S. 122 / Nr. 29 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 55 III 122

29. Entscheid vom 16. Oktober 1929 i. S. Konkursmasse Beer.

Regeste:
Werden bei der Verwertung von Gegenständen, die für mehr als einen Gläubiger
gepfändet sind, die Kosten durch den Erlös nicht gedeckt, so können dieselben
nicht auch denjenigen Gläubigern auferlegt werden, die kein
Verwertungsbegehren gestellt haben.
Si le produit de la réalisation de biens saisis au profit de plusieurs
créanciers ne couvre pas les frais, ceux-ci ne peuvent être mis à la charge
des créanciers qui n'ont pas requis la vente.
Se il ricavo della realizzazione di beni pignorati per conto di parecchi
creditori non copre le spese, queste non possono essere accollate ai creditori
che non chiesero la vendita.

A. - Die Konkursmasse Beer war in ihrer Betreibung gegen Emil Bohn von Känel,
Basel, mit drei andern Gläubigern zur Pfändungsgruppe 2918 (1928) vereinigt
worden. In der Folge stellte einer der andern Gläubiger das
Verwertungsbegehren. Da der Erlös die Kosten der Verwertung nicht deckte,
verteilte das Betreibungsamt den Ausfall auf alle Gläubiger der Gruppe und zog
u. a. auf die Konkursmasse Beer für ihren Anteil eine Nachnahme von 5 Fr. 05
Cts. Die Konkursverwaltung löste die Nachnahme zunächst ein, ohne zu wissen,
wofür sie erhoben werde, verlangte dann aber die Rückerstattung des bezahlten
Betrages, weil nicht sie die Verwertung anbegehrt habe.
B. - Das Betreibungsamt lehnte die Rückerstattung ab, worauf die Konkursmasse
Beer Beschwerde führte, aber abgewiesen wurde.

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C. - Gegen den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde vom 1. Oktober 1929
rekurrierte die Konkursmasse Beer am 8. Oktober an das Bundesgericht.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1.- Aus dem Erlös verwerteter Gegenstände werden zunächst die Kosten der
Verwertung und Verteilung bestritten (Art. 144 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 144 - 1 Die Verteilung findet statt, sobald alle in einer Pfändung enthaltenen Vermögensstücke verwertet sind.
1    Die Verteilung findet statt, sobald alle in einer Pfändung enthaltenen Vermögensstücke verwertet sind.
2    Es können schon vorher Abschlagsverteilungen vorgenommen werden.
3    Aus dem Erlös werden vorweg die Kosten für die Verwaltung, die Verwertung, die Verteilung und gegebenenfalls die Beschaffung eines Ersatzgegenstandes (Art. 92 Abs. 3) bezahlt.281
4    Der Reinerlös wird den beteiligten Gläubigern bis zur Höhe ihrer Forderungen, einschliesslich des Zinses bis zum Zeitpunkt der letzten Verwertung und der Betreibungskosten (Art. 68), ausgerichtet.282
5    Die auf Forderungen mit provisorischer Pfändung entfallenden Beträge werden einstweilen bei der Depositenanstalt hinterlegt.
SchKG). Der.
verbleibende Betrag kommt sämtlichen Gläubigern zugute, für welche die
betreffenden Gegenstände gepfändet worden sind, (Art. 144 Abs. 4
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 144 - 1 Die Verteilung findet statt, sobald alle in einer Pfändung enthaltenen Vermögensstücke verwertet sind.
1    Die Verteilung findet statt, sobald alle in einer Pfändung enthaltenen Vermögensstücke verwertet sind.
2    Es können schon vorher Abschlagsverteilungen vorgenommen werden.
3    Aus dem Erlös werden vorweg die Kosten für die Verwaltung, die Verwertung, die Verteilung und gegebenenfalls die Beschaffung eines Ersatzgegenstandes (Art. 92 Abs. 3) bezahlt.281
4    Der Reinerlös wird den beteiligten Gläubigern bis zur Höhe ihrer Forderungen, einschliesslich des Zinses bis zum Zeitpunkt der letzten Verwertung und der Betreibungskosten (Art. 68), ausgerichtet.282
5    Die auf Forderungen mit provisorischer Pfändung entfallenden Beträge werden einstweilen bei der Depositenanstalt hinterlegt.
SchKG). Da
die Kosten also bereits vorabgezogen sind, partizipieren daran alle Gläubiger
(im Verhältnis ihrer Forderungen), ohne Rücksicht darauf, ob auch alle oder
nur einzelne von ihnen die Verwertung verlangt haben. Das rechtfertigt sich
ohne weiteres durch ihre entsprechenden Anteile am Reinerlös.
2.- Hieraus folgt aber nicht auch, dass sämtliche Gläubiger einer Gruppe zur
Tragung der Verwertungskosten herangezogen werden können, wenn diese durch den
Erlös nicht gedeckt werden. Es steht jedem Gläubiger frei, die Verwertung zu
verlangen oder nicht. Unterlässt er es aus irgend einem Grunde, eventuell
gerade deswegen, weil er ein bloss verlustbringendes Ergebnis voraussieht, so
kann ihm nicht zugemutet werden, trotzdem an die Deckung eines Ausfalls
beizutragen, den ein mitbeteiligter Gläubiger durch ein vielleicht
unvorsichtiges Verwertungsbegehren verursacht hat. Eine derartige
Kostenauflage ist auch nicht etwa damit zu begründen, dass ein Gläubiger, von
dem kein Verwertungsbegehren ausgegangen ist, am Reinerlös trotzdem
partizipieren würde, falls sich ein solcher ergäbe. Was er dabei erhielte,
hätte er nicht dem von dem andern Gläubiger gestellten Verwertungsbegehren zu
verdanken. Das Verwertungsbegehren bringt vielmehr nur den bereits durch die
Pfändung erworbenen Anspruch zur Realisierung und zwar unter Umständen in
einem für die Verwertung ungünstigen

