S. 173 / Nr. 43 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)
BGE 55 III 173
43. Entscheid vom 27. November 1929 i. S. Müller.
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Regeste:
Provisorische Rechtsöffnung.
Rechtsmittel gegen Entscheide, durch welche die provisorische Rechtsöffnung
erteilt ist, hindern die provisorische Pfändung nicht, gleichviel, ob ihnen
aufschiebende Wirkung zukomme oder nicht und ob diese auf Gesetz oder auf
besonderer Verfügung der Rechtsmittelinstanz beruhe.
Dagegen lässt das Rechtsmittel, soferne es kraft Gesetzes oder besonderer
Verfügung aufschiebende Wirkung hat, die provisorische Pfändung nicht zu einer
definitiven werden.
Main-levée provisoire.
Les moyens soulevés à l'encontre d'un prononcé de mainlevée provisoire
n'empêchent pas la saisie provisoire. Peu importe à cet égard qu'ils aient ou
non un effet suspensif, et peu importe également que cet effet découle de la
loi ou d'une décision spéciale de l'instance compétente pour en connaître.
En revanche de tels moyens, lorsqu'ils ont un effet suspensif en vertu de la
loi ou d'une décision spéciale, mettent obstacle à ce que la saisie provisoire
se transforme en saisie définitive.
Rigetto provvisorio dell'opposizione. I rimedi giuridici interposti contro una
sentenza di rigetto provvisorio di una opposizione, non possono impedire il
pignoramento provvisorio anche se per
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avventura avessero effetto sospensivo per virtù di legge o d'una apposita
decisione dell'autorità incaricata del giudizio.
Essi impediscono invece, quando per virtù di legge o d'una decisione speciale
spetti ad essi un effetto sospensivo, che il pignoramento provvisorio diventi
definitivo.
A. - In der Betreibung der Fa. Renfer & Cie in Biel gegen H. U. Müller
erteilte der Gerichtspräsident II von Biel die provisorische Rechtsöffnung.
Dieses Urteil focht der Schuldner durch Nichtigkeitsklage an. Als das
Betreibungsamt Biel ihm die provisorische Pfändung ankündigte, führte er
dagegen Beschwerde mit dem Antrag, es sei der Nichtigkeitsklage aufschiebende
Wirkung zuzuerkennen.
B. - Die kantonale Aufsichtsbehörde wies die Beschwerde am 5. November 1929
ab.
C. - Diesen Entscheid zog der Schuldner durch Eingabe vom 11. November an das
Bundesgericht weiter.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1.- Der Rekurrent widerspricht sich, indem er einerseits behauptet, der
Nichtigkeitsklage komme von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zu,
anderseits aber um eine Verfügung ersucht, durch welche diese Wirkung der
Klage erst noch beigelegt werden soll.
Auf das Begehren, es sei eine solche die Suspension herbeiführende Verfügung
zu erlassen, kann zum vorneherein nicht eingetreten werden. Zuständig für eine
Verfügung dieser Art wären keinesfalls die Aufsichtsbehörden, sondern nur das
Gericht, bei welchem die Nichtigkeitsklage hängig ist.
2.- Dass aber die Nichtigkeitsklage schon von Gesetzes wegen die provisorische
Pfändung ausschliesse, trifft nicht zu. Die provisorische Pfändung stellt eine
rein vorsorgliche Massnahme dar, welche der Gläubiger selbst dann verlangen
kann, wenn der Schuldner gegen den die provisorische Rechtsöffnung erteilenden
erstinstanzlichen
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Entscheid ein ordentliches Rechtsmittel ergriffen hat. Umsomehr muss das
gelten, wenn bloss ein ausserordentliches Rechtsmittel, wie hier dasjenige der
Nichtigkeitsklage, eingelegt worden ist (vgl. JAEGER, Komm. Art. 83 N. 2; BGE
47 III S. 68). Das hat schon die Vorinstanz zutreffend dargetan.
Missverstanden wurde aber vom Rekurrenten ihre an sich vielleicht etwas
irreführende Bemerkung, das ordentliche Rechtsmittel der Appellation habe von
Gesetzes wegen Suspensiveffekt. Wie sich aus dem Zusammenhang ergibt, machte
die Vorinstanz hiebei gerade für die provisorische Rechtsöffnung einen
Vorbehalt: wenn die provisorische Pfändung trotz der Appellation, die im
allgemeinen suspensiv wirke, zulässig sei, so müsse dies erst recht der Fall
sein bei der Nichtigkeitsklage, der ja auch im übrigen die aufschiebende
Wirkung abgehe.
Hieraus folgt im weitern, dass auch eine vom Gerichte, welches für die
Beurteilung der Nichtigkeitsklage zuständig ist, resp. von dessen Präsidenten
erlassene Suspensivverfügung sich nicht auf die provisorische Pfändung hätte
beziehen können.
3.- Der Nichtigkeitsklage kommt nach der für das Bundesgericht verbindlichen
Auslegung des kantonalen Zivilprozessrechtes durch die Vorinstanz
aufschiebende Wirkung nicht zu. Damit erweist sich auch die in der
Rekurseingabe vertretene Auffassung als irrig, die Nichtigkeitsklage
verhindere wenigstens, dass die provisorische Rechtsöffnung zu einer
definitiven werde. Die Nichtigkeitsklage, wie es der Rekurrent im übrigen noch
versucht, der Aberkennungsklage gleichzustellen, geht aber anderseits schon
deswegen nicht an, weil es sich bei der Aberkennungsklage im Gegensatz zu
jener nicht um ein Rechtsmittel gegen den Rechtsöffnungsentscheid handelt
(vgl. JAEGER, Komm. Art. 83 N. 10).
Allerdings hätte das Gericht resp. dessen Präsident nach der von der
Vorinstanz zitierten Bestimmung der kantonalen Zivilprozessordnung auf das
Gesuch des Nichtigkeitsklägers hin die Einstellung der Vollstreckbarkeit
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verfügen können, was dann die provisorische Rechtsöffnung nicht zu einer
definitiven hätte werden assen. Dass eine solche Verfügung nicht erlassen
worden ist, gibt jedoch der Rekurrent selber zu.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer: Der Rekurs wird
abgewiesen.