20-1 Schuldbetreibungs und Konkursrecht (Zivilabteilnngen). N° 51,

II. URTEILE DER ZIVÎLABTEILWGEN

ARRÈTS DES SECTIONS CIVILES

51. Auszug aus dem Urteile der II. Zivilabteilung vom 1. December
192? i. S. Athengegen Ranker-Wa der Kotarwagenfebrik _Arbenz L-G.

Die Wirkungen des Konkurserkenntnisses auf das Vermögen des Schuldners
und die Rechte der Gläubiger beginnen erst mit dem Entscheid über das
vom Schuldner eingelegte R e c h t s mi t t e 1, wenn diesem a n is c
h i e b e n d e Wir k u n g zuerkannt werden ist (Erw. 2).

Die Konkurseröffnung über eine Aktieng e s e l l s c h a f t, zieht
nicht deren sofortigen Untergang nach sich (Erw. 2).

Einfluss der Konkurseröfinung über den D i e n s t h e r r n auf den
Dienstvertrag, namentlich Voraussetzungen und Modalitäten eines weiteren
Lohnanspruches des Dienstpflichtigen, OR Art. 332, 354. (Erw. 2.)

Der Richter darf die Verrechnung von Lohns c h u I (l c 11 nur verweigern,
wenn sich aus den Vorbringen des Dienstpflichtigen ergibt, dass der
Lohn zu seinem Unterhalt und zum Unterhalt seiner Familie unbedingt
erforderlich ist, OR Art. 340 (Erw. 6).

SchKG Art. 213 Abs. 2 verbietet nur einem Konkursgläubiger, nicht
aber den Organen des Konkursveriahrens die V e rrechnung rückständiger
Aktienbeträge u. dergl. (Erw. 5).

_ A. Der Kläger war gegen ein jährliches Salair von

24,000 Fr. als Direktor der Motorwagenfabrik Arbenz A..-G. angestellt
mit halbjährlicher Kündigung je auf das Ende eines Kalenderjahres.

Am 18. Dezember 1921 vormittags 11 Uhr sprach das Obergericht des Kantons
Zürich in Gutheissung eines Rekurses der A. G. Leu & C.le das von dieser
ohne vorgängige Betreibung gestellte, vom erstinstanzlichen Konkursrichter
jedoch abgewiesene Konkursbegehren _zu.

Gegen diesen Entscheid führte die Arhenz A.-G. beim

Schuldbetreibungsr und Konkursrecht (Zivilabteilnngen). N° 51 285

kantonalen Kassationsgerichte Nichtigkeitsbeschwerde, worauf dessen
Präsident die Vollstreckung einstellteInzwischen hatte die Arbenz A; G. am
I?. Dezember 1921 dem Konkursrichter behufs Konkurseröifnung mitgeteilt,
dass ihre Aktiven die Schulden nicht mehr decken. Gleichzeitig suchten
jedoch eine Anzahl Gläubiger um Aulschiebung der Konkurseröfinung
nach. Letztere-m Antrag entsprechend bezeichnete der Konkursrichter am
30. Dezember 1921 die Schweizerische Revisionsgesellschait ,A.-G. als
Sachwalter, unter deren Leitung nun mit dem Fabrikationsbetrieb
fortgefahren wurde. Am 29. März 1922 wies dann aber das Kassationsgericht
die Nichtigkeitsbeschwerde ab. In der Konkurspuhlikation vom 3. April
ist der 16. Dezember 1921 als Datum der Konkurseröffnung, der 29. März
1922 als Datum der Rechtskraft angegeben.

In der Folge, eigenem Geständnis gemäss spätestens am 1. Juni 1922,
verlegte der Kläger seinen Wohnsitz nach Lugano. In der zweiten
Hälfte August reiste er nach Deutschland und hielt sich bis Mitte
September dort auf. Der ausserordentliche Konkursverwalter, Rechtsanwalt
Streit, erklärte, er habe den Kläger nie zu Gesicht bekommen, vielmehr
verschiedene Male auffordern müssen, zum Zwecke der Unterzeichnung des
Inventars vorzusprechen, was dann gegen Ende September 1922 geschah. Schon
' während der Dauer der saehwalterschaft der Revisionsgesellschaft war
er laut deren Bericht im Betriebe nie tätig gewesen.

