1 54 staatsrecht.

X. GEWALTENTRENNUNGSÉPARATION DES POUVOIRS

23. Urteil vom 19. März 1926 i. S. Burkhard-Abegg und Mitbeteiligte
gegen Regierungsrat Zürich. Beschluss des Bundesrates, womit er einer
Bestimmung eines kantonalen Gesetzes zum Teil die Genehmigung versagt ,
(Art. 102 Ziff. 13
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 102 * - 1 Der Bund stellt die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen sicher für den Fall machtpolitischer oder kriegerischer Bedrohungen sowie in schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selbst zu begegnen vermag. Er trifft vorsorgliche Massnahmen.
1    Der Bund stellt die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen sicher für den Fall machtpolitischer oder kriegerischer Bedrohungen sowie in schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selbst zu begegnen vermag. Er trifft vorsorgliche Massnahmen.
2    Er kann nötigenfalls vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit abweichen.
BV). Verbindlichkeit der Annahme, dass die Bestimmung
in diesem Teile bundesrechtswidrig sei, für das Bundesgericht. Wirkung des
Beschlusses auf den nicht beanstandeten Teil der Bestimmung. Die Rüge,
dass ' eine kantonale Verfügung dem eidgen. Jagdgesetz widerspreche,
ist durch Beschwerde an den Bundesrat geltend zu machen. Verhältnis von
Art. 7 Abs. 1 und 2 des eidgen. Jagdgesetzes von 1904.

A. Am 10. August 1912 fasste der Regierungsrat des Kantons Zürich
folgenden Beschluss :

Im Tössstockgebiete wird gemäss dem Vorschläge der kantonalen
Jagdkommission zur Erhaltung des dortigen Wildstandes ein Schonrevier
errichtet. In diesem 'Schonrevier ist die Ausübung jeglicher Art von
Jagd bis auf weiteres verboten.

Auf eine gegen diesen Beschluss erhobene Beschwerde von 227 Einwohnern
der Gemeinden Fischenthal und Wald ist der Kantonsrat von Zürich am
18. Januar 1914 nicht eingetreten. Ebenso wegen Nichteinhaltung der
gesetzlichen Rekursfrist das Bundesgericht, durch Urteil vom 7. Mai 1914,
auf einen im Anschluss an die Stellungnahme des Kantonsrats von drei jener
Beschwerdeführer, J. Reiser und Genossen erhobenen staatsrechtlichen
Rekurs, der die Aufhebung des regierungsrätlichen Beschlusses vom
10. August 1912 anstrebte (BGE 40 I 283 ff.). In einer subsidiären
Erwägung wurde bemerkt, dass der Rekurs übrigens auch einer mate--F

Gewaltentrennung. N° 23. 155

riellen Prüfung nicht standhalten würde. Die Kompetenz des
Regierungsrates, ein zeitlich beschränktes Jagdverbot auch nur für
einen Teil des Kantonsgebietes zu erlassen, ergebe sich aus § 28 des
kantonalen J agdgesetzes vom 15. Mai 1908 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1
des einschlägigen Bundesgesetzes von 29. Juni 1904. Viedas Bundesgericht
schon im Falle Jurnitschek gegen Graubünden (BGE 31 I S. 488) an Hand
der Entstehungsgeschichte des Gesetzes festgestellt habe, wolle die
letztere Bestimmung, wonach dem Bundesrate das Recht zustehe, durch
besondere Schlussnahme einzelne Gebietsteile oder Wildarten auf kürzere
oder längere Zeit mit Jagdbann zu belegen, die nämlichen Befugnisse
auch den dem Bundesrate entsprechenden kantonalen Behörden geben, also
insbesondere den Kantonsregierungen als Jagdaufsichtsbehörden. Der § 28
des zürcherischen Jagdgesetzes habe daher die regierungsrätliche Kompetenz
nicht enger fassen können und dies wohl auch nicht tun wollen. Die von
den Rekurrenten .angerufenen Art. ? Abs. 2 und 28 des Bundesgesetzes
bezogen sich einzig auf d a u e r n d e Anordnungen dieser Art, würden
also erst für eine definitive Schaffung der streitigen W'ildreservation
in Betracht kommen.

