Übrigens ist die Tatsache durch das Urteil der Polizeikammer des
Obergerichts von Baselland vom 11. April 1924 belegt. Das reehtfertigte
es ohne weiteres, dass der Sanitätsrat und der Regierungsrat, als sie
über das Gesuch des Rekurrenten um Bewilligung zur Ausübung des Berufes
als Masseur zu entscheiden hatten, darauf Bedacht nahmen, das diese
Bewilligung nicht missbraucht werde und der Rekurrent nicht unter dem
Deckmantel der Ausübung des Masseurberufes eine ärztliche Tätigkeit
ausübe. Es wäre vielleicht richtiger gewesen, wenn die Behörden dem
Rekurrenten entweder die Bewilligung ganz versagt oder wenn sie die
Bewilligung auf die Ausübung der gewöhnlichen, nicht Heilzweeken
dienenden Massage beschränkt hätten. Allein, wie die Dinge lagen,
bedeutetes ein Entgegenkommen gegenüber dem Rekurrenten, wenn die
Behörden einen Mittelweg einschlugen und die Massage dem Rekurrenten
allgemein gestatteten, jedoch von der Bedingung ärztlicher Kontrolle
abhängig machten. Das war deshalb zulässig. weil sich eine scharfe
Trennung zwischen der gewöhnlichen eu nd der zu Heilzweeken angewendeten
Massage nieht leicht durchführen lässt, und Namentlich deshalb, weil
der Rekurrent selber diese Grenze nicht gezogen hat, auch in seinem
Gesuche ,um Bewilligung zur Ausübung des Masseurberufes nicht. Die
Setzung der Bedingung ist danach eine. durch die besondern Verhältnisse
gerechtfertigte sanität'spolizeiliche Verfügung, die in keiner Weise
als willkürlich bezeichnet werden kann, und zwar auch insoweit, als dem
Rekurrenten der Entzug der Bewilligung angedroht wird, für den Fall,
dass er die Bedingung nicht einhalte. '
2. Dass andern Masseuren bedingungslos die Ausübung des Berufs
gestattet worden sei, ist nicht dargetan und wäre übrigens nur dann von
Erheblichkeit, wenn
behauptet und bewiesen wäre, dass dieselben unter den
Augen der Behörden ebenfalls ärztliche Funktionen ausüben.
Doppelbesteuemng. N° 18. 87
3. Ob die baselstädtische Prüfung dem Rekurrenten das Recht zur
Ausübung der Massage im Kanton Baselland gab, gemäss Art. 5
SR 101 Costituzione federale della Confederazione Svizzera del 18 aprile 1999 Cost. Art. 5 Stato di diritto - 1 Il diritto è fondamento e limite dell'attività dello Stato. |
|
1 | Il diritto è fondamento e limite dell'attività dello Stato. |
2 | L'attività dello Stato deve rispondere al pubblico interesse ed essere proporzionata allo scopo. |
3 | Organi dello Stato, autorità e privati agiscono secondo il principio della buona fede. |
4 | La Confederazione e i Cantoni rispettano il diritto internazionale. |
Übergangsbestimmungen zur BV, kann dahingestellt bleiben, da, auch
wenn dies zu bejahen wäre, die angefochtene Bedingung sich als eine der
kantonalen Sanitätspolizei vorbehaltene, individuelle, durch die besondern
Verhältnisse gegründete Massnahme betreffend die Ausübung eines Gewerbes
darstellt, durch die die Freizügigkeit, auch wenn sie bestehen sollte,
nicht verletzt wird.
Demnach erkennt das Bundesgericht : Der Rekurs wird abgewiesen.
IV. DOPPELBESTEUERUN G
DOUBLE IMPOSITION
18. Urteil vom 12. Hai 1924 i. S. Chemische Fabrik schwer-erben
AA}. gegen Zürich, Basel-Landschaft und Basel-Stadt.
