42 Obligationenreeht. N° 10.

10. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 1.5. Februar 1927
i. S. Steinhauser gegen Solothurner Handelsbank A..-G.

A R t i e n r e c h t : 1. Art. 75
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 75 - Beschlüsse, die das Gesetz oder die Statuten verletzen, kann jedes Mitglied, das nicht zugestimmt hat, von Gesetzes wegen binnen Monatsfrist, nachdem es von ihnen Kenntnis erhalten hat, beim Gericht anfechten.
ZGB findet keine Anwendung auf
Aktiengesellschaften (Erw. 1).

2. Legitimation des Aktionär-s zur Anfechtung von
Generalversammlungsbesehlüssen ; Kriterien (Erw. 2).

3.fiDer blosse Besitz von Inhaberaktien bildet keine unbedingte,
jeden Gegenbeweis ausschliessende Legitimation für die Ausübung des
Stimmrechts in der Generalversammlung Nichtanwendbarkeit der Art. 846
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 846 - 1 Die Statuten können die Gründe bestimmen, aus denen ein Genossenschafter ausgeschlossen werden darf.
1    Die Statuten können die Gründe bestimmen, aus denen ein Genossenschafter ausgeschlossen werden darf.
2    Überdies kann er jederzeit aus wichtigen Gründen ausgeschlossen werden.
3    Über die Ausschliessung entscheidet die Generalversammlung. Die Statuten können die Verwaltung als zuständig erklären, wobei dem Ausgeschlossenen ein Rekursrecht an die Generalversammlung zusteht. Dem Ausgeschlossenen steht innerhalb drei Monaten die Anrufung des Gerichts offen.
4    Das ausgeschlossene Mitglied kann unter den für den freien Austritt aufgestellten Voraussetzungen zur Entrichtung einer Auslösungssumme verhalten werden.
und
847
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 847 - 1 Die Mitgliedschaft erlischt mit dem Tode des Genossenschafters.
1    Die Mitgliedschaft erlischt mit dem Tode des Genossenschafters.
2    Die Statuten können jedoch bestimmen, dass die Erben ohne weiteres Mitglieder der Genossenschaft sind.
3    Die Statuten können ferner bestimmen, dass die Erben oder einer unter mehreren Erben auf schriftliches Begehren an Stelle des verstorbenen Genossenschafters als Mitglied anerkannt werden müssen.
4    Die Erbengemeinschaft hat für die Beteiligung an der Genossenschaft einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen.
OR. Der A.-G., bezw. den übrigen Aktionären steht die Befugnis zu,
dem Pseudoaktionär sein Nichtrecht entgegenzuhalten (Erw. 3).

4. Simulierte Übertragung von Aktien durch einen Grossaktionär auf Dritte
zwecks Umgehung der stimmt-gethbeschränkung des Art-. 640 Abs. 2 OR
(Erw. 4).

A. _ 1. Der Kläger Steinhauser wurde im Jahre 1908 von der Beklagten
am Hauptsitze in Solothurn als Commis angestellt. Im Juni 1909 kam er
in die Filiale Olten. Im Jahre 1911 erhielt er die Prokura und wurde
zugleich Stellvertreter des Bankverwalters, in welcher Stellung er
einen Jahresgehalt von 10,000 Fr. bezog. Am 15. März 1924 beschloss
der Verwaltungsrat aus im Nachfolgenden darzulegenden Gründen die
sofortige Entlassung des Klägers, unter Zubilligung des Gehaltsbezuges
bis 30. Juni 1924.

