82Prema-echt. N° 14.

reichten Berufungsschrift der Beklagten vom 31. Dezember 1924, worin
beantragt wird, es sei der zwischen den Parteien seit der Zustellung
des Urteils abgeschlossene Vergleich zu genehmigen und die Klage abzu'f
schreiben, eventual sei die Scheidungsklage abzuweisen ;

des Vergleiches der Parteien vom 18. Dezember 1924, in welchem sich die
Ligitanten versöhnen, der Kläger seine Scheidungsklage zurückzieht und
das eheliche

Leben mit der Beklagten wieder aufzunehmen sich ver--

pflichtet ; in Erwägung,

dass das Urteil der Vorinstanz und damit die ausgesprochene Scheidung
zufolge der eingelegten Berufung der Beklagten gemäss Art. 65 OG nicht
in Rechtskraft getreten ist ;

dass daher nichts im Wege steht, dass die Parteien nach erfolgter
Versöhnung das eheliche Leben wieder aufnehmen, ohne dass es ihrer neuen
Vereheliehung bedarf, sofern die Scheidungsklage zurückgezogen wird
(vgl. BGE 1917 43 S. 454 bes. Erw. 2) ;

dass in dem dem Bundesgericht vorgelegten Vergleich vom 18. Dezember
1924, den _der Kläger eigenhändig unterschrieben hat, ein Rückzug der
Scheidungsklage lie t ; ss

äass die Sache daher gegenstandslos geworden und abzuschreiben ist;

und erkennt :

Das Urteil des Bezirksgericht Oherlandquart vom 2. Dezember 1924
wird aufgehoben und der Prozess als durch Rückzug der Klage erledigt
abgeschrieben.

Versicherungsvertrag. N° 15. 83

V. VERSICHERUNGSVERTRAGCONTRAT D'ASSURANCE

15. Urteil der n. Hei-Maus vom 22. nam 1925 i. S. Levaillsnt gegen
Helvetia ."

U n f a ll v e r s i c h e r u n g : Selbsttötung, Beweislastverteilung.
Selbsttötung infolge Geisteskrankheit ?

A. Der Sohn der Kläger, Jules Levaillant, war seit 1912 bei der Beklagten
gegen Unfall versichert und zwar mit 20,000 Fr. für den Todesfall. Den
allgemeinen Versicherungsbedingungen ist zu entnehmen:

§ 1 Abs. 2 : Unfall im Sinne dieser Bedingungen ist die direkte
körperschädigende Einwirkung eines äusseren Ereignisses, von welcher
der Versicherte unfreiwillig und plötzlich betroffen wird.

§ 2: Vom Versicherungsvertrage ausgeschlossen sind : ................ ss
......

2. Selbstmord und der Versuch desselben, ohne Rücksicht auf den
Geisteszustand des Versicherten .....

Am 19. Mai 1923 stürzte Jules Levaillant aus dem Fenster seines im
dritten Stockwerk befindlichen Zimmers im Hotel Römerbad in Badenweiler,
wo er einen Erholungsaufenthalt machte, zu Tode.

Mit der vorliegenden Klage verlangen seine Eltern, die seine
nächsten Erben sind, Verurteilung der Beklagten zur Bezahlung der
Todesfallentschädigung von 20,000 Fr.

Die Beklagte, die wegen angeblicher Verletzung der Anzeigepflicht vom
Vertrage zurückgetreten ist, wendet überdies Selbsttötung ein.

B. Durch Urteil vom 23. September 1924 hat das Appellationsgericht des
Kantons Basel Stadt die Klage abgewiesen.

84 Versichemngsvertrag. N° 15.

C. Gegen dieses Urteil haben die Kläger die Berufung an das Bundesgericht
eingelegt mit den Anträgen . auf Gutheissung der Klage, eventuell
Rückweisung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

1. Hinsichtlich der von der Beklagten in der heutigen Verhandlung in den
Vordergrund gestellten Einwendung der Selbsttötung ist die Vorinstanz
davon ausgegangen, dass den Klägern der Beweis für die gemäss § 1 Abs. 2
und § 2 Ziff. 2 der allgemeinen Versicherungsbedin'gungen zum Begriff
des Unfalls gehörende Unfreiwilligkeit des todbringenden Ereignisses
obliege. Diesen Beweis hat jedoch die Vorinstanz nicht als erbracht
erachtet, indem sie zunächst annahm, das Herunterfallen einer erwachsenen
Person aus einem Zimmerfenster, welches keinerlei Besonderheiten aufweise,
wie dies vorliegend zutreffe, zeige äusserlich nicht die typischen
Merkmale des Unfalls und vermöge daher nicht eine Vermutung für die
Unfreiwilligkeit zu begründen, und sodann zwei für Selbstmord sprechende
Umstände namhaft machte, nämlich den Schwermutszustand des Versicherten
und dessen Fallen auf die Knie, worauf sie aus Spuren am Boden schloss.