Seither ist das im Regierungsratsbeschluss vom 10. August 1912 enthaltene
Jagdverbot, wie schon in den Jahren 1912 und 1913, jeweilen in den auf
den Beginn der Jagdzeit erlassenen jährlichen Jagdvorschriften wieder
aufgenommen und im kantonalen Amtsblatt bekannt gemacht worden. Auf ein
Gesuch des Gemeinderates Fischenthal hat der Regierungsrat durch Beschluss
vom 7. September 1923 den Umfang des Schongebietes durch Abtrennung
einer bisher darin inbegriffenen, näher bezeichneten Fläche von etwa 7
km2 vermindert, die der allgemeinen Jagd wieder zugänglich gemacht wurde.

In der Volksabstimmung vom 9. September 1921 haben die Stimmberechtigten
des Kantons Zürich ein

156 Staatsrecht.

neues Gesetz über Jagdund Vogelschutz angenommen. Es wiederholt in § 26
in etwas abgekürzter Fassung die Bestimmung des § 28 des frühern Gesetzes
von 1908 (Tritt eine ausserordentliche Abnahme des Wildbestandes ein, so
kann der Regierungsrat die Jagd einstellen, abkürzen oder auf einzelne
Wildgattungen beschränken ). Daneben findet sich in s 33 folgende
Vorschrift : Der Regierungsrat kann mit Zustimmung der Gemeinden in
einzelnen Teilen des Kantons Schengebiete bezeichnen, in denen nicht
gejagt werden darf. Der Staat vergütet den Vildschaden in Schongcbicten
aus dem Ertrag der Patentgebühren. Der Bundesrat hat durch Beschluss vom
15. September 1921 diesem neuen Gesetze unter Vorbehalt der Streichung
der Worte mit Zustimmung der Gemeinden in § 33 die Genehmigung erteilt,
worauf es in der kantonalen Gesetzessammlung mit dieser Streichung und
unter Erwähnung des dahin gehenden Bundesratsbeschlusses bekannt gemacht
worden ist.

Das kantonale Amtsblatt vom 28. August 1925 enthielt die vom Regierungsrat
tags zuvor erlassenen J agdVorschriften für die Jagdzeit 1925. Das
durch den Beschluss vom 10. August 1912 aufgestellte Jagdverbot für
das Tössstockgebiet findet sich darin, mit der im Jahre 1923 verfügten
räumlichen Einschränkung, Wieder.

B. Am 26. Oktober 1925 haben darauf drei stimmberechtigte zürcherische
Kantonseinwohner, von denen der zweite zudem Inhaber eines Jagdpatentes
ist, D. Burkhard-Abegg, J. Peter und J. Maurer den staatsrechtlichen
Rekurs an das Bundesgericht ergriffen mit dem Antrage, es sei Ziff. I
18 des Regierungsratsbeschlusses vom 27. August 1925, welche im
schongebiet des Tössstockes die Jagd auf Haarund Federwild, das Tragen von
Jagdwaffen und das J agenlassen von Hunden verbietet, aufzuheben. Es wird
ausgeführt : Die Regelung der Jagd gehöre, soweit damit in den Rechtsund
Pflichtenkreis des Bürgers eingreifende allgemein ver-Gewaltentrennung. N°
23. 157

