BGE 55 II 249
54. Urteil der I. Zivilabteilung vom 12. September 1929 i. S. Ewald & Cie
gegen Eisenmann.
Seite: 249
Regeste:
Unlauterer Wettbewerb. Art. 49
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 49 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist. |
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1 | Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist. |
2 | Anstatt oder neben dieser Leistung kann der Richter auch auf eine andere Art der Genugtuung erkennen. |
Verwendung einer täuschend ähnlichen Verpackung (für Brennessel-Petrol).
Ungerechtfertigte Nachahmung einer als Marke im Register eingetragenen
Etikette beurteilt sich nach Art. 49
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 49 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist. |
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1 | Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist. |
2 | Anstatt oder neben dieser Leistung kann der Richter auch auf eine andere Art der Genugtuung erkennen. |
von der die Etikette nur einen Bestandteil bildet, als widerrechtliche
Nachahmung angefochten wird (Erw. 1).
Durch Jahre-langes Gewährenlassen des Nachahmers geht der Anspruch des
Geschädigten auf Unterlassung nicht verloren (Erw. 6).
Abtretbarkeit des Unterlassungsanspruches (Erw. 6).
Verjährung nach Art. 60
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 60 - 1 Der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung verjährt mit Ablauf von drei Jahren von dem Tage an gerechnet, an welchem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit Ablauf von zehn Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte.35 |
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1 | Der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung verjährt mit Ablauf von drei Jahren von dem Tage an gerechnet, an welchem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit Ablauf von zehn Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte.35 |
1bis | Bei Tötung eines Menschen oder bei Körperverletzung verjährt der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung mit Ablauf von drei Jahren von dem Tage an gerechnet, an welchem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit Ablauf von zwanzig Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte.36 |
2 | Hat die ersatzpflichtige Person durch ihr schädigendes Verhalten eine strafbare Handlung begangen, so verjährt der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung ungeachtet der vorstehenden Absätze frühestens mit Eintritt der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung. Tritt diese infolge eines erstinstanzlichen Strafurteils nicht mehr ein, so verjährt der Anspruch frühestens mit Ablauf von drei Jahren seit Eröffnung des Urteils.37 |
3 | Ist durch die unerlaubte Handlung gegen den Verletzten eine Forderung begründet worden, so kann dieser die Erfüllung auch dann verweigern, wenn sein Anspruch aus der unerlaubten Handlung verjährt ist. |
Unter «Schaden» im Sinne dieser Vorschrift ist der als abgeschlossen gedachte
Verlust zu verstehen (Erw. 2).
A. - Der deutsche Reichsangehörige Adolf Mier betrieb in den Jahren 1909-1914
in Basel ein Parfümeriegeschäft, wobei er unter anderm sog.
«Brennessel-Petrol», ein Haarwasser gegen Schuppen und Haarausfall, in den
Handel brachte. Er vertrieb das Produkt in besonderen, von ihm bei Wilhelm
Mutschler in Basel bestellten rechteckigen Flaschen. Auf diesen brachte er
ebenfalls rechteckige Etiketten mit goldenem Grund, grüner Umrandung und
grünen Blattornamenten an, welche Etiketten im obern Teil in weissen
Buchstaben die Aufschrift: «Adolf Miers Brennessel-Petrol mit Camille und
Klettenwurzel» und darunter, auf einem weissen Wappenschild in schwarzen
Buchstaben, die Gebrauchsanweisung enthielten. Dabei waren die Worte «Adolf
Miers Brennessel» schräg aufwärts, das Wort «Petrol» waagrecht gedruckt,
während die Buchstaben der Bezeichnung «mit Camille und
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Klettenwurzel» (in bedeutend kleinerer Schrift) wellenförmig, parallel dem
obern weissen Wappenschildrand angebracht waren. Sodann stand am obern Ende
der Etiketten, in der grünen Umrandung, mit schwarzen Buchstaben, die
Bezeichnung «ohne Fett», bezw. «mit Fett» und am Fusse der Etiketten,
ebenfalls in der grünen Umrandung und mit schwarzen Buchstaben, die Anweisung:
«Vor dem Gebrauch zu schütteln». Gleichartige Etiketten, aber mit
französischem Text, waren auf der Rückseite der Flaschen angebracht.
