456 Sachenrecht. N° 78.

ist. Und im Gutachten Siegwart wird zwar zum Schlusse betont : der
Rechten wie den der Klägerin in den Urkun' den von 1743 und 1918
zugestandenen eigentümliche. Inhalt bestehe nicht nur darin, den
gegenwärtig bereits klar absehbaren Nutzen ziehen zu können, sondern
auch durch menschliches Verhalten nicht um den nach dem normalen Lauf
der Dinge für die Zukunft zu erwartenden Nutzen gebracht zu werden : es
soll daraus nach der an einer anderen Stelle des Gutachtens verwendeten
Formulierung folgen, dass es sich um eine Berechtigung handle, die
nicht bloss den See und Strandboden, sondern auch die Aa ergreife
und bis zu den von der Beklagten s erstellten Staubecken hinaufreiche
. Doch wird irgend ein Beweis für diese Behauptung nicht zu leisten
versucht. Weder können Vorgänge angeführt werden, aus denen auf den
Willen des Gemeinwesens zu schliessen wäre, eine solche Beschränkung in
der Verfügung über die öffentliche Sache einzugehen, noch ein'früheres
oder gegenwärtiges kantonales Gesetzesoder Gewohnheitsrecht, das dazu
führen müsste, den in Frage stehenden Vereinbarungen zwischen Staat
und Genossame diese ss aussergewöhnliche und weit über ihre Fassung
hinaus ., reichende Bedeutung beizumessen Dagegen spricht übrigens
auch schon das eigene frühere Verhalten der lägerin. Nicht nur hat sie
wegen der bei den versichiedenen Verbauungen von Seitenbächen der Aa
angebrachten Vorrichtungen zum Zurückhalten des Geschiebes (Kiessammlern)
seinerzeit keine Einsprache erhoben oder Entschädigung verlangt sondern
es auch von jeher geduldet, dass Bezirk, Gemeinden und Korporationen dem
Flussbett hier und dort vor der Einmündung in den See Kies und Sand für
Strassenunterhaltsoder ähnliche Zwecke entnahmen. Selbst wenn man annehmen
wollte, dass es sich bei den Bachkorrektionen um öffentlichrechtliche
Eingriffe gehandelt habe, die die Klägerin ohne Entschädigungsanspruch
habe hinnehmen müssen, auch wenn damit eine Beschränkung ihr zu--

Sachenrecht. N° 79. 457

stehender Rechte an einem öffentlichen Gewässer verbunden war, so würde
dies doch für jene Materialentnahmen aus dem Fluss nicht zutreffen. Wenn
sie dieselben ohne Einspracheund Vorbehalt geduldet hat, so lässt
sich dies nur so erklären, dass sie bis zur Erteilung der streitigen
Konzession an die Beklagte selbst der Auffassung war, es stehen ihr
andere Rechte als solche an den Anschwemmungen, wie sie sich längs des
Seeufers tatsächlich bilden, nicht zu. Diese werden aber der Klägerin
nicht entzogen. Die Geschiebeführung der Aa, welche die Anschwernmungen
verursachte, stellte sich für sie als ein bloss tatsächlicher Vorteil dar,
dessen allfälliges Verschwinden durch den Bau des konzedierten Werkes
eine konzessionsmässige Schadenersatzpflicht der Beklagten im Sinne der
angerufenen §§ 11 und 12 der Konzession nicht nach sich zu ziehen vermag.

Demnach erkennt das Bundesgericht : Die Klage wird abgewiesen.

79. Urteil der II. Zlvilabteilung vom 9. Dezember 1927 i. S. Mother gegen
'Io blen

Bei Expropriation eines verpfändeten G r u n d s t ii c k e s hat
im allgemeinen der Grundpfandgläubiger ersten Ranges A n s p r u c
h a u f d i e E n ts c h et {1 i g n n g und rücken die nachgehenden
Grundpfandgläubiger nach (ZGB Art. 801 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 801 - 1 Das Grundpfand geht unter mit der Löschung des Eintrages sowie mit dem vollständigen Untergang des Grundstückes.
1    Das Grundpfand geht unter mit der Löschung des Eintrages sowie mit dem vollständigen Untergang des Grundstückes.
2    Der Untergang infolge von Enteignung steht unter dem Enteignungsrecht des Bundes und der Kantone.
, analog Art. 804, 815,
816 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 816 - 1 Der Gläubiger hat ein Recht darauf, im Falle der Nichtbefriedigung sich aus dem Erlöse des Grundstückes bezahlt zu machen.
1    Der Gläubiger hat ein Recht darauf, im Falle der Nichtbefriedigung sich aus dem Erlöse des Grundstückes bezahlt zu machen.
2    Die Abrede, wonach das Grundpfand dem Gläubiger, wenn er nicht befriedigt wird, als Eigentum zufallen soll, ist ungültig.
3    Sind mehrere Grundstücke für die gleiche Forderung verpfändet, so ist die Betreibung auf Pfandverwertung gleichzeitig gegen alle zu richten, die Verwertung aber nach Anordnung des Betreibungsamtes nur soweit nötig durchzuführen.
), gleichgültig ob es sich um Grundpfandrechte des ZGB oder des
bisherigen kantonalen Rechtes handle (ZGB Art. 853, Schlusstitel Art. 22,
25, 27).

Inwiefern ist Art. 200 des EG zum ZGB für den Kanton Appen-

. zell A. Rh. mit dem Bundesrechte vereinbar ? (Erw. 1.)