Diese ,Entscheidung verletzt in keiner Weise Bundesrecht, wie sich
schon aus AS 46 H S. 199 ff. Erw. 2 ergibt. Dort wurde zunächst
ausgesprochen, dass bei der Unfallversicherung die Fassung des Art. 14
Abs. 1
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 14 - 1 Das Versicherungsunternehmen haftet nicht, wenn der Versicherungsnehmer oder der Anspruchsberechtigte das befürchtete Ereignis absichtlich herbeigeführt hat.
1    Das Versicherungsunternehmen haftet nicht, wenn der Versicherungsnehmer oder der Anspruchsberechtigte das befürchtete Ereignis absichtlich herbeigeführt hat.
2    Hat der Versicherungsnehmer oder der Anspruchsberechtigte das Ereignis grobfahrlässig herbeigeführt, so ist das Versicherungsunternehmen berechtigt, seine Leistung in einem dem Grade des Verschuldens entsprechenden Verhältnisse zu kürzen.
3    Ist das Ereignis absichtlich oder grobfahrlässig von einer Person herbeigeführt worden, die mit dem Versicherungsnehmer oder dem Anspruchsberechtigten in häuslicher Gemeinschaft lebt, oder für deren Handlungen der Versicherungsnehmer oder der Anspruchsberechtigte einstehen muss, und hat er sich in der Beaufsichtigung, durch die Anstellung oder durch die Aufnahme jener Person einer groben Fahrlässigkeit schuldig gemacht, so kann das Versicherungsunternehmen seine Leistung in einem Verhältnisse kürzen, das dem Grade des Verschuldens des Versicherungsnehmers oder des Anspruchsberechtigten entspricht.
4    Hat der Versicherungsnehmer oder der Anspruchsberechtigte das Ereignis leichtfahrlässig herbeigeführt oder sich einer leichten Fahrlässigkeit im Sinne des vorhergehenden Absatzes schuldig gemacht, oder hat eine der übrigen dort aufgeführten Personen das Ereignis leichtfahrlässig herbeigeführt, so haftet das Versicherungsunternehmen in vollem Umfange.
VVG den Versicherungsnehmer bezw. seine Rechtsnachfolger oder
allfällige Begünstigte jedenfalls dann nicht von der Last des Beweises
für die Unfreiwilligkeit des schädigenden Ereignisses befreie, wenn die
Unfreiwilligkeit durch den Versicherungsvertrag ausdrücklich als Merkmal
des Unfalles bezeichnet worden ist, wie dies vorliegend zutrifft. Weiter
wurde dort ausgeführt, dass es mit diesem Beweis der Unabsichtlichkeit
nicht strenge genommen werden dürfe : Liegen gar keine Anhaltspunkte
für ein absichtliches Herbeiführen des Unfalles

Versichenmgsvertrag. N° 15. 85

vor, so genügt der Beweis der übrigen Kriterien des Unfalles und
die blosse Möglichkeit des unbeabsichtigten Eintretens der Schädigung
..... Sobald aber ..... Tatsachen nachgewiesen sind, die Zweifel darüber
begründen, ob es sich um eine unabsiehtliche Verletzung handelt, kann
die Möglichkeit des unireiwilligen Eintritts nicht genügen, sondern der
Kläger hat den Beweis der Unfreiwilligkeit zu erbringen. Dabei steht es
aber dem Tatsachenrichter in Anwendung seiner freien Beweiswürdigung zu,
den Vorgang der Verletzung, auch wenn er im einzelnen sonst nicht erwiesen
ist, als so erfolgt anzunehmen, wie es nach den Erfahrungen des Lebens
im einzelnen Fall am wahrscheinlichsten erscheint, und das Bundesgericht
ist dann an diese Darstellung des Vorganges bei der Verletzung gebunden.
Diese anlässlich des Streites über angebliche Selbstverstümmelung bei
der Ausführung einer gewöhnlichen Arbeit aufgestellten Grundsätze haben
auch bei der Frage der Selbsttötung Anwendung zu finden. Dabei ist mit
der Vorinstanz davon auszugehen, dass die von ihr angeführten, durch
Schluss aus Indizien gewonnenen und daher vom Bundesgericht als richtig
anzunehmenden Umstände Zweifel an der Unfreiwilligkeit des todbringenden
Ereignisses begründen, woraus folgt, dass es in dieser Beziehung einer
besonderen Beweisführung durch die Kläger bedurfte. Freilich dürfen an
diesen Beweis nicht allzustrenge Anforderungen gestellt werden; indessen
ist es nicht etwa auf eine Missachtung dieser bundesrechtlichen Beweisnorm
zurückzuführen, wenn die Vorinstanz den den Klägern obliegenden Beweis
als nicht erbracht erachtet hat.