2. Am 13. Oktober 1913 hatte die Beklagte mit der A.-G. Leu & Cie in
Zürich einen Interessengemeinschaftsvertrag abgeschlossen, auf Grund
dessen die letztere, im Austausch gegen eigene, zunächst 2819 Aktien der
Beklagten und bei Erhöhung des Aktienkapitals derselben im Jahre 1914 von
2 V2 auf 3 Millionen weitere 1000 Stück à nom. 500 Fr. erwarb. Anlässlich
der Kapitalerhöhung im Jahre 1917 von 3 auf 4 Millionen übernahm sie
1200 Aktien und anlässlich derjenigen im Jahre 1920 von 4 auf 6 Millionen
400 Stück à nom. 500 Fr. Der Geschäftsbericht der A.. G. Leu & Cie

Obligationenrecht. N° 10. 43

weist per 31. Dezember 1920 als dauernde Beteiligung bei der Solothurner
Handelsbank einen Aktienbesitz von 5415 Stück im Nominalwerte von
Fr. 2.707,500 aus.

Im Laufe des Jahres 1920 ergaben sich zwischen den beiden Banken
Differenzen, die sich in der Folge immer mehr verschärften.

3. Am 13. Februar 1924 veräusserte die A.-G. Leu & Cie von den in
ihrem Besitze befindlichen 5415 Aktien der Beklagten im Wege des
Reportgesehäftes 1700 Stück zum Kurse von 350 Fr. an die Berner
Handelsbank in Bern und kaufte dieselben per ultimo März 1924 zum
Kurse von 352 F r. 20 Cts. wieder zurück. Dieses Reportgeschäft
wurde unter verschiedenen Malen erneuert. Zu dem nämlichen Kurse
überliess sie unterm 13. Februar 1924 auch der Schweizerischen Bank für
Kapitalanlagen in Zürich 2000 Aktien der Beklagten, die sie ultimo März
1924 wieder zurücknahm, auch hier mit anschliessender Wiederholung des
Reportgeschäftes.

Bei diesen beiden Banken ist die A.-G. Leu & (3ie finanziell stark
beteiligt. Laut Geschäftsbericht pro 1923 besitzt sie 9414 Aktien der
Berner Handelsbank im

... Nominalwerte von 3,765,600 Fr., bei einem Gesamt-

aktienkapital dieser Gesellschaft von 4,000,000 Fr. Von den 7
Verwaltungsratssitzen kommen ihr 3 zu.

Die Schweizerische Bank für Kapitalanlagen, ein von der A.-G. Leu & Cie
im Jahre 1912 gegründetes Unternehmen, verfügt über ein Grundkapital
von 10 Millionen, das in je 10,000 Namenund Inhaberaktien von nom.
500 Fr. eingeteilt ist. Die A.-G. Leu & Cie besitzt 9475 Aktien der ersten
und 1514 der zweiten Art. Lange Zeit hat sie auch die Verwaltungskosten
dieser Bank getragen. Von den 7 Verwaltungsräten gehören 3 ihrem eigenen
Verwaltungsrate und einer ihrer Direktion an.

4. Zu der von der Solothurner Handelsbank auf den 1. März 1924 nach
Solothurn einberufenen ordentlichen Generalversannnlung erschienen
Dr. Dietler namens der A.-G. Leu & Cie, Dr. Hürlimann namens der

44 Obligationenrecht. N° 10.

Schweiz. Bank für Kapitalanlagen und Fürsprecher Stucki namens der
Berner Handelsbank.

Nach Eröffnung der Versammlung wies der Vorsitzende darauf hin, dass
die A. G. Leu & Cie ihren auf Grund des Interessengemeinschaftsvertrages
als feste Beteiligung erworbenen Aktienbesitz (5415 Stück) zwecks

Umgehung der Stimmrechtsbeschränkung nach Art. 640 ss
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 640 - Die Gesellschaft ist ins Handelsregister des Ortes einzutragen, an dem sie ihren Sitz hat.


