S. 387 / Nr. 73 Obligationenrecht (d)

BGE 54 II 387

73. Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. Oktober 1928 i.S. Baumgartner gegen
Darlehenskasse Frauenfeld.

Regeste:
Bürgschaft. Art. 509 Abs. II OR.
Anwendbarkeit auf Fälle, wo der Hauptschuldner sich in privater Dienststellung
befindet (Erw. 1).
Tragweite der Bestimmung, speziell bei Bürgschaft für treue Pflichterfüllung
seitens des Kassiers einer kleineren Darlehenskasse nach System «Raiffeisen».
Abweisung der Bürgschaftsklage wegen grober Vernachlässigung der Rücksichten,
die der Gläubiger gegenüber dem Dienstbürgen hat (Erw. 2 bis 5).

A. - Die klägerische Genossenschaft betreibt eine Darlehenskasse nach dem
System «Raiffeisen» im Bezirk Frauenfeld. Nach Art. 29 der am 23. Januar 1922
aufgestellten Statuten wird ihr Betriebskapital, ausser den Beiträgen der
Genossenschafter, aus Anleihen, Einlagen auf Sparkassabüchlein, auf
Obligationen, Kontokorrentbüchlein und Depositengeldern gebildet. Laut Art. 10
verwaltet die Genossenschaft ihre Angelegenheiten durch den Vorstand, welcher
aus 3 bis 7 Mitgliedern besteht, den Kassier, den Aufsichtsrat und die
Generalversammlung. In Art. 16 wird der Vorstand als der eigentliche Leiter
bezeichnet, und es ist dabei des näheren bestimmt, dass der Präsident, der
Vizepräsident und der Aktuar je zu zweien die rechtsverbindliche Unterschrift
führen. Der Vorstand sei dafür verantwortlich, dass die Statuten, das
Geschäftsreglement, die Beschlüsse des Aufsichtsrates und der
Generalversammlung in der Geschäftsführung beachtet werden. In Art. 17 ist
gesagt, der Vorstand

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habe insbesondere Pflicht und Vollmacht: (lit. c) über alle Einnahmen und
Ausgaben, über Bewilligung von Darlehen usw. unter Beiziehung des Kassiers zu
beraten und zu beschliessen; (lit. d die Buchführung, das Kassa- und
Rechnungswesen zu beaufsichtigen, die monatlichen Kassenabschlüsse zu prüfen
und auf sichere verzinsliche Anlegung der Kassenbestände zu halten. Die
Stellung des Kassiers ist in Art. 19 und 20 wie folgt umschrieben:
Art. 19: Der Kassier wird von der Generalversammlung auf zwei Jahre gewählt
und kann weder Mitglied des Vorstandes, noch des Aufsichtsrates sein. Derselbe
hat für pünktliche Geschäftsführung durch Bürgschaft oder Faustpfand
Sicherheit zu leisten und wird für Mühewalt in Form eines Fixums angemessen
besoldet...
Art. 20: Dem Kassier liegt ob:
a) Die sämtlichen Einnahmen und Ausgaben der Genossenschaft auf Grund der
Beschlüsse des Vorstandes pünktlich zu bewirken.
b) Die Bücher zu führen und die Kassenbestände und die Wertpapiere
aufzubewahren.
c) Am Schlusse des Rechnungsjahres die Bücher abzuschliessen und spätestens
bis je 1. März dem Vorstand Bilanz und Rechnung des vergangenen Jahres samt
Belegen und Vermögensnachweis vorzulegen.
In dem ebenfalls am 23. Januar 1922 aufgestellten Geschäftsreglement ist u.a.
bestimmt:
Art. 6: Die Kaution des Kassiers wird auf 10000 Fr. festgesetzt.
Im Hinblick auf die Aufnahme von Geldern gegen eigene Obligationen der
Darlehenskasse hatte die Genossenschaft einen Stock von Formularen, nach Art
der gebräuchlichen Anleihensobligationen.
B. - Als Kassier wurde Benedikt Diethelm-Sprenger von Galgenen, in Frauenfeld,
gewählt. Gemeinsam mit zwei andern Bürgen unterzeichnete der Beklagte
Baumgartner am 15. Februar 1922 folgenden Bürgschein:

