S. 389 / Nr. 64 Doppelbesteuerung (d)

BGE 55 I 389

64. Urteil vom 6. Dezember 1929 i. S. Erben Stächelin gegen Basel-Stadt und
Basel-Land.


Seite: 389
Regeste:
Kollektivgesellschaft unter Gliedern einer Familie zur Verwaltung eines
gemeinsamen Vermögens, das in der Hauptsache in Beteiligungen an fremden
industriellen und kaufmännischen Unternehmungen besteht. Steuerort für die
Anteile am Gesellschaftskapital, wenn der vertragliche (eingetragene)
Gesellschaftssitz und der Wohnsitz der Gesellschafter sich in verschiedenen
Kantonen befinden.

[Gekürzter Tatbestand.] Gregor Stächelin-Allgeier, der seit 1870 in Basel
wohnte, hatte sich als Bauunternehmer daselbst und durch Beteiligung an
auswärtigen Unternehmen ein grosses Vermögen erworben. Sein Geschäft befand
sich an der innern Margarethenstrasse 14 in Basel. Im Jahre 1922 gründete er
in Basel eine Kollektivgesellschaft unter der Firma Stächelin & Cie, Erwerb,
Verwaltung und Verwertung von Liegenschaften, Innere Margarethenstrasse 14,
Basel. Beteiligt an dieser Gesellschaft waren er selbst, Frau Emma
Stächelin-Allgeier, Frau Clara Wannier geb. Stächelin in Basel, Rudolf
Stächelin-Finkbeiner in Basel, Frau Fanny Ruegg geb. Stächelin in Basel und
Dr. Ernst Stächelin in Vernayaz. Die vier letzteren Teilhaber sind die Kinder
des G. Stächelin. Zu gleicher Zeit gründete er mit Sitz in Bottmingen
(Basel-Land) eine weitere Firma G. Stächelin Söhne & Cie, Verwaltungen und
Unternehmungen, mit den gleichen Teilhabern wie bei der Firma Stächelin & Cie
in Basel. Zweck dieser zweiten Gesellschaft ist nach dem Gesellschaftsvertrag,
die industriellen und finanziellen Unternehmungen des G. Stächelin zu
übernehmen und weiterzuführen. Als Motiv für die Gründung wird im Eingang des
Vertrages angegeben, dass «das Vermögen der Ehegatten Stächelin-Allgeier zum
grössten Teil in Liegenschaften und industriellen Unternehmungen investiert
sei,

Seite: 390
deren forcierte Liquidation beim Ableben des einen oder andern Ehegatten
voraussichtlich grosse Verluste bringen würde», ferner auch die «teilweise
vorsorgliche Ausführung der im gemeinsamen Testament der Ehegatten vom 15.
Juli 1909 enthaltenen Verfügungen». Zu den von der Gesellschaft zu
verwaltenden Interessen gehören nach Ziff. 1 des Vertrages:
a) die Wasserkräfte, elektrochemische Fabrik und anderer Besitz im Kanton
Wallis;
b) die Beteiligung an der Bandindustrie-Gesellschaft A.-G. und deren Fabrik in
Valdoie;
c) der Besitz der Eheleute G. Stähelin-Allgeier an Wertpapieren verschiedener
Art, Obligationen, Aktien etc., welche als Betriebskapital eingebracht wurden;
d) der Grundstückbesitz im Elsass und in Zürich;
e) die Finanzierung dieser genannten Abteilungen und weiterer Geschäfte. Pro
1922 hatten die Steuerbehörden von Basel-Stadt ein Steuerdomizil in Bottmingen
nicht anerkannt und G. Stächelin hatte einen beim Regierungsrat hängenden
Rekurs in der Folge zurückgezogen. In seinen Rechtsschriften in diesem
Verfahren liess er erklären, dass sukzessive die Buchhaltung und der ganze
Betrieb der neuen Gesellschaft nach Bottmingen verlegt würden, dass diese dort
«Geschäftslokalitäten» gemietet habe und ihre «Angestellten» zwar bis Ende
1922 noch in Basel arbeiten müssten, dann aber ebenfalls nach Bottmingen
disloziert würden. Tatsächlich ist die Gesellschaft Mieterin eines Raumes im
Hause des Gemeindepräsidenten Stöcklin in Bottmingen, wo zeitweise der einzige
Angestellte derselben, Mösch und auch das geschäftsführende Mitglied Rudolf
Stächelin arbeiten. In den Jahren 1923-1927 ist Kapital und Ertrag der
Gesellschaft G. Stächelin Söhne & Cie ausschliesslich im Kanton Baselland
(Bottmingen) besteuert worden. Auch pro 1928 hatte Gregor Stächelin die Steuer
von seinem Anteil am Gesellschaftsvermögen, wie bisher, an den Staat Baselland
und die Gemeinde Bottmingen