bindliche Gebote und Verbote aufgestellt werden, zu den Gegenständen
der Gesetzgebung. Jagdverbote für bestimmte Gebietsteile könnten
deshalb nur durch Gesetz oder auf Grund gesetzlicher Ermächtigung
aufgestellt werden. Eine solche Ermächtigung fehle hier. Art. 7 Abs. 1
des eidgenössischen Jagdgesetzes beziehe sich, wie das Bundesgericht
im Urteil Reiser ausgesprochen habe, nur auf vorübergehende Massnahmen
dieser Art. Ein Verbot, das Während 13 Jahren aufrechtgehalten werde,
könne aber nicht mehr als vorübergehendes bezeichnet werden. Die Kompetenz
des Regierungsrates zum Erlass lasse sich deshalb nicht mehr, wie es
im Jahre 1914, bei Ausfällung des hundesgerichtlichen Urteils noch
habe angenommen werden dürfen, auf jene Vorschrift des Bundesgesetzes
stützen. In Betracht könnte einzig § 33 des neuen kantonalen J
agdgesetzes von 1921 fallen. Wenn der Bundesrat dieser Vorschrift nur
unter Vorbehalt der Streichung der Worte mit Zustimmung der Gemeinden
die Genehmigung erteilt habe, so habe er sich offenbar von der Auffassung
leiten lassen, dass es sich auch hier bloss um zeitlich beschränkte,
vorübergehende Verbote handeln solle. Nur unter dieser Voraussetzung
könne von einem Widerspruch der beanstandeten Stelle zum Bundesrecht,
nämlich zu Art. '7 Abs. 1 des eidgenössischen Jagdgesetzes die Rede
sein. Doch möge zugegeben werden, dass die Bestimmung auch anders,
dahin ausgelegt werden könne, dass dabei an die dauernde Errichtung
solcher schongebiete gedacht sei. Fasse man sie so auf, so sei aber
die Beanstandung der ihr beigefügten Bedingung zu Unrecht erfolgt.
Der Beschluss des Bundesrates könne deshalb nicht angerufen werden, um
daraus die Möglichkeit der Errichtung von Schonrevieren mit dauerndem
Charakter ohne Zustimmung der beteiligten Gemeinden herzuleiten. Wie die
Genehmigung eines kantonalen Erlasses diesen nicht unanfechtbar mache
und eine nachfolgende Nachprüfung der Bestimmungen desselben auf ihre

158 staatsrecht-

Bundesrechtsmässigkeit durch das Bundesgericht im einzelnen
Anwendungsfalle nicht ausschliesse, so hebe die Verweigerung der
Genehmigung den Erlass nicht auf. Er bestehe deshalb gleichwohl
weiter und es sei Sache des durch seine Anwendung Betroffenen, die
Bundesrechtswidrigkeit der angewendeten Bestimmung durch staatsrechtlichen
Rekurs gegen die Anwendungsverfügung geltend zu machen. Das Bundesgericht
werde deshalb auch hier zu untersuchen haben, ob der ange-

nommene Widerspruch zu Bundesrecht wirklich bestehe.

Wollte man diese Auffassung ablehnen und dem Beschlusse des Bundesrates
eine für das Bundesgericht verbindliche kassatorische Wirkung beimessen,
so könnte sich diese Wirkung nicht auf die gestrichenen

vier Worte beschränken. Vielmehr müsste die Bestim-

mung damit überhaupt als dahingefallen angesehen werden. Die Zustimmung
der Gemeinden sei eine der Voraussetzungen, unter denen der kantonale
Gesetzgeber die Errichtung von schonrevieren habe zulassen wollen. Falle
diese Modalität dahin, so entziehe dies der Ermächtigung überhaupt den
Boden. Das Vorgehen des Regierungsrates enthalte demnach in beiden Fällen
einen Übergriff in das Gebiet der gesetzgebenden Gewalt. Wenn man den
Beschluss des Bundesrates als unrichtig und den § 33 des J agdgesetzes
von 1921 in seinem ganzen Inhalt als giltig betrachte, weil die mit
der Ermächtigung an den Regierungsrat vom Gesetz verbundene Bedingung
nicht eingehalten worden sei. Und wenn man die Bestimmung insoweit als
durch den Bundesrat verbindlich aufgehoben ansehe, weil dann eine Norm
überhaupt nicht mehr bestehe, welche den Regierungsrat zu einer solchen
Anordnung berechtigen würde. Neben dem Grundsatz der Gewaltentrennung
sei auch derjenige der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 2 Zweck - 1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
1    Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
2    Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes.
3    Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern.
4    Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung.