OR zum Teil auf die genannten zwei Banken verteilt habe. Anwesend seien
in der Versammlung 79 Aktionäre mit insgesamt 10,015 Aktien, so dass der
A. G. Leu & Cle für ihre 5412 Aktien von den 10,015 Stimmen 1/5 = 2003
Stimmen zustünden, während die Berner Handelshank und die Schweiz. Bank
für Kapitalanlagen vom Stimmrecht anszuschliessen seien. Die Abstimmung
über den Vom Präsidenten in diesem Sinne gestellten Antrag ergab 3837
annehmende und 6034 verwerkende Stimmen. Der Vorsitzende korrigierte
jedoch dieses Ergebnis durch Reduktion der von den 3 Banken abgegebenen
Stimmen auf 2003 und erklärte seinen Antrag mit 3837 gegenüber 2625
stimmen bei einem absoluten Mehr von 3299 als angenommen. In gleicher
Weise verfuhr er bei der Neuwahl des Verwaltungsrates, indem er an Stelle
von _W. Fröhlicher, Dr. Dietler und O. Leihundgut, die ausser den 10
gemeinsamen Kandidaten bei Berücksichtigung der vollen Stimmenzahl gewählt
gewesen Wären, Dr. Studer, J. Simmen und E. Schenker als gewählt erklärte.

5. In dieser Generalversammlung stimmte der Kläger, der Inhaber von 16
Aktien war und sich 63 Stück von Bankkunden zur Vertretung verschafft
hatte, mit der Gruppe Leu gegen die Solothurner Gruppe. Auf Antrag der
Lokalkommission Olten beschloss der Verwaltungsrat in seiner Sitzung
vom 15. März 1924, an welcher 6 Mitglieder teilnahmen, die sofortige
Entlassung Steinhausers wegen Unfähigkeit und Vertrauensmissbrauches,
unter Ausrichtung des Gehaltes bis 30. Juni 1924. Zu diesem Beschlusse
erklärten nachträglich nochObligationenrecht. N° 10. 45

zwei weitere Mitglieder schriftlich ihre Zustimmung.

B. Mit am 3. Juli 1924 beim Richteramt SolothurnLebern eingereichter
Klage hat Steinhauser u. a. das Rechtsbegehren gestellt : ' ,.

Es sei die von der Generalversammlung der Beklagten am 1. März 1924
vorgenommene Wahl des Verwaltungsrates als ungültig zu erklären, und es
seien deshalb die von diesem gefassten Beschlüsse aufzuheben.

Zur Begründung machte er im wesentlichen geltend : Der Verwaltungsrat
sei, weil gesetzwidrig gewählt, zur Beschlussfassung über seine
Entlassung nicht befugt gewesen. Die Berner Handelshank und die
Schweiz. Bank für Kapitalanlangen seien rechtmässige Eigentümer der in der
Generalversammlung durch W. stucki und Dr. Hürlirnann vertretenen Aktien
gewesen. Der Vorsitzende habe in willkürlicher Weise die Stimmen dieser
beiden Banken der A.-G. Leu & Cle zugerechnet und deren Gesamtstimmenzahl
auf 2003 reduziert. In gleicher . Weise sei er auch bei der Neuwahl des
Verwaltungsrates vorgegangen. .

C. Mit Urteil vom 12. Juni 1926 hat das Obergerieht des Kantons Solothurn,
in Bestätigung des erstinstanz i lichen Entscheides, dieses Klagebegehren
abgewiesen, _

D. Diesen Entscheid hat das Bundesgericht, in Abweisung der vom Kläger
dagegen ergriifenen Berufung, bestätigt, aus folgenden

Erwägungen :

1. Die auf Art. 75
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 75 - Beschlüsse, die das Gesetz oder die Statuten verletzen, kann jedes Mitglied, das nicht zugestimmt hat, von Gesetzes wegen binnen Monatsfrist, nachdem es von ihnen Kenntnis erhalten hat, beim Gericht anfechten.
ZGB gestützte Einrede der Beklagten, der Kläger habe
ein allfälliges Anfechtungsrecht durch Nichterhebung der Klage binnen
Monatsfrist seit Kenntnisnahme von den Generalversammlungsbe-schlüssen
verwirkt, ist von beiden kantonalen Instanzen mit Recht verworfen
worden. Art. 75
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 75 - Beschlüsse, die das Gesetz oder die Statuten verletzen, kann jedes Mitglied, das nicht zugestimmt hat, von Gesetzes wegen binnen Monatsfrist, nachdem es von ihnen Kenntnis erhalten hat, beim Gericht anfechten.
ZGB ist nach seiner systematischen Stellung und seinem
Wortlaut keine allgemeine Bestimmung über die juristischen Personen im
Sinne der Art. 52 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 52 - 1 Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
1    Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
2    Keiner Eintragung bedürfen die öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten sowie die Vereine, die nicht wirtschaftliche Zwecke verfolgen.80
3    Personenverbindungen und Anstalten zu unsittlichen oder widerrechtlichen Zwecken können das Recht der Persönlichkeit nicht erlangen.
. ZGB, sondern eine spezial-

