26 Schuldbetreibungs und Konkursrecht. N° 6.

Die Schuldbetreibangsund Konkurskammer zieht in Erwägung :

In AS 47 III S. 3 1". hat das Bundesgericht in Anwendung des Art. 92
Ziff. 3 SchKG als unpfändbar erklärt das Brennmaterial, dessen der
Schuldner, der eine Dampfwäscherei betrieb, zur Beheizung des Dampfkessels
während eines kürzeren, einen Monat nicht übersteigenden Zeitraumes
bedurfte. Diese Entscheidung war von der Überlegung diktiert, dass dem
Schuldner mit der Belassung des Dampklcessels,·worauk er im gegebenen
Fall unbezweifelbar Anspruch erheben konnte (bezw. hätte erheben können,
sofern er ihm gehört haben würde), nicht geholfen sei, wenn er ihn mangels
Brennmaterial nicht zur Dampferzeugung benützen könne. Überlegungen
ähnlicher Art verbieten auch, einem Schuhmacher die letzten Rohstoffe
zu entziehen, ohne welche er seinen Beruf nicht weiterbetreiben kann,
selbst wenn ihm die Berufswerkzeuge im eigentlichen Sinne belassen
werden. Vielmehr sind derartige Rohstoffe, die dem Schuldner für die
Ausübung seines Berufes unentbehrlich sind, zu den zur Berufsausübung
notwendigen Werkzeugen und Gerätschaften zu rechnen, immerhin natürlich
ebenfalls mit der Beschränkung auf verhältnismässig kleine Quantitäten,
deren Aufarbeitung voraussichtlich den Schuldner jedenfalls nicht
länger als einen Monat in Anspruch nehmen darf (vgl. Art. 92 Ziff. 4)
(so auch schon Entscheid vom 17. Januar 1925 i. S. Schüpbach, nicht
publiziert). Danach hätte das Material, welches der Rekurrent zu den
an die Kriegstechnische Abteilung gelieferten Schuhen verarbeitet
hat, der Arrsteierung nicht unterworfen werden können, wenn er nicht
noch andere Materialvorräte besitzt, die zur Berufsausübung während
kürzerer Zeit hinreichen, noch die Mittel zum Ankauf solcher. Nachdem
der Rekurrent jenes Material bereits verarbeitet und die Schuhe verkauft
hat, steht nichts entgegen, dass dessen Unpfänd-Schuldbetreibungs und
Konkursrecht. N° 7. 27

barkeit auch auf denjenigen Teil des gewonnenen Er--

löses übertragen würde, welcher den Gegenwert des verarbeiteten
Materials darstellt. Da indessen nicht feststeht, ob die tatsächlichen
Voraussetzungen der Unpfändbarkeit zutreffen jedenfalls nicht in dem
Punkte, ob der Rekurrent noch andere Materialvorräte besitze, während
freilich aus der Aufhebung der Arrestierung des der vom Rekurrenten
geleisteten Arbeit entsprechenden Gegenwertes des Erlöses durch dje
Vorinstanz geschlossen werden muss, sie sei davon ausgegangen, dass der
Rekurrent keine andern Mittel besitze, welche allenfalls zur Anschaffung
von Material dienen könnten , muss die Sache zu neuer Entscheidung
auf Grund der hierüber zu treffenden Feststellungen an die Vorinstanz
zurückgewiesen werden.

Demnach erkennt die Schuldbetr.und Konkarskammer :

Der Rekurs wird dahin begründet erklärt, dass der Entscheid der
Aufsichtsbehörde in Betreibungsund Konkurssachen für den Kanton Bern vom
3. Februar 1925 aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung an diese
Behörde zurückgewiesen wird.

7. Entscheid vom 17. Februar 1925 i. S. Richheimer.

SchKG Art. 271, 279, Abs. 2 : Die Einrede, dass eine Forderung, für die
ein Arrest erwirkt wurde, pfanclversichert sei, ist vom Arrestschuldner
im Wege einer Arrestaufhebungskluge geltend zu machen.

A. Gestützt auf einen Arrestbefehl, den die Eheleute Maier Strauss
in Zürich gegen Ferdinand und Hugo Richheimer in Frankfurt a/M. für
eine Forderung von 30,000 Fr. nebst Zins erwirkt hatten, belegte das
Betreibungsamt Zürich I am 27. August 1924 eine Goldsammlung der Schuldner
im Tresor Nr. 351 der eidg. Bank in Zürich bis zum Betrage von 32,500 Fr.