ÜbergBest. z. BV) verletzt. Art. ? Abs. 2 des eidg. J agdgesetzes fordere
für die hier vorbehaltenen weitergehenden Bestimmungen zum Schutze des
Wildes den Weg desGewaltentrennung. No 23, 159

Gesetzes oder der Verordnung, wohl weil die kantonalen J agdgesetze und
-Verordnungen nach Art. 28 der Genehmigung des Bundesrats bedürfen. Er
schliesse damit den Erlass durch blossen Administrativbeschluss
(Einzel-verfügung), wie er hier getroffen worden sei, aus.

C. _ Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat

,die Abweisung des Rekurses beantragt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

_1. _ soweit der Rekurs die Form, in der die Errichtung des
Schongebietes am Tössstock verfügt worden ist, wegen Widerspruchs
zum eidgenössischen Jagdgesetz anficht, kann darauf nicht eingetreten
werden. Nach Art. 189 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 2 Zweck - 1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
1    Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
2    Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes.
3    Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern.
4    Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung.
OG sind Beschwerden wegen Verletzung von
Bundesgesetzen administrativen und polizeilichen Inhalts, zu denen das
Bundesgesetz vom 24. Juni 1904 über Jagd und Vogelschutz gehört, an den
Bundesrat zu richten. Er hat infolgedessen auch die Rüge der Missachtung
der derogatorischen Kraft des Bundesrechts zu beurteilen, wenn sie sich
auf den Widerspruch kantonaler Erlasse und Verfügungen zu diesem Gesetze
stützt (BGE 29 I s. 484, 31 I S. 485, 46 I S. 471 mit Zitaten).

2. _ Für den anderen Beschwerdegrund des Verstosses gegen den
kantonalrechtlichen Grundsatz der Gewaltentrennung ist das Bundesgericht
zuständig. Den Rekurrenten kann das Beschwerderecht in dieser Beziehung
auch nicht etwa deshalb abgesprochen werden, weil der angefochtene
Teil der J agdvorschiiften für 1925 sich nur als Vollziehung einer
früheren Verfügung, nämlich des Regierungsratsbeschlusses vom 10. August
1912 darstelle, der gegenüber die Rekursfrist des Art. 178 Ziff. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 2 Zweck - 1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
1    Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
2    Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes.
3    Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern.
4    Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung.
OG
abgelaufen ist. Der Beschluss vom 10. August 1912 ist ursprünglich als
provisorische Massnahme ( bis auf weiteres ) getroffen worden. Als solche
hat ihn der Regierungsrat selbst in der Antwort vom 16. April 1914 auf
den staatsrechtlichen Rekurs von Reiser und Ge _

160 Staatsrecht.

nossen gewürdigt wissen wollen. So hat ihn der Kantonsrat aufgefasst,
als er in Verbindung mit dem Beschluss, womit er auf die Beschwerde
von Reiser und Genossen nicht eintrat, den Regierungsrat einlud (im
Hinblick auf eine eventuelle dauernde Errichtung der Reservation) ein
neues Jagdgesetz auszuarbeiten. Von dieser Voraussetzung ausgehend
ist das Bundesgericht dazu gekommen, im Urteil Reiser die Kompetenz
des Regierungsrates zu der angefochtenen Anordnung schon auf Grund
von Art. 7 Abs. 1 des eidgenössischen Jagdgesetzes ohne weitere
kantonalgesetzliche Ermächtigung zu bejahen, während es betonte,
dass für die dauernde Errichtung der Reservation diese Bestimmung
nicht mehr angerufen werden könnte. Heute, nachdem das Jagdverbot in
dem Gebiete während mehr als 13 Jahren durchgeführt worden ist und für
eine Absicht des Regierungsrates es wieder aufzubeben, nichts vorliegt,
kann ihm ein solcher vorübergehender Charakter nicht mehr zugebilligt
werden. Damit entfällt auch die Möglichkeit, es auf Art.. 7 Abs. 1 des
eidgenössischen Jagdgesetzes zu stützen. Den Beteiligten darf deshalb
der Weg des staatsrechtlichen Rekurses nicht verschlossen werden, um im
Anschluss an die Erneuerung des Verbots in den jährlichen Jagdvorschriften
die Frage seiner Verfassungsmässigkeit auf dieser neuen, veränderten
Grundlage entscheiden zu lassen.

