Sf; Prozessrecht. N° 14.

14. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom ii. Februar 1924
i. S. Schwegler gegen Eagen'ouch.

OG Art. 63 Ziff. 4 und Art. 65: Zustellung eines Urteils unter Nachnahme
von Gerichtskosten. Beginn der Berufungsfrist.

Zu Unrecht erhebt der Kläger gegen die Berufung des Beklagten, die am
7. Januar 1924 erklärt wurde, die Einrede der Verspätung. Wohl wurde
das angefochtene Urteil bereits am 10. Dezember 1923 dem Anwalte des
Beklagten zugestellt, der jedoch die Annahme verweigerte, weil die
Zustellung mit der Nachnahme von 105 Fr. 30 Cts. Gerichtskosten und
Porti belastet war. Die Verweigerung der Annahme eines gemäss Art. 63
Ziff. 4 OG. richtig zugestellten Urteils kann natürlich den Beginn
der Berufungsfrist nicht hinausschieben, und zwar gilt dies auch bei
Verweigerung der Annahme durch den Anwalt einer Partei, sofern sich
dessen Vollmacht, die bei der Annahmeverweigerung noch zurechtbesteht,
auf die Entgegennahme von solchen Mitteilungen erstreckt. Daran vermöchte
auch die Tatsache nichts zu ändern, dass die kantonale Instanz auf die
Annahmeverweigerung des Anwaltes eingegangen ist, den Akt zurückgenommen
und das Urteil am 19. Dezember dem Beklagten persönlich zugestth hat;
denn die Frage, ob die Urteilszustellung nach Art. 63 Ziff. 4 OG (wonach
die kantonalen Urteile, gegen welche das Rechtsmittel der Berufung an das
Bundesgericht zulässig ist, den Parteien schriftlich zugestellt werden
müssen), verbindlich sei, richtet sich nach dem Organisationsgesetz,
und danach kann die kantonale Instanz durch Zurücknahme der Zustellung
die Frist ebensowenig verlängern, als die Partei durch deren Nichtannahme
den Beginn des Fristenlaufs hinauszuschieben im Stande ist. Allein die
mit der Nachnahme der Gerichtskosten belastete Urteilszustellung vom
10. Dezember war gar keine Mitteilung im SinneProzessrecbt. N° 14. 67

des erwähnten Artikels. Es mag dahingestellt bleiben, ob die Mitteilung
eines Urteils mit der Nachnahme einer bescheidenen Ausfertigungsund
Zustellungsgebühr beschwert werden darf. Jedenfalls kann mit der
Urteilszustellung nicht eine Nachnahme in so hohem Betrage wie im
vorliegenden Falle verbunden werden. Dadurch könnte eine Partei
unter Umständen in die Unmöglichkeit versetzt werden, die Mitteilung
entgegenzunehmen, und es darf auch einem Anwalte nicht zugemutet
werden, zwecks Ermöglichung der Urteilsentgegennahme solche Beträge
für die Partei auszulegen. Eine mit der Nachnahme von Gerichtsgebühren
belastete Urteilszustellung ist von der Bedingung abhängig gemacht, dass
die Gebühr entrichtet werde; eine bedingte Urteilsmitteilung kennt aber
das Organisationsgesetz nicht. Das angefochtene Urteil ist somit erst
am 19. Dezember richtig zugestellt worden, sodass die Berufungsirist
am 20. Dezember zu laufen begonnen hat und die am 7. Januar der Pest
übergebene Berufungserklärung rechtzeitig eingereicht werden ist..
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 50 II 66
Datum : 01. Februar 1924
Publiziert : 31. Dezember 1925
Quelle : Bundesgericht
Status : 50 II 66
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Sf; Prozessrecht. N° 14. 14. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom ii.


Gesetzesregister
OG: 63
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