Als Mier bei Ausbruch des Weltkrieges im Jahre 1914 zum deutschen Heeresdienst
einrücken musste, trat sein bisheriger Angestellter Richard Paul bei der Firma
Ewald & Cie, Parfümerie Franco-Suisse, damals in Basel, heute in Pratteln, als
Reisender in Stellung, bei welcher Tätigkeit er überall nach dem von ihm
früher für Mier vertriebenen Brennessel-Petrol gefragt wurde. Daraufhin kaufte
die Firma Ewald & Cie bei Mutschler den gesamten noch übrig gebliebenen
Bestand (6000 Stück) der für Mier angefertigten Flaschen, füllte sie mit ihrem
eigenen entsprechenden Produkt und brachte darauf eine in der Hauptsache der
Etikette des Mier nachgeahmte Etikette an. Der Unterschied der beiden
Etiketten bestand, mit Ausnahme einiger zum vorneherein unwesentlichen
Abweichungen in der Detailzeichnung, lediglich darin, dass auf der Ewald'schen
Etikette die Herkunftsbezeichnung («Adolf Miers») weggelassen und an deren
Stelle ein violetter bezw. blauer Streifen mit der weissen Inschrift: «Bande
de Garantie Parfumerie Franco-Suisse» aufgeklebt worden war. Sodann war die
Bezeichnung «mit Fett», bezw. «ohne Fett» statt mit schwarzen Buchstaben am
obern Ende der grünen Umrandung der Etikette, mit weissen Buchstaben im untern
Teil der Etikette auf dem goldenen Grund, beidseitig der Wappenschildspitze
aufgedruckt. Ferner bestand auch ein geringer Unterschied in der Farbe, indem
das Grün der Ewald'schen Etikette eine etwas hellere, mattere und das Gold
eine etwas bräunlichere
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Tönung aufwies. In dieser Aufmachung brachte die Firma Ewald & Cie ihr Produkt
in den Handel, wobei sie, als der von ihr bei Mutschler bezogene
Flaschenbestand erschöpft war, das gleiche Flaschenmodell bei der Firma Contat
& Cie Verrerie Monthey, erstellen liess.
Nachdem Mier aus dem Weltkrieg und aus der französischen Gefangenschaft, in
die er geraten, zurückgekehrt war, verkaufte er mit Vertrag vom 16. März 1920
sein Basler Warenlager mit sämtlichen Einrichtungen für 7000 Fr. an die Firma
Eisenmann & Raas, Parfümerie «Mignon», in Basel. In Absatz 2 dieses Vertrages
wurde bestimmt: «Im Kaufe zu dem genannten Preise von 7000 Fr. sind
inbegriffen sämtliche Rezepte, Transparente und verschiedene Etiketten und
Marken, speziell die Marke «Adolf Miers Brennessel-Petrol». Herr Adolf Mier
verpflichtet sich, bezw. ermächtigt ausdrücklich die Firma Eisenmann & Raas,
die gekauften Marken und Etiketten, soweit dies während des Weltkrieges dem
Verkäufer Herr Adolf Mier nicht möglich war, beim Eidgenössischen Amt für
geistiges Eigentum schützen und eintragen zu lassen.» Auf diese Vereinbarung
hin liess die Firma Eisenmann & Raas sowohl die deutsche als auch die
französische Brennessel-Petrol-Etiquette unter Nr. 48,491 und 48,492 als
Marken im schweizerischen Markenregister für Parfümerieartikel eintragen und
forderte in der Folge am 17. Januar 1921 die Firma Ewald & Cie auf, die
Verwendung dieser Marke einzustellen. Die Letztere weigerte sich jedoch,
diesem Begehren Folge zu geben, da die Firma Eisenmann & Raas selber bis zum
Jahre 1920 das Brennessel-Petrold der Firma Ewald & Cie bezogen habe und zudem
wegen des von der Firma Ewald & Cie auf ihren Flaschen angebrachten
Firmabandes eine Verwechslung ausgeschlossen sei.
