3. Entscheid vom 22. Januar 1925 i. S. Burger und Wespi.
Art. 17 SchKG. Die kantonale Aufsichtsbehörde darf nicht eine rechtzeitig
im Doppel an sie eingereichte Beschwerde als verwirkt erklären wegen
Nichteinreichung oder Verspätung in der Einreichung eines von ihr
verlangten weiteren Doppels (Erw. 2).
Art. 143
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 143 - 1 Erfolgt die Zahlung nicht rechtzeitig, so wird der Zuschlag rückgängig gemacht, und das Betreibungsamt ordnet sofort eine neue Versteigerung an. Artikel 126 ist anwendbar.279 |
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1 | Erfolgt die Zahlung nicht rechtzeitig, so wird der Zuschlag rückgängig gemacht, und das Betreibungsamt ordnet sofort eine neue Versteigerung an. Artikel 126 ist anwendbar.279 |
2 | Der frühere Ersteigerer und seine Bürgen haften für den Ausfall und allen weitern Schaden. Der Zinsverlust wird hierbei zu fünf vom Hundert berechnet. |
auf die Zahlungspflicht des Ersteigerers (Erw. 3).
Art. 656 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 656 - 1 Zum Erwerbe des Grundeigentums bedarf es der Eintragung in das Grundbuch. |
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1 | Zum Erwerbe des Grundeigentums bedarf es der Eintragung in das Grundbuch. |
2 | Bei Aneignung, Erbgang, Enteignung, Zwangsvollstreckung oder gerichtlichem Urteil erlangt indessen der Erwerber schon vor der Eintragung das Eigentum, kann aber im Grundbuch erst dann über das Grundstück verfügen, wenn die Eintragung erfolgt ist. |
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG) VZG Art. 76 - Zur richtigen Besorgung der Mitteilungen und Fristansetzungen (Art. 139, 140 Abs. 2 SchKG) hat der Beamte des Betreibungsortes dem Beauftragten mit dem Auftrag ein Verzeichnis der an der Betreibung beteiligten Gläubiger mit ihren Forderungssummen zuzustellen. |
Eintragung ins Grundbuch nicht über die ersteigerte Liegenschaft verfügen,
also auch nicht einen Dritten statt seiner in den Steigerungskauf
eintreten lassen (Erw. 4).
A. Im Grundpfandverwertungsverfahren gegen Emil Sickert und die
Geschwister Spillmaun wurde an der Steigerung vom 20. März 1924 das
Hotel du Lac, vor-derer Teil (mit Wandelhallen, Saalanbau, Garten und
Hofraum) an der Bahnhofstrasse in Luzern für 734,000 Fr. an Heinrich
Gerriets, Oberkellner in Luzern zugeschlagen. Dabei wurde der Ersteigerer
gemäss den Steigerungsbedingungen verpflichtet, die nach Ausweis des
Lastenverzeichnisses fälligen, durch gesetzliches oder vertragliches
Pfandrecht gesicherten Kapitalforderungen und die allfälligen Kapitalzinse
mit Einschluss der Verzugszinse und der Betreibungskosten binnen 90 Tagen
zu bezahlen, unter Androhung der Aufhebung des Zusehlages im Falle des
Zahlungsverzuges.
B. Mit Beschwerde vom 28. /31. März 1924 an die untere kantonale
Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs verlangten zwei Inhaber
von Obligationen des von der nun falliten Kollektivgesellschaft Spillmann
und Sickert ausgegebenen, durch auf dem Steigerungsobjekt lastende Gülten
fanstpfandversicherten Anleihens, die Aufhebung des Zuschlages, weil in
rechtswidriger Weise auf den Erfolg der Steigerung eingewirkt worden sei.
C. sowohl die untere als auch die obere kantonale Aufsichtsbehörde,
an welch letztere die Beschwerde
Schuldbetreibungs und Konkursrecht. N° 3. 11
weiter gezogen worden war, schützten das Begehren und wiesen das
Betreibungsamt an, den Zuschlag aufzuhehen. Als aber der Ersteigerer
Gerriets den Rekurs an das Bundesgericht erklärte, wurde die Beschwerde
zurückgezogen, worauf das Bundesgericht mit Entscheid vom 18. Juli 1924
densParteien zugestellt am 24. Juli 1924 die Urteile der kantonalen
Aufsichtsbehörden für aufgehoben erklärte. Darauf wurde am 28. Juli der
Steigerungshrief ausgefertigt und unterzeichnet. .