Doppelbesteuerungsverhot. Besteuerung des Ertrages einer
Aktiengesellschaft, die in verschiedenen Kantonen Gesehäftsniederlassungen
besitzt und in jedem Kanton andere Waren umsetzt oder herstellt als in
den andern. Verteilung
des _steuerpfiichtigen Ertrages nach dem Ergebnis der uewmnund
Verlustrechnung jeder Geschäftsniederlassung.
A. Die rekurrierende Aktiengesellschaft hat ihren Sitz in Basel. Hier
betreibt sie den Handel mit chemischteehnischen Produkten und anderen
Artikeln, die in der Industrie und der Landwirtschaft gebraucht werden.
Ferner hat sie zwei Fabrikanlagen, eine in Marthalen im Kanton Zürich,
wo Düngemittel und Wasserglas hergestellt werden, und eine in Pratteln,
wo Glaubersalz,
88 Staatsrecht.
Bisulfit und Kristallsoda verfertigt wird. In Pratteln vollzieht
sich nunmehr auch die Fabrikation von Superphosphat, die bisher
in Basel stattfand. Die unmittelbare Leitung des technischen und
kommerziellen Betriebes liegt nach § 22 der Statuten der Rekurrentin
einer Direktion ob, von der sich zwei Mitglieder in Basel und eines
in Schweizerhalle (Pratteln) befinden. Wichtige Vertragsabschlüsse
mit Lieferanten und Abnehmern bedürfen nach § 20 der statuten der
Genehmigung des Verwaltungsrates. Die Rekurrentin muss in Marthalen nach
§ 27 d. zürch. Steuerges. eine Ertragsund eine Kapitalsteuer bezahlen,
die vom durchschnittlichen Reinertrag der drei letzten Geschäftsjahre
und vom Kapital (vom Aktienkapital und den Reserven) des letzten
Geschäftsjahres erhoben werden . Am 21. November 1922 schrieb ihr das
Steueramt des Kantons , Zùrich, dass der in Marthalen steuerpflichtige
Reinertrag für 1919 37,000 Fr., für 1920 57,200 Fr. und für 1921 89,600
Fr. betrage. Zu den Reinertragssummen gelangte das Steueramt dadurch,
dass es für die Geschäftsjahre 1915/16, 1916/17, 1917/18, 1918/19 und
1919/20 (1. Juli bis 30. Juni) jeweilen den Gesamtreinertrag nach dem
zürcherischen Steuergesetz berechnete, davon einen Voranteil von 20 %
zu Gunsten des Kantons BaselStadt abzog und vom Restbetrag 1,84 % für
1915 /6, 3,84 % für 1916 /7, 5,56 % für 1917 /8, 8,05 % für 1918 [9 und
7,97 % für 1919/20 als in Marthalenv erzielten Reinertrag betrachtete,
entsprechend dem Verhältnis, in dem der Umsatz der Filiale Marthalen in
diesen Jahren jeweilen zum Gesamtumsatz stand.