28 Schuldhetreihungsund Konkursrecht. N° 7.

mit Beschlag. Nachdem am 30. August die Zahlungsbefehle dem Vertreter
der Schuldner, Rechtsanwalt L. V. Bühhnann in Zürich, zugestellt worden
waren, erhob dieser am 9. September 1924 bei der untern kantonalen
Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs Beschwerde mit dem
Begehren um Aufhebung der Betreibungen, indem er u. a. geltend machte,
dass die Arrestforderung pfandversichert sei.

B. Gegen den diese Einrede verwerfenden Beschwerdeentscheid erhob der
Vertreter der Schuldner Rekurs an die II. Kammer des Obergerichtes des
Kantons Zürich als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldhetreibung
und Konkurs, welcher jedoch mit Urteil vom 20. Januar 1925 abgewiesen
wurde, mit der Begründung: die Einrede der Schuldner hätte im Wege einer
Arrestaufhebungsklage geltend gemacht werden müssen.

C. Hjegegen hat der Vertreter der Schuldner rechtzeitig den Rekurs
an das Bundesgericht erklärt, mit dem Begehren: es seien in Aufhebung
des vorinstanzlichen Entscheides die angefochtenen Arrestbetreibungen
aufzuheben.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht

in Erwägung :

Die vom Vertreter der Rekurrenten aufgestellte Behauptung, die
Arrestaufliebungsklage sei nur zulässig, wenn der Schuldner den
Arrest g r u n d bestreiten wolle, entspricht dem Wortlaut des
Art. 279 Abs. 2 SchKG. Unter den Begriff Arrestgrund im Sinne dieser
Gesetzesbestimmung fallen nun aber nicht nur die in Ziffer I bis 5 des
Art. 271 SchKG aufgeführten, in Klammer als Arrestgründe bezeichneten
Arrest-Voraussetzungen, sondern es fällt darunter auch und zwar in erster
Linie die negative, primäre, ebenfalls in Art. 271 SchKG normierte
Voraussetzung, dass die betreffende Forderung, auf Grund derer der
Arrestsehnt-IMManund Konkursrecht. N° 7. 29

verlangt wurde, nicht durch ein Pfand gedeckt sei. Zwar ist richtig, dass
das Gesetz in Art. 271 SchKG die s e Voraussetzung nicht ausdrücklich
als Arrestg r u n (1 bezeichnet, doch liegt es im Sinne und Geiste
des Gesetzes, sie, zum mindestens was die Art des einzuschlagenden
Bestreitungsverfahrens anbelangt, den ausdrücklich als Arrestgründe
bezeichneten Voraussetzungen unter Ziffer 1 bis 5 gleichzusetzen. Denn
massgebendä Kriterium ist das, dass auch mit der Bestreitung dieser
Voraussetzung die Aufhebung des Arrestes bezweckt wird und dass sie nicht
gegen den Bestand der Forderung und auch nicht gegen den Arrestvollzug
gerichtet ist (vgl. auch JAEGER, Kommentar zu Art. 279 Note 5 s. 332). Die
Vorinstanz ist daher mit Recht im Beschwerdeverfahren nicht auf die
Untersuchung der Frage, ob die fragliche Forderung pfandversichert sei,
eingetreten, da diese in einem Arrestaufhebungsprozess hätte geltend
gemacht werden müssen.

Wenn der Vertreter der Rekurrenten noch behauptet, es müsste, wenn man
diese Voraussetzung den ausdrücklich als Arrestgründe bezeichneten
Voraussetzungen gleichstellen wolle, zum mindestens eine Änderung des
Textes des bestehenden Arrestformulares (Nr. 45) vorgenommen werden,
da dieses irreführend sei, so kann dieser Ansicht nicht beigepflichtet
werden. Das Formular weist den Arrestschuldner ausdrücklich daraufhin,
dass bei der Bestreitung der F o r d e r u n g keine Aufhebung des
Arrestes verlangt werden könne, sondern dass darüber im nachfolgenden
Arrestprosequierungsverfahren entschieden werde, dass aber bei Bestreitung
des Arrest g r u n d e s die Aufhebung des Arrestes verlangt werden
könne, und endlich wird der Arrestschuldner über das zur Aufhebung des
Arrestv o l l z u g e s einzuschlagende Verfahren aufgeklärt. Er wird
also auf die grundsätzliche Verschiedenheit dieser drei Rechtsmomente
ausdrücklich aufmerksam