46 Obligationenrecht. N° 10.

vorschrift des Vereinsrechtes, so dass nach bekannter Rechtsregel schon
aus diesem Grunde eine analoge Anwendung auf die wirtschaftliche Zwecke
verfolgendcn Korperationen, wie die A.-G., nicht stattfinden kann. Die
Übertragung dieser einmonatlichen Klagefrist auf die Aktiengesellschaft
verbietet sich aber namentlich auch deshalb, weil sie zu kurz ist,
indem es in vielen Fällen dem Aktionär angesichts der bei der A. G.
wesentlich komplizierteren Verhältnisse nicht möglich sein würde,
sich die Unterlagen für die Klage innert Monatsfrist zu beschaffen,
so dass sein Anfechtungesrecht praktisch häufig illusorisch wäre
(vgl. EGGER, Z. f. schw. R. n. F. Bd. 45 S. 21). Der Revisionsentwurf
II (1923) sieht denn auch in Art. 721 eine zeitliche Beschränkung
des Anfechtungsrechtes auf 2 Monate vor. Es besteht daher für das
Bundesgericht keine Veranlassung, von der vor Inkrafttreten des ZGB
wiederholt ausgesprochenen Auffassung (BGE 23 II 1830 ; 29 II 463), dass
das Anfechtungsrecht des Aktionärs mangels einer positiven Vorschrift
unbefristet ist, abzugeben.

2. Die Legitimation des Klägers, in seiner Eigenschaft als Aktionär der
Beklagten die von der Generalversammlung am 1. März 1924 vorgenommene
Wahl des Verwaltungsrates, der er nicht zugestimmt hat, als gesetzwidrig
anzufechten, kann nicht zweifelhaft sein. Jeder Aktionär hat einen
Anspruch darauf, dass Gesetz und statuten eingehalten werden und
kann sie verletzende Beschlüsse der Generalversammlung kraft seiner
Mitgliedschaft anfechten, auch wenn die Verletzung nicht gegen ihn
persönlich gerichtet ist, sofern er nur ein rechtliches Interesse
daran hat, dass sie unterbleibe (BGE 41 II 616 ; 50 II 500). Da nach
der Meinung des Klägers jene Wahl deshalb gesetzwidrig ist, weil sie
unter Ausschliessung der Berner Handelshank und der Schweiz. Bank für
Kapitalanlagen vom Stimmrecht erfolgte, wodurch das Abstimmungsergebnis
insofern entscheidend beeinflusst wurde, als lediglich vermöge jener
Massnahme

I lObligationenrecht. N° 10. %?

die drei Verwaltungsratsmitglieder Studer, Simmen und Schenker als
gewählt erklärt werden konnten, ist er auch befugt, im Wege der
Anfechtungsklage feststellen zu lassen, ob und inwieweit die Wahl
rechtsgültig zustandegekommen sei. Sein Interesse hieran ist umso grösser,
als er von dem auf diese Weise gewählten Verwaltungsrat aus seiner Stelle
entlassen worden ist. Unerheblich ist dabei der Umstand, dass die Beklagte
nachträglich die Aktien jener beiden Banken zurückgekauft hat.