Im Konkurs über die Arbenz A.-G. meldete der Kläger neben anderen
Forderungen im Betrage von rund 125,000 Fr. eine Gehaltsforderung für die
Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1922 im Betrage von 24,000 Fr. an und
machte er diese Forderungen nach erfolgter Abweisung im Kollokationsplane
mit der vorliegenden Kollokationsklage geltend.

Die Beklagte bestreitet die Gehaltsforderung, sowie einzelne der ausserdem
geltend gemachten Forderungen,

206 Schuldbetreibungs und Konkursrecht {Zivflabteiiu'ngèn}. N° 51.

eventuell aberwill sie dieselben, gleich wie die anerkannten Forderungen,
mit Gegenfordernngen verrechnen, in erster . Linie und hauptsächlich mit
rückständiger-i Aktienbetr'agen von 545,000 Fr. aus einem vom Kläger
ausgestellten Zeichnungsschein vom 27. Januar 1920 über 600 Aktien à
nom. 1000 Fr. pro Aktie im Totalbetrage von 600,000 Fr.

B. Durch Urteil vom 1. Juli 1927 hat das Obergericht des Kantons Zürich
neben anderen Forderungen die Gehalts-bezw. Schadenersatzforderung für
die Zeit vom 1. Februar bis 31. Dezember 1922 im Betrage von 22,000
Fr. begründet, aber mit Ausnahme von 8800 Fr. durch Gegenforderungen der
Beklagten getilgt erklärt. Ein Teilbetrag des Gehaltes von 8800 Fr. ist
von der Verrechnung ausgeschlossen worden.

C. Auf Berufung des Klägers und Anschlussberufung der Beklagten hin
hat das Bundesgericht neben anderen Forderungen die Gehaltsforderung
im reduzierten Betrage von 4000 Fr. begründet erklärt, jedoch die
Verrechnungsreinrede ohne Einschränkung zugelassen und daher die Klage
gänzlich abgewiesen, u. a. aus folgenden

Erwägungen :

2. Gehaltsforderung:

Die Vorinstanz ist davon ausgegangen, dass das Dienstverhältnis zwischen
dem Kläger und der Arbenz A.-G. mit der Konkurseröffnung am 16. Dezember
1921 seine Beendigung gefunden habe, weil die Konkurseröffnung von
Gesetzes wegen die Auflösung der Gesellschaft zur Folge hatte.

Dieser Auffassung kann zunächst nicht beigestimmt werden bezüglich der
Datierung der Konkurseröffnung. Wird gegen das Erkenntnis, welches die
Konkurseröffnung aussPricht, ein Rechtsmittel ergriffen, sei es das
ordentliche der in Art. 174 SchKG vorgesehenen Berufung, sei es ein
ausserordentliches, und wird dem Rechtsmittel aufschiehende Wirkung
zuerkannt, was

Schuldbetrelbungsund Konkursrecht (Zivilabteilungen). N° 51. 20?

auch bei blosser sog. Aufschiebung der Vollstreckung der Fall ist,
wie sie vorliegend stattgefunden hat, so vermag das Konkurserkenntnis
bis zur Entscheidung über das Rechtsmittel weder auf das Vermögen des
Schuldners, noch auf die Rechte der Gläubiger die in Art. 197 ff . und
208 ff. SchKG vorgesehenen Wirkungen

auszuüben. Wollten an das Konkurserkenntnis ungeachtet

der Weiterziehung mit aufschicbender Wirkung derartige Rechtsfolgen
geknüpft werden, so würde dies auf dessen sofortige Vollstreckung nach
der materiellen Seite hinauslaufen. Und es müsste zu nicht entwirrbaren
Komplikationen führen, wenn die Vorschrift des Art. 204 SchKG, wonach
Rechtshandlungen, welche der Gemeinschuldner nach der Konkurseröffnung
in Bezug auf Vermögensstücke, die zur Konkursmasse gehören, vornimmt,
den Konkursgläubigern gegenüber ungültig sind, auf die monatelang hinter
der Entscheidung über das Rechtsmittel und der Konkurspublikation
zurückliegende Zeit angewendet werden wollte, während welcher der
Gemeinschuldner sein Gewerbe befugtermassen weiterbetrieb. Vielmehr
kann der Konkurs über die Arben: A.-G. hinsichtlich der materiellen
Wirkungen erst von dem Zeitpunkt an als eröffnet gelten, in welchem die
Nichtigkeitsbeschwerde abgewiesen wurde. Vorsorgliche Anordnungen zur
Wahrung der Rechte der Gläubiger gemäss Art. 174 Abs. 2 , 170 SchKG sind
nicht getroffen, namentlich ist die Verfügungsbefugnis der Arbenz A. G.
nicht gemäss Art. 162 ff ., besonders 164 SchKG, durch Aufnahme eines
Güterverzeichnisses eingeschränkt worden, und welches immer die dann
am 30. Dezember gemäss Art. 657 Abs. 3 OR bei Anlass der A. u f s c h
i eb u n g der Konkurseröffnung Zur Erhaltung des Vermögens getroffenen
Anordnungen gewesen sein mögen, so können sie unmöglich auf die gleiche
Rechtswirkung hinauslaufen wie die Konkurseröffnung selbst. Dass endlich
auf die irrtümliche Fassung der Konkurspublikation nichts ankommen kann,
bedarf ,keiner weiteren Ausführung. ·