B. Am 19. Januar 1923 hat die Chemische Fabrik Schweizerhall die
staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht ergriffen mit den
Anträgen:
1. Die Verfügung des zürcherischen kantonalen Steueramtes vom
21. November 1922 ist als Akt unzulässiger Doppelbesteuerung aufzuheben
; 2. Das Bundesgericht wird gebeten, die Grundsätze festzulegen,
nachDoppelbesteuerung. N° 18. 89
denen die Steuerpflicht der Chemischen Fabrik Schweizerhall
A.-G. gegenüber dem Kanton Zürich und in Abgrenzung gegenüber den
andern steuerberechtigten Kantonen Basel-Stadt und Basel-Land ..... mit
Hinsicht auf den steuerpflichtigen Erwerb nach billigem Ermessen zu
verteilen ist. 3. Die Kantone Zürich einerseits und BaselStadt und Basel
Land anderseits sind zu verurteilen, die von ihnen auf Grund des vom
Bundesgerichte aufgestellten Verteilungsmodus für die Jahre 1919, 1920
und 1921, zu Viel bezogenen Steuern.... unter Berechnung eines Zinses
von 6 % vom Empfangstage hinweg zurückzuerstatten
Zur Begründung wird ausgeführt : Jede der drei Geschäftsniederlassungen
erzeuge vollständig und selbständig Handelsartikel; keine stelle für die
andern bloss Halbfabrikate her oder habe sonst nur eine vorbereitende
Tätigkeit. Die Leitung der Filiale Marthalen gebe sich sowohl mit dem
Einkauf von Rohmaterialien und Handelswaren, als auch mit dem Verkauf
der dort hergestellten Produkte ab. Sie gewinne die Kundschaft und
verkehre mit ihr, kassiere und treibe Forderungen selbständig ein. Die
Zentralleitung in Basel übe in Beziehung auf die Filiale Marthalen nur
die Aufsicht aus. Demgemäss werde für jede Niederlassung getrennte,
in sich abgeschlossene Buchhaltung geführt. Die früher (bis im
Jahre 1920) auf Ende Juni und seither auf Ende Dezember erstellten
Gesamtbilanzen und _Gesamtgewinnund -verlustrechnungen bildeten bloss
die Zusammenziehung derjenigen, die in den einzelnen Niederlassungen
erstellt worden seien. Allerdings ziehe die Leitung der Filiale Marthalen
in den Steuererklärungen vom buchmässigen Reingewinn jeweilen einen
bestimmten Anteil an den Kosten der Gesa'mtleitung ab, um dem Umstande
Rechnung zu tragen, dass gewisse industrielle und kommerzielle Arbeiten
des Verwaltungsrates und der Zentraldirektion gemeinsam für das ganze
Unternehmen ausgeführt werden. In einem solchen Falle, wo es sich um
verschie-
90 Staatsrecht.
dene Niederlassungen einer Unternehmung handle, die technisch und
kommerziell ein Ganzes bilden, müsse die Besteuerung jeder Niederlassung
nach ihrem Spezialertrag und -vermögen stattfinden. Eine Verteilung des
Gesamteinkommens und des Gesamtvermögens nach einem bestimmten Schlüssel
sei also hier unzulässig.
C. Der Regierungsrat des Kantons Zürich verweist in der Beschwerdeantwort
auf eine Vernehmlassung des kantonalen Steueramtes und fügt u. a. bei :
Mit der Zugabe der Rekurrentin, dass gewisse industrielle und kommerzielle
Arbeiten des Verwaltungsrates und der Gesamtdirektion gemeinsam für das
ganze Unternhemen, also auch für Marthalen, ausgeführt werden, stimmt
die Tatsache überein, dass laut Eintrag im zürch. Handelsregister die
in Basel wohnhaften Direktoren der Rekurrentin und der Delegierte des
Verwaltungsrates neben dem in Marthalen wohnhaften E. Hablützel auch
für die Filiale Marthalen zeichnen und dass das der Filiale Marthalen
zugehörende Kapital tatsächlich vom Gesamtkapital der Rekurrentin
nicht ausgeschieden ist. Wir können daher die unbelegte und mit
den eigenen Ausführungen der Rekurrentin im Widerspruch stehende
Behauptung, die Niederlassung Marthalen sei sowohl technisch und
industriell als auch kommerziell Selbständig, nicht anerkennnen,
sondern müssen darauf beharren, dass die Niederlassung Marthalen mit
den übrigen Niederlassungen der Bekurrentin in Basel und Pratteln eine
wirtschaftliche Einheit bildet.... Die selbständige Buchführung für die
Filiale Marthalen ist nicht entscheidend. Eventuell ersuchen wir Sie,
die Verteilungsgrundsätze nach billigem Ermessen festzustellen. Wir sind
auf Grund von § 71 SEURG bereit, allfällig von der Rekurrentin für die
Jahre 1919-1921 zu viel bezahlte Steuern zurückzuerstatten, können aber,
sofern die Rückerstattungspflicht eintreten sollte, gemäss § 124 VV nur
einen Zins von 5 % anerkennen. In der erwähnten Vernehmlassung des
Steueramtes wird u. a. bemerkt,Doppelbesteueruug. N° 18. 91 dass die
Zentralleitung in Basel zum Teil den Einkauf der Rohmaterialien besorge.
D. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt weist darauf hin, dass die
Reknrrentin in Basel von Kapital und Ertrag für die Jahre 1919-1921 die
Steuern vorbehaltlos bezahlt habe und zwar ihrer Selbsttaxation gemäss,
abgesehen von der Ertragsbesteuerung für 1921, wobei vom Ertrag der
Fabrik Schweizerhalle noch ein Voranteil von 15 % beansprucht worden
sei. Er stellt den Antrag, die Kantone seien als berechtigt zu erklären,
den Teil des Gesamtertrages zu besteuern, der dem Verhältnis des
Betriebsergebnisses der auf ihrem Gebiet liegenden Niederlassung zum
Gesamtergebnis entspreclie, und dem Kanton des Hauptsitzes sei dabei
zudem ein gewisser Voranteil zuzuerkennen.
E. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft stellt sich auf den
Standpunkt, dass die Repartition nicht nach dem Umsatz erfolgen kann,
sondern dass die Vermögenseinsehätzung nach Vermögensfaktoren und die
Enverbseinschätzung nach Erwerbsfaktoren vorzunehmen ist.
F. In einer Replik hat die Rekurrentin neuerdings darauf hingewiesen,
dass die Leitung der Filiale Marthalen von sich aus den Einkauf der
Rohstoffe, die Fabrikation und den Verkauf der Fabrikate besorge und
in Basel sich nur die Überleitung befinde. Sodann beruft sie sich auf
den Entscheid des Bundesgerichts i. S. Banque federale e. Neuchätel
vom 25. Januar 1923 (AS 49 l N° 6) und führt noch aus : Da in jeder
Niederlassung eine ganz andere Tätigkeit als in den andern vor sich gehe,
so stünden die in den einzelnen Niederlassungen erzielten Gewinnbeträge
nicht im gleichen Verhältnis zu einander wie die Umsatzbeträge. Von den
buehmässigen Reinerträgen der Filiale Marthalen müssten je
20 % zu Gunsten des Kantons Basel-Stadt als Anteil
an den Kosten der Zentralleitung abgezogen werden. G. Der Regierungsrat
des Kantons Basel-Stadt
92 Staatsrecht.
hat in der Duplik an seinem Standpunkt festgehalten..
H. Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat in. der Duplik u. a. noch
bemerkt : Wir bestätigen unsere Rekursbeantwortung in allen Teilen. Die
Rekurrentin versucht in der Replikschrift unter Anführung von Einzelheiten
über die von den Unternehmungen in Pratteln und Marthalen fabrizierten
Artikel den Mangel eines Zusammenhanges dieser Betriebe unter sich und
mit der Verkaufsorganisation in Basel darzutun.Wir sind nicht in der
Lage, diese Behauptungen auf ihre Richtig keit nachzuprüfen, weil,
Wie der Steuerkommissär in der Rekursbeantwortung ausgeführt hat,
die Rekurrentin schliesslich unseren Steuerorganen die Einsicht
in die Bücher verweigert hat. Angesichts des organisatorischen
Zusammenhanges zwischen allen drei Betrieben und der Tatsache, dass
jedenfalls die finanzielle Geschäftsführung aller drei Betriebe in
Basel zusammenläuft, müssen Wir auf unserer Auffassung beharren, dass
Marthalen kein in sich abgeschlossener selbständiger Betrieb, sondern
ein Teil der Gesamtunternehmung ist. Eventuell wäre die Selbständigkeit
der Betriebe in der Fabrikation gegenüber der gemeinsamen Organisation
steuerrechtlich nicht erheblich. _Sollten Sie anderer Auffassung sein,
so beantragen wir die Einsichtnahme in die Bücher der Rekurrentin,
speziell die Speditionslisten, Augenschein eventuell Expertise. Die
Anwendung der im Urteil über die Eidgenössische Bank A.-G. niedergelegten
Grundsätze auf Fabrikationsund Handelsunternehmungen erachten Wir als
nicht angängig, da in solchen Betrieben Aktivenverschiebnngen an den
günstigsten. Steuerort nicht dieselben Hindernisse entgegenstehen,
wie sie im Gutachten Weyermann für Banken erwähnt sind.
J. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft, hält in der
Duplik an seinen Anträgen fest und bemerkt n. a. noch : Es ist ganz
selbstverständlich, dass die ver schiedenen Fabrikationszweige in einander
übergreifenDoppelbesteuernng. N° 18. _ 93
und dass speziell die Verteilung auf die verschiedenen
Geschäftsniederlassungen Sache der Überleitung ist. Sollte Wider Erwarten
die Trennung nach Geschäftssitzen anerkannt werden, so könnte unter
keinen Umständen von einem Präzipuum eines Geschäftssitzes die Rede sein.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung :
3. Der Geschäftsbetrieb der rekurrierenden Gesellschaft vollzieht
sich an drei unter gemeinsamer Direktion stehenden Niederlassungen in
Basel, Pratteln und Marthalen, bildet also einen über mehrere Kantone
sich erstreckenden einheitlichen Organismus. Die Rekurrentin kann
daher für ihr Vermögen und ihren Ertrag in den Kantonen Basel-Stadt,
Basel-Landschaft und Zürich je nach dem auf jeden von diesen fallenden
Anteil besteuert werden, weil sich an den genannten verschiedenen Orten
in ständigen Anlagen oder Einrichtungen je ein quantitativ und qualitativ
erheblicher Teil ihres Betriebes abspielt.
Die Lösung der Frage, in welcher Weise der Teil des Gesamtertrages Zu
ermitteln ist, den jeder Kanton besteuern darf, richtet sich nach der Art
des Geschäftsbetriebes der Rekurrentin und nach den zwischen den einzelnen
Niederlassungen bestehenden Beziehungen. Es steht unbestrittenermassen
fest, dass die Rekurrentin gewisse Waren fabriziert und daneben mit
andern Handel treibt, dass dieses Handelsgeschäft sich ausschliesslich
in Basel befindet, Während die Fabrikation sich bisher an allen drei
Niederlassungen vollzog und sich nunmehr noch in Pratteln und Marthalen
abspielt, und endlich dass in jeder Fabrikniederlassung für die dort
hergestellten Produkte der ganze Fabrikationsprozess stattfindet,
keine Niederlassung also für die andere Halbfabrikate verfertigt. Die
Rekurrentin hat sodann behauptet, dass die in Marthalen befindliche
Filialgeschäfts-
94 Staatsrecht.
leitung unter der Kontrolle und nach den Weisungen der Zentraldirektion
den ganzen laufenden Betrieb der Filiale selbständig besorge, vom Einkauf
der Rohmaterialien an bis zum Verkauf der Fabrikate, und dass dem eine
vollständige, in sich abgeschlossene Buchhaltung entspreche. Auch das
hat der Regierungsrat von Zürich nicht bestritten; lediglich in der
seiner Antwort beigelegten Vernehmlassung des kantonalen Steuerarntes
wird bemerkt, dass die Zentralleitung zum Teil die Rohmaterialien
einkaufe, ohne dass dies jedoch näher ausgeführt und begründet
würde. Es rechtfertigte sich daher nicht, dem Antrage des zürcherischen
Regierungsrates gemäss noch ein besonderes Beweisverfahren in Beziehung
auf die Organisation des Geschäftsbetriebes durchzuführen. Der
Regierungsrat von Zürich macht hauptsächlich nur geltend, dass die
Filiale in Marthalen kein vollständig selbständiges Unternehmen sei,
was zweifellos; richtig ist; es handelt sich nur um eine relative,
durch gewisse Befugnisse der Zentralleitung beschränkte Selbständigkeit.