B. - Daraufhin reichte die Firma Eisenmann & Raas unter Berufung auf Art. 49
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 49 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist. |
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1 | Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist. |
2 | Anstatt oder neben dieser Leistung kann der Richter auch auf eine andere Art der Genugtuung erkennen. |
OR beim Bezirksgericht Liestal - nachdem sie eine vor Zivilgericht Basel-Stadt
sowohl auf Verletzung des Markenschutzgesetzes als auf unlautern
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Wettbewerb gestützte Klage zurückgezogen hatte - Klage ein mit dem Begehren:
«1. Es sei die Beklagte zu verurteilen, den Vertrieb von Brennessel-Petrol in
der gleichen Packung und Aufmachung wie das Brennessel-Petrol der Klägerin
sofort einzustellen, und es sei der Beklagten die weitere Benützung der
klägerischen Aufmachung für ihr Brennessel-Petrol gerichtlich zu untersagen.
2. Es sei die Beklagte zu verurteilen, ihre noch im Handel befindlichen
Flaschen Brennessel-Petrol mit der nachgemachten klägerischen Aufmachung aus
dem Verkehr sofort zurückzuziehen. 3. Es sei die Beklagte zu verurteilen, an
Klägerin 6000 Fr. Schadenersatz zu zahlen.»
C. - Mit Urteil vom 12. Juli 1927 hat das Bezirksgericht Liestal die Klage
geschützt, wobei es jedoch den geltend gemachten Schadenersatzanspruch auf
2000 Fr. herabgesetzt hat.
D. - Dieser Entscheid ist vom Obergericht des Kantons Baselland mit Urteil vom
5. Oktober 1928 bestätigt worden.
E. - Hiegegen hat die Beklagte am 3. Juni 1929 die Berufung an das
Bundesgericht erklärt mit dem Begehren um vollständige Abweisung der Klage.
Die Klägerin beantragt die Abweisung der Berufung und verlangt im Wege einer
Anschlussberufung die Erhöhung der von der Vorinstanz zugesprochenen
Schadenersatzsumme auf 6000 Fr.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Die Beklagte hat schon vor den Vorinstanzen und auch heute wieder den
Standpunkt eingenommen, die Klägerin hätte, wenn sie in der von der Beklagten
verwendeten Etikette eine Verletzung der von ihr eingetragenen Marke erblicke,
auf Grund des Markenrechtes klagen müssen; da sie dies nicht getan, sondern
sich statt dessen auf die obligationenrechtliche Bestimmung über den unlautern
Wettbewerb stütze, könne ihr Anspruch im vorwürfigen Verfahren ohnehin nicht
gutgeheissen werden. Die Vorinstanz ist auf diese Einrede nicht
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eingetreten, weil sie von der Beklagten erst am Schlusse ihres mündlichen
Vortrages in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung und deshalb verspätet
erhoben worden sei. Das ist - zum mindesten für das Bundesgericht - nicht
schlüssig, da es sich hiebei um eine Frage der Anwendung bundesrechtlicher
Vorschriften handelt, die das Bundesgericht von Amtes wegen zu überprüfen hat.
