegen den
in den Motiven enthaltenen Sinn des Dispositives richtet, ist in Wirklichkeit
gegen dieses gerichtet. Es bleibt im einzelnen Fall immer noch zu prüfen
übrig, ob der Beklagte, wenn die Klage im Sinne der Motive abgewiesen wird,
und der Kläger, wenn sie im Sinne der Motive gutgeheissen wird, durch das aus
den Motiven in bestimmter Weise ergänzte Dispositiv wirklich beschwert ist,
oder ob das Urteil im Ergebnis seinem Antrag entspricht, nicht aber in der
Begründung.
Wenn im vorliegenden Fall das Dispositiv des obergerichtlichen Urteils statt
durch eine Verweisung in sich geschlossen abgefasst worden wäre, hätte es
dahin gelautet, dass die Klage für 3571 Fr. 40 Cts. so lange abgewiesen werde,
als die Beklagten nicht durch eine Deckung aus den Zahlungen Sauters ganz oder
teilweise rückerstattungspflichtig

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würden, was mit der rechtlichen Natur eines Aberkennungsurteiles allerdings,
wie schon betont wurde, im Widerspruch steht. Ohne Zweifel sind nun die
Beklagten trotz vorläufiger Abweisung der Klage auch durch diesen Teil des
Urteils beschwert, denn ihr Antrag ging auf Abweisung der Klage schlechthin.
Sie verneinen eine spätere Rückerstattungspflicht wegen allfälliger Eingänge
von Louis Sauter, und es ist für sie nicht einerlei, dass das Obergericht
diese Rückerstattungspflicht in sein Urteilsdispositiv aufgenommen hat.
Schliesslich kann dem Teil des angefochtenen Erkenntnisses, der die Klage für
3671 Fr. 40 Cts. im Sinne der Erwägungen abgewiesen hat, auch die Natur eines
letztinstanzlichen kantonalen Haupturteiles (OG Art. 58 Abs. 1) nicht
abgesprochen werden, denn es handelt sich hier um eine ähnlich beschränkte
Klageabweisung, wie bei einer Abweisung «zur Zeit» gegen die das Bundesgericht
die Berufung gemäss OG Art. 53 Abs. 1 schon in seinem Urteil i. S. Société
Electrothermique Buchs-Zurich c. Comptoir d'Escompte de Genève S. A. (BGE 47
II S. 348
ff.) zugelassen hat.
Es frägt sich immerhin noch, ob die Beklagten nicht deshalb durch das
angefochtene Urteil, soweit es die Klage abgewiesen hat, unbeschwert seien,
weil es als Aberkennungsurteil überhaupt nicht über eine spätere
Rückerstattungspflicht befinden konnte, sodass sie in einer später durch die
Kläger gegen sich gerichteten Betreibung für den Rückerstattungsanspruch
dessen Rechtskraft nicht zu fürchten gehabt hätten. Das trifft zu. Allein auch
eine hängige Betreibung kann nur fortgesetzt und zu Ende geführt werden,
soweit die Aberkennungsklage abgewiesen worden ist. Die Beklagten haben daher
ein Interesse daran, dass die durch die Vorinstanz in das Urteil aufgenommene
Rückerstattungspflicht nicht geschützt werde, damit die Vollstreckung
ungehemmt vor sich gehen kann.
Aus diesen Gründen ist auf die ganze Berufung einzutreten.

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2.- Der Rückgriff des Bürgen, der dem Gläubiger die verbürgte Schuld bezahlt
hat, gegen die Mitbürgen, ist rechtlich gleich geartet, wie der Regress des
zahlenden Solidarschuldners gegen seine Mitschuldner gemäss OR Art. 148 Abs.
2. Besteht kein Auftrag der Mitbürgen zur Zahlung, so handelt der zahlende
Bürge als Geschäftsführer ohne Auftrag der Mitbürgen. Seine Ansprüche gegen
diese werden durch OR Art. 497 geordnet.
Es besteht im vorliegenden Fall kein Zweifel, dass die Beklagten der
Kantonalbank die Bürgschaftsschuld bezahlt haben, die sie und die andern
Bürgen durch den Vertrag vom 2. März 1921 eingegangen waren, dass sie also
eine Leistung gemacht haben, die nach Art. 497
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 497 - 1 Mehrere Bürgen, die gemeinsam die nämliche teilbare Hauptschuld verbürgt haben, haften für ihre Anteile als einfache Bürgen und für die Anteile der übrigen als Nachbürgen.
1    Mehrere Bürgen, die gemeinsam die nämliche teilbare Hauptschuld verbürgt haben, haften für ihre Anteile als einfache Bürgen und für die Anteile der übrigen als Nachbürgen.