Was für Marthalen gilt, ist auch in Beziehung auf Pratteln zu sagen, zumal
da hier ein Mitglied der (Zentral-) Direktion tätig ist; der Regierungsrat
von Basel-Landschaft hat nicht behauptet, dass die Geschäftsleitung in
Pratteln weniger selbständig sei oder beschränktere Funktionen habe als
diejenige in ,Marthalen.
Die erwähnte Art und Organisation des Betriebes '
führt dazu, sowohl die Verteilung des Ertrages nach dem Umsatz als
auch diejenige nach den Erwerbsfaktoren unter die beteiligten Kantone
abzulehnen. Den Umsatz hat das Bundesgericht in der Hauptsache bei reinen
Handelsunternehmungen zum Verteilungsmassstab genommen. Hier hat man es
aber teilweise mit einer Fabrikationsunternehmung zu tun, bei der die
Produktion eine erhebliche Rolle für den Ertrag spielt (vgl. BGE 36 I
S. 17). Übrigens könnte der Umsatz hier schon deshalb nicht ohne weiteres
als massgebend betrachtet werden, Weil anDoppelbesteuemng. N° 18. ss 4 95
jeder Niederlassung Waren anderer Art umgesetzt oder fabriziert werden,
und demgemäss nicht von vornherein anzunehmen ist, dassder Reingewinn
überall im gleichen Verhältnis zum Umsatz stehe (vgl. BGE 49 I S. 35).
Andererseits ist es aber auch nicht möglich, den Anteil jedes Kantons
am Ertrag bloss nach den Erwerbsfaktoren. dem Kapital undder durch die
kapitalisierten Löhne, Gehälter usw. dargestellten Arbeit, zu bestimmen,
da die Rekurrentin in Basel ein reines Handelsunternehmen betreibt, womit
sie, wie es scheint, weitaus den grössten Teil ihres Ertrages erzielt,
und bei solchen Geschäften eine Ertragsverteilung nach den erwähnten
Faktoren nicht am Platze ist (vgl. BGE 43 I S. 35).
Man braucht überhaupt im vorliegenden Falle zur Ermittlung des Anteils
jeder Geschäftsniederlassung am Gesamtertrag nicht zu einer indirekten
Methode zu greifen; sondern dieser Anteil ergibt sich hier gerade wie
beim Entscheid i. S. Banque fédérale c. Neuenburg vom 25. Jan. 1923
(BGE 49 I N° 6) unmittelbar mit genügender Sicherheit aus den Gewinnund
Verlustrechnungen der einzelnen Niederlassungen. Es darf wohl angenommen
werden, dass diese wie bei den Bankgeschäften ein im allgemeinen getreues
Bild vom effektiven Anteil am gesamten Betriebsresultat geben. weil
die einzelnen Niederlassungen nicht blosse Betriebsstätten bilden, die
nur einen Teil des vom Gesamtgeschäft durchgeführten Umsatzes oder der
von ihm betriebenen Fabrikation einer Ware übernehmen, sondern sich
an jeder Niederlassung im allgemeinen ein vollständiger Handelsoder
Fabrikationsbetrieb vollzieht, indem sich der für den Umsatz oder die
Herstellung einer Ware erforderliche Geschäftsprozess jeweilen, soweit
sich die Rekurrentin damit überhaupt abgibt, von Anfang bis zu Ende {Int
derselben bestimmten Niederlassung abspielt und von deren besonderer
Geschäftsleitung unter der Kontrolle und nach den Weisungen der (Zentral-)
Direktion unmittelbar durchgeführt
96 staatsrecht-
wird. Infolgedessen gibt die Buchführung jeder einzelnen Niederlassung,
abgesehen von den Kosten der gemeinsamen Zentralleitung, genau wieder,
was hier mit dem Umsatz oder der Fabrikation der Waren verdient oder
verloren worden ist. Die Selbständigkeit der einzelnen Niederlassungen
und ihrer Geschäftsleitungen bietet bei der Rekurrentin wie bei den
Banken eine gewisse Garantie gegen Verschiebungen, die das Ergebnis
einer Niederlassung zu Gunsten einer andern falschen. Demgemäss darf die
Rekurrentin für ihren Reinertrag in Marthalen, Pratteln und Basel nur
nach den Ergebnissen der Gewinnund Verlustrechnung der dort befindlichen
Geschäftsniederlassung besteuert werden. Freilich handelt es sich dabei,
wie die Rekurrentin in der Replik nachträglich selbst zugegeben hat,
bloss um die Anwendung eines Verteilungsschlüssels für die Berechnung des
Anteils. jedes Kantons am Gesamtreinertrag, was dann von Bedeutung wird,
wenn eine der Filialen oder das Hauptgeschäft mit Verlust arbeitete,
und was sich auch darin äussert, dass das Unternehmen gegebenen Falls
auch den Filialkantonen gegenüber verpflichtet ist, über den gesamten
Geschäftsbetrieb Angaben zu machen.