208 schuldhetreibungsund Konkursreeht. kzivilabteixnngeNNO BLQ '
Unzutreffend ist aber auch die Auslegung, welche

die Vorinstanz der Vorschrift des Art. 664 Ziff. 3 OR .

_ gibt, wonach die Aktiengesellschaft durch Eröffnung des Konkurses
aufgelöst wird. Unter der Auflösung im Sinne dieser Bestimmung ist
nicht der Untergang des Rechtssubjektes zu verstehen, wie dies für
den in Ziff. 2 entsprechend geregelten Fall des Aufiösungsbeschlusses
ausgesprochen worden ist (BGE 16 S. 375 f. Erw. 7; 17 S. 325 Erw. 6 ;
vgl. auch BGE 53 III S. 56 f. Erw. 1). Andernfalls würde das Vermögen
der Aktiengesellschaft infolge der Konkurseröffnung herrenlos, da die
Konkursgläubigerschaft (Konkursmasse) ja nicht Rechtsnachfolgerin des
Gemeinschnldners ist, sondern nur das konkursrechtliche Beschlagsrecht
an dessen Vermögen erwirbt. Auch würde den bisherigen Organen
der Aktiengesellschaft nicht mehr die Stellung von gesetzlichen
Vertretern derselben beigemessen werden können, kraft der sie
allein zur Ausübung der Rechte und zur Erfüllung der Pflichten des
Gemeinschuldners im Konkursver-fahren berufen sind bezw. angehalten
werden können. Dass die Löschung im Handelsregister bei der Auflösung
durch die Konkurseröfinung sofort und nicht erst nach der Durchführung
der (Konkurs-)Liquidation erfolgt, ist ein rein registertechnischer
Unterschied ohne materiellrechtliche Bedeutung. Freilich wird das
Eigenleben der Aktiengesellschaft durch die Beschränkung des Zweckes
ihrer Existenz auf die Durchführung der (Konkurs-)Liquidation und durch"
die Einsetzung einer die Tätigkeit der eigenen Organe in weitergehender
Weise verdrängenden Konkursverwaltung schwer beeinträchtigt ; allein
deswegen wird doch nicht mit einem schlage ihre Existenz vernichtet mit
der Folge, dass die von ihr abgeschlossenen Dienstverträge wegen Wegfall
des Dienstherrn nicht würden fortbestehen können.

Mangels einer besonderen Vorschrift zieht die Konkurseröffnung über
den Dienstherrn nicht nur nicht kraft Gesetzes die Auflösung der mit
ihm abgeschlossenen