3. Die zürcherische Kantonsverfassung spricht im Gegensatz zu manchen
anderen, den Grundsatz der Gewaltentrennung nicht ausdrücklich aus. Er
muss indessen auch ohne solche besondere Vorschrift dadurch als anerkannt
und gewährleistet gelten, dass die Verfassungsurkunde (Art. 28, 37,
40) die verschiedenen Funktionen der Gesetzgebung, Verwaltung und
Rechtspflege verschiedenen Organen zuweist (BGE 15 S. 177 Erw. 3, 46
I S. 260 Erw. 3). Materiell ist die Beschwerde wegen Verletzung dieser
Garantie schon deshalb unbegründet, weil sich die streitige Anordnung,
auch alsGewaltentrennung. No 23. 161

dauernde betrachtet, heute auf eine ausdrückliche gesetzliche
Ermächtigung, nämlich den g 33 des kantonalen Jagdgesetzes von 1921 zu
stützen vermag.

Freilich ist die im ursprünglichen Texte dieser Vorschrift vorgesehene
Zustimmung der Gemeinden zur Errichtung des Schonreviers nicht eingeholt
worden. Es war dies aber auch nicht nötig, nachdem der Bundesrat dem
entsprechenden Teile des 5 33 wegen Bundesrechtswidrigkeit die Genehmigung
versagt hat. Die Rekurrenten glauben zu Unrecht, die Frage, ob der vom
Bundesrat angenommene Widerspruch zu Bundesrecht wirklich bestehe, der
Beurteilung des Bundesgerichts unterstellen zu können. Die Verfügung des
Bundesrats ist ergangen auf Grund von Art. 102 Ziff. 13
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 102 * - 1 Der Bund stellt die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen sicher für den Fall machtpolitischer oder kriegerischer Bedrohungen sowie in schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selbst zu begegnen vermag. Er trifft vorsorgliche Massnahmen.
1    Der Bund stellt die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen sicher für den Fall machtpolitischer oder kriegerischer Bedrohungen sowie in schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selbst zu begegnen vermag. Er trifft vorsorgliche Massnahmen.
2    Er kann nötigenfalls vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit abweichen.
BV, wonach ihm die
Prüfung derjenigen kantonalen Gesetze und Verordnungen obliegt, welche
der Genehmigung des Bundes ' bedürfen. Verlangt die Bundesgesetzgebung
dergestalt für kantonale Gesetze und Verordnungen über einen

bestimmten Gegenstand die Genehmigung einer Bundes-

behörde, wie es in Art. 28 des eidgenössischen Jagdgesetzes geschehen
ist, so muss aber auch der Verweigerung der Genehmigung zum mindesten
kassatorische Wirkung in dem Sinne beigemessen werden, dass die davon
betroffene Norm keinen Rechtsbestand mehr haben kann, wenn man nicht so
weit gehen will, die der Genehmigung bedürftigen Bestimmungen bis zur
Erteilung der Genehmigung überhaupt nicht als perfekt, verbindlich zu
betrachten. Wenn das Bundesgericht für sich die Befugnis beansprucht hat,
kantonale Gesetzesvorschriften trotz der Genehmigung durch den Bundesrat
als ungiltig zu behandeln, falls sich bei der praktischen Anwendung ihre
Bundesrechtswidrigkeit herausstellt, so beruht dies auf der Erwägung,
dass das Institut der Genehmigung nicht die Bedeutung eines endgiltigen
Entscheides über die Bundesrechtsmässigkeit aller und jeder in einem
kantonalen Gesetze enthaltenen Vorschriften hat, sondern lediglich
diejenigen Verletzungen