A. Der Beklagte ist Eigentümer der Liegenschaft Lochmühle in Teufen, auf
welcher folgende Grundpfandrechte in aufeinanderfolgendem Range lasten :
ein dem Kläger gehörender liegender Zedel von 14,000 Fr.,

458 Sachenrecht. N° 79.

ein Handweohselzedel von 2000 Fr., ein liegender Zedel von 2000 Fr.,
ein Handwechselzedel von 500 Fr., ein Schuldbrief des neuen Rechtes
von 2200 Fr. und Grundpfandversehreibungen von 2800 und 4500 Fr. Ein
Teil dieser Liegenschaft wurde von der Gemeinde Teufen zum Zweck einer
Strassenanlage enteignet. Durch Urteil des Obergerichtes des Kantons
Appenzell A.-Rh. vom 28. Dezember 1925 wurde die Entschädigung wie folgt
festgesetzt : für 3045 m2 bleibend abgetretenen Boden

auf 1 Fr. 15 per m2 ..... = Fr. 3501.75 für 1565 m2 vorübergehend
abgetretenen

Boden (auf welchem Strassenböschungen

angelegt wurden) auf 85 Rp. per rn2 = 1330.25 Inkonvenienzentsehädigung
für Durch-

schneidung der Liegenschaft, Erschwe-

rung und Verhinderung der Kiesaus-

beutung, Verlochung des Heimwesens'

und Abschnürung desselben vom durch-

gehenden Verkehr. . ...... . . 2000.--

Zusammen ...... . . . . . Fr. 6832. Mit der vorliegenden Klage
verlangt der Kläger vom Beklagten Abzahlung seines liegenden Zedels
un Betrage der diesem ausgerichteten, inzwischen hinterlegten
Expropriationsentschädigung.

B. Durch Urteil vom 28: März 192? hat das Obergericht des Kantons
Appenzell A. Rh. erkannt: Die Klage ist im reduzierten Betrage von 4000
Fr. geschützt nebst laufendem Zedelzins; es ist der Titel um diesen
Betrag der Pfandbarkeit zu entlasten und es schliessen in der Folge
sämtliche folgenden Pfandlasten auf. )Den Urteilsgründen ist zu entnehmen
: In quantitativer Beziehung darf in Betracht gezogen werden, dass der
Beklagte im Expropriationsverfahren mit 6832 Fr. für die Bodenabtretung
und Inkonvenienz etc. während des Strassenbaues gut entschädigt worden
ist. Da die Differenz der Pfandschatzung vor und nach der Abtre-

Sachenrecht. N° 79. 459

tung des Bodens 4000 Fr. beträgt (1917 22,000 Fr. und am 30. Juli 1926
18,000 Fr.), ist die Klage in diesem reduzierten Betrage zu schützen.

C. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte die Berufung an das Bundesgericht
eingelegt mit den Anträgen :

die Klage sei abzuweisen,

eventuell sei die Abzahlung an den Eigentümer des ersten Zedels auf
2000 Fr. zu reduzieren, und zwar ohne Nachrückungsrecht der nachgehenden
Pfandlasten, jedenfalls sei das angefochtene Urteil insoweit aufzu-heben,
als es verfügt, dass in der Folge sämtliche Pfandlasten aufzuschliessen
haben.

D. (Bezugnahme auf folgende kantonale Gesetzesbestimmungen :

a) Gesetz über das Pfandrecht an Liegenschaften (Zedelgesetz) von 1882
Art. 6-10, 12 Abs. 3, 16 Abs. 3, 19;

b) Gesetz betreffend Zwangsabtretung von 1902 Art. 25;

c) Gesetz betreffend die Einführung des schweiz. ZGB von 1911 (EG zum ZGB)
Art. 200 ff.).

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

1. Während die erste Instanz, das Appenzell A. Rh. Bezirksgericht des
Mittellandes, die Klage in Anwendung des Bundeszivilrechtes, speziell
des Art. 810
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 810 - 1 Wertverminderungen, die ohne Verschulden des Eigentümers eintreten, geben dem Gläubiger nur insoweit ein Recht auf Sicherstellung oder Abzahlung, als der Eigentümer für den Schaden gedeckt wird.
1    Wertverminderungen, die ohne Verschulden des Eigentümers eintreten, geben dem Gläubiger nur insoweit ein Recht auf Sicherstellung oder Abzahlung, als der Eigentümer für den Schaden gedeckt wird.
2    Der Gläubiger kann jedoch Vorkehrungen zur Beseitigung oder Abwehr der Wertverminderung treffen. Er hat für deren Kosten an dem Grundstück ohne Schuldpflicht des Eigentümers ein Pfandrecht. Dieses Pfandrecht entsteht ohne Eintragung im Grundbuch und geht jeder eingetragenen Belastung vor.657
3    Ist der Betrag des Pfandrechts höher als 1000 Franken und wird dieses nicht innert vier Monaten nach Abschluss der Vorkehrungen in das Grundbuch eingetragen, so kann es Dritten, die sich in gutem Glauben auf das Grundbuch verlassen, nicht entgegengehalten werden.658
ZGB, beurteilte und abwies, hat die Vorinstanz kantonales
Recht, nämlich das in Art. 200 EG zum ZGB für die beim Inkrafttreten
des ZGB bestehenden liegenden Zedel, Handwechselzedel und Terminzedel
vorbehaltene kantonale Zedeigesetz von 1882 zur Anwendung gebracht.
Die Unhaltbarkeit dieser Auffassung springt ohne weiteres in die Augen
bei einem Falle wie dem vorliegenden, wo es sich um eine Liegenschaft
handelt, die nicht ausschliesslich mit alten kantonalen Hypotheken,
sondern ausserdem mit Grundpfandrechten des neuen , eidgenössischen
Rechtes belastet ist. Wenn nämlich nach dem für die. alten kantonalen
Zedel geltenden Zedelgesetz