Schuldhetreibungsund Konkursrecht (Zivilabteilungen). N° 51. 209

Dienstverträge nach sich, sondern sie gibt regelmässig auch nicht
einen wichtigen Grund zur sofortigen Auflösung ab, und zwar weder für
den Dienstpfiichtigen noch für den Dienstherrn. Für die Abwickelung
des Konkurses könnte es von den tatalsten Folgen begleitet sein, wenn
die Dienstpflichtigen auf die Konkurseröffnung über den Dienstherrn
hin den Dienst ohne weiteres verlassen dürften, worauf die Ansicht
der Vorinstanz hinaus; läuft. Damit jedoch der Dienstpflichtige nicht
darauf angewiesen ist, weiterhin Dienste zu leisten, ohne dafür eine
andere Gegenleistung als die Konkursdividende zu erhalten, sofern die
Konkursverwaltung nicht in den Dienstvertrag eintreten will, sieht
Art. 354 OR in spezieller Ausführung des Art. 83 OR vor, dass bei
Zahlungsunfähigkeit des Dienstherrn der Dienstpflichtige befugt ist,
das Dienstverhältnis aufzuheben, wenn ihm für den Lohn auf sein Begehren
nicht binnen angemessener Frist Sicherheit geleistet wird. Macht er
von dieser Befugnis nicht Gebrauch {vielleicht weil er vorzieht, um
die Konkursdividende zu arbeiten, bis er eine andere Stelle gefunden
haben wird, anstatt inzwischen arbeitsund erwerbslos zu werden), so
bleibt er bis auf weiteres zur Dienstleistung verpflichtet und erwirbt
er Anspruch auf die Konkursdividende vom vertraglichen Lohn bezw.
einer entsprechenden Schadenersatzforderung nur durch Fortsetzung
der Dienstleistung bezw. deren erfolgloses Anbieten. Hiebei macht es
keinen Unterschied aus, ob man im Konkurse des Dienstherrn Art. 332 OR
anwenden will was zwar in BGE 48 III S. 188 ff. mindestens für den Fall
verneint worden ist, dass die Konkursverwaltung unverzüglich ablehnt,
in den Dienstvertrag eintreten zu wollen , also dem Dienstpflichtigen
den Lohnanspruch zuerkannt, oder aber ihn auf das Erfüllungsinteresse
verweist; so oder anders hängt die Forderung davon ab, dass der Dienstherr
mit der Annahme der Dienstleistung in Verzug kommt, sei es nach der
unzweideutigen Fassung des Art. 332 OR, sei

210 Schuldbetreibuugsund Henker-Miit (Zîvifabteikungm). N° 5}.

es nach den allgemeinen Vorschriften des GR über die Umwandlung einer
vertraglichen Leistung in Schadenersatz.

Nun behauptet aber der Kläger selbst gar nicht, er habe nach der
Konkurseröffnung Ende März 1922 Dienste geleistet oder auch nur angeboten,
sie seien aber nicht angenommen werden. Und der Konkursverwalter
stellt ausdrücklich in Abrede, dass der Kläger ihm irgendwie habe
an Hand gehen wollen, was übrigens um so unwahrscheinlicher ist, als
der Kläger seine Tätigkeit als Direktor schon vor der Rechtskraft des
Konkurserkenntnisses nicht mehr regelmässig ausgeübt hat, sobald ihm ein
gerichtlicher Sachwalter zur Seite gesetzt wurde. Schon bald nachhernahm
er weit entfernt von Zürich Wohnsitz, was ihm die weitere Dienstleistung
ohnehin verunmöglichte, und später hielt er sich zum Teil im Ausland
auf. Unter diesen Umständen kann er aus dem Anstellungsvertrag weder
Lohnnoch Schadenersatzforderungen über den Zeitpunkt hinaus herleiten,
in welchem das Konkurserkenntnis Rechtskraft besehritten hat (Ende März
1922). Für den Monat Januar ist ihm nach Feststellung der Vorinstanz der
Gehalt gezahlt worden, ohne dass der Kläger in der von Art. 67 Abs. 2
OG vorgesehenen Weise eine Aktenwidrigkeit geltend gemacht hätte. Somit
ist er noch mit dem Gehalt für zwei Monate im KollokationsPian zuzulassen.

5. Verrechnung:

Die erste und hauptsächlichste der Gegenlerderungen, mit denen die
Beklagte verrechnen will, wird daraus hergeleitet, dass der Kläger die
durch die Aktienzeichnung vom 27. Januar 1920 eingegangene Verpflichtung
nur zu einem kleineren Teil erfüllt habe, nämlich im Umfange von einer
Million Mark, umgerechnet zum damaligen Tageskurse von 5,5. Art. 213
Abs. 2 SchKG, wonach im Konkurs einer Aktiengesellschaft rückständige
Aktienbeträge nicht mit Forderungen gegen die Gesellschaft verrechnet
werden können, steht dieser VerrechnungSehnldbetreibungsund Konkani-echt
(Zivilahteilungen). N° 51. 211

nicht entgegen. Jene Vorschrift über die Wirkung des Konkurses auf die
Rechte der Gläubiger (vgl. die Überschrift zu Art. 208 -220 ) bildet eine
der durch die Verweisung in Art. 123 Abs. 2 OR vorgesehenen Ausnahmen
von der in Art. 123 Abs. 1 OR aufgestellten