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und deshalb den übrigen Gläubigern unerwünschten Zeitpunkte.
Darauf, dass ungedeckte Verwertungskosten nur demjenigen Gläubiger zu belasten
sind, der die Verwertung verlangt hat, deutet übrigens auch der Umstand, dass
ausschliesslich dieser Gläubiger zum Vorschuss der Kosten angehalten werden
kann.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer:
Der Rekurs wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben und das
Betreibungsamt Basel-Stadt angewiesen, der Rekurrentin den Betrag von 5 Fr. 05
Cts. zurückzuerstatten .
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 55 III 122
Datum : 01. Januar 1929
Publiziert : 16. Oktober 1929
Quelle : Bundesgericht
Status : 55 III 122
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Werden bei der Verwertung von Gegenständen, die für mehr als einen Gläubiger gepfändet sind, die...


Gesetzesregister
SchKG: 144
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 144 - 1 Die Verteilung findet statt, sobald alle in einer Pfändung enthaltenen Vermögensstücke verwertet sind.
1    Die Verteilung findet statt, sobald alle in einer Pfändung enthaltenen Vermögensstücke verwertet sind.
2    Es können schon vorher Abschlagsverteilungen vorgenommen werden.
3    Aus dem Erlös werden vorweg die Kosten für die Verwaltung, die Verwertung, die Verteilung und gegebenenfalls die Beschaffung eines Ersatzgegenstandes (Art. 92 Abs. 3) bezahlt.281
4    Der Reinerlös wird den beteiligten Gläubigern bis zur Höhe ihrer Forderungen, einschliesslich des Zinses bis zum Zeitpunkt der letzten Verwertung und der Betreibungskosten (Art. 68), ausgerichtet.282
5    Die auf Forderungen mit provisorischer Pfändung entfallenden Beträge werden einstweilen bei der Depositenanstalt hinterlegt.
BGE Register
55-III-122
Stichwortregister
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verwertungsbegehren • konkursmasse • betreibungsamt • weiler • basel-stadt • ertrag • realisierung • begründung des entscheids • konkursdividende • biene • konkursverwaltung • schuldbetreibungs- und konkursrecht • bundesgericht • deckung • wissen • angewiesener