460 Sachenrecht. N° 79.

der Gläubiger des Zedels im e r s t e n Rang Anspruch auf Abzahlung
machen könnte, wie die Vorinstanz ent' schieden hat, dagegen nach dem
für die Grundpfandrechte des neuen eidgenössischen Rechtes geltenden
ZGB die Gläubiger hinteren Ranges, wie die erste Instanz angenommen
hat, so entstünde eine Kollision zwischen den Rechten dieser beiden
Gläubigerkategorien, die 'schleehterdings unlöshar wäre; dabei ist
besonders zu beachten, dass sich kein zureichender Grund dafür geltend
machen liesse, den Grundpfandgläubiger ersten Ranges (und damit das
alte kantonale Recht) in erster Linie zu berücksichtigen, wenn das neue
Bundeszivilrecht im Gegenteil die nachgehenden Grundpfandgläubiger in
erster Linie berücksichtigt wissen wollte. (Ob diese Auslegung des ZGB
durch die erste Instanz zutreffend sei, ist in diesem Zusammenhange nicht
zu prüfen, da sich eine gleiche unlösbare Kollision auch dann ergäbe, wenn
umgekehrt das ZGB dem Gläubiger ersten Ranges, ein anderes, gegebenenfalls
anwendbares kantonales Recht aber den nachgehenden Gläubigern alter
Grundpfandrechte dieses Kantons den Vorzug einräumen würde). Hievon
abgesehen darf Art. 22
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 22 - 1 Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
1    Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
2    Das Bürgerrecht wird durch das öffentliche Recht bestimmt.
3    Wenn einer Person das Bürgerrecht an mehreren Orten zusteht, so ist für ihre Heimatangehörigkeit der Ort entscheidend, wo sie zugleich ihren Wohnsitz hat oder zuletzt gehabt hat, und mangels eines solchen Wohnsitzes der Ort, dessen Bürgerrecht von ihr oder ihren Vorfahren zuletzt erworben worden ist.
des Schlusstitels des ZGB, wonach die zur Zeit des
Inkrafttretens des ZGB bestehenden Pfandtitel in Kraft bleiben, ohne dass
deren Anpassung an das neue Recht zu erfolgen hat, nicht dahin ausgelegt
werden, dass diese Pfandtitel schlechthin unter dem bisherigen Rechte
bleiben, oder dass es der kantonalen Einführungsgesetzgebung anheimgegeben
sei, zu bestimmen, inwieweit diese Pfandtitel unter dem bisherigen Recht
bleiben. Vielmehr sind für diese Fragen die nachfolgenden Vorschriften
des Schlusstitels massgebend, u. a. insbesondere Art. 25, wonach sich
der Umfang der Pfandhaft für alle Grundpfandrechte nach dem neuen Rechte
bestimmt, und Art. 27, wonach die Rechte des Pfandgläubigers während
des bestehenden Verhältnisses, wie namentlich die Sicherungsrechte,
(und ebenso die Rechte des Schuld-

siSachenrecht. N° 79. . 481

ners) für alle Pfandrechte vom Zeitpunkte des Inkrafttretens des ZGB
an unter dem neuen Rechte stehen. Hieraus folgt, dass Art. 200 des EG
zum ZGB für den Kanton Appenzell A.-Rh., wonach die beim Inkrafttreten
des ZGB bestehenden liegenden Zedel, Handwechselzedel und Terminzedel
mit einziger Ausnahme des Nachrückungsrechtes den Bestimmungen des
kantonalen Zedelgesetzes von 1882 unterliegen, in dieser allgemeinen
Fassung nicht haltbar ist. Für das Gegenteil kann die Vorinstanz auch
nicht mit Fug den Art. 853
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 853 - Ist die Schuldbriefforderung getilgt, so kann der Schuldner vom Gläubiger verlangen, dass dieser:
1  der Übertragung des Register-Schuldbriefs auf den Namen des Schuldners zustimmt; oder
2  den Pfandtitel des Papier-Schuldbriefs unentkräftet herausgibt.
ZGB in Anspruch nehmen, wonach für die Gülten,
die unter dem kantonalen Recht errichtet worden sind, die besonderen
gesetzlichen Bestimmungen vorbehalten bleiben. Hiemit sind nur diejenigen
Vorschriften des bisherigen kantonalen Hypothekarrechtes gemeint, welche
sich speziell auf die Gülten im Gegensatz zu anderen Grundpfandarten
bezogen (BGE 47 I S. 106). Nun haben aber die von der Vorinstanz zur
Anwendung gebrachten Vorschriften des kantonalen Zedelgesetzes für
alle Arten von Zedeln Geltung beansprucht. so wenig es freilich in
Zweifel gezogen werden kann, dass die liegenden Zedel des appenzell
ausserrhodischen Liegenschaftsrechtes als Gülten anzusehen sind, so ist
umgekehrt nicht weniger sicher, dass den Widerlegbriefen der Gültcharakter
abging, indem sie einfach, zur Sicherung einer persönlichen Forderung
bestimmt waren, wie sie denn ja nach dem Inkrafttreten des ZGB nur noch
vermittelst Umwand-

lung in Grundpfandverschreibungen die Grundpfand-

sicherung zu bewahren vermochten (EG zum ZGB Art. 201). Endlich nimmt die
Vorinstanz zu Unrecht an, das kantonale EG zum ZGB könne als bundesrätlich
genehmigten Gesetz in allen seinen Teilen Rechtskraft beanspruchen, sodass
für die Beurteilung der alten Pfandrechte unser EG Anwendung finden muss
und es in keinem Falle mit der Begründung angeblicher Widersprüche zum
ZGB vor demselben zurückzutreten hätte. Nach ständiger Rechtsprechung
des Bundesgerichtes462 Sachenrecht. N° 79.

(vgl. neuerdings wieder BGE 50 I S. 542 Erw. 3 und 52 I S. 161) enthebt
die Genehmigung kantonaler Erlasse ' durch den Bundesrat die Gerichte bei
Anwendung solcher Erlasse nicht der Prüfung, ob sie mit dem Bundesrechte
vereinbar seien.

Freilich sieht Art. 801 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 801 - 1 Das Grundpfand geht unter mit der Löschung des Eintrages sowie mit dem vollständigen Untergang des Grundstückes.
1    Das Grundpfand geht unter mit der Löschung des Eintrages sowie mit dem vollständigen Untergang des Grundstückes.
2    Der Untergang infolge von Enteignung steht unter dem Enteignungsrecht des Bundes und der Kantone.
ZGB vor, dass der Untergang des
Grundpfandrechtes infolge von Enteignung unter dem Enteignungsrecht
des Bundes und der Kantone steht. Indessen kann das Enteignungsrecht
als solches nur das Verhältnis zwischen dem Enteigner einerseits und
dem Enteigneten und den am enteigneten Grundstück sonstwie dinglich
Berechtigten anderseits ordnen. Vorliegend ist aber ausschliesslich
das Verhältnis zwischen dem Inhaber eines Grundpfandrechtes an dem der
Enteignung unterworfenen Grundstück und dem enteigneten Gmndpfandschuldner
streitig, das nach wie vor ein rein privatrechtliches bleibt und
von dem in Art. 801 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 801 - 1 Das Grundpfand geht unter mit der Löschung des Eintrages sowie mit dem vollständigen Untergang des Grundstückes.
1    Das Grundpfand geht unter mit der Löschung des Eintrages sowie mit dem vollständigen Untergang des Grundstückes.
2    Der Untergang infolge von Enteignung steht unter dem Enteignungsrecht des Bundes und der Kantone.
ZGB zugunsten des (eidgenössischen oder)
kantonalen Enteignungsrechtes gemachten Vorbehalte nicht betroffen
wird. Die Frage nach den im Falle der Enteignung den Grundpfandgläubigern
zustehenden Rechten ist denn auch für den _Hypothekarkredit von zu grosser
Bedeutung, als dass ihre Ordnung nach erfolgter Vereinheitlichung des
Hypothekarrechtes noch den Kantonen überlassen werden dürfte.