D. Im Hinblick auf die infolge des vorerwähnten Beschwerdeverfahrens
bestehende Unsicherheit betreffend die Frage der Rechtsbeständigkeit
des steigerungszuschlages hatte der Ersteigerer Gerriets schon am 13.
Mai um Sistierung seiner Zahlungsverpflichtung bis nach rechtskräftiger
Erledigung des Streites betreffend den Steigerungszuschlag ersucht,
worauf ihm das Konkursamt unterm 16. Juli mitteilte : die Frist werde
bis 30 Tage nach Zustellung des definitiven Entscheides über die pendente
Beschwerde erstreckt.
E. Am 20. August wurde dann, nachdem inzwischen der Steigerungszuschlag
für rechtsgültig erklärt worden war, durch Dr. Binkert namens des
Ersteigerers Gerriets der bereits im März Zahlungen im Betrage von
27,380 Fr. 85 Cts. geleistet hatte die noch pflichtige Restanz von
161,060 Fr. an das Konkursamt einbezahlt.
F. In der Folge wurde am 30. August, ohne dass vorher die Fertigung des
Verkaufes an Gerliets erkannt und der Eigentumsübergang an Gerriets ins
Grundbuch eingetragen worden wäre, zwischen Gerriets und der inzwischen
gegründeten Hotel du Lac A.-G. vereinbart, dass die letztere zu den
ganz gleichen Bedingungen in den vorliegenden Steigerungskauf eintrete,
welche Transaktion durch einen blossen Nachtrag im steigerungsKauibrief
beurkundet wurde. Gestützt auf diese Beurkundung wurde am 5. September
vom Stadtrat von Luzern die direkte Fertigung auf die Aktiengesellschaft
erkannt.
12 schuldbetreihungsund Komtur-seem. N° 3.
G. Am 15. September beschwerte sich Art. Burger in London,
als Obligationär der falliten Kollektivgesellschaft Spillmann
& Sickert, bei der untern kantonalen Aufsichtsbehörde über
Schuldbetreibung und Konkurs gegen das Betreibungsamt und das
Konkursamt von Luzern als verantwortliche Steigerungsbehörden in der
vorliegenden Grundpfandverwertungsangelegenheit, indem er Aufhebung des
Steigerungszuschlages vom A). März, Rückgängigmachung der Übertragung der
Hotel du Lac-Liegenschaft an Gerriets resp. an die Hotel du Lac A.-G. und
Anordnung einer neuen Steigerung beantragte. Zur Begründung machte er
geltend: Gerriets habe die ihm nach den Steigerungsbedingungen gewährte
Zahlungsfrist von 90 Tagen nicht eingehalten, weshalb der Zuschlag gemäss
Art. 143
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 143 - 1 Erfolgt die Zahlung nicht rechtzeitig, so wird der Zuschlag rückgängig gemacht, und das Betreibungsamt ordnet sofort eine neue Versteigerung an. Artikel 126 ist anwendbar.279 |
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1 | Erfolgt die Zahlung nicht rechtzeitig, so wird der Zuschlag rückgängig gemacht, und das Betreibungsamt ordnet sofort eine neue Versteigerung an. Artikel 126 ist anwendbar.279 |
2 | Der frühere Ersteigerer und seine Bürgen haften für den Ausfall und allen weitern Schaden. Der Zinsverlust wird hierbei zu fünf vom Hundert berechnet. |
H. Mit Entscheid vom 18. Oktober 1924 hat die untere kantonale
Aufsichtsbehörde erkannt: es werde auf die Beschwerde, mangels
Aktivlegitimation des Beschwerdeführers, nicht eingetreten, bezw. es
werde dieselbe abgewiesen.
J. Unterm 12. Dezember 1924 hat die obere kantonale Aufsichtsbehörde, an
welche der Entscheid weitergezogen worden war, die Beschwerde ebenfalls
abgewiesen und dem Vertreter des B'eschwerdeführers, wegen trölerhafter
Beschwerdeführung, die Kanzleikosten auferlegt. -
K. Gegen diesen Entscheid haben Burger und sein Vertreter rechtzeitig den
Rekurs an das Bundesgericht erklärt, indem sie das bei den Vorinstanzen
gestellte Rechtsbegehren wiederholten und Aufhebung der Verfügung
betreffend die Überbindung der Kanzleikosten beantragten.
Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht ' in Erwägung :
1. (Beschwerdelegitimation.) 2. Der Rekurrent beschwert sich in erster
LinieSchuldbetreibungs und Konkursrecbt. N° 3. 13
darüber : die Vorinstanz habe von ihm in rechtswidriger Weise verlangt,
dass er, nachdem er seine Beschwerde an die Vorinstanz im Doppel
eingereicht gehabt habe, innert drei Tagen drei weitere Doppel der
Beschwerdeschrift einreiche, unter der Androhung, das sonst Verzicht
auf das Beschwerderecht angenommen würde. Diese Beschwerde. ist
gegenstandslos, da der Rekurrent seinerzeit dieser Aufforderung innert
derihm gesetzten Frist nachgekommen ist, die angedrohte Ver-wirkung
von der Vorinstanz daher nicht ausgesprochen wurde. Immerhin muss
-für das künftige Verhalten der Vorinstanz bemerkt werden, dass es
nicht mit dem vsinn und Geist des eidg. Rechtes (das auf dem Gebiete
des Bæchwerdeverkahrens vom Grundsatz äusserst-er Einfachheit und
Formlosigkeit beherrscht ist; vgl. AS 31 I S. 536 s.)-vereinbar
erscheint, wenn eine rechtzeitige, im Doppel eingereichte Beschwerde
wegen Nichteinreichung oder Verspätung in der Einreichung eines von der
Vorinstanz verlangten weiteren Doppels als verwirkt erklärt wird. .
3. In der Sache selbst beanstandet der Rekurrent, dass der Zuschlag nicht
aufgehoben werden sei, trotzdem der Ersteigerer Gerriets die 90tägige
Zahlungsfrist nicht eingehalten habe. Der Rekurrent verkennt hiebei die
Situation, wie sie dadurch geschaffen wurde, dass der Zuschlag an Gerriets
sowohl von,der untern als auch von der obern kantonalen Aufsichtsbehörde
aufgehoben worden ist. Dadurch fiel natürlich die allein aus diesem
Zuschlag sich ergebende Zahlungspflicht des Ersteigerers dahin und
trat erst wieder in Wirksamkeit mit der vom Bundesgericht am 18. Juli
ausgesprochenen Aufhebung des" letzten kantonalen Entscheides. Es konnte
also eine Zahlung, solange der Zuschlag aufgehoben war, vom Ersteigerer
selbstverständlich nicht verlangt werden und dieser kam daher, wenn er
in dieser Zeit nicht leistete, nicht in Verzug. Fraglich erscheint nun
nur, welche Zahlungsfrist dem Ersteigerer nach der . am 18. Juli durch
das Bundesgericht erfolgten Aufhebung .
14 Schuldbetreibungs und Kankursrecht. N° 3.
der kantonalen Entscheide noch zu gewähren war. Da die vom Datum des
Zuschlages an laufende 90tägige Frist schon am 20. Juni, d. h. also in
einem Zeitpunkt, da die Aufhebung des Zuschlages durch die kantonalen
Instanzen noch zu Recht bestand, verstrichen war, hatte der Ersteigerer
zum mindesten einen Anspruch auf eine angemessene Nachfrist zur
Erfüllung seiner Zahlungspflicht. Denn da er ja die Kassierung
der kantonalen Entscheide nicht vorauszusehen vermochte und er für
dieses Zuschlags-Aufhebungsverfahren, wie sein Ausgang zeigt, nicht
verantwortlich erklärt werden darf, konnte ihm nicht zugemutet werden, den
geschuldeten Betrag auf den Tag der Zustellung des definitiven Entscheides
bereit zu halten. Wenn daher im vorliegenden Falle die Zahlungspflicht
dem Ersteigerer bis 30 Tage nach der Zustellung dieses Entscheides
erstreckt worden ist, so lag darin keineswegs eine gesetzwidrige, den
Ersteigerer in ungesetzlicher Weise bevorzugende Verfügung. Auf alle
Fälle liegt für die G l ä u b i g e r kein Beschwerdegrund vor, wenn
der Steigerungszuschlag, nachdem der geschuldete Betrag vom Ersteigerer
innert dieser Frist einbezahlt worden ist, nicht aufgehoben wurde. Denn
es liesse sich fragen, ob nicht die 90tätige Frist seinerzeit durch
die Aufhebung des Zuschlages überhaupt unterbrochen wurde und bis nach
Aufhebung der kantonalen Entscheide eingestellt geblieben sei. In diesem
Falle hätte der Ersteigerer vom Datum der
Zustellung des bundesgerichtlichen Entscheides an noch .