3. Bei Beurteilung der Frage, ob die Generalversammlung der Beklagten
vom 1. März 1924 die Berner Handelsbank und die Schweiz. Bank für
Kapitalanlagen, von denen sich die erstere auf einen Aktienbesitz von 1702
und die letztere auf einen solchen von 2000 Stück berief, mit Grund vom
Stimmrecht ausgeschlossen und deren Aktien der ,A.-G. Leu & Cfe unter
Reduktion der Gesamtstiminenzahl gemäss Art. 640
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 640 - Die Gesellschaft ist ins Handelsregister des Ortes einzutragen, an dem sie ihren Sitz hat.
OR zugerechnet habe,
ist grundsätzlich davon auszugehen, dass, entgegen der vom Vertreter der
Berner Handelsbank damals geltend gemachten Auffassung, der blosse Besitz
von Inhaberaktien keine unbedingte, jeden Gegenbeweis ausschliessende
Legitimation für die Ausübung des Stimmrechts bildet. Das Bundesgericht
hat bereits in einem Entscheide vom 28. Mai 1897 i.S. Kanton St.
Gallen ca. Toggenburgerbahn (BGE 23 I 925 ff.) ausgesprochen, dass das
Stimmrecht des Aktionärs kein Fordernngsrecht, d. h. ein Recht auf eine
Leistung der A. G. ist, und dass deshalb die Bestimmungen der Art. 846
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 846 - 1 Die Statuten können die Gründe bestimmen, aus denen ein Genossenschafter ausgeschlossen werden darf.
1    Die Statuten können die Gründe bestimmen, aus denen ein Genossenschafter ausgeschlossen werden darf.
2    Überdies kann er jederzeit aus wichtigen Gründen ausgeschlossen werden.
3    Über die Ausschliessung entscheidet die Generalversammlung. Die Statuten können die Verwaltung als zuständig erklären, wobei dem Ausgeschlossenen ein Rekursrecht an die Generalversammlung zusteht. Dem Ausgeschlossenen steht innerhalb drei Monaten die Anrufung des Gerichts offen.
4    Das ausgeschlossene Mitglied kann unter den für den freien Austritt aufgestellten Voraussetzungen zur Entrichtung einer Auslösungssumme verhalten werden.

und 847
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 847 - 1 Die Mitgliedschaft erlischt mit dem Tode des Genossenschafters.
1    Die Mitgliedschaft erlischt mit dem Tode des Genossenschafters.
2    Die Statuten können jedoch bestimmen, dass die Erben ohne weiteres Mitglieder der Genossenschaft sind.
3    Die Statuten können ferner bestimmen, dass die Erben oder einer unter mehreren Erben auf schriftliches Begehren an Stelle des verstorbenen Genossenschafters als Mitglied anerkannt werden müssen.
4    Die Erbengemeinschaft hat für die Beteiligung an der Genossenschaft einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen.
OR über die lnhaberpapiere insoweit auf Inhaberaktien keine
Anwendung finden. In den Erwägungen wird u. a. ausgeführt, es könne aus
jenen Vorschriften unmöglich gefolgert werden, dass der Gesetzgeber dem
im Besitze von Aktien befindlichen Nichtaktionär gegenüber Einreden
habe ausschliessen wollen, welche gegenüber dem wirklichen Aktionär
kraft positiver Gesetzesbestimmnng zulässig, also eigentlich aus dem
Aktienrecht hergeleitet sind. Art. 640
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 640 - Die Gesellschaft ist ins Handelsregister des Ortes einzutragen, an dem sie ihren Sitz hat.
OR würde seine

48 Obligationenrecht. N° 10.

Bedeutung zum grössten Teil verlieren, wenn die Legitimation
schlechthin durch den Besitz der Aktien geführt werden könnte und
der A. G., bezw. den übrigen Aktionären nicht die Befugnis zustande,
dem Pseudoaktionär sein Nichtrecht entgegenzuhalten, sofern die Form
der Besitzesübertragung zur Umgehung der Stimmrechtsbeschränknngen
missbraucht werden will. Hieran ist festzuhalten. Ein Aktionär kann,
vorbehaltlich einer gegenteiligen Bestimmung in den Statuten, entweder
' einen Dritten nach Stellvertretungsgrundsätzen zur Stimmrechtsausübung
ermächtigen, oder aber auf ihn die mit dem Aktientitel verknüpften Rechte
selbst übertragen, keinesfalls aber ihm nur gerade die Legitimation zur
Rechtsausübung durch Übertragung des Besitzes an den Aktien verschaffen
(vgl. EGGER, a. a. 0. S. 24 f.).