Regel, dass im Konkurse des Schuldners die Gläubiger

ihre Forderungen verrechnen können mit Forderungen die dem Gemeinschuldner
ihnen gegenüber zusteheu, schliesst also lediglich das Verrechnungsrecht
des Kon-

'kursgläubigers aus, der noch mit Aktienbeträgen rück--

ständig ist, damit diese ihrem Zweck, den (sämtlichen) Gläubigern
der Aktiengesellschaft zu haften, nicht entfremdet werden. Freilich
ist nicht zu verkennen, dass es zum gleichen die Konkursgläuhiger
schädigenden Ergebnis führt, wenn es die Konkursverwaltung ist, welche
eine Konkursforderung mit der Gegenforderung des Gemeinschuldners
an rückständigen Aktienbeträgen verrechnet, anstatt jene im
Kollokationsplan zuzulassen und die rückständigen Aktienbeträge in
vollem Umfang einzufordern oder mit ihnen die auf die Konkursforderung
entfallende Dividende zu verrechnen. (Auf letzteres scheint es die
Beklagte ursprünglich abgesehen zu haben; doch ist ihr zutreffend
schon vor der ersten Instanz bedeutet worden, dass die Geltendmachung
von Gegenkorderungen gegenüber Kollokationsklagen nicht anders als im
Sinne der Verrechnung der Konkursforderung selbst möglich ist, vgl. BGE
40 III S. 105 f.). Allein es kann nicht als Aufgabe der Zivilgerichte
angesehen werden, den Organen des Konkursverfahrens zu verwehren, eine
vom Aktienzeichner angemeldete Konkursforderung mit der Gegenforderung
an rüek. ständigen Aktienbeträgen zu verrechnen, was ja jeweilen von
Amtes wegen zu geschehen hätte, da es dem Kollokationskläger kaum je
einfallen wird, eine bezügliche Einwendung zu erheben. Freilich soll
eine derartige Verrechnung regelmässig nicht erklärt werden, ohne dass
die Gläubigerschaft auf die Einziehung der rückständigen

212 Schuldbetreibungs und Konkursrecht (Zivilabteiinngen). N° 51.

Aktienbeträge verzichtet hat und den einzelnen Gläubigern die Abtretung
dieses Rechtsanspruches angeboten worden ist, mindestens insoweit die
rückständigen Aktienbeträge die mutmasslich auf die Konkursforderung
des Zeichners entfallende Konkursdividende übersteigen. Indessen sind
die Gerichte gar nicht in der Lage zu prüfen, ob vorerst auf diese Weise
verfahren wurde, weil die Konkursverwaltung von Gesetzes wegen (Art. 240
SchKG) zur Vertretung der Konkursmasse vor Gericht legitimiert ist und
daher nicht zu weiterer Rechtfertigung ihrer Legitimation verpflichtet
werden kann, zumal wenn der Prozessgegner keine bezüglichen Einwendungen
erhebt (vgl. BGE 51 III S. 161 f.). Im vorliegenden Fall erscheint
übrigens die Verrechnung seitens der Konkursverwaltung umso weniger
bedenklich, als über 400,000 Fr. an rückständige-n Aktienbeträgen von
der, Verrechnung nicht berührt werden, zweifellos mehr, als der Kläger
zu leisten im Stande sein wird. '

(i. Verrechenbarkeit der Gehaltsf o r d e r u n g :

Ohne dass der Kläger einen solchen Antrag stellte, hat die erste
Instanz und übereinstimmend auch die Vorinstanz in Anwendung des
Art. 340 OR die Verrechnungseinrede der Beklagten gegenüber einem
Teile der Gehaltsforderung des Klägers als unzulässig erklärt, nämlich
bis zu 800 Fr. des Monatsgehaltes. Entsprechend dem Art. 93 SchKG,
wonach'Lohnguthaben nicht durch Pfändung entzogen werden können, insoweit
sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten dem betriebenen Schuldner und
seiner Familie unumgänglich notwendig sind, will die angeführte Vorschrift
den Dienst-,lohngläubiger davor schützen, dass ihm der geschuldete Lohn,
soweit er zu seinem Unterhalt und zum Unterhalt seiner Familie unbedingt
erforderlich ist, durch Verrechnung mit Gegenforderungen des Dienstherrn
entzogen werde. Liegt es nun zwar den 'Betreibnngsämtern ob, die für
die Entscheidung über die Unpfänd--schuldbetrcibnngsund. Konkursrecht
(Zivilabteilungcn). N° 51. 313