Die Einrede der Beklagten kann jedoch nicht geschützt werden. Richtig ist
zwar, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtes eine
Markenrechtsverletzung nur auf dem Wege der Markenschutzklage, nicht aber
durch eine obligationenrechtliche Klage wegen unlauteren Wettbewerbes verfolgt
werden kann (vgl. statt vieler BGE 37 II S. 172 und die daselbst angeführten
Entscheide). Allein, hier will die Klägerin gar nicht eine
Markenrechtsverletzung geltend machen; sie behauptet keinen Eingriff in eine
markenmässige Verwendung ihrer Etikette; vielmehr ficht sie die gesamte
Aufmachung der von der Beklagten für ihr Produkt verwendeten Verpackung als
eine unlautere und daher rechtswidrige Nachahmung ihrer eigenen Verpackung an,
wobei die Etikette nur einen Bestandteil bildet. Eine solche Klage beurteilt
sich aber, wie vom Bundesgericht im vorgenannten Entscheide ebenfalls
ausgeführt worden ist, nach den Grundsätzen über den unlautern Wettbewerb.
2.- Gegenüber einem solchen Anspruch erhebt nun die Beklagte in erster Linie
die Einrede der Verjährung, da die Klägerin schon viele Jahre vor der
Klageeinleitung von der angeblichen Nachahmung durch die Beklagte Kenntnis
gehabt habe. Diese Auffassung ist unrichtig. Wenn in Art. 60
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 60 - 1 Der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung verjährt mit Ablauf von drei Jahren von dem Tage an gerechnet, an welchem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit Ablauf von zehn Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte.35 |
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1 | Der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung verjährt mit Ablauf von drei Jahren von dem Tage an gerechnet, an welchem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit Ablauf von zehn Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte.35 |
1bis | Bei Tötung eines Menschen oder bei Körperverletzung verjährt der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung mit Ablauf von drei Jahren von dem Tage an gerechnet, an welchem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit Ablauf von zwanzig Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte.36 |
2 | Hat die ersatzpflichtige Person durch ihr schädigendes Verhalten eine strafbare Handlung begangen, so verjährt der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung ungeachtet der vorstehenden Absätze frühestens mit Eintritt der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung. Tritt diese infolge eines erstinstanzlichen Strafurteils nicht mehr ein, so verjährt der Anspruch frühestens mit Ablauf von drei Jahren seit Eröffnung des Urteils.37 |
3 | Ist durch die unerlaubte Handlung gegen den Verletzten eine Forderung begründet worden, so kann dieser die Erfüllung auch dann verweigern, wenn sein Anspruch aus der unerlaubten Handlung verjährt ist. |
dass der Anspruch auf Schadenersatz in einem Jahre vom Tage hinweg, «wo der
Geschädigte Kenntnis vom Schaden erlangt hat», verjähre, so ist unter
«Schaden» der als abgeschlossen gedachte Verlust zu verstehen. Solange also
das schädigende Ereignis fortdauert, tritt die Verjährung nicht ein (vgl. auch
BGE 14 S. 630 Erw. 5). Nun besteht
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vorliegend das streitige schädigende Ereignis darin, dass die Beklagte ihr
Produkt in einer der der Verpackung der Klägerin nachgeahmten Aufmachung in
den Handel brachte. Dass dies schon länger als ein Jahr vor Einleitung der
vorliegenden Klage nicht mehr geschehen sei hat aber die Beklagte selber nicht
behauptet; es handelt sich also um einen fortdauernden Zustand und um eine
fortgesetzte Verletzung.
3.- Dagegen macht die Beklagte geltend, dass sie heute ihr Produkt in einer
andern, von derjenigen der Klägerin völlig verschiedenen Aufmachung in den
Handel bringe, weshalb die Klageansprüche 1 und 2 (Verbot des weiteren
Vertriebes des beklagtischen Produktes in der bisherigen Aufmachung und
Rückzug der noch im Handel befindlichen bezüglichen Verpackungen) ohne
weiteres als gegenstandslos entfallen. Auch das trifft nicht zu, da die
Beklagte vor I. Instanz ausdrücklich zugegeben hat, dass sie die alte - d. h.
die beanstandete - Flasche immer noch führe und die Klägerin daher im Hinblick
auf das bisherige Geschäftsgebahren der Beklagten einen rechtlichen Anspruch
darauf hat, dass der Beklagten dieser Vertrieb, falls darin wirklich ein
unlauterer Wettbewerb zu erblicken ist, untersagt werde.