Der Revisionsentwurf II sucht in Art. 709 dem sog. Strohmännertum
durch eine Regelung dahingehend zu begegnen, dass er das Entlehnen
oder Ausleihen von Aktien behufs Ausübung des Stimmrechts in der
Generalversammlung als unstatthaft erklärt und jedem Aktionär das Recht
einräumt, gegen die Teilnahme an der Generalversammlung seitens von
Personen, die nicht Aktionäre oder Vertreter von solchen sind, bei der
Verwaltung Einspruch zu erheben.

4. Auf Grund der Akten, insbesondere der Aussagen Hürlimann, Dietler
und Stucki steht ausser Zweifel, dass die A..-G. Leu & Cie den Grossteil
der Aktien der Beklagten den beiden Banken zu dem Zwecke abgetreten hat,
eine grössere Anzahl Stimmrechte wirksam zu machen, als bei Vereinigung
in einer Hand möglich gewesen wäre, um so in der Generalversammlung die
stimmenmehrheit zu erlangen. In dieser auf Umgehung der gesetzlichen
Stimmrechtsbeschränkung gerichteten Zweckverfolgung kann an sich
freilich noch keine Verletzung des Art. 640
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 640 - Die Gesellschaft ist ins Handelsregister des Ortes einzutragen, an dem sie ihren Sitz hat.
OR gefunden werden. Diese
Bestimmung verbietet dem Grossaktionär nur, von den sämtlichen vertretenen
Stimmrechten mehr als den fünften Teil aufObligationenrecht. No 10. 49

sich zu vereinigen, hindert ihn dagegen nicht, seine Aktien zum Teil
zu veräussern, selbst wenn dies lediglich zu dem Zwecke geschieht,
das mit denselben verbundene Stimmrecht in dem von ihm gewünschten
Sinne geltend machen zu lassen. Denn wenn solchenfalls die Aktien
Dritten zu Eigentum als-getreten sind, so stimmen diese kraft eigenen
Rechts als wirkliche Aktionäre (BGE 25 II 837). Eine unzulässige
Umgehung des Art. 640 hat mithin hier nur dann stattgefunden, wenn
die A. G. Leu & Cle in der Absicht, für ihre Aktien mehr Stimmen zu
schaffen, als ihr gesetzlich zustehen, die fraglichen Aktientitel den
beiden Banken zur Ausübung des Stimmrechts überlassen hat, ohne diese
zugleich zu Eigentümern der Aktien zu machen. Es fragt sich m. a. W.,
ob die im Februar 1924 abgeschlossenen Reportgeschäfte ernst gemeint
oder aber bloss simuliert waren. Die Vorinstanz ist nach eingehender
Würdigung der Verhältnisse, insbesondere in Berücksichtigung der
starken wirtschaftlichen Abhängigkeit der Berner Handelsbank _ und der
Schweizerischen Bank für Kapitalanlagen von der A.-G. Leu & C, die bei
beiden von ihr selbst als Tochterunternehmungen bezeichneten Banken
die Mehrheit der Aktien besitzt, sowie des Verhältnisses der A. G. Leu &
Cle zur sog. Solothurner Gruppe, deren Stimmenmehrheit laut dem Ergebnis
des Zeugendeweises durch die Aktienverteilung gebrochen werden sollte,
in Verbindung mit dem Umstande, dass jene Aktien bis zum 29. März 1924
im Depot der A.-G. Leu & Cie blieben, zu dem Schlusse gelangt, dass es
sich um blosse Scheingeschäfte gehandelt habe. Ihre Ausführungen Sind
weder materiellrechtlich, noch aus dem Gesichtspunkte aktenwidriger
Voraussetzungen zu beanstanden, so dass darauf ohne weiteres verwiesen
werden kann. 5. Ist darnach aber eine Übertragung des Eigentums an
den Aktien der Beklagten auf die beiden Banken nicht erfolgt, so
war die Ausschliessung dieser vom Stimmrecht und die Reduktion der
Gesamtstimmenzahl AS 53 n 1927 4