Seite: 391
bezahlt (am 4. Juni und 4. Juli 1928). Durch Verfügung vom 26. Oktober 1928
verlangte die Steuerverwaltung des Kantons Baselstadt von seiner Einlage in
die Gesellschaft (Fr. ...) für das gleiche Steuerjahr 1928 ebenfalls die
Vermögenssteuer mit der Begründung: «dass sie Bottmingen als Domizil der
Kollektivgesellschaft G. Stächelin Söhne & Cie nicht anerkennen könne.»
Veranlassung dazu gaben Erhebungen, welche die Steuerverwaltung in Bottmingen
über den dortigen Betrieb der Firma angestellt hatte. Der gegen diese
Steuerauflage von G. Stächelin erhobene und nach seinem Ableben (16. Februar
1929) durch seine Erben weitergeführte Rekurs wurde letztinstanzlich vom
Regierungsrat Baselstadt mit Entscheid vom 5. Juli 1929 abgewiesen. Ebenso
eine staatsrechtliche Beschwerde aus Art. 46 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11
BV, welche die Erben
hierauf gegen die baselstädtische Vermögenssteuertaxation ergriffen, soweit
sie sich auf die fragliche Gesellschaftseinlage bezog.
Zur Abklärung des Tatbestandes war im bundesgerichtlichen Verfahren ein
Augenschein verbunden mit Zeugeneinvernahme und die persönliche Befragung des
geschäftsführenden Teilhabers der Firma G. Stächelin Söhne & Cie, Rudolf
Stächelin angeordnet worden. Dabei hatte sich im Wesentlichen Folgendes
ergeben:
Das Bureau der Rekurrentin befindet sich im ersten Stock eines kleinen Hauses
in Bottmingen. Im Erdgeschoss des Hauses wird eine Bäckerei betrieben; der
übrige erste Stock dient als Wohnung. Die Treppe ist steil und der Korridor
sehr eng. Das Bureau selbst besteht aus einem einzigen kleineren Zimmer, das
auf einen Hof hinausgeht, und ist mit zwei einfachen Flachpulten, einem
kleinen Kassenschrank, einem Buchhaltungsschrank, einer Schreibmaschine und
anderen Bureaueinrichtungen ausgestattet. Telephonisch ist es, wie Bottmingen
überhaupt, direkt an die Zentrale Basel angeschlossen. Es befinden sich darin
alle Bücher und sonstige Skripturen der Firma, z. B. auch die Depotscheine der
Banken für Wertschriften.

Seite: 392
Beim Augenschein waren im Kassenschrank eine grössere Anzahl von Werttiteln
verwahrt, was aber nur vorübergehend der Fall sein soll, da die Werttitel
meistens bei den Banken lägen. Im Bureau arbeitet der einzige Angestellte der
Firma, Moesch, der keine Unterschrift hat. Moesch, der in Basel wohnt, ist am
Vormittag regelmässig von 9-12 Uhr in Bottmingen und häufig auch am
Nachmittag. Nach einer von ihm angefertigten Aufstellung, welche die Tage vom
14.-24. November 1928 umfasst, war er während dieser Zeit zweimal am
Nachmittag im Bureau. Der Geschäftsführer Rudolf Stächelin begibt sich, wenn
er nicht auf Reisen ist, am Vormittag ebenfalls regelmässig nach Bottmingen
und zwar per Auto. Auch der andere Geschäftsführer Dr. Ernst Stächelin, der
gleichfalls in Basel wohnt, aber sich viel für die Firma im Wallis aufhält,
kommt gelegentlich nach Bottmingen. Im dortigen Bureau wird die Korrespondenz
erledigt und werden von Moesch die Bücher geführt. Für die eingehenden
Postsachen besitzt die Firma in Bottmingen ein Postfach. Die ausgehenden
Briefe nimmt Moesch nach Basel mit und übergibt sie dort der Post. Besuche
empfängt die Gesellschaft nur selten: die Zusammenkünfte mit solchen finden
meistens in Basel statt. Die Tätigkeit der Geschäftsführer besteht in der
Überwachung der Beteiligungen und der Vermittlung ihrer Finanzierung; es
werden auch einzelne Syndikatsgeschäfte geschlossen; so wurde 1928 eine
Braunkohlenmine in Deutschland gekauft. Die Firma besitzt einen grossen Teil
des Aktienkapitals der L..., und sie hat sich am Syndikat für die Erhöhung von
deren Aktienkapital beteiligt. Sie ist auch hauptsächlichster Aktionär einer
Bank in Frankfurt. Nach den Angaben des Geschäftsführers Rudolf Stächelin
handelt es sich nicht um eine blosse Vermögensverwaltung, sondern um eine
intensive Geschäftstätigkeit, bei der erheblich mehr herausgewirtschaftet
werde als eine blosse Kapitalrente. Als das wesentliche wird die Finanzierung
und die Kontrolle der Untergesellschaften bezeichnet.