30 Schuldbetreibungs und Konkursrecht. N° 7.

gemacht und auf die entsprechenden Rechtsmittel hingewiesen. Damit wird
aber auch bei einiger Überlegung, die dem Schuldner zugemutet werden darf
ohne weiteres klar, dass die Einrede, es liege keine pfandversicherte
Forderung vor, offenbar nur im Wege der Arrestaufhebungsklage
geltend gemacht werden kann, da sich diese nicht gegen den Bestand der
Forderung aber auch nicht gegen den Arrestvollzug richtet, sondern auf
die Aufhebung des Arrestes hinzielt. Dass dieser Fall in der Rubrik
Bestreitung des Arrestgrundes nicht extra aufgeführt wurde, kann
nicht als irreführend bezeichnet werden; denn dort wird in Klammer
ganz allgemein auf Art. 271 SchKG und nicht etwa nur auf die Ziffern
1 bis 5 dieses Artikels hingewiesen, sodass also auch die negative
Voraussetzung, dass die Forderung nicht pfandversichert sein darf, die
ebenfalls in Art 271 SchKG geregelt ist, darunter zu subsummieren ist.
Die dem Arrestformular beigedruckten Bemerkungen haben sich auf die
wesentlichen Grundsätze zu beschränken, und es kann nicht verlangt
werden, dass sie für jeden einzelnen Fall eine erschöpfende Darstellung
des einzuschlagenden Verfahrens enthalten.

Demnach erkennt die Schuldbeir.und Konkurskammer : Der Rekurs wird
abgewiesen.

Schuldbetreibungs und Konkmrecht. N° 8. 31

8. Entscheid vom 23. Februar 1926 i. S. Richard.

SchKG Art. 219 ; erste Klasse : Die Frist, für welche L o h nforderungen
mit Konkursvorrecht ausgestattet sind, wird zufolge Rechtsverschlag nicht
um die Zeit zwischen der Anhebung und, der gerichtlichen Erledigung der
Klage rückwärts verlängert (Erw. 2).

SchKG Art. 146 Abs. 2, 184: Kollokationsplan im Betreibungsveriahren,
Bedeutung der Verfügung des Betreibungsamts über den Rang der Gläubiger
(Erw. 1).

A. Am 1. September 1924 hob der Rekurrent gegen Ernst Wild,
Schreinermeister in Sutz, für 324 Fr. 50 nebst Zins, nämlich 124 Fr. 50
rückständigen Arbeitslohn 'pro Juli 1924 und 200 Fr. Bardarlehen,
Betreibung an. Wild erhob am 3. September Rechtsvorschlag, da ich nur
97 Fr. schulde, bestreite also 227 Fr. Darauf strengte der Rekurrent
am 24. September beim Gerichtspräsidenten von Nidau Klage an, welche
ihm am 2. Oktober unter Kostenfolge zugesprochen wurde. Am 14. Oktober
hob der Rekurrent eine neue Betreibung für 467 Fr. 90 nebst Zins gegen
Wild an, wobei er auf das Urteil des Herrn Gerichtspräsidenten von
Nidau vom 2. Oktober 1924 als Forderungsurkunde bezw. Grund der
Forderung hinwies. In dieser Betreibung stellte der Rekurrent das
Fortsetzungsbegehren am 7. November. In dem in der Folge aufgestellten
Kollokationsplan liess das Betreibungsamt den Rekurrenten in der fünften
Klasse zu, wo ihm nur 8 Fr. zugeteilt werden konnten.

Mit der vorliegenden Beschwerde verlangt der Rekurrent, dass seine
Forderung ganz oder: mindestens teilweise in der ersten Klasse kolloziert
werde.

B. Durch Entscheid vom 5. Februar 1925 hat die Aufsichtsbehörde
in Betreibungsund Konkurssachen für den Kanton Bern die Beschwerde
abgewiesen.

C. Diesen Entscheid hat der Rekurrent an das Bundesgericht weiter-gezogen
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 51 III 27
Date : 17. Januar 1925
Published : 31. Dezember 1925
Source : Bundesgericht
Status : 51 III 27
Subject area : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : 26 Schuldbetreibungs und Konkursrecht. N° 6. Die Schuldbetreibangsund Konkurskammer


Legislation register
SchKG: 92  146  271  279
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