SU Obligationenrecht. N° 11.

der A.-G. Leu & Cie auf 1/5 der sämtlichen vertretenen Stimmrechte
gerechtfertigt, und es muss daher auch die auf diese Weise vorgenommene
Wahl des Verwaltungsrates als rechtsgültig zustandegekommen angesehen
werden. Daraus ergibt sich zugleich, dass eine Ungültigerklärung der von
diesem gefassten Beschlüsse in Hinsicht auf den Wahlakt nicht in Frage
kommen kann.

11. Extraits de I'm-rät de 1a. IW Section civile du 22 février 1927 dans
la cause Huber contre Tartaglia. Acte illicite. Privation d'un soutien
(art. 45 al. 3 CO).

Definition de ce terme. Reduction de l'indemnité a raison de I'avantage
découlant de l'allocation d'un capital.

Le 13 juillet 1926, à 17 h. 30, Wilhelm Huber traversait le Village des
Verrières, direction Pontarli'er, au volant d'une automobile Fiat, a 4
places, occupee par sa femme ct sa fille. Il roulait sur le còté droit
de la route cantonale, à l'allure de 30 km. a l'hetire. Au meme instant,
Ernest. Tartaglia, horloger et mécanicien, descendait à bicyelette la
rue de la gare. Celle-ci aboutit à la grand'route, sur sa droite dans
le sens de marche de Huber. Tartaglia tenait la gauche de la rue, et
comptait virer, a gauche également, pour se rendre dans la direction
d'où venait l'automobile. Arrive au carrefour, il erat avoir le temps
de traverser la chaussée devant la voiture et fit, dans ce but, un
crochet a droite. Tartaglia fut, néanmoins, atteint par la machine
et renversé. Huber ne l'apercut qu'au moment du choc. L'auto franchit
obliquement la route, traînant devant elle la Victime sur une distance
de 18 mètres, puis elle heurta le trottoir opposé et s'arréta eufin,
quelques mètres plus loin.

Grièvement blessé, Tartaglia fut transporte à l'hòpital de Convet,
où il succemba, le lendemain, d'un oedème pnlmonaire d'origine
traumatique.Obligationem'echt. N° 11. 51

Prévenu d'homicide par imprudence, Huber fut traduit devant le Tribunal
de police du Val-de-Travers. Dans son jugement, du 18 octobre 1926,
ie Tribunal constate que, si l'accident est dù a la kaute de l'accusé
comme à celle de la victime, la fatalité a, cependant, joué dans
cette affaire un role prédominant. Huber n'en a pas moins commis deux
imprudences caractérisées, en rapport de cause à effet avec la mort
de. Tartaglia, savoir en roulant à une Vitesse supérieure à celle prévue
par le règlement, et en négligeant de prèter une attention suffisante
à la marche de sa voiture. Tenant compte de la faute concomitante du
cycliste et de toutes les circonstances de la cause, le Tribunal a,
des lors, condamné le prevenu a la peine de 200 fr. d'amende et aux frais.

Au moment de son décés, Ernest Tartaglia, qui était cèlibataire et ägé de
60 ans, faisait ménage commun avec Due Maria Tartaglia, sa soeur. Celle-ci
se porta partie civile au procès et conclut, avec dépens, à l'allocation
d'une indemnité de 20000 fr.