barkeit massgebenden Tatsachen von Amtes wegen zu erforschen und
festzustellen, so würde es gänzlich aus dem Rahmen der Aufgaben
der Zivilgerichte fallen, wenn sie die Entscheidung über die
Unverrechenbarkeit der Lohnforderung unter Berücksichtigung von seiten
der Parteien, namentlich des Lohngläubigers, nicht vorgebrachten
Umständen treffen dürften. Nun hat der Kläger freilich, wenn auch nur
beiläufig, behauptet, durch den Zusammenbruch der Arbenz A.-G. sein
ganzes Privatvermögen verloren zu haben. Indessen durfte ihm dies ohne
Verletzung der Beweisregel des Art. 8 ZGB nicht ohne weiteres geglaubt
werden, zumal da aus den Akten ersichtlich ist, dass er auch andere
Vermögenswerte als Aktien und Guthaben an der Arbenz A.-G. besass,
insbesondere zwei Automobile und eine Villa, und dass es ihm in der
auf den Zusammenbruch folgenden Zeit nicht an Mitteln fehlte, um einen
kostpieligen Umzug und Auslandreisen zu unternehmen, sowie das in der
Strafuntersuchung eingeholte, ihm günstige Gutachten durch den Druck
vervielfältigen zu lassen. Unter diesen Umständen hätte es dem Kläger
Aobgelegen, darzutun, dass er keine Mittel für seinen und seiner Familie
Unterhalt besitze bezw. in der Zeit seit dem. Verfall des rückständigen
Lohnes bis zur Auf-lage des Kollokationsplanes im Sommer 1922 besessen und
den Unterhalt, sowie die angeführten Aufwendungen nur mit fremder Hilfe
habe bestreiten können. (Denn für die Frage nach der Unverrechenbarkeit
des Lohnes kann es nicht auf die Verhältnisse in dem möglicher-

ss weise, wie gerade hier, um Jahre nach der Fälligkeit

des Lohnes und der Aufrechnung liegenden Zeitpunkt ankommen.) Etwas
derartiges hat jedoch der Kläger nie behauptet, wie es ihm selbst ja
nicht eingefallen ist, sich auf Art. 340 OR zu berufen. Hievon abgesehen
erschiene der von der Verrechnung ausgeschlossene Betrag übermässig
hoch bemessen.
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 53 III 204
Date : 01 juillet 1927
Publié : 31 décembre 1927
Source : Tribunal fédéral
Statut : 53 III 204
Domaine : ATF - Droit des poursuites et de la faillite
Objet : 20-1 Schuldbetreibungs und Konkursrecht (Zivilabteilnngen). N° 51, II. URTEILE DER


Répertoire des lois
CC: 8
CO: 83  123  208  220  332  340  354  657  664
LP: 93  162  170  174  197  204  213  240
OJ: 67
Répertoire ATF
48-III-185 • 51-III-160 • 53-III-54
Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
action en contestation de l'état de collocation • administration de la faillite • administration spéciale de la faillite • allemagne • assigné • automobile • autorité inférieure • autorité judiciaire • avocat • besoin • contrat individuel de travail • contre-prestation • copie • créance dans la faillite • d'office • demeure • dessinateur • directive • directive • dissolution de la société • dividende • dommages-intérêts • droit au salaire • droit des poursuites et faillites • durée • débiteur • début • décision • défendeur • délai raisonnable • dépendance • effet • emploi • enquête pénale • entreprise • famille • fin • hameau • inventaire • jour déterminant • juste motif • langue • liquidation • manifestation • masse en faillite • militaire • mois • montre • moyen de droit • objection • offre de contracter • ouverture de la faillite • peintre • pouvoir d'appréciation • première instance • pression • procédure de faillite • pré • préposé aux poursuites • qualité pour agir et recourir • question • rapports de service • recours joint • rencontre • représentation légale • réquisition de faillite • salaire • société anonyme • sujet de droit • suppression • travailleur • tribunal cantonal • tribunal civil • tribunal fédéral • volonté • état de collocation