Auf dem Boden des Privatrechtes aber ist für die Anwendung des bisherigen
kantonalen Rechtes kein Raum. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch
lässt sich darauf stützen, entweder dass die Grundpfandhaft die nach dem
Grundsatze der dinglichen Surrogation an die Stelle des Grundstückes
tretende Expropriationsentschädigung auch umfasse, oder dass dem
Grundpfandglänbiger bei Wegfall bezw. Verminderung der Grundpfandsicherung
infolge Enteignung des Pfandgrundstückes oder eines Teiles desselben ein
Recht auf anderweitige Sicherung zustehe. Unter beiden Gesichtspunkten
rufen die bereits angeführten Vorschriften des Schlusstitels des ZGB
der Anwendung des neuen Rechtes.

Sachenrecht. N° 79. 463

2. _ In Ermangelung einer besonderen Vorschrift des

' ZGB über die Rechte der Grundpfandgläubiger im Falle

der Enteignung des Pfandgrundstückes ist zunächst zu prüfen, ob dieser
Fall durch eine allgemeine Vorschrift erfasst wird, oder ob sich andere
Sondervorschriften analog anwenden lassen. Die Teilenteignung, wie
sie vorliegend stattgefunden hat, führt die Abtretung eines Teiles
des mit dem Grundpfande belasteten Grundstückes herbei und ruft
insofern einer sinngemässen Anwendung des Art. 833
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 833 - 1 Wird ein Teil des mit einem Grundpfande belasteten Grundstückes oder eines von mehreren verpfändeten Grundstücken desselben Eigentümers veräussert, oder das Unterpfand zerstückelt, so ist die Pfandhaft mangels anderer Abrede derart zu verteilen, dass jeder der Teile nach seinem Werte verhältnismässig belastet wird.
1    Wird ein Teil des mit einem Grundpfande belasteten Grundstückes oder eines von mehreren verpfändeten Grundstücken desselben Eigentümers veräussert, oder das Unterpfand zerstückelt, so ist die Pfandhaft mangels anderer Abrede derart zu verteilen, dass jeder der Teile nach seinem Werte verhältnismässig belastet wird.
2    Will ein Gläubiger diese Verteilung nicht annehmen, so kann er binnen Monatsfrist, nachdem sie rechtskräftig geworden ist, verlangen, dass seine Pfandforderung innerhalb eines Jahres getilgt werde.
3    Haben die Erwerber die Schuldpflicht für die auf ihren Grundstücken lastenden Pfandforderungen übernommen, so wird der frühere Schuldner frei, wenn der Gläubiger diesem gegenüber nicht binnen Jahresfrist schriftlich erklärt, ihn beibehalten zu wollen.
(846, 852) ZGB mit
sofortiger Abzahlung des auf den enteigneten Teil des Grundstückes zu
verlegenden Teiles der Pfandforderung (vgl. Art. 801 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 801 - 1 Das Grundpfand geht unter mit der Löschung des Eintrages sowie mit dem vollständigen Untergang des Grundstückes.
1    Das Grundpfand geht unter mit der Löschung des Eintrages sowie mit dem vollständigen Untergang des Grundstückes.
2    Der Untergang infolge von Enteignung steht unter dem Enteignungsrecht des Bundes und der Kantone.
ZGB, Art. 25
des kantonalen Gesetzes über die Zwangsabtretung) und Ausschluss der
Befugnis des Pfandgläubigers, die Rückzahlung der ganzen Pfandforderung
zu verlangen (vgl. in diesem Sinne Art. 92 des Entwurfes des Bundesrates
vom 21. Juni 1926 zu einem Bundesgesetz über die Enteignung, der insofern
also auch eine Bestimmung über das Grundpfandrecht enthält). Dagegen
vermag Art. 833
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 833 - 1 Wird ein Teil des mit einem Grundpfande belasteten Grundstückes oder eines von mehreren verpfändeten Grundstücken desselben Eigentümers veräussert, oder das Unterpfand zerstückelt, so ist die Pfandhaft mangels anderer Abrede derart zu verteilen, dass jeder der Teile nach seinem Werte verhältnismässig belastet wird.
1    Wird ein Teil des mit einem Grundpfande belasteten Grundstückes oder eines von mehreren verpfändeten Grundstücken desselben Eigentümers veräussert, oder das Unterpfand zerstückelt, so ist die Pfandhaft mangels anderer Abrede derart zu verteilen, dass jeder der Teile nach seinem Werte verhältnismässig belastet wird.
2    Will ein Gläubiger diese Verteilung nicht annehmen, so kann er binnen Monatsfrist, nachdem sie rechtskräftig geworden ist, verlangen, dass seine Pfandforderung innerhalb eines Jahres getilgt werde.
3    Haben die Erwerber die Schuldpflicht für die auf ihren Grundstücken lastenden Pfandforderungen übernommen, so wird der frühere Schuldner frei, wenn der Gläubiger diesem gegenüber nicht binnen Jahresfrist schriftlich erklärt, ihn beibehalten zu wollen.
ZGB keinen Anhaltspunkt dafür abzugeben, welches Recht
dem Pfandgläubiger zum Ausgleich des Minderwertes des dem Enteigneten
verbleibenden und weiterhin der Pfandhaft unterworfenen Restgrundstückes
an der Minderwertsentschädigung zustehe. Hiefür scheint die über die
Sicherungsbefugnisse des Grundpfandgläubigers bei unverschuldeter
Wertverminderung des Pfandgrundstückes aufgestellte Vorschrift des
Art. 810
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 810 - 1 Wertverminderungen, die ohne Verschulden des Eigentümers eintreten, geben dem Gläubiger nur insoweit ein Recht auf Sicherstellung oder Abzahlung, als der Eigentümer für den Schaden gedeckt wird.
1    Wertverminderungen, die ohne Verschulden des Eigentümers eintreten, geben dem Gläubiger nur insoweit ein Recht auf Sicherstellung oder Abzahlung, als der Eigentümer für den Schaden gedeckt wird.
2    Der Gläubiger kann jedoch Vorkehrungen zur Beseitigung oder Abwehr der Wertverminderung treffen. Er hat für deren Kosten an dem Grundstück ohne Schuldpflicht des Eigentümers ein Pfandrecht. Dieses Pfandrecht entsteht ohne Eintragung im Grundbuch und geht jeder eingetragenen Belastung vor.657
3    Ist der Betrag des Pfandrechts höher als 1000 Franken und wird dieses nicht innert vier Monaten nach Abschluss der Vorkehrungen in das Grundbuch eingetragen, so kann es Dritten, die sich in gutem Glauben auf das Grundbuch verlassen, nicht entgegengehalten werden.658
ZGB zuzutreffen. Ja nach dem Vorgang des Gesetzesredaktors
(vgl. stenographisches Bulletin der Bundesversammlung 1906 S. 619 rechts
unten) erachten die Kommentatoren den Art. 810
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 810 - 1 Wertverminderungen, die ohne Verschulden des Eigentümers eintreten, geben dem Gläubiger nur insoweit ein Recht auf Sicherstellung oder Abzahlung, als der Eigentümer für den Schaden gedeckt wird.
1    Wertverminderungen, die ohne Verschulden des Eigentümers eintreten, geben dem Gläubiger nur insoweit ein Recht auf Sicherstellung oder Abzahlung, als der Eigentümer für den Schaden gedeckt wird.
2    Der Gläubiger kann jedoch Vorkehrungen zur Beseitigung oder Abwehr der Wertverminderung treffen. Er hat für deren Kosten an dem Grundstück ohne Schuldpflicht des Eigentümers ein Pfandrecht. Dieses Pfandrecht entsteht ohne Eintragung im Grundbuch und geht jeder eingetragenen Belastung vor.657
3    Ist der Betrag des Pfandrechts höher als 1000 Franken und wird dieses nicht innert vier Monaten nach Abschluss der Vorkehrungen in das Grundbuch eingetragen, so kann es Dritten, die sich in gutem Glauben auf das Grundbuch verlassen, nicht entgegengehalten werden.658
ZGB im Falle der Enteignung
schlechthin als anwendbar. Dem steht jedoch das Bedenken entgegen, dass
das ZGB in diesem Zusammenhang ausdrücklich nur die Abtrennung kleiner
Stücke, die auf weniger als den zwanzigsten Teil der Pfandforderung zu
werten sind, ordnet (Art. 811
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 811 - Wird ein Teil des Grundstückes, der auf weniger als den zwanzigsten Teil der Pfandforderung zu werten ist, veräussert, so kann der Gläubiger die Entlassung dieses Stückes aus der Pfandhaft nicht verweigern, sobald eine verhältnismässige Abzahlung geleistet wird oder der Rest des Grundstückes ihm hinreichende Sicherheit bietet.
ZGB), dagegen für die Abtrennung grösserer
Stücke in anderem Zusammenhange die bereits