Seite: 393
Die Geschäftsführer sind viel auf Reisen. Wichtige Transaktionen werden bei
den Tochtergesellschaften geschlossen. Der Verkehr mit den Banken geschieht
hauptsächlich durch mündliche Konferenzen mit diesen. Die Besprechungen der
beiden Geschäftsführer finden meistens in Basel statt oder wo man sich gerade
trifft. Die Firma Stächelin & Cie, welche die baslerischen Liegenschaften der
Familie Stächelin verwaltet, hat ihre Bureauräume im ersten Stock eines Hauses
an der innern Margarethenstrasse in Basel. Hier haben auch noch die
Band-Industrie-Gesellschaft A.-G. und drei kleine Patent- und
Verwaltungsgesellschaften ihren Sitz. Neben dem geräumigen Bureau der beiden
Gesellschafter Rudolf und Ernst Stächelin sind vorhanden je ein Raum für die
Buchhaltung und die Kasse, ferner ein leeres Zimmer. Irgendwelche der Firma G.
Stächelin Söhne & Cie gehörenden Objekte sollen sich hier nicht befinden. Der
Buchhalter Moesch hat keinen Arbeitsraum in Basel, er ist nicht auch
Angestellter der Firma Stächelin & Cie und führt für diese nur gelegentlich
Arbeiten aus.
Erwägungen:
1.- Gregor Stächelin hatte seinen Wohnsitz und damit sein allgemeines
Steuerdomizil in Basel. Dort hatte er daher auch sein Vermögen zu versteuern,
soweit nicht für Teile desselben ein anderer Steuerort in Betracht kam. Die
Fr. ... deren Besteuerung in örtlicher Beziehung streitig ist, gehörten zu
seinem Vermögen. Sie sind nur dann nicht am allgemeinen Steuerdomizil Basel
der Steuer unterworfen, wenn sie aus dem Gesichtspunkte wirtschaftlicher
Zugehörigkeit zu Bottmingen der Steuerhoheit von Baselland unterstehen. Die
bundesrechtliche Praxis betreffend Doppelbesteuerung hat immer angenommen,
dass das Kapital einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft am Sitze der
Gesellschaft zu versteuern ist, auch der Anteil des Gesellschafters, der in
einem andern Kanton wohnt. Dabei handelte es sich indessen stets um

Seite: 394
Handels-, Fabrikations- oder andere nach kaufmännischer Art betriebene Gewerbe
(OR Art. 552 I
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 552 - 1 Die Kollektivgesellschaft ist eine Gesellschaft, in der zwei oder mehrere natürliche Personen, ohne Beschränkung ihrer Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern, sich zum Zwecke vereinigen, unter einer gemeinsamen Firma ein Handels-, ein Fabrikations- oder ein anderes nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe zu betreiben.
1    Die Kollektivgesellschaft ist eine Gesellschaft, in der zwei oder mehrere natürliche Personen, ohne Beschränkung ihrer Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern, sich zum Zwecke vereinigen, unter einer gemeinsamen Firma ein Handels-, ein Fabrikations- oder ein anderes nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe zu betreiben.
2    Die Gesellschafter haben die Gesellschaft in das Handelsregister eintragen zu lassen.
), die mit ihrem kaufmännischen oder technischen Betrieb -
Fabrikation, Empfang, Lagerung und Versendung von Waren, Verkehr mit Kunden
usw. - nach aussen in die Erscheinung treten und so die wirtschaftliche
Zugehörigkeit des Geschäftes zum Orte des Sitzes zum Ausdruck bringen.
Die Firma G. Stächelin Söhne & Cie ist weder ein Fabrikations-, noch ein
Handels-, noch ein sonstiger gewerblicher Betrieb im eigentlichen Sinne. Sie
befasst sich mit der Verwaltung eines Vermögens, das den Gesellschaftern
gemeinschaftlich gehört. Die persönliche Vermögensverwaltung des Gregor
Stächelin ist mit der Gründung der Gesellschaft und mit der damaligen
Herausgabe von Vermögensbeträgen an die Kinder eine gemeinschaftliche
geworden, die nun in der Form einer Kollektivgesellschaft betrieben wird. Ein
Familienvermögen, an dem die Familienglieder in verschiedenem Masse
anteilberechtigt sind, wird in dieser Weise verwaltet. Es entspricht der Natur
des Vermögens, das zum grossen Teil in allerlei Beteiligungen besteht, wie
auch dem Willen der Beteiligten, dass die Geschäftsführung der Gesellschaft
über den Rahmen einer gewöhnlichen laufenden Vermögensverwaltung hinausgeht
und einen stark spekulativen Charakter trägt, was eine intensivere Tätigkeit
der Geschäftsführer bedingt und eine höhere Rendite möglich macht. Der Betrieb
erhält so einige Ähnlichkeit mit demjenigen einer Bank, von dem er sich aber
immerhin dadurch wesentlich unterscheidet, dass kein eigentlicher
Kundenverkehr vorhanden ist, da ja die Gesellschaft nur mit ihren Banken und
den Unternehmungen, an denen sie beteiligt ist, verkehrt und neue solche
Beteiligungen eingeht. Trotz dieses bankähnlichen Charakters handelt es sich
aber doch im Grunde nur um die Administration eines gemeinschaftlichen
Vermögens.
Eine Kollektivgesellschaft mit diesem Zweck hat ihren natürlichen Sitz am
Wohnort der Gesellschafter, speziell