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«Die Unterzeichneten verpflichten sich hiemit als Bürgen und Selbstzahler, der
Darlehenskasse Frauenfeld für den Herrn Benedikt Diethelm-Sprenger, welchem
die Stelle eines Kassiers der Darlehenskasse Frauenfeld anvertraut ist, für
getreue Erfüllung der ihm übertragenen oder noch zu übertragenden
Verpflichtungen zu haften und für daherige Entschädigungsforderungen bis auf
den Betrag von 10000 Fr. gutzustehen und zwar solidarisch, so dass es der
Verwaltung der Darlehenskasse Frauenfeld freistehen soll, zuerst den
Hauptschuldner oder unmittelbar die Bürgen einzeln oder gemeinschaftlich für
die Entschädigungsforderung bis auf den Betrag von 10000 Fr. zu belangen.
Diese Erklärung gilt für die ganze Dauer der Anstellung des Herrn B.
Diethelm-Sprenger als Kassier der Darlehenskasse.»
Diethelm starb am 28. Juni 1927 plötzlich. Eine unmittelbar nach dem Tode
vorgenommene Interimsrevision ergab ein Kassamanko von 1475 Fr. 90 Cts. Laut
dem Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 19. Juni 1928 steht fest,
dass Diethelm eine Anzahl von Obligationen, im ganzen 19 Stück, doppelt
ausgestellt und die Duplikate zu betrügerischer Erhebung von Geld verwendet
hat. Es müsse angenommen werden, dass Präsident und Aktuar der Darlehenskasse
gelegentlich Obligationen, welche ihnen durch den Kassier zur Unterzeichnung
unterbreitet wurden, unterschrieben haben, bevor die Obligationen numeriert
waren, oder ohne dass sie jeweilen bemerkten, dass ihnen zwei Obligationen mit
derselben Nummer vorgelegt wurden. Die Duplikate habe Diethelm mittelst eines
in seinem Nachlass vorgefundenen, nachgemachten Stempels numeriert. Insgesamt
sei der Kasse aus den unredlichen Handlungen des Kassiers ein Schaden von
37195 Fr. 45 Cts. erwachsen, mit welchem Betrage sie im Konkurs der
Hinterlassenschaft des Diethelm in 5. Klasse kolloziert worden sei.
C. - Nachdem sich der Solidarbürge Schnetzer mit der Darlehenskasse in dem
Sinne abgefunden hatte, dass

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er seine Haftung bezüglich der auf ihn entfallenden Hälfte der
Bürgschaftssumme von 5000 Fr. anerkannte, erhob diese mit der vorliegenden
Klage gegen den heutigen Beklagten das Rechtsbegehren, derselbe sei zu
verurteilen, ihr auf Grund der Bürgschaft 5000 Fr. zu bezahlen, nebst Zins.
D. - Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage, indem er u.a. geltend
machte, die Klägerin sei nach Art. 509 Abs. II OR für den entstandenen Schaden
verantwortlich, weil sie die nötige Aufsicht über Diethelm unterlassen habe.
E. - Beide kantonalen Instanzen, das Obergericht mit Urteil vom 19. Juni 1928,
haben die Klage in vollem Umfange gutgeheissen.
F. - Gegen dieses Urteil hat der Beklagte die Berufung an das Bundesgericht
erklärt, mit den Anträgen, es sei die Klage abzuweisen, eventuell nach Abnahme
der angebotenen Beweise, vor allem einer banktechnischen Expertise über die
Frage, ob die Aufsicht über Kassier Diethelm, zu welcher die Klägerin nach
Art. 509 Abs. II OR verpflichtet war, angewendet worden sei oder nicht.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Mit Recht hat die Vorinstanz angenommen, dass sich Art. 509 Abs. II OR,
auf welchen sich der Beklagte zu seiner Befreiung beruft, nicht bloss auf die
eigentliche Amtsbürgschaft, sondern auch auf die Dienstbürgschaft im
allgemeinen beziehe, also insbesondere auf die Fälle, wo derjenige, für
welchen gebürgt wird, sich nicht in amtlicher, sondern, wie hier, in privater
Dienststellung befindet. Darüber kann nach dem Wortlaut des Art. 509 Abs. II
OR kein Zweifel bestehen, und auch nicht nach dem Sinne der Bestimmung; denn
dieselbe ist ein Ausfluss des allgemeinen Grundsatzes, dass die Bürgschaft ein
Vertrag ist, bei welchem beide Teile zu einem Verhalten nach Treu und Glauben
verpflichtet sind, eine Auffassung, welche in der schweizerischen