464 , Sachenrecht. N° 79.

angeführte Vorschrift des Art. 833 (846, 852) aufgestellt hat. Die
Anwendung beider Vorschriften (Art. 810 u. 833) auf die gleiche
Enteignung, je nachdem es sich um Bodenoder Minderwertsentschädigung
handelt, würde indessen, zumal wenn eine grössere Anzahl von Hypotheken
vorhanden sind, unverhältnismässig komplizierte Rechnungsoperationen
erheischen und ist deshalb abzulehnen. Weder die eine noch die
andere Vorschrift vermöchte übrigens die Enteignung des gesamten
Pfandgrundstückes zu erfassen. Für diese endlich wie auch für die
Teilenteignung liesse sich an die Heranziehung der Vorschrift des
Art. 822
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 822 - 1 Eine fällig gewordene Versicherungssumme darf nur mit Zustimmung aller Grundpfandgläubiger an den Eigentümer des versicherten Grundstückes ausbezahlt werden.
1    Eine fällig gewordene Versicherungssumme darf nur mit Zustimmung aller Grundpfandgläubiger an den Eigentümer des versicherten Grundstückes ausbezahlt werden.
2    Gegen angemessene Sicherstellung ist sie jedoch dem Eigentümer zum Zwecke der Wiederherstellung des Unterpfandes herauszugeben.
3    Im Übrigen bleiben die Vorschriften der Kantone über die Feuerversicherung vorbehalten.
ZGB über den Anspruch des Grundpiandgläubigers auf die
Versicherungssumme denken. Allein diese Bestimmung erschöpft sich
darin, die Versicherungssumme der Grundpfandhaft zu unterwerfen,
und gibt keine Antwort darauf, ob ein Grundpfandgläubiger, dessen
Forderung nicht fällig ist, und eventuell welcher, Abzahlung aus der
Entschädigungssumme verlangen könne. Sc bleibt nichts anderes übrig,
als der. Spezialvorschrift des Art. 804
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 804 - 1 Wird für verpfändete Grundstücke eine Entschädigung in Geld entrichtet, so ist der Betrag an die Gläubiger nach ihrer Rangordnung, oder bei gleicher Rangordnung nach der Grösse ihrer Forderung abzutragen.
1    Wird für verpfändete Grundstücke eine Entschädigung in Geld entrichtet, so ist der Betrag an die Gläubiger nach ihrer Rangordnung, oder bei gleicher Rangordnung nach der Grösse ihrer Forderung abzutragen.
2    An den Schuldner dürfen solche Beträge ohne Zustimmung der Gläubiger nicht ausbezahlt werden, sobald sie mehr als den zwanzigsten Teil der Pfandforderung betragen, oder sobald das neue Grundstück nicht mehr hinreichende Sicherheit darbietet.
ZGB über die Verteilung einer
allfälligen Geldentschädigung im Falle der Güterzusammenlegung eine
allgemeinere Bedeutung beizumessen und sie namentlich auf die Enteignung
verpfändeter Grundstücke allgemein anzuwenden. In der Tat schliesst ja
die Güterzusammenlegung eine Enteignung des bisherigen zersplitterten
Grundbesitzes in sich, wobei" zum Ersatz zwar soweit möglich Grundstücke
zugewiesen werden, ausnahmsweise jedoch auch eine Geldentschädigung. Nach
Art. 804
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 804 - 1 Wird für verpfändete Grundstücke eine Entschädigung in Geld entrichtet, so ist der Betrag an die Gläubiger nach ihrer Rangordnung, oder bei gleicher Rangordnung nach der Grösse ihrer Forderung abzutragen.
1    Wird für verpfändete Grundstücke eine Entschädigung in Geld entrichtet, so ist der Betrag an die Gläubiger nach ihrer Rangordnung, oder bei gleicher Rangordnung nach der Grösse ihrer Forderung abzutragen.
2    An den Schuldner dürfen solche Beträge ohne Zustimmung der Gläubiger nicht ausbezahlt werden, sobald sie mehr als den zwanzigsten Teil der Pfandforderung betragen, oder sobald das neue Grundstück nicht mehr hinreichende Sicherheit darbietet.
ZGB sind solche Entschädigungsbeträge an die Grundpfandgläubiger
nach ihrer Rangordnung abzutragen und dürfen sie ohne deren Zustimmung an
den Schuldner nicht ausbezahlt werden, sobald sie mehr als den zwanzigsten
Teil der Pfandforderung betragen, oder sobald das neue Grundstück nicht
mehr hinreichende Sicherheit darbietet. Erstere Alternativ-Vorausstzung
trifft vorliegend zu. Danach gelangt das Berufungsgericht