4.- Dass die von der Beklagten verwendete Verpackung der klägerischen
täuschend ähnlich sieht, kann nicht in Abrede gestellt werden. Die Flaschen
sind sich völlig gleich, und auch die darauf angebrachten Etiketten weisen nur
unwesentliche Verschiedenheiten auf. Die einzige einigermassen in die Augen
springende Abweichung besteht darin, dass die Beklagte ihre Etiketten in der
linken obern Ecke, mit einem blauen bezw. violetten Firmaband schräg
überklebt. Dieser Umstand allein ist jedoch nicht geeignet, die
Verschiedenheit der beiden Produkte dem kaufenden Publikum - auf dessen
Unterscheidungsvermögen es hier ankommt - in genügender Weise erkennbar zu
machen; denn solche Bänder werden oft von den betreffenden Migrossisten selber
zur Bezeichnung
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ihrer eigenen Firma aufgeklebt, sodass das kaufende Publikum ihnen in der
Regel keine weitere Beachtung schenkt. Diese von der Beklagten verwendeten
Bänder sind daher eher geeignet, die Verwechslungsgefahr noch zu erhöhen. Sie
sind nämlich gerade an der Stelle aufgeklebt, wo auf der klägerischen Etikette
die Firmabezeichnung «Adolf Miers» aufgedruckt ist, sodass das Fehlen dieser
beiden Worte auf der beklagtischen Etiquette dadurch dem Auge, bei flüchtiger
Beobachtung, entgeht.
5.- Es fragt sich nun aber, ob unter den gegebenen Umständen in der Verwendung
einer täuschend ähnlichen Verpackungsart durch die Beklagte ein unlauterer
Wettbewerb zu erblicken sei. Auch das ist unbedenklich zu bejahen. Aus den von
der untern kantonalen Instanz bei einigen Parfümerie-Geschäften eingezogenen
Erkundigungen hat sich ergeben, dass die verschiedenen Parfümerie-Fabrikanten
für ihr Brennessel-Petrol alle verschiedene Flaschen-Modelle führen. Die
Klägerin musste sich also als fachkundige Firma bewusst sein, dass, wenn sie
trotz dieser Gepflogenheit ihr Produkt ausgerechnet in der Mier'schen Flasche
in den Handel brachte, sie dadurch beim Publikum den Eindruck erweckte, dass
es sich um das Mier'sche Brennessel-Petrol handle, zumal wenn sie auf dieser
Flasche auch noch eine der Mier'schen täuschend ähnlichen Etikette anbrachte.
Diese Etikette kann zwar - mit Ausnahme der von der Beklagten nicht kopierten
Herkunftsbezeichnung - nicht als besonders originell bezeichnet. werden, doch
weist sie immerhin gewisse individuelle Züge auf, sodass sie in Verbindung mit
der übrigen Aufmachung, d. h. eben der verwendeten speziellen Flaschenform,
geeignet war, das darin enthaltene Brennnessel-Petrol als Produkt des Mier zu
charakterisieren. Die Verwendung einer täuschend ähnlichen Verpackungsart
durch die Beklagte war daher unlauter, da dies in der offenkundigen Absicht
geschah, das Publikum durch diese Nachahmung über die Herkunft dieses
Produktes irrezuleiten und den Ruf, den Mier sich für sein Produkt
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erworben hatte, für sich auszubeuten. Dies ergibt sich mit aller Deutlichkeit
aus den Angaben des Zeugen Paul, der in seiner Einvernahme erklärt hat, dass
er, als er für die Beklagte gereist, überall nach dem Brennessel-Petrol
gefragt worden sei, da er früher das bezügliche Mier'sche Produkt vertrieben
hatte. Daraufhin habe er die Mier'sche Etikette der Beklagten gebracht, welche
dann die ihrige diesem Muster nachgebildet habe. Aus diesen Aussagen geht
gleichzeitig hervor, dass die Beklagte sich nicht nur nicht gescheut, die
Mier'sche Verpackung nachzuahmen, sondern dass sie auch diese Nachahmung durch
denselben Reisenden, der früher für Mier gereist war, in den Handel bringen
liess, wodurch die falsche Vermutung, dass sein Produkt mit demjenigen Miers
identisch sei, noch besonders gefördert werden musste. Die Beklagte hat noch
einzuwenden versucht, dass Mier selber seine Etikette einer fremden Etikette'
nämlich derjenigen eines gewissen Velters. nachgebildet habe. Dies trifft
jedoch nicht zu, da die Velters'sche Etikette, wovon Muster bei den Akten
liegen, von derjenigen Miers völlig verschieden ist.