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Gerichtspraxis bereits unter dem bisherigen Rechte gegolten hatte und die auch
im gemeinen Recht herrschend war (vgl. BGE 38 II 615; OSER, Anm. 4 zu OR Art.
509; HAFNER, Anm. 2 zu aOR Art. 492; DERNBURG, Bürg. Recht, § 290 III, Pand.
II § 82; WINDSCHEID, Pand. II § 478, Anm. 10, sowie STOOSS, Diligenz des
Gläubigers in Zeitschr. d. bern. Jur.-Ver. 47 S. 480).
2.- Da die Bestimmung des Art. 509 Abs. II OR, wie auch bereits OSER, a.a.O.
hervorgehoben hat, nur ein besonderer Anwendungsfall des in Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
ZGB
ausgesprochenen allgemeinen Grundsatzes ist, darf man die Einrede des Bürgen
nicht von vorneherein auf die Fälle beschränken, wo es speziell der Mangel der
erforderlichen Aufsicht gewesen ist, welcher den Schaden ermöglicht hat,
sondern muss sie überall da zulassen, wo die Ursache der Schädigung in einem
Geschäftsgebaren des Dienstherrn lag, welches mit den Anforderungen an den
Betrieb eines ordentlichen Kaufmannes schlechterdings nicht mehr vereinbar
ist; denn auf ein Mindestmass von Diligenz in der Geschäftsgebarung des
Dienstherrn muss sich der Dienstbürge verlassen können, indem er ja
grundsätzlich nur für die Pflichterfüllung des Angestellten, nicht auch für
die Leistungsfähigkeit des Prinzipals, mit seiner Bürgschaft einstehen will.
Hat dieser dem Dienstpflichtigen in sorglosem Gehenlassen Kompetenzen
zugestanden, die ihm nach dem Dienstverhältnis nicht zukamen und deren
Einräumung der Bürge vernünftigerweise kaum ahnen konnte, so verstösst es
gegen den Sinn des Vertrages und gegen Treu und Glauben, wenn er aus
Schädigungen, die hieraus erwachsen sind, den Bürgen haftbar machen will.
3.- In der vorliegenden Bürgschaftsurkunde wird die Anstellung des Diethelm,
bezüglich welcher die Bürgen für treue Pflichterfüllung haften, ausdrücklich
als diejenige eines Kassiers (nicht eines «Verwalters und Kassiers», wie es in
der Klagebegründung heisst) bezeichnet. Die Bürgen haften also für die
Betätigung

