348 Sachenrecht. N° 56.

auf die Pfandhaft für 10,000 Fr. über die gesetzlichen Bestimmungen des
Art. 889 ZGB hinausgehende Ansprüche geltend zu machen ; denn dass er
infolge dieser Unterlassung eine Nichtschuld im Sinne des Art. 86
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 86 - 1 Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
1    Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
2    Die Rückforderungsklage kann nach der Wahl des Klägers entweder beim Gerichte des Betreibungsortes oder dort angehoben werden, wo der Beklagte seinen ordentlichen Gerichtsstand hat.
3    In Abweichung von Artikel 63 des Obligationenrechts (OR)171 ist dieses Rückforderungsrecht von keiner andern Voraussetzung als dem Nachweis der Nichtschuld abhängig.172
SchKG
bezahlt haben sollte, davon kann keine Rede sem.

Der Klägerin ist übrigens aus dem ganzen Verhältnis kein
ungerechtfertigter Vorteil erwachsen. Der Schuldbrief hat in der
zwangsrechtlichen Verwertung vom 5. Dezember 1922 nur einen Erlös von
13,000 Fr. abgeworien, sodass die Klägerin einen Pfandausfallschein
für 19,396 Fr. 60 Cts. erhielt und von einem Überschuss an Pfanderlös,
der ihr über ihre pfandversicherte Forderung hinaus zugefallen wäre,
nicht gesprochen werden kann. Wenn dann in der Folge auch das Grundpfand
verwertet, und in dessen Steigerung vom 15. Januar 1924 der in Frage
stehende Schuldhrief bis zu 38,000 Fr. gedeckt worden ist, so ist der
Gewinn am Titel nicht der Klägerin, sondern dem Ersteigerer des Titels
zugefallen; selbst wenn übrigens der Titel von der Klägerin ersteigert
werden wäre, könnte der Beklagte nach der bestehen"den gesetzlichen
Regelung der Zwangsverwertung seine Schuld wohl kaum mit diesem Gewinne
zur Verrechnung bringen. -

Auch ist der Beklagte durch die Abtretung der zweimal 5000 Fr. von
der Gesamtschuld und deren selbständige Geltendmachung auf dem Wege
der ordentlichen Betreibung nicht benachteiligt worden. Denn, wären die
10,000 Fr. bei der pfandversicherten Gesamtforderung verblieben, so würde
der Pfandausfallschein einfach um diesen Betrag höher geworden sein, und
die 10,000 Fr. hätten auf Grund dieses Pfandausfallscheins ebenfalls auf
. dem Wege der ordentlichen Betreibung geltend gemacht werden können,
wodurch dann die Fahrnisse des Schlosses Schwandegg doch zur Deckung
der im Streite liegenden Forderung herangezogen worden wären.

Schlusstitel zum ZGB. N° 57. 349

IV. SCHLUSSTITEL ZGB

TITRE FINAL DU C c

57. Urteil der II. Zivilabteilung vom 3. November 1926 i. S. Pfaff
gegen Weider.

Intertemporales Sachenrecht, ZGB Schlusstitel Art. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 3 - 1 Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten.
1    Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten.
2    Wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen.
, 17 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 17 - Handlungsunfähig sind urteilsunfähige Personen, Minderjährige sowie Personen unter umfassender Beistandschaft.
:

A u S] e g u n g d e r vor dem Inkrafttreten des ZGB begründeten D i e
n s t b a r k e i t e n nach altem kanto-

. nalem Liegenschaftsrecht. Bedeutung der seit dem Inkraft-

' treten des ZGB erfolgten Handänderung der Grundstücke.

Die seit 1921 dem Kläger gehörende Liegenschaft ist zum Vorteil
der seit 1920 dem Beklagten gehörenden Liegenschaft durch folgende
im Jahre 1901 vertraglich begründete Dienstbarkeit belastet :
Ad. Meier (Rechtsvorgänger des Klägers) ...... ist nicht berechtigt,
auf'dem Hofraum zwischen obigem Grundstück Nr. '2 des Erwerbers, dem
Ökonomiegebäude Nr. 661 des Adolf Meier, auch nicht der Strasse entlang,
Zierhäume und Sträucher zu pflanzen. Adolf Meier ist nur berechtigt,
auf genanntem Hofraum der Strasse entlang ein nicht über 120 cm hohes
Geländer zu erstellen.

Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger gersiichtliche
Feststellung, dass diese Dienstbarkeit kein Verbot der Errichtung von
Bauten auf dem Hofraum in sich schliesse.

Durch Urteil vom 17. Februar 1926 hat das Obergericht des Kantons Zürich
die Klagezugesprochen.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte die Berufung an das Bundesgericht
eingelegt mit dem Antrag auf Abweisung der Klage.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

' Die Berufung des Beklagten ist nach ständiger Rechtsprechung (BGE 45
II S. 391
f. und den dort zitierten

350 Schlusstitel zum ZGB. N° 57.

früheren Urteilen, u. a. 39 II S. 152 statt 52) nicht zulässig,
weil die vorliegende Zivilstreitigkeit nicht nach eidgenössischen
Gesetzen, speziell dem ZGB, zu entscheiden (und von der Vorinstanz
auch nicht unter Anwendung des eidgenössischen ZGB entschieden worden)
ist. Was der Beklagte gegen diese Rechtsprechung vorbringt, ist nicht
geeignet, das Bundesgericht zu veranlassen, sie aufzugeben. Art. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 3 - 1 Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten.
1    Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten.
2    Wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen.
des
Schlusstitels des ZGB enthält die allgemeine Bestimmung (vgl. das
Marginalizu Art. 1 ff.) : Rechtsverhältnisse, deren Inhalt unabhängig
vom Willen der Beteiligten durch das Gesetz umschriehen wird, sind nach
dem Inkrafttreten dieses Gesetzes nach dem neuen Rechte zu beurteilen,
auch wenn sie vor diesem Zeitpunkte begründet worden sind. Die Geltung
dieser allgemeinen Bestimmung für das Sachenrecht könnte nur dann verneint
werden, wenn sie ausdrücklich ausgeschlossen worden wäre. Indessen
lässt sich dem Art. 17 Abs. 2 des Schlusstitels hiefür kein Anhaltspunkt
entnehmen, und er ist daher, dem Art. 3 entsprechend, durch Gegenschluss
dahin auszulegen, dass die dinglichen Rechtsverhältnisse, deren Inhalt
durch den Willen der Beteiligten umschrieben wird, also namentlich die
Dienstbarkeiten, auch nach dem Inkrafttreten des ZGB nach dem bisherigen
kantonalen Liegenschaftsrechte zu beurteilen sind, wenn sie vor diesem
Zeitpunkt begründet worden sind (unter Vorbehalt der Rückwirkung der
um der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit willen aufgestellten
Bestimmungen des ZGB). Der Umstand, dass die Parteien, speziell der
Beklagte, erst nach dem Inkrafttreten des ZGB die von der streitigen
Dienstharkeit berührten Liegenschaften erworben haben, ist nicht von
Belang, weil der Eigentumsübergang als solcher keinerlei Wirkung auf
die Lasten auszuüben vermochte. Insbesondere ruft der Beklagte in diesem
Zusammenhang zu Unrecht den Art. 973
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 973 - 1 Wer sich in gutem Glauben auf einen Eintrag im Grundbuch verlassen und daraufhin Eigentum oder andere dingliche Rechte erworben hat, ist in diesem Erwerbe zu schützen.
1    Wer sich in gutem Glauben auf einen Eintrag im Grundbuch verlassen und daraufhin Eigentum oder andere dingliche Rechte erworben hat, ist in diesem Erwerbe zu schützen.
2    Diese Bestimmung gilt nicht für Grenzen von Grundstücken in den vom Kanton bezeichneten Gebieten mit Bodenverschiebungen.704
ZGB an ; denn da laut dem vorgelegten
sog. Grundbuchauszug das eidgenössische Grundbuch imObllgationenrechi. N°
58. 351

Jahre 1921 im Grundbuchkreis Wetzikon noch nicht eingeführt und ihm
das zürcherische Grundprotokoll auch nicht etwa gleichgestellt werden
war, galt die angeführte Vorschrift damals dort noch gar nicht (ZGB
Schinsstitel Art. 48 Abs. 3, EG zum ZGB für den Kanton Zürich § 274 ;
BGE 52 II S. 20 f. Erw. 3).