Sachenrecht. N° 79. 465

in Anwendung des neuen eidgenössischen Rechtes zum (dem Grundsatz
nach) gleichen Ergebnis wie die Vorinstanz in Anwendung des bisherigen
kantonalen Rechtes, dass der Kläger als Grundpfandgläubiger ersten
Ranges mit Fug Zahlung der Expropriationsentschàdigung zur teilweisen
Tilgung seiner Pfandforderung beansprucht. Nachdem sich der Kläger
dabei beruhigt hat, dass ihm nur knapp zwei Drittel der gesamten
Entschädigung zugesprochen wurden, braucht nicht zur Frage Stellung
genommen zu werden, ob der zwanzigste Teil der Summe sämtlicher
Grundpfandforderungen, und vielleicht ausserdem noch ein gewisser Teil der
Inkonvenienzentschädi-gung, als nicht für Minderwert des dem Beklagten
verbleibenden Grundstückes, sondern für vorübergehende persönliche
Behinderung des Beklagten gewährt, diesem verbleiben müsse. Aus
dem gleichen Grunde und wohl auch mangels Zutreffens der bezüglichen
tatsächlichen Voraussetzungen braucht nicht geprüft zu werden, ob, sofern
auf diese Weise unkündbare und aussergewöhnlich niedrig verzinsliche
Gülten (von infolgedessen erheblich reduziertem Verkehrswerte) zur
Rückzahlung gelangen, der Gültgläubiger sich mit einem dem Verkehrswerte
seiner Gült entsprechenden Teil der Expropriationsentschädigung abfinden
lassen und der Rest dem enteigneten Grundeigentümer verbleiben müsse
zum Ausgleich dafür, dass er beim Hinzukauf anderer Grund-

·

stücke zum Ersatz des ihm entzogenen durch den Zinsen-

dienst stärker belastet werden wird. Ob und inwieweit endlich nachgehende
Grundpfandglänbiger eine Abzahlung verlangen können, nachdem die
Abzahlung an den Kläger nicht die ganze Exprcpriationsentschädigung
umfasst und zwar auch nicht insoweit sie für Land und Minderwert gewährt
wurde _, ist im gegenwärtigen Prozesse nicht zu erörtern. Dagegen ist
unbedenklich in Übereinstimmung mit der Vorinstanz auszusprechen, dass
die nachgehenden Grundpfandgläubiger nach Leistung der Abzahlung an den
Kläger um deren Betrag

466 Sachenrecht. N° 79.

nachrücken. Da die Mittel zur Abzahlung aus dem Suhstanzwerte des
Grundstückes gewonnen werden, der entsprechend beeinträchtigt wird,
würde andernfalls der Grundeigentümer zum Nachteil der nachgehenden
Grundpfandgläuhiger zweimal über den gleichen Wertteil des Grundstückes
verfügen können, zunächst durch Gewinnung der Abzahlungssumme in
Gestalt der Enteignungsentschädigung, und hernach durch wiederholte
Errichtung eines Grundpfandrechtes an Stelle des durch diese Abzahlung
getilgten. In dem der Teilexpropriation ähnlichen Falle, dass bei der
Zwangsvollstreckung in mehrere für die gleiche Forderung verpfändete
Grundstücke nur einzelne derselben verwertet werden müssen (Art. 816
Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 816 - 1 Der Gläubiger hat ein Recht darauf, im Falle der Nichtbefriedigung sich aus dem Erlöse des Grundstückes bezahlt zu machen.
1    Der Gläubiger hat ein Recht darauf, im Falle der Nichtbefriedigung sich aus dem Erlöse des Grundstückes bezahlt zu machen.
2    Die Abrede, wonach das Grundpfand dem Gläubiger, wenn er nicht befriedigt wird, als Eigentum zufallen soll, ist ungültig.
3    Sind mehrere Grundstücke für die gleiche Forderung verpfändet, so ist die Betreibung auf Pfandverwertung gleichzeitig gegen alle zu richten, die Verwertung aber nach Anordnung des Betreibungsamtes nur soweit nötig durchzuführen.
ZGB), der ebenfalls zur Tilgung einer Pfandforderung aus dem
substanzwerte des Pfandes (d. h. eines einzelnen der mehreren Pfänder)
führt, ohne dass das ganze Pfandobjekt (bezw. alle gemeinsam verpfändeten
Grundstücke) dem Eigentümer entzogen wird, ist diesem die nochmalige
Verfügung über denjenigen Teil des Gesamtpkandes, aus dessen Wert die
Abzahlung stattgefunden hat, deswegen natürlicherweise versagt, weil er
sich infolge der Verwertung nun in der Hand eines Dritten befindet. Das
Nachrückungsreoht, welches das ZGB ja nur für den Regelfall verpönt,
ausnahmsweise aber doch zulässt (vgl. Art. 815), vermag bei der
Teilexpropriation das gleiche Ergebnis zu vermitteln. '

Demnach erkennt das Bundesgericht : Die Berufung wird abgewiesen und
das Urteil des Obergerichts des Kantons Appenzell A.-Rh. vom 28. März
1927 bestätigt.