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Diethelms als Kassier, und nicht darüber hinaus auch noch für eine weitere
Verwaltungstätigkeit, welche nach dem Sprachgebrauch und den Gepflogenheiten
des täglichen Lebens nicht mehr in den Pflichtenkreis eines Kassiers fällt, es
wäre denn, dass in den Statuten der Genossenschaft selbst der Amtskreis des
Kassiers weiter gefasst und ihm die Stellung eines die Leitung und
Geschäftsführung besorgenden Organs eingeräumt wäre. Dem ist aber nicht so. Im
Gegenteil bringen die Statuten geradezu eine scharfe Trennung zwischen der
Stellung des Kassiers und derjenigen der Verwaltung zum Ausdruck, indem sie in
Art. 19 bestimmen, dass der Kassier weder Mitglied des Vorstandes, noch des
Aufsichtsrates sein könne. Die Gründe für die Unvereinbarkeit dieser Ämter
sind einleuchtend; sie liegen in dem Bedürfnisse einer Aufsicht über den
Kassier, welch letzterer auf das eigentliche Kassawesen beschränkt sein soll,
während umgekehrt die Geschäftsführung (also dasjenige, was man gewöhnlich
unter der «Verwaltung» versteht), ausschliesslich dem Vorstand zugewiesen
wird, welcher teils in corpore, teils durch einzelne seiner Mitglieder
handelt. Aus den eigenen Angaben der Klägerin, wie auch aus den Feststellungen
der Vorinstanz, ergibt sich nun aber, dass man den Kassier Diethelm
tatsächlich schalten und walten liess, wie wenn er wirklich der Verwalter
gewesen wäre, und ihm einen Spielraum in der Geschäftsgebarung der Kasse
einräumte, welcher mit seiner statutarischen Stellung unvereinbar war.
4.- Selbst wenn man indessen Bedenken hegen würde, auf diesen Gesichtspunkt
abzustellen, mit Rücksicht darauf, dass bei derartigen kleineren
Darlehenskassen mit mehr ländlichen Verhältnissen die Funktionen des sog.
Verwalters und des Kassiers oft in der nämlichen Person vereinigt sind und
zwischen denselben mancherorts nicht genau unterschieden werden mag, so müsste
doch unter allen Umständen der offenbare Mangel an einer den Verhältnissen
angemessenen Beaufsichtigung

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Diethelms durch den Vorstand zur Abweisung der Klage führen. Der Vorstand,
welcher laut Art. 17 lit. c der Statuten über alle Einnahmen und Ausgaben zu
beraten und zu beschliessen hat und demgemäss allein zur Aufnahme von fremden
Geldern gegen Obligationen der Kasse befugt ist, durfte selbstverständlich die
von ihm ausgestellten Obligationen nur gegen Bezahlung des Gegenwertes
herausgeben lassen; er, bezw. seine zur Ausstellung legitimierten Mitglieder
hatten daher die Pflicht, sich zu vergewissern, dass dies in jedem Falle
geschehe, und dazu war notwendig, dass über die Ausstellung dieser
Obligationen Buch geführt werde, sei es durch Protokollierung der Beschlüsse
des Vorstandes, sei es durch Anlegung eines besonderen Verzeichnisses der
ausgestellten Schuldscheine. Denn nur anhand einer solchen Kontrolle konnte
mit Sicherheit festgestellt werden, dass die Gegenwerte der ausgestellten
Obligationen restlos in die Kasse fliessen. Diese notwendige Aufsicht über die
getreue Amtsführung des Kassiers wurde nun aber vollständig illusorisch
gemacht, wenn man, wie es tatsächlich der Fall war, die Führung des
Verzeichnisses der ausgegebenen Obligationen dem zu überwachenden Angestellten
selbst überliess. Die Klägerschaft beruft sich darauf, dass die ausgestellten
und ausgegebenen Obligationen bei ihr «in einen vom Verwalter und Kassier
geführten Obligationenbuch eingetragen werden» und knüpft daran die
Schlussfolgerung, dass, wenn sich ein Mitglied des Vorstandes vergewissern
wollte, ob die von ihm unterzeichneten Obligationen eingetragen seien, der
Eintrag nach Summe und Nummer mit den ihm vom Verwalter vorgelegten
Obligationen übereinstimmte. Allein dies traf nur für diejenigen Obligationen
zu, für welche der Gegenwert der Kasse von dritter Seite wirklich zugeflossen
war und welche der Kassier demzufolge in das Verzeichnis eingetragen hatte,
nicht aber für die Schuldscheine, die von ihm unterschlagen wurden und nicht
im Verzeichnis Aufnahme