Den Beweis der Unfreiwilligkeit des todbringenden Ereignisses hätten
die Kläger für den Fall der Annahme der Selbsttötung nach der Richtung
antreten können, dass die Selbsttötung auf eine geistige Erkrankung des
Versicherungsnehmers zurückzuführen sei, welche seine Urteilsfähigkeit
ansschloss. Freilich haben die Kläger

35 Versicherungsvertrag. N° 15.

im Zusammenhang mit dem anderen Streitpunkt behauptet, der
Versicherungsnehmer sei geistig krank gewesen ; aber anderseits haben sie
bestritten und hieran auch noch in der heutigen Verhandlung festgehalten ,
dass diese Geisteskrankheit die Annahme der Seihsttötung zu rechtfertigen
vermòchte. Dieser ohne jeden Vorbehalt eingenommene Standpunkt läuft für
den nun eingetretenen Fall der Annahme der Selbsttötung, mit welchem die
Kläger von vorneherein eventuell rechnen mussten, auf die Verneinung
des Kausalzusammenhanges zwischen Geisteskrankheit und Selbsttötung
hinaus, bei der die Kläger zu behaften sind. Dabei verschlägt es nichts,
dass die Beklagte ihrerseits die Selbsttötung auf die Sehwermut des
Versicherungsnehmers zurückgeführthat; denn nicht nur haben die Kläger
diese Behauptung der Beklagten wie erwähnt bestritten, sondern die
Beklagte ist bei ihrer Behauptung auch gar nicht so weit gegangen, dass
es sich um eine die Urteilsfähigkeit ausschliessende Geisteskrankheit
handle, worauf es in diesem Zusammenhang einzig ankommt. Bei dieser
Sachlage kann die Frage nach der Rechtswirksamkeit der Klausel des § 2
Ziff. 2 der allgemeinenVersicherungsbedingungen, wonach Selbstmord ohne
Rücksicht auf den Geisteszustand des Versicherten vom Versicherungsvertrag
aus geschlossen ist, auf sich beruhen bleiben.

2. Ist sonach die Klage selbst dann abzuweisen, wenn der Rücktritt der
Beklagten vom VersicherungsVertrag unbegründet gewesen sein sollte,
so braucht auf die Beurteilung dieses Punktes nicht mehr eingetreten
zu werden.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Appellationsgerichts
des Kantons Basel-Stadt vom 23. September 1924 bestätigt.

Markenschutz. N° 16. 87

VI. MARKENSCHUTZ

PROTECTION DES MARQUES DE FABRIQUE

16. Ist da la. Ire Section civile du so janvier 1925 si dans la cause
Atar S.A.. contre Darin S.A.

Marques de fabrique. Responsabilité de l'imprimeur d'une marque
contrefaite. Publication du jugement.

La Société anonyme Dorin, fabrique de parfumerie à Paris, est titulaire
d'une marque de fabrique enregistrée en France le 2 décembre 1905
et inserite le 13 décembre de la meme année sous N° 4976 an Bureau
international de la propriété industrielle à Berne. Cette marque,
eomposée des nome Dorina et Paris ainsi que d'emblémes et de dessins
formant un tout, est apposée tant sur le converele que sur un des cötés
d'une boite ronde contenant de la poudre de toilette.

Après avoir fait saisir an mois de mai 1922 chez divers coiffeurs et
parfumeurs de Genève des boîtes semblables à la sienne, à l'exception des
mots Dorina et Paris remplacés par Edenia et Genève, la Société Dorina
fut informée que la maison Atar S. A., à Genève, avait fabriqué pour ces
boites des étiquettes, copies serviles de celles constituant la marque
N° 4976. Le 18 décembre 1922, elle obtint la saisie chez Atar de cinq
étiquettes rondes et de trois écussons portant la marque pretendùment
imitee ainsi que de deux pierres lithographiques ayant servi à leur
reproduction.

Le 12 janvier 1923, la maison Dorin a assigné Atar S. A. devant la Cour
de Justice civile de Genève en concluant, avec dépens, à ce qu'il plùt à
l'instance cantonale: valider la saisie; faire défense à la defenderesse
de fabriquer, mettre en vente ou vendre des étiquettes revètues des
marques contrefaites ou sonsti-
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 51 II 83
Date : 22. Januar 1925
Published : 31. Dezember 1925
Source : Bundesgericht
Status : 51 II 83
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : 82Prema-echt. N° 14. reichten Berufungsschrift der Beklagten vom 31. Dezember 1924,


Legislation register
OG: 65
VVG: 14
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