6.- Endlich ist noch zu prüfen, ob die Klägerin aus diesem unlauteren
Wettbewerb Ansprüche gegen die Beklagte herzuleiten vermag, obwohl sie das
Recht zum Vertrieb der Mier'schen Produkte erst im Jahre 1920 erworben hat.
Dass das dem Mier zustehende Individualrecht auf ausschliessliche Verwendung
der von ihm eingeführten Verpackung - das den Unterlassungsanspruch gegen
rechtswidrige Nachahmungen in sich schloss - an sich übertragbar war, steht
ausser Zweifel (vgl. auch BGE 20 S. 1048). Doch nimmt die Beklagte den
Standpunkt ein, dass im Momente, da die Übertragung an die Klägerin erfolgte,
d. h. am 10. März 1920, gar kein derartiges Individualrecht mehr bestanden
habe, weil Mier damals schon längst von der Beklagten aus dem Felde geschlagen
worden sei und letztere nunmehr infolge des Schweigens Miers im Besitze des
Alleinvertriebsrechtes der von ihr verwendeten Verpackung gewesen sei. Dieser
Auffassung
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kann nicht beigetreten werden; denn nachdem die Beklagte, wie sich aus den
vorgehenden Ausführungen ergibt, sich auf unlautere Weise an die Stelle Miers
gesetzt hat, ist ihr Besitzstand kein rechtmässiger, und es kann dieser daher
immer noch vom Besserberechtigten - als welcher nunmehr, im Hinblick auf die
im Vertrag enthaltene Abtretung, die Klägerin zu erachten ist - angefochten
werden. Dem kann die Beklagte nicht entgegenhalten, die Klägerin habe ja
selber bis zum Jahre 1920 das Brennnessel-Petrol in der angefochtenen
Verpackung bei der Beklagten bezogen und hierauf in den Handel gebracht,
sodass sie mit Bezug auf das Mier'sche Produkt auch ihrerseits nicht
gutgläubig gewesen sei. Die Beklagte hat ja nicht dargetan, dass sie ihre
Abnehmer darüber orientiert, oder dass die Klägerin sonstwie davon Kenntnis
besessen habe, dass die von der Beklagten in den Handel gebrachte Verpackung
s. Z. derjenigen von Mier nachgeahmt worden sei.
7.- Aus all diesen Gründen ist somit die Hauptberufung abzuweisen. Aber auch
die Anschlussberufung, mit der die Klägerin eine Erhöhung der ihr
zugesprochenen Entschädigung verlangt, kann nicht gutgeheissen werden, da
keine genügenden Anhaltspunkte gegeben sind, die den von der Vorinstanz nach
freiem Ermessen festgesetzten Betrag als den Verhältnissen nicht entsprechend
erscheinen liessen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Haupt- und Anschlussberufung werden abgewiesen, und es wird demgemäss das
Urteil des Obergerichtes des Kantons Baselland vom 5. Oktober 1928 bestätigt.