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fanden. Das von ihm geführte Obligationenbuch war also lückenhaft und die mit
demselben bezweckte Kontrolle entsprach nicht den an eine pflichtgemässe
Aufsicht zu stellenden Anforderungen. Ohne diesen, den Statuten und überdies
jedem ordentlichen Geschäftsgebaren widerstreitenden Mangel an einer
ernsthaften Überwachung Diethelms hätte dieser es vernünftigerweise nicht
wagen dürfen, den zur Ausstellung der Obligationen befugten Organen für
angeblich ein und dasselbe Rechtsgeschäft doppelte Schuldscheine zur
Unterzeichnung zu unterbreiten, und daraufhin das eine Doppel für sich zu
verwenden.
5.- Dass das Verhalten der Organe der Genossenschaft, für welches diese
letztere einzustehen hat, eine grobe Vernachlässigung der Rücksichten
darstellt, die der Gläubiger dem Dienstbürgen gegenüber hat, dürfte kaum in
Zweifel gezogen werden, und es braucht deshalb die Streitfrage, ob der
Gläubiger dem Bürgen gegenüber für jedes Verschulden oder nur für Arglist und
grobe Fahrlässigkeit einzustehen habe, im vorliegenden Falle nicht entschieden
zu werden (vgl. hiezu OSER, a.a.O., sowie BGE 48 II 95 f.). Ob der Beklagte
als Bürge die Statuten der Klägerin selber gelesen habe, fällt nicht
entscheidend in Betracht; denn erstens war die Genossenschaft in jedem Falle
ihm gegenüber verpflichtet, dieselben zu beachten, und zweitens liegt, ganz
abgesehen von den Statuten, eine Geschäftsgepflogenheit der Organe der Kasse
vor, deren Risiken mitzuübernehmen nach Treu und Glauben nicht als
Vertragsmeinung dem Bürgen unterstellt werden darf.
Bei der Beurteilung des Geschäftsgebarens der Organe der Klägerin ist gewiss
mit der Vorinstanz dem Umstand in billiger Weise Rechnung zu tragen, dass es
sich, wie sie ausführt, um eine kleinere Darlehenskasse handelt, deren
Vorstandsmitglieder landwirtschaftlichen und gewerblichen Kreisen angehören
und über spezielle Bank- oder eigentliche kaufmännische Kenntnisse nicht

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verfügen. Ein Bankinstitut, das sich mit ungenügend qualifizierten Organen
versieht, hat jedoch die damit verbundenen Gefahren in erster Linie selber zu
tragen, und darf sie nicht einfach auf den Dienstbürgen abwälzen, welcher
berechtigt ist, bei der Organisation und dem Betrieb eines, wenn auch kleinen
und bescheidenen Bankunternehmens einigermassen geordnete Verhältnisse
vorauszusetzen. Auch kann nicht eingewendet werden, dass dem Beklagten, als er
sich verbürgte, die Zustände, wie sie bei der Klägerin herrschten, bekannt
sein mussten, da ja die Bürgschaft unmittelbar nach Gründung der
Genossenschaft eingegangen wurde.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird begründet erklärt und, in Aufhebung des Urteils des
Obergerichts des Kantons Thurgau vom 19. Juni 1928, die Klage abgewiesen.
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Document : 54 II 387
Date : 01. Januar 1927
Published : 23. Oktober 1928
Source : Bundesgericht
Status : 54 II 387
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : Bürgschaft. Art. 509 Abs. II OR.Anwendbarkeit auf Fälle, wo der Hauptschuldner sich in privater...


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