Statuant le 10 janvier 1927, le Président du Tribunal du district du
Val-de-Travers a accueilli la demande jusqu'ä concurrence de 5000 fr.,
réparti les frais par moitié et compensé les dépens. Le President
considére les fautes de Huber et de Tartaglia comme d'égale gravité,
justifiant, dès lors, une reduction de 50% de l'indemnité. Le préjudice
total causé à Dlle Tartaglia par l'accident s'èlève à 10 000 fr., dont
233 fr. 30 pour frais de traitement et d'inhumation, 9 433 fr. pour
perte de soutien, et le solde pour frais d'intervention comme partie
civile. N'étant pas seule héritière du defunt, la demanderesse est, par
contre, dépourvue de qualité pour réclamer des dommages-intérèts du fait
de la destruction de la bicyclette de Tartaglia. Enfin, l'allocation
d'une indemnité à titre de réparation morale ne se justifie, ni au
regard de l'art. 47 C0, ni en vertu de l'art. 49, vu l'ahsence de kaute
particulièrement grave de Huber, la faute concomitante d'Ernest
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 53 II 42
Datum : 01. Februar 1927
Publiziert : 31. Dezember 1927
Quelle : Bundesgericht
Status : 53 II 42
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 42 Obligationenreeht. N° 10. 10. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom


Gesetzesregister
OR: 640 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 640 - Die Gesellschaft ist ins Handelsregister des Ortes einzutragen, an dem sie ihren Sitz hat.
846 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 846 - 1 Die Statuten können die Gründe bestimmen, aus denen ein Genossenschafter ausgeschlossen werden darf.
1    Die Statuten können die Gründe bestimmen, aus denen ein Genossenschafter ausgeschlossen werden darf.
2    Überdies kann er jederzeit aus wichtigen Gründen ausgeschlossen werden.
3    Über die Ausschliessung entscheidet die Generalversammlung. Die Statuten können die Verwaltung als zuständig erklären, wobei dem Ausgeschlossenen ein Rekursrecht an die Generalversammlung zusteht. Dem Ausgeschlossenen steht innerhalb drei Monaten die Anrufung des Gerichts offen.
4    Das ausgeschlossene Mitglied kann unter den für den freien Austritt aufgestellten Voraussetzungen zur Entrichtung einer Auslösungssumme verhalten werden.
847
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 847 - 1 Die Mitgliedschaft erlischt mit dem Tode des Genossenschafters.
1    Die Mitgliedschaft erlischt mit dem Tode des Genossenschafters.
2    Die Statuten können jedoch bestimmen, dass die Erben ohne weiteres Mitglieder der Genossenschaft sind.
3    Die Statuten können ferner bestimmen, dass die Erben oder einer unter mehreren Erben auf schriftliches Begehren an Stelle des verstorbenen Genossenschafters als Mitglied anerkannt werden müssen.
4    Die Erbengemeinschaft hat für die Beteiligung an der Genossenschaft einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen.
ZGB: 52 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 52 - 1 Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
1    Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
2    Keiner Eintragung bedürfen die öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten sowie die Vereine, die nicht wirtschaftliche Zwecke verfolgen.80
3    Personenverbindungen und Anstalten zu unsittlichen oder widerrechtlichen Zwecken können das Recht der Persönlichkeit nicht erlangen.
75
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 75 - Beschlüsse, die das Gesetz oder die Statuten verletzen, kann jedes Mitglied, das nicht zugestimmt hat, von Gesetzes wegen binnen Monatsfrist, nachdem es von ihnen Kenntnis erhalten hat, beim Gericht anfechten.
BGE Register
23-I-913 • 25-II-832 • 29-II-452 • 41-II-610 • 50-II-496
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • verwaltungsrat • legitimation • inhaberaktie • bundesgericht • weiler • automobil • aktiengesellschaft • bewilligung oder genehmigung • rechtsbegehren • schenker • nominalwert • aktienkapital • stelle • frage • olten • eigentum • entscheid • sucht • verein
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