Demnach erkennt das Bundesgericht .Auf die Berufung wird nicht
eingetreten.

V . OBLIGATIONENRECHT

DROIT DES OBLIGATIONS

58. Auszug aus dem Umi} der I. Zivilabteilung

vom 10. September 1926 i. S. von Roll'sche Eisenwarke A.-G.

gegen Gebr. Tüscher & Cie.

Art. 2 8 Z GB u n d 4 8 O R: Katalog für schmiedeiserne
In-stallationsartlkel für elektrische Fernleitungen., Verwendung der
darin enthaltenen Serien-, Gewichtsund Massangaben im Katalog einer
Konkurrenzfirma. Abweisung der Unterlassungsklage. Individualrccht
verneint, Weil die nachgeahmte Normalisierung Gemeingut der Branche
geworden ist. Kein unlauterer Wettbewerb mit Rücksicht auf die

übrigen Unterschiede der beiden Kataloge und. die besondere Art des in
Betracht kommenden Kundenkreises.

A. Die Klägerin, Gesellschaft der L. von Rollschen Eisenwerke A. G.,
Gerlafingen, stellt seit 1891 schmicdeiserne Installationsartikel für
elektrische Fernleitungen her und gab erstmals im Jahre 1895 einen
Katalog für Isolatorenträger heraus, der in den spätern Neuauflagen
durch Anführung auch anderer Artikel inhaltlich erweitert wurde. Für
den Grossteil der Gegenstände sind darin Serienbezeichnungen gewählt,
d. h. ein bestimmter Typus der nämlichen Ausführungsform wird unter
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 52 II 349
Datum : 03. November 1926
Publiziert : 31. Dezember 1926
Quelle : Bundesgericht
Status : 52 II 349
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 348 Sachenrecht. N° 56. auf die Pfandhaft für 10,000 Fr. über die gesetzlichen Bestimmungen


Gesetzesregister
SchKG: 86
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 86 - 1 Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
1    Wurde der Rechtsvorschlag unterlassen oder durch Rechtsöffnung beseitigt, so kann derjenige, welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat, innerhalb eines Jahres nach der Zahlung auf dem Prozesswege den bezahlten Betrag zurückfordern.170
2    Die Rückforderungsklage kann nach der Wahl des Klägers entweder beim Gerichte des Betreibungsortes oder dort angehoben werden, wo der Beklagte seinen ordentlichen Gerichtsstand hat.
3    In Abweichung von Artikel 63 des Obligationenrechts (OR)171 ist dieses Rückforderungsrecht von keiner andern Voraussetzung als dem Nachweis der Nichtschuld abhängig.172
ZGB: 3 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 3 - 1 Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten.
1    Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten.
2    Wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen.
17 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 17 - Handlungsunfähig sind urteilsunfähige Personen, Minderjährige sowie Personen unter umfassender Beistandschaft.
973
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 973 - 1 Wer sich in gutem Glauben auf einen Eintrag im Grundbuch verlassen und daraufhin Eigentum oder andere dingliche Rechte erworben hat, ist in diesem Erwerbe zu schützen.
1    Wer sich in gutem Glauben auf einen Eintrag im Grundbuch verlassen und daraufhin Eigentum oder andere dingliche Rechte erworben hat, ist in diesem Erwerbe zu schützen.
2    Diese Bestimmung gilt nicht für Grenzen von Grundstücken in den vom Kanton bezeichneten Gebieten mit Bodenverschiebungen.704
BGE Register
45-II-386 • 52-II-16
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • schlusstitel • bundesgericht • inkrafttreten • weiler • wille • dienstbarkeit • pfandausfallschein • sachenrecht • vorteil • entscheid • autonomie • eigentumserwerb • ausgabe • deckung • unlauterer wettbewerb • serie • unterlassungsklage • ersteigerer • frage
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