Seite: 395
der geschäftsführenden, dies namentlich dann, wenn wie hier, alle
Gesellschafter ihr Domizil am gleichen Orte haben. Es wäre umsomehr gegeben
gewesen, dass die Gesellschaft G. Stächelin Söhne & Cie ihren Sitz an diesem
Orte, Basel habe, als ja hier dieselben Personen mit denselben
Geschäftsführern die Firma Stächelin & Cie (zur Verwaltung des baslerischen
Liegenschaftsbesitzes der Familie) betreiben in Lokalitäten, die auch für die
erstere Gesellschaft reichlich Raum bieten würden. Die Verlegung des Sitzes
nach Bottmingen entspricht daher nicht der wirklichen Sachlage, sondern hat
etwas durchaus absonderliches und gekünsteltes, wie sie denn auch
ausschliesslich aus steuerlichen Gründen erfolgt ist, wegen der geringern
steuerlichen Belastung im Kanton Baselland. Gewiss sind in Bottmingen
bescheidene Einrichtungen vorhanden und spielt sich hier ein Teil des
Geschäftsbetriebes ab: die Korrespondenz und die Buchhaltung. Aber das
Unnatürliche dieser Sitzwahl zeigt sich darin, dass, wenn schon der
Angestellte hier arbeitet und auch einer der geschäftsführenden Teilhaber am
Vormittag meistens für einige Zeit im Bureau anwesend ist, doch die
eigentliche massgebende Geschäftsleitung nicht hier erfolgt, sondern, soweit
sie überhaupt lokalisiert ist, in Basel. Der Geschäftsführer Rudolf Stächelin
hat in Bottmingen nur einen Schreibtisch, aber kein von dem des Angestellten
getrenntes Bureau, und für den andern Geschäftsführer ist im Bureau in
Bottmingen überhaupt kein Platz vorhanden, während die beiden Geschäftsführer
in Basel ein geräumiges und bequemes Bureau haben. Und da die Firma G.
Stächelin Söhne & Cie nach ihrer finanziellen Bedeutung und der Natur ihres
Betriebes die Tätigkeit und die Sorgen der Geschäftsführer offenbar in
ungleich höherem Masse in Anspruch nimmt als die Firma Stächelin & Cie und die
drei andern in Basel domizilierten Gesellschaften, so ist es klar, dass die
entscheidenden Besprechungen der Geschäftsführer im Bureau in Basel und nicht
in Bottmingen stattfinden, und dass auch