2    Haben sie mit dem Hauptschuldner oder unter sich Solidarhaft übernommen, so haftet jeder für die ganze Schuld. Der Bürge kann jedoch die Leistung des über seinen Kopfanteil hinausgehenden Betrages verweigern, solange nicht gegen alle solidarisch neben ihm haftenden Mitbürgen, welche die Bürgschaft vor oder mit ihm eingegangen haben und für diese Schuld in der Schweiz belangt werden können, Betreibung eingeleitet worden ist. Das gleiche Recht steht ihm zu, soweit seine Mitbürgen für den auf sie entfallenden Teil Zahlung geleistet oder Realsicherheit gestellt haben. Für die geleisteten Zahlungen hat der Bürge, wenn nicht etwas anderes vereinbart worden ist, Rückgriff auf die solidarisch neben ihm haftenden Mitbürgen, soweit nicht jeder von ihnen den auf ihn entfallenden Teil bereits geleistet hat. Dieser kann dem Rückgriff auf den Hauptschuldner vorausgehen.
3    Hat ein Bürge in der dem Gläubiger erkennbaren Voraussetzung, dass neben ihm für die gleiche Hauptschuld noch andere Bürgen sich verpflichten werden, die Bürgschaft eingegangen, so wird er befreit, wenn diese Voraussetzung nicht eintritt oder nachträglich ein solcher Mitbürge vom Gläubiger aus der Haftung entlassen oder seine Bürgschaft ungültig erklärt wird. In letzterem Falle kann der Richter, wenn es die Billigkeit verlangt, auch bloss auf angemessene Herabsetzung der Haftung erkennen.
4    Haben mehrere Bürgen sich unabhängig voneinander für die gleiche Hauptschuld verbürgt, so haftet jeder für den ganzen von ihm verbürgten Betrag. Der Zahlende hat jedoch, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, anteilmässigen Rückgriff auf die andern.
OR grundsätzlich zum Rückgriff
gegen die Mitbürgen berechtigt. Daran wird auch durch den Umstand nichts
geändert, dass die Quittung für die zunächst bezahlten 10000 Fr. durch die
Kantonalbank am 4. März 1929 an die Genossenschaft Leihkasse Ermatingen
ausgestellt worden ist, aus deren Liquidationserlös die Zahlung erfolgt ist,
nicht an die Beklagten, denn auch in dieser Quittung steht ausdrücklich, dass
die Zahlung zur Tilgung der genannten Bürgschaftsschuld geschehen sei. Die
Vorinstanz hat den anteilsmässigen Rückgriff für diese 10000 Fr. deshalb
versagt, und die Aberkennungsklage im Betrage von 1428 Fr. 60 Cts. geschützt,
weil die Zahlung nicht aus dem Vermögen der Beklagten, sondern aus dem der
Genossenschaft erfolgt sei. Dem gesetzlichen Rückgriffsanspruch liege der
gerechte Gedanke zu Grunde, dass der Bürge durch den Rückgriff keinen Gewinn
machen solle, dass ihm durch die Mitbürgen nur ersetzt werden solle, was er
dem Gläubiger aus seinem eigenen Vermögen habe zahlen müssen. Dieser
Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Entscheidend ist, dass ein Bürge
bezahlt hat, und gleichgültig ist grundsätzlich, aus wessen Vermögen er
bezahlt hat. Wenn er statt aus seinem eigenen aus fremdem Vermögen bezahlt
hat, sind die sich daraus ergebenden Beziehungen zu dem fremden

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Vermögensherr ohne Belang in seinem Verhältnis zu den Mitbürgen. Hat er fremde
Mittel in rechtswidriger Weise verwendet, so erzielt er durch den Rückgriff
keinen Gewinn, denn gegenüber dem geschädigten Dritten ist er ersatzpflichtig.
Hat er fremde Mittel auf rechtmässige Weise gebraucht, so kann darin eine
Zuwendung des Dritten liegen, die gerade ihm und nicht den Mitbürgen zukommen
soll, sodass die Zahlung in Wirklichkeit aus seinem, durch die Zuwendung
vergrösserten Vermögen erfolgt ist, oder er kann, wenn eine unentgeltliche
Zuwendung nicht vorliegt, mit einer entsprechenden Schuld belastet werden
sein, sodass er durch den Regress wiederum keinen Gewinn erzielt.