1 62 Staatsrecht.

des Bundesrechts von vorneherein beseitigen soll, die sich bei einer
ersten, allgemeinen und vorläufigen Prüfung des Gesetzesinhalts ohne
weiteres aufdrängen. Es ist klar, dass aus dieser Betrachtung nicht
umgekehrt auch die Befugnis des Gerichts zur Nachprüfung einer Bestimmung
auf ihre Bundesrechtsmässigkeit hergeleitet werden kann, der der Bundesrat
die Genehmigung versagt hat. Die Nachprüfung würde hier auf die Abänderung
einer bundesrätlichen Verfügung hinauslaufen, die dem Bundesgericht im
staatsrechtlichen Rekursverfahren nicht zustehen kann: nach Art. 178
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 102 * - 1 Der Bund stellt die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen sicher für den Fall machtpolitischer oder kriegerischer Bedrohungen sowie in schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selbst zu begegnen vermag. Er trifft vorsorgliche Massnahmen.
1    Der Bund stellt die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen sicher für den Fall machtpolitischer oder kriegerischer Bedrohungen sowie in schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selbst zu begegnen vermag. Er trifft vorsorgliche Massnahmen.
2    Er kann nötigenfalls vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit abweichen.
OG
können Gegenstand der Anfechtung in diesem aus-schliesslich kantonale
Verfügungen und Erlasse bilden. Im vorliegenden Falle wäre eine solche
Ausdehnung der Kognition überdies schon deshalb ausgeschlossen, weil
sich die Verweigerung der Genehmigung auf den Wider-spruch der nicht
genehmigten Bestimmung zu einem eidgenössischen Gesetze stützt, dessen
Anwendung und Auslegung wegen seines administrativen und polizeilichen
Inhalts ausschliesslich Sache des Bundesrates ist und sich der
Entscheidungsbefugnis des Bundesgerichts grundsätzlich entzieht.

Fraglich bleibt demnach nur, welchen Einfluss der Umstand, dass ein
Teil der in Betracht kommenden kantonalen Gesetzesbestimmung nicht
genehmigt worden und infolgedessen dahingefallen ist, auf den Rest der
Bestimmung ausübt. Die Normen, welche der Genehmigung des Bundesrates nach
Art. 102 Ziff. 13
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 102 * - 1 Der Bund stellt die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen sicher für den Fall machtpolitischer oder kriegerischer Bedrohungen sowie in schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selbst zu begegnen vermag. Er trifft vorsorgliche Massnahmen.
1    Der Bund stellt die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen sicher für den Fall machtpolitischer oder kriegerischer Bedrohungen sowie in schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selbst zu begegnen vermag. Er trifft vorsorgliche Massnahmen.
2    Er kann nötigenfalls vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit abweichen.
BV zu unterbreiten sind, bleiben deshalb nicht weniger
Willensakte des kantonalen Gesetzgebers. Sie verlieren diesen Charakter
auch dann nicht, wenn man die Genehmigung als eine Voraussetzung für die
Giltigkeit, das Inkrafttreten der Norm überhaupt ansieht. Es liesse sich
deshalb die Auffassung vertreten, dass bei Verweigerung der Genehmigung
nur für gewisse Teile einer Bestimmung auch die Wirkung des dahingehenden
Beschlusses nie über diese Teile hinausgehen könne: die Folge wäre,
dass im übrigen die Bestimmung, wenn sie danach über-