Seite: 396
der Geschäftsführer Rudolf Stächelin hier die Angelegenheiten der Firma G.
Stächelin Söhne & Cie studiert und seine Entschlüsse fasst, wie denn ja auch
allfällige Besuche in Sachen der letztem Firma aller Regel nach in Basel und
nicht in Bottmingen empfangen werden. Was im Bottminger Bureau geschieht, sind
mehr nur äussere Verrichtungen: Diktieren von Briefen auf Grund von
Entschlüssen, die, soweit es sich um wichtige Dinge handelt, bereits
anderwärts gefasst sind, Ausfertigung dieser Briefe und Buchhaltung. Das
Wesentliche dagegen einer spekulativen Vermögensadministration der
vorliegenden Art, die leitende, entschliessende Tätigkeit der
geschäftsführenden Organe und insbesondere die Kontrolle und Finanzierung der
Untergesellschaften, was als die Hauptsache der Geschäftstätigkeit bezeichnet
wird, geht jedenfalls nur zu einem kleinen Teil in Bottmingen und zu einem
sehr erheblicheren Teil in Basel vor sich. In Bottmingen tritt der
Geschäftsbetrieb der Firma auch - abgesehen von der Firmatafel am Hause und
dem Postfach - in keiner Weise nach aussen in die Erscheinung. Bei einem
Geschäftsbetriebe dieser Natur ist aber das Entscheidende für die
wirtschaftliche Zugehörigkeit nicht die Existenz eines Bureaus, in dem
gewisse, mehr nur mechanische Verrichtungen vorgenommen werden, sondern das
Domizil der Geschäftsführer, wenn es, wie hier, zugleich der Ort ist, wo auch
die massgebende Leitung in Wahrheit erfolgt. Es kann unter den Umständen, wie
sie hier vorliegen, nicht zugelassen werden, dass das Steuerdomizil eines
Geschäftes von seinem wirklichen Zentrum in nur äusserlicher, willkürlicher
und gekünstelter Weise nach einem ganz nahe gelegenen ausserkantonalen Ort
gelegt wird, indem hier ein bescheidenes Bureau geschaffen wird und darin
gewisse Verrichtungen vorgenommen werden, ohne dass doch dadurch der wahre
Mittelpunkt der Firma verlegt würde. Eine Einzelperson könnte ihr Vermögen in
derselben Weise verwalten, wie es hier die Kollektivgesellschaft G. Stächelin
Söhne & Cie tut, wie denn auch

Seite: 397
Gregor Stächelin vor Gründung der Firma seine Mittel in analoger Art hat
arbeiten lassen. Würde eine solche Einzelperson für diesen Geschäftsbetrieb
ein ähnliches auswärtiges Bureau gründen, so würde man zweifellos nicht
anerkennen, dass damit das Steuerdomizil für die fraglichen Kapitalien vom
Wohnsitz des Vermögensträgers nach dem Orte des Bureaus verschoben sei, weil
es sich nicht um einen Geschäftsbetrieb handelt, der geeignet ist, aus dem
Gesichtspunkt wirtschaftlicher Zugehörigkeit ein besonderes Steuerdomizil zu
schaffen. Ebensowenig kann aber unter analogen Verhältnissen ein derartiges
Steuerdomizil in Bezug auf das Kapital einer Kollektivgesellschaft angenommen
werden, da wo sich das künstlich geschaffene Bureau ausserhalb des Zentrums
der wahren Beziehungen der Firma befindet.
2.- Die Bejahung des baselstädtischen Steueranspruchs zieht unter den
vorliegenden Umständen unbestrittenermassen die Pflicht des Kantons Basel-Land
und der Gemeinde Bottmingen zur Rückerstattung der von dem fraglichen
Gesellschaftsanteil für 1928 erhobenen Vermögenssteuern nach sich. Die
Verhältnisse des Falles rechtfertigen es immerhin, gleichwohl die ganzen
bundesgerichtlichen Kosten den Rekurrenten aufzulegen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 55 I 389
Datum : 01. Januar 1929
Publiziert : 06. Dezember 1929
Quelle : Bundesgericht
Status : 55 I 389
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Kollektivgesellschaft unter Gliedern einer Familie zur Verwaltung eines gemeinsamen Vermögens, das...


Gesetzesregister
BV: 46
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11
OR: 552
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 552 - 1 Die Kollektivgesellschaft ist eine Gesellschaft, in der zwei oder mehrere natürliche Personen, ohne Beschränkung ihrer Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern, sich zum Zwecke vereinigen, unter einer gemeinsamen Firma ein Handels-, ein Fabrikations- oder ein anderes nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe zu betreiben.
1    Die Kollektivgesellschaft ist eine Gesellschaft, in der zwei oder mehrere natürliche Personen, ohne Beschränkung ihrer Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern, sich zum Zwecke vereinigen, unter einer gemeinsamen Firma ein Handels-, ein Fabrikations- oder ein anderes nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe zu betreiben.
2    Die Gesellschafter haben die Gesellschaft in das Handelsregister eintragen zu lassen.
BGE Register
55-I-389
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
kollektivgesellschaft • wirtschaftliche zugehörigkeit • unternehmung • brief • basel-stadt • ehegatte • familie • erbe • zimmer • empfang • wallis • postfach • hauptsache • bundesgericht • augenschein • charakter • aktienkapital • reis • fabrik • mass
... Alle anzeigen