55 Tage und nicht nur 30 Tage Frist zur Erfüllung seiner
Zahlungspflicht'gehabt, da die Aufhebung des Zuschlages durch die untere
kantonale Instanz seinerzeit bereits am 24. April, also nur 35 Tage nach
dem erfolgten Zuschlag, verfügt worden war.
4. Unrichtig und den Vorschriften des Art. 67
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG) VZG Art. 67 - Das Betreibungsamt darf nur denjenigen, dem der Zuschlag erteilt worden ist, als Eigentümer in das Grundbuch eintragen lassen. Die Eintragung eines Dritten, der als Zessionar oder als vertraglicher Vorkaufsberechtigter in den Steigerungskauf einzutreten erklärt, ist unzulässig, selbst wenn der Ersteigerer damit einverstanden ist. |
Art. 656
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 656 - 1 Zum Erwerbe des Grundeigentums bedarf es der Eintragung in das Grundbuch. |
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1 | Zum Erwerbe des Grundeigentums bedarf es der Eintragung in das Grundbuch. |
2 | Bei Aneignung, Erbgang, Enteignung, Zwangsvollstreckung oder gerichtlichem Urteil erlangt indessen der Erwerber schon vor der Eintragung das Eigentum, kann aber im Grundbuch erst dann über das Grundstück verfügen, wenn die Eintragung erfolgt ist. |
es zuliess, dass, anstatt dass die Liegenschaft dem Ersteigerer
GerrietsSchuldbetreibungs und Konkursrecht. N° 3. ' 15
zugefertigt wurde, die Hotel du Lac A-G. in den steigerungskau'f eintrat
. Denn wenn auch der Ersteigerer schon mit dem Zuschlag Eigentum erwirbt,
so kann er doch nach der ausdrücklichen Bestimmung des Art. 656 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 656 - 1 Zum Erwerbe des Grundeigentums bedarf es der Eintragung in das Grundbuch. |
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1 | Zum Erwerbe des Grundeigentums bedarf es der Eintragung in das Grundbuch. |
2 | Bei Aneignung, Erbgang, Enteignung, Zwangsvollstreckung oder gerichtlichem Urteil erlangt indessen der Erwerber schon vor der Eintragung das Eigentum, kann aber im Grundbuch erst dann über das Grundstück verfügen, wenn die Eintragung erfolgt ist. |
V o r der Eintragung ins Grundbuch nicht über die Liegenschaft verfügen,
sie also auch nicht an einen Dritten übertragen. Eine solche Übertragung
stellt aber der vorliegende Kaufseintritt dar. Dieses unkorrekte Verhalten
des Amtes kann nun aber nicht zu einer Aufhebung des Steigerungszuschlages
führen, da es mit der Frage, ob dieser zu Recht erfolgt sei, nichts zu tun
hat. Es könnte höchstens eine Anfechtung des Eigentumsüberganges an die
Aktiengesellschaft zur Folge haben. Mit diesen Verhältnissen haben sich
jedoch die Aufsichtsbehörde-n über Schuldbetreibung und Konkurs nicht
zu befassen. Immerhin soll hier doch die kantonale Aufsichtsbehörde, um
weiteren derartigen Verfehlungen vorzubeugen, darauf aufmerksam gemacht
werden, dass das praktizierte Vorgehen ungesetzlich war. 5. Erscheint
somit aus all den angeführten Gründen der Rekurs nicht als begründet,
so kann doch angesichts der unterlaufenen Unkorrektheiten davon nicht die
Rede sein, dass der Rekurs sich schon zum Voraus als derart unbegründet
erwiesen hätte, dass sich die Auferlegung einer Trölerbusse oder auch
nur der kantonalen Kanzleikosten rechtfertigen würde. Dieser Teil des
angefochtenen Entscheides ist daher aufzuheben.
Demnach erkennt die Schuldbetr. und'Konkurskammer:
Der Rekurs wird, soweit er sich gegen die Auflage der Kanzleikosten
durch die Vorinstanz richtet, gutgeheissen, im übrigen abgewiesen.