Sachenrecht. N° 80. ss 467

80. Urteil der II. Zivilahteilnng. vom 16. Dezember 1927
i. S. Schweizerische Volksbank gegen Kämpfer.

Bauhandwerkerpfandrecht: ZGB Art. 841, Art. 839 Abs. 2 und Art. 837
Abs. 2 ; VZG Art. 117 ; OR Art. 164
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 816 - 1 Der Gläubiger hat ein Recht darauf, im Falle der Nichtbefriedigung sich aus dem Erlöse des Grundstückes bezahlt zu machen.
1    Der Gläubiger hat ein Recht darauf, im Falle der Nichtbefriedigung sich aus dem Erlöse des Grundstückes bezahlt zu machen.
2    Die Abrede, wonach das Grundpfand dem Gläubiger, wenn er nicht befriedigt wird, als Eigentum zufallen soll, ist ungültig.
3    Sind mehrere Grundstücke für die gleiche Forderung verpfändet, so ist die Betreibung auf Pfandverwertung gleichzeitig gegen alle zu richten, die Verwertung aber nach Anordnung des Betreibungsamtes nur soweit nötig durchzuführen.
.

1. Die Ausfallsforderung der Bauhandwerker muss nicht binnen der nach
Art. 117
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 117 - 1 Kommen bei der Verteilung Pfandforderungen von Bauhandwerkern oder Unternehmern (Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB184 ) zu Verlust, so setzt das Betreibungsamt den letzteren eine Frist von zehn Tagen an, um beim Gericht des Betreibungsortes einen allfälligen Anspruch auf Deckung aus dem den vorgehenden Pfandgläubigern zufallenden Verwertungsanteil (Art. 841 Abs. 1 ZGB185) einzuklagen.
1    Kommen bei der Verteilung Pfandforderungen von Bauhandwerkern oder Unternehmern (Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB184 ) zu Verlust, so setzt das Betreibungsamt den letzteren eine Frist von zehn Tagen an, um beim Gericht des Betreibungsortes einen allfälligen Anspruch auf Deckung aus dem den vorgehenden Pfandgläubigern zufallenden Verwertungsanteil (Art. 841 Abs. 1 ZGB185) einzuklagen.
2    Wird der Prozess innerhalb dieser Frist anhängig gemacht, so bleibt die Verteilung hinsichtlich des streitigen Anteils bis zu gütlicher oder rechtlicher Erledigung des Prozesses aufgeschoben. Wenn und soweit die Klage gutgeheissen wird, hat das Betreibungsamt den Baupfandgläubiger die ihnen auf Grund des Urteils zukommenden Betreffnisse aus dem Verwertungsanteil des vorgehenden unterlegenen Pfandgläubigers zuzuweisen.
3    Ist bei der Steigerung das Pfandrecht des vorgehenden Pfandgläubigers dem Ersteigerer überbunden worden, so wird der obsiegende Baupfandgläubiger bis zur Höhe seines Anspruchs auf Deckung aus dem vorgehenden Pfandrecht gemäss dem ergangenen Urteil in jenes eingewiesen. Zu diesem Zwecke hat das Betreibungsamt die notwendigen Eintragungen im Grundbuch und in den Pfandtiteln von Amtes wegen zu veranlassen.
4    Wird der Prozess nicht innert der angesetzten Frist anhängig gemacht, so schreitet das Betreibungsamt ohne Rücksicht auf die Ansprüche der zu Verlust gekommenen Bauhandwerker zur Verteilung.
VZG anzusetzenden Frist geltend gemacht werden. Diese Frist
will den Baupfandpläubigem bloss die Möglichkeit der Anfechtung in diesem
Verfahren geben, ohne sie hierzu zwingen zu wollen (Erw. 1).

2. Das Bauhandwerkerpfandrecht und der sich daraus herleitende Anspruch
auf Deckung des Ausfalls nach Art. 841
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 841 - 1 Kommen die Forderungen der Handwerker und Unternehmer bei der Pfandverwertung zu Verlust, so ist der Ausfall aus dem den Wert des Bodens übersteigenden Verwertungsanteil der vorgehenden Pfandgläubiger zu ersetzen, sofern das Grundstück durch ihre Pfandrechte in einer für sie erkennbaren Weise zum Nachteil der Handwerker und Unternehmer belastet worden ist.
1    Kommen die Forderungen der Handwerker und Unternehmer bei der Pfandverwertung zu Verlust, so ist der Ausfall aus dem den Wert des Bodens übersteigenden Verwertungsanteil der vorgehenden Pfandgläubiger zu ersetzen, sofern das Grundstück durch ihre Pfandrechte in einer für sie erkennbaren Weise zum Nachteil der Handwerker und Unternehmer belastet worden ist.
2    Veräussert der vorgehende Pfandgläubiger seinen Pfandtitel, so hat er den Handwerkern und Unternehmern für dasjenige, was ihnen dadurch entzogen wird, Ersatz zu leisten.
3    Sobald der Beginn des Werkes auf Anzeige eines Berechtigten im Grundbuch angemerkt ist, dürfen bis zum Ablauf der Eintragungsfrist Pfandrechte nur als Grundpfandverschreibungen eingetragen werden.
ZGB ist zwar ein Sonderrecht einer
gewissen Klasse von Gläubigern, doch nicht höchstpersönlicher Natur.
Es kann daher nach Art. 164
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 164 - 1 Der Gläubiger kann eine ihm zustehende Forderung ohne Einwilligung des Schuldners an einen andern abtreten, soweit nicht Gesetz, Vereinbarung oder Natur des Rechtsverhältnisses entgegenstehen.
1    Der Gläubiger kann eine ihm zustehende Forderung ohne Einwilligung des Schuldners an einen andern abtreten, soweit nicht Gesetz, Vereinbarung oder Natur des Rechtsverhältnisses entgegenstehen.
2    Dem Dritten, der die Forderung im Vertrauen auf ein schriftliches Schuldbekenntnis erworben hat, das ein Verbot der Abtretung nicht enthält, kann der Schuldner die Einrede, dass die Abtretung durch Vereinbarung ausgeschlossen worden sei, nicht entgegensetzen.
OR gültig abgetreten werden (Erw. 2).