lGewaltentrennung. N° 23. 153

haupt noch der Ausführung fähig ist, bestehen bliebe, solange sie nicht
durch einen darauf gerichteten entgegengesetzten Akt des kantonalen
Gesetzgebers förmlich aufgehoben worden ist. Doch braucht hiezu nicht
Stellung genommen zu werden. Denn auch wenn man diese Auffassung ablehnt,
so kann jedenfalls noch weniger davon die Rede sein, infolge einer solchen
partiellen Nichtgenehmigung die Bestimmung stets und ohne Rücksicht
auf die Bedeutung des gestrichenen Teils überhaupt als dahingefallen zu
betrachten. Es wird vielmehr auf das Verhältnis dieses Teiles zur ganzen
Anordnung, seine Wichtigkeit abgestellt und untersucht werden müssen,
ob er als so wesentlich angesehen wurde, dass ohne ihn die Bestimmung
nicht erlassen werden wäre. Nur wenn dies zutrifft, könnte allenfalls
an die teilweise Verweigerung der Genehmigung jene weitergehende Folge
geknüpft werden. Im vorliegenden Falle behaupten aber die Rekurrenten
selbst nicht etwa, dass die Übertragung der in § 33 des Jagdgesetzes
von 1921 vorgesehenen Befugnis an den Regierungsrat ohne Mitwirkung der
Gemeinden .gegen allgemeine Grundsätze des zürcherischen Staatsrechts oder
die sonstige Ordnung des Jagdrechts in diesem Gesetze selbst ver-stossen
würde. Man hat es demnach mit einer blossen Modalität für die Ausübung
der delegierten Kompetenz durch den Regierungsrat zu tun, die durch das
Gesetz eingeführt worden ist, aber ebensogut hätte weggelassen werden
können, ohne dass dadurch ein solcher Einbruch in allgemeine Grundsätze
des kantonalen Rechts entstanden wäre. Andererseits haben die Rekurrenten
auch keine Vorgänge aus dem Werdegang des Gesetzes angeführt, welche den
Schluss zulassen würden, dass ohne die Hinzufügung dieser Bedingung die
Bestimmung nicht beschlossen und angenommen worden wäre. Die Tatsache
ihrer Nichtgenehmigung durch den Bundesrat vermag deshalb noch nicht
die ganze Bestimmung dahinfallen zu machen.

sachlich aber bezieht sich die darin dem Regierungs-

164 Staatsrecht. . --

rat erteilte Ermächtigung zweifellos nicht bloss auf die Aufstellung
vorübergehender J agdverbote für bestimmte Gebietsteile, sondern auch auf
die Errichtung dauernder Schonreviere. Die Rekurrenten geben denn auch zu,
dass das Gesetz n'ehtigerweise so zu verstehen sein werde. Sie erwähnen
die entgegengesetzte Auslegung nur, weil sie offenbar diejenige sei, von
der sich der Bundesrat (irrtümlich) bei seinem Beschlusse habe leiten
lassen, da er andernfalls nicht zur Annahme der Bundesrechtswidrigkeit
des nicht genehmigten Teils hätte kommen können.

Dass die Jagdvorschrjkten vom 27. /28. August 1925 sich formell nicht auf
diese Vorschrift des kantonalen Jagdgesetzes, sondern auf den früheren
Regierungsratsf beschluss vom 10. August 1912 als Grundlage berufen,
ist unerheblich, sobald materiell ein Übergriff des Regierungsrates in
die gesetzgebende Gewalt infolge jener gesetzlichen Ermächtigung nicht
vorliegt. Es braucht deshalb nicht untersucht zu werden, ob die Anfechtung
der streitigen Anordnung aus diesem rechtlichen Ge-sichtspunkte nicht
auch sonst, aus den übrigen m der Rekursantwort angeführten Gründen
hätte abgew1esen Werden müssen.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Der Rekurs wird abgewiesen, soweit darauf einge-

treten werden kann.Interkantonale Auslieferung. N° 24. 165

XI. INTERKANTONALE AUSLIEFERUNG EXTRAD ITION ENTRE CANTONS24. Urteil
vom 30. Januar 1926 i. S. ng' ger gegen Regierungsrat Zürich.