Mit Rücksicht darauf, dass die Kosten der für alle
Geschäftsniederlassungen gemeinsamen Zentralleitung als deren
gemeinschaftliche Unkosten erscheinen, darf sodann im vorliegenden
Fall der Kanton Basel-Stadt. von den sich nach dem erwähnten
Verteilungsgrundsatz für Pratteln und Marthalen allenfalls ergebenden
Reinertragsanteilen noch 10 % zur Besteuerung beanspruchen. Ein Abzug
von 20 % zu Gunsten von Basel Würde sich, da die Geschäftsniederlassungen
in Marthalen und Pratteln eine relativ grosse Selbständigkeit besitzen,.
nicht rechtfertigen.
Die baselstädtischen Ertragssteuerauflagen für 19191921 stehen mit
diesen Verteilungsgrundsätzen im allgemeinen im Einklang. Der Kanton
Basel-Stadt hat sich zwar insoweit nicht daran gehalten, als er für 1921
15Doppelbesteuerung N ° 1 8. _ 97
statt 10 % vom Ertragsanteil der Filiale Schweizerhall in Anspruch
nahm. Doch wird das' im Rekurse gar nicht erwähnt, so dass dieser
insofern nicht substantiiert ist. Ob in Basel bei der Besteuerung für
1921 der in Marthalcn in der zweiten Hälfte des Jahres 1920 erlittene
Verlust berücksichtigt wurde, geht aus den Akten nicht hervor ; wenn
es aber auch nicht geschehen wäre, so hätte das die Rekurrentin einem
Fehler in der Selbsttaxation, also sich selbst, zuzuschreiben Demnach
muss die Beschwerde gegen die baselstädtischen Ertragssteuerverfiigungen
in vollem Umfang abgewiesen werden.
Die Verfügung des zürcherischen Steueramtes vom 21. November 1922
über die Ertragssteuer ist aufzuheben, weil sie mit den angegebenen
Verteilungsgrundsätzen im Widerspruch steht. Es wird Sache der
zürcherischen Steuerbehörden sein, die Ertragssteuertaxation für 19191921
nach diesen Grundsätzen neu vorzunehmen, und ebenso werden sich auch die
Behörden des Kantons Basel-Landschaft hieran halten müssen, wenn sie die
Staatssteuertaxation für 1920 und 1921 vornehmen, soweit diese nicht durch
den Entscheid des Bundesgerichts i. S. Brown, Boveri A.-G. g. Aargau
und Baselland vom 7. April 1919 kraft einer Vereinbarung der Parteien
präjudiziert ist.
4. (Verteilung des steuerpflichtigen Vermögens oder Kapitals). 5. Es
ist festzustellen, dass der Regierungsrat von
Zürich sich bereit erklärt hat, der Rekurrentin mit 5 % Zins
zurückzuerstatten, was sie allenfalls an Steuern für 1919-1921 zu viel
bezahlt hat. Eine Vergütung von 6 % Zins wäre ungerechtfertigt-
Demnach erkennt das Bundesgericht : -
Der Rekurs wird im Sinne der Erwägungen unter Aufhebung der Verfügung
des Steueramtes des Kantons Zürich vom 21. November 1922 über die
Ertragssteuer teilweise gutgeheissen.