3. Der dem Baupfand vorgehe-fide Pfandgläubiger hat einen Anspruch darauf,
den Rechtsbestand der Bauhandwerkerpfandrechte z. B. deren rechtzeitige
Eintragung im Grundbuch gerichtlich überprüfen zu lassen (Erw. 3a).

Er kann die Ungültigkeit des Baupfandrechtes dem Anfechtungsanspruch des
Baupfandgläubigers einredeweise entgegenhalten. Der Pfandausfallschein
(bezw. im Konkurs der Verlustschein) gibt dem Baupfandgläubiger noch
kein endgültige-s Recht zur Geltendmachung des Ausfallsanspruches. Die
Ungültigkeit des Bauplandrechts muss daher

_, nicht schon vor Ausstellung des Pfandausfallscheines geltend
gemacht werden. Zweck des Lastenbereinigungsver ' fahrens ist einzig
die Feststellung, ob und welche Lasten dem betreibenden Gläubiger
vorgehen. Aus der Unterlassung der Bestreitung kann nicht auf eine
Anerkennung des Baupfandrechts geschlossen Werden. Die Bestreitung hat
für den vorgehenden Pfandgläubiger erst einen Sinn, wenn der Verlust des
Baupfandgläubigers feststeht und die erkennbare Überlastung von diesem
geltend gemacht wird (Erw. 3 b).

4. Prüfung der Rechtzeitigkeit der Grundbucheintragung der

in Frage stehenden Baupfandrechte. Art. 839 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 839 - 1 Das Pfandrecht der Handwerker und Unternehmer kann von dem Zeitpunkte an, da sie sich zur Arbeitsleistung verpflichtet haben, in das Grundbuch eingetragen werden.
1    Das Pfandrecht der Handwerker und Unternehmer kann von dem Zeitpunkte an, da sie sich zur Arbeitsleistung verpflichtet haben, in das Grundbuch eingetragen werden.
2    Die Eintragung hat bis spätestens vier Monate nach der Vollendung der Arbeit zu erfolgen.
3    Sie darf nur erfolgen, wenn die Pfandsumme vom Eigentümer anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist, und kann nicht verlangt werden, wenn der Eigentümer für die angemeldete Forderung hinreichende Sicherheit leistet.
4    Handelt es sich beim Grundstück unbestrittenermassen um Verwaltungsvermögen und ergibt sich die Schuldpflicht des Eigentümers nicht aus vertraglichen Verpflichtungen, so haftet er den Handwerkern oder Unternehmern für die anerkannten oder gerichtlich festgestellten Forderungen nach den Bestimmungen über die einfache Bürgschaft, sofern die Forderung ihm gegenüber spätestens vier Monate nach Vollendung der Arbeit schriftlich unter Hinweis auf die gesetzliche Bürgschaft geltend gemacht worden war.
5    Ist strittig, ob es sich um ein Grundstück im Verwaltungsvermögen handelt, so kann der Handwerker oder Unternehmer bis spätestens vier Monate nach der Vollendung seiner Arbeit eine vorläufige Eintragung des Pfandrechts im Grundbuch verlangen.
6    Steht aufgrund eines Urteils fest, dass das Grundstück zum Verwaltungsvermögen gehört, so ist die vorläufige Eintragung des Pfandrechts zu löschen. An seine Stelle tritt die gesetzliche Bürgschaft, sofern die Voraussetzungen nach Absatz 4 erfüllt sind. Die Frist gilt mit der vorläufigen Eintragung des Pfandrechts als gewahrt.
ZGB.
Vollendungsarbeiten ; Aushesserungsarbeiten (Erw. 4 a c).

5. Das Vorrecht des zu Verlust gekommenen Baupfandgläu-

bigers erstreckt sich nach Art. 841
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 841 - 1 Kommen die Forderungen der Handwerker und Unternehmer bei der Pfandverwertung zu Verlust, so ist der Ausfall aus dem den Wert des Bodens übersteigenden Verwertungsanteil der vorgehenden Pfandgläubiger zu ersetzen, sofern das Grundstück durch ihre Pfandrechte in einer für sie erkennbaren Weise zum Nachteil der Handwerker und Unternehmer belastet worden ist.
1    Kommen die Forderungen der Handwerker und Unternehmer bei der Pfandverwertung zu Verlust, so ist der Ausfall aus dem den Wert des Bodens übersteigenden Verwertungsanteil der vorgehenden Pfandgläubiger zu ersetzen, sofern das Grundstück durch ihre Pfandrechte in einer für sie erkennbaren Weise zum Nachteil der Handwerker und Unternehmer belastet worden ist.
2    Veräussert der vorgehende Pfandgläubiger seinen Pfandtitel, so hat er den Handwerkern und Unternehmern für dasjenige, was ihnen dadurch entzogen wird, Ersatz zu leisten.
3    Sobald der Beginn des Werkes auf Anzeige eines Berechtigten im Grundbuch angemerkt ist, dürfen bis zum Ablauf der Eintragungsfrist Pfandrechte nur als Grundpfandverschreibungen eingetragen werden.
ZGB auf den Mehrwert, den das
Grundstück durch die Überbauung gewonnen hat ; er ist gleich dem
Verwertungserlös abzüglich des Bodenpreises. Jeder einzelne Bauhandwerker
hat Anspruch auf Deckung seiner Bauforderung im Verhältnis, in dem er
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 53 II 457
Date : 09. Dezember 1927
Published : 31. Dezember 1927
Source : Bundesgericht
Status : 53 II 457
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : 456 Sachenrecht. N° 78. ist. Und im Gutachten Siegwart wird zwar zum Schlusse betont


Legislation register
OR: 164
VZG: 117  164
ZGB: 22  801  804  810  811  816  822  833  839  841  853
BGE-register
47-I-101
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