Interkantonale Auslieferung. Recht der Kantone, sie. auch ohne das
Bestehen einer bundesrechtlichen Pflicht dazu zu gewähren, wenn
ihre eigene Gesetzgebung dem nicht entgegensteht. Art. 4 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 102 * - 1 Der Bund stellt die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen sicher für den Fall machtpolitischer oder kriegerischer Bedrohungen sowie in schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selbst zu begegnen vermag. Er trifft vorsorgliche Massnahmen.
1    Der Bund stellt die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen sicher für den Fall machtpolitischer oder kriegerischer Bedrohungen sowie in schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selbst zu begegnen vermag. Er trifft vorsorgliche Massnahmen.
2    Er kann nötigenfalls vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit abweichen.

AuslG von 1852: er bezieht sich auch auf die Begünstigung eines
Auslieferungsvergehens. Die Auslieferung von Mitschuldigen im Sinne dieser
Bestimmung kann nicht dadurch abgewendet werden, dass der ersuchte Kanton
selbst die Strafverfolgung übernimmt.

Anna Eicher von Eschenbach steht wegen einer Reihe zum Nachteil
ihrer Dienstherrin in Aarau verübter W'arendiebstähle dort in
Strafuntersuchung. Die entwendeten Sachen hatte sie jeweilen durch die
Post an ihre in Zürich wohnhafte Schwester Witwe Ringger, die heutige
Rekurrentin, geschickt, die sie in Verwahrung nahm. Unter der Annahme,
dass die Rekurrentin bei der Entgegennahme um die Herkunft der Sachen
gewusst habe, wurde das Verfahren auch auf sie ausgedehnt. Auf Begehren
des Regierungsrates von Aargau bewilligte der Regierungsrat von Zürich
durch Beschluss vom 29. Oktober 1925 die Auslieferung der Rekurrentin an
die aargauischen Behörden zur Verfolgung wegen Vergebens der Begünstigung
bei den von ihrer Schwester begangenen Diebstählen. Als die Rekurrentin
am 7. Dezember 1925 auf Vorladung vor dem Untersuchungsheamten von Aarau
erschien, wurde sie nach beendetem Verhöre wegen Kollusionsgefahr in Haft
gesetzt, in der sie sich noch befindet. Vom Polizeikommando Zürich am 2.
September 1925 zum Auslieferungsbegehren einvernommen, hatte sie sich
der Auslieferung widersetzt und ver-

A8 52 I 1926 12
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 52 I 154
Datum : 19. März 1926
Publiziert : 31. Dezember 1926
Quelle : Bundesgericht
Status : 52 I 154
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 1 54 staatsrecht. X. GEWALTENTRENNUNGSÉPARATION DES POUVOIRS 23. Urteil vom 19.


Gesetzesregister
AuslG: 4
BV: 2 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 2 Zweck - 1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
1    Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
2    Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes.
3    Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern.
4    Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung.
102
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 102 * - 1 Der Bund stellt die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen sicher für den Fall machtpolitischer oder kriegerischer Bedrohungen sowie in schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selbst zu begegnen vermag. Er trifft vorsorgliche Massnahmen.
1    Der Bund stellt die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen sicher für den Fall machtpolitischer oder kriegerischer Bedrohungen sowie in schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selbst zu begegnen vermag. Er trifft vorsorgliche Massnahmen.
2    Er kann nötigenfalls vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit abweichen.
OG: 178  189
BGE Register
29-I-484 • 31-I-481 • 40-I-283
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
regierungsrat • bundesrat • bundesgericht • gemeinde • weiler • jagdverbot • reis • gewaltentrennung • schongebiet • norm • bewilligung oder genehmigung • bedingung • charakter • entscheid • aarau • leiter • aargau • amtsblatt • stimmberechtigter • frage
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