S. 199 / Nr. 35 Registersachen (d)

BGE 56 I 199

35. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 15. Mai 1930 i. S.
Mettier gegen Kleinen Rat des Kantons Graubünden.


Seite: 199
Regeste:
(Grundbuch. Art. 24 Abs. 2 der Grundbuchverordnung.
Jede Anmeldung beim Grundbuchamt, der nicht in der Reihenfolge des Tagebuchs
durch Eintragung Folge gegeben wird, ist durch förmlichen Abweisungsentscheid
zu erledigen.

Aus dem Tatbestand:
A. - Bernhard Mettier kaufte am 21. April 1929 von Hans Zippert zwei
Kuhweidrechte an der Haupteralp. Der Kaufvertrag wurde gleichen Tages beim
Grundbuchamt Langwies angemeldet. Hievon durch das Grundbuchamt in Kenntnis
gesetzt, erklärte die Haupteralpgenossenschaft, auf Grund des ihr zustehenden
Vorkaufsrechtes in den Vertrag einzutreten. Mettier bestritt das
Vorkaufsrecht. Daraufhin unterliess das Grundbuchamt jede weitere Massnahme.
B. - Mettier erhob beim Kleinen Rat des Kantons Graubünden als kantonaler
Aufsichtsbehörde über das Grundbuchwesen Beschwerde mit dem Antrag, das
Grundbuchamt sei zur Eintragung seines mit Zippert abgeschlossenen
Kaufvertrages im Grundprotokoll anzuhalten. Der Kleine Rat wies die Beschwerde
ab, indem er davon ausging, der Verfügung durch das Grundbuchamt vorgängig sei
von den Parteien ein richterlicher Entscheid über die Natur der Kuhweidrechte
herbeizuführen.
C. - Diesen Entscheid zog Mettier unter Wiederholung des vor dem Kleinen Rat
gestellten Antrages durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht
weiter.
Aus den Erwägungen:
Das Grundbuchamt hat gemäss Art. 24 GrV jede Anmeldung entweder im Sinne der
Zulassung oder der Abweisung zu erledigen. Eine dritte Möglichkeit gibt es

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nicht. Insbesondere kann das Amt entgegen der Meinung der Vorinstanz den
Anmeldenden nicht an den Richter weisen und die Verfügung aussetzen, bis
dieser die Eintragsvoraussetzungen beurteilt habe. Sache des Grundbuchamtes
ist es vielmehr, die materiellen und formellen Eintragsvoraussetzungen, in
erster Linie also die Eintragsfähigkeit des Rechtes, dann die
Verfügungsberechtigung des Anmeldenden usw. selbst zu prüfen (vgl. Art. 11-23
GrV). Dass die Prüfungspflicht im einzelnen Falle eine erhebliche
Verantwortlichkeit in sich schliessen kann, hebt sie nicht auf. Die
Verantwortung des Eintrages hat das Grundbuchamt übrigens nur auf sich zu
nehmen, wenn keine Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen gegeben sind.
Ergibt deren sorgfältige Prüfung diese Überzeugung nicht, so ist die Anmeldung
abzuweisen, worauf dem Anmeldenden der Beschwerdeweg offensteht, ebenso wie im
Falle der Eintragung von der Gegenpartei die Grundbuchberichtigungsklage
angestrengt werden kann. Auf jeden Fall hat aber der Anmeldende gemäss Art. 24
Abs. 2 GrV, wenn der Anmeldung nicht in der Reihenfolge, in welcher sie im
Tagebuch figuriert, durch Eintragung oder vorläufige Eintragung (Art. 966 Abs.
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 966 - 1 Werden die Ausweise für eine grundbuchliche Verfügung nicht beigebracht, so ist die Anmeldung abzuweisen.
1    Werden die Ausweise für eine grundbuchliche Verfügung nicht beigebracht, so ist die Anmeldung abzuweisen.
2    Wenn jedoch der Rechtsgrund hergestellt ist und es sich nur um eine Ergänzung des Ausweises über das Verfügungsrecht handelt, so kann mit Einwilligung des Eigentümers oder auf gerichtliche Verfügung eine vorläufige Eintragung stattfinden.
ZGB) Folge gegeben wird, das Recht auf einen förmlichen und motivierten
Abweisungsentscheid. Ein solcher Entscheid ist Voraussetzung dafür, dass der
Eintragsanspruch weiter verfolgt werden kann.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird dahin gutgeheissen, dass das Grundbuchamt Langwies
angehalten wird, den Kaufvertrag Mettier/Zippert entweder einzutragen oder die
Anmeldung durch förmlichen und motivierten Entscheid abzuweisen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 56 I 199
Datum : 01. Januar 1930
Publiziert : 15. Mai 1930
Quelle : Bundesgericht
Status : 56 I 199
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : (Grundbuch. Art. 24 Abs. 2 der Grundbuchverordnung.Jede Anmeldung beim Grundbuchamt, der nicht in...


Gesetzesregister
ZGB: 966
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 966 - 1 Werden die Ausweise für eine grundbuchliche Verfügung nicht beigebracht, so ist die Anmeldung abzuweisen.
1    Werden die Ausweise für eine grundbuchliche Verfügung nicht beigebracht, so ist die Anmeldung abzuweisen.
2    Wenn jedoch der Rechtsgrund hergestellt ist und es sich nur um eine Ergänzung des Ausweises über das Verfügungsrecht handelt, so kann mit Einwilligung des Eigentümers oder auf gerichtliche Verfügung eine vorläufige Eintragung stattfinden.
BGE Register
56-I-199
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