Im vorliegenden Fall kann den Beklagten der Rückgriff auf die Kläger für 1428
Fr. 60 Cts. also nicht deshalb verweigert werden, weil die Beklagten zur
Zahlung der Bürgschaftsschuld 10000 Fr. aus dem Vermögen der Genossenschaft
Leihkasse Ermatingen verwendet haben, und es kann den Klägern auch nicht aus
diesem Grunde eine Rückforderung zugestanden werden, soweit die Beklagten sich
für ihre eigene Aufwendung von 25000 Fr. aus den Zahlungen Sauters wieder
erholen können.
3.- Eine Ausnahme von der Regel, dass es gleichgültig ist, aus wessen Vermögen
der Bürge bezahlt hat, besteht nur dann, wenn es Vermögen gerade des Mitbürgen
gewesen ist, den er belangt. In einem solchen Fall würde der Rückgriff
allerdings einen unzulässigen Gewinn darstellen, und die Rückgriffsklage
könnte nicht geschützt werden, sei es, dass man die Verrechnung zulässt, sei
es, dass man den Regress überhaupt versagt. Es ist daher in casu zu prüfen, ob
die Kläger am Liquidationserlös der Genossenschaft Leihkasse Ermatingen als
Erben des Genossenschafters Adolf Blattner beteiligt waren und in welchem
Betrage sie allenfalls Rechte daran hatten.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 56 II 133
Datum : 01. Januar 1930
Publiziert : 08. April 1930
Quelle : Bundesgericht
Status : 56 II 133
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Rechtliche Natur der Aberkennungsklage.Berufung der Beklagten gegen ein die Klage «im Sinne der...


Gesetzesregister
OR: 497
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 497 - 1 Mehrere Bürgen, die gemeinsam die nämliche teilbare Hauptschuld verbürgt haben, haften für ihre Anteile als einfache Bürgen und für die Anteile der übrigen als Nachbürgen.
1    Mehrere Bürgen, die gemeinsam die nämliche teilbare Hauptschuld verbürgt haben, haften für ihre Anteile als einfache Bürgen und für die Anteile der übrigen als Nachbürgen.
2    Haben sie mit dem Hauptschuldner oder unter sich Solidarhaft übernommen, so haftet jeder für die ganze Schuld. Der Bürge kann jedoch die Leistung des über seinen Kopfanteil hinausgehenden Betrages verweigern, solange nicht gegen alle solidarisch neben ihm haftenden Mitbürgen, welche die Bürgschaft vor oder mit ihm eingegangen haben und für diese Schuld in der Schweiz belangt werden können, Betreibung eingeleitet worden ist. Das gleiche Recht steht ihm zu, soweit seine Mitbürgen für den auf sie entfallenden Teil Zahlung geleistet oder Realsicherheit gestellt haben. Für die geleisteten Zahlungen hat der Bürge, wenn nicht etwas anderes vereinbart worden ist, Rückgriff auf die solidarisch neben ihm haftenden Mitbürgen, soweit nicht jeder von ihnen den auf ihn entfallenden Teil bereits geleistet hat. Dieser kann dem Rückgriff auf den Hauptschuldner vorausgehen.
3    Hat ein Bürge in der dem Gläubiger erkennbaren Voraussetzung, dass neben ihm für die gleiche Hauptschuld noch andere Bürgen sich verpflichten werden, die Bürgschaft eingegangen, so wird er befreit, wenn diese Voraussetzung nicht eintritt oder nachträglich ein solcher Mitbürge vom Gläubiger aus der Haftung entlassen oder seine Bürgschaft ungültig erklärt wird. In letzterem Falle kann der Richter, wenn es die Billigkeit verlangt, auch bloss auf angemessene Herabsetzung der Haftung erkennen.
4    Haben mehrere Bürgen sich unabhängig voneinander für die gleiche Hauptschuld verbürgt, so haftet jeder für den ganzen von ihm verbürgten Betrag. Der Zahlende hat jedoch, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, anteilmässigen Rückgriff auf die andern.
BGE Register
41-III-151 • 47-II-341 • 56-II-133
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • aberkennungsklage • genossenschaft • bundesgericht • kantonalbank • sparkasse • regress • thurgau • streitwert • vorinstanz • erbe • zahlungsbefehl • weiler • zweifel • zahl • begünstigung • verhältnis zwischen • entscheid • dispositiv • liquidationsgewinn • rechtsbegehren • widerrechtlichkeit • ausgabe • begründung des entscheids • rückerstattung • kantonales rechtsmittel • stelle • frist • rechtsvorschlag • erholung • provisorische rechtsöffnung • deckung • tod • mass • zufall • feststellungsklage • wiederholung • mitgliedschaft • maler • rechtsmittel • bestandteil • buch • zivilsache • konsens
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