420 ' Staatsrecht.
droit réguliérement constitué, un intérét au succès de l'action,
la légitimation active (GARSONNET, a. a. O § 356 ff.) sind nach dem
Gesagten offenbar im vorliegenden 'Falle vorhanden.
3. Die Zuständigkeit des Zürcher Richters auf Grund von Art. 5 des
Gerichtsstandsvertrages für die Klage der Rekursbeklagten ist daher
jedenfalls in dem Umfang, in dem der angefochtene Entscheid sie
grundsätzlich in Anspruch nimmt, zu bejahen. Die Abgrenzung, die das
_Obergericht im einzelnen von jener grundsätzlichen Auffassung ausgehend
zwischen unter Art. 5 des Vertrages fallenden erbrechtlichen und anderen
Streitpunkten vorgenommen hat, ist vom Rekurrenten eventuell nicht
beanstandet worden und daher nicht zu überprüfen.
Demnach erkennt das Bundesgericht :
Der Rekurs wird abgewiesen.
64. Urteil vom 17. Oktober 1924 i. S. Geiger & 01° gegen Obergericht
Luzern.
Gerichtsstandsvertrag mit Frankreich Art. 17 Ziff. 2 und Erklärung
zwischen der Schweiz und Frankreich vom 1. Februar 1913 betr. die
Übermittlung {von Aktenstücken. Die Tatsache, dass die dem schweizerischen
Beklagten in gehöriger Form übergehene Vorladung vor das französische
Gericht der zustellenden kantonalen Behörde nicht durch Vermittlung des
eidgen. Justizdepartements, sondern direkt von dem betr. französischen
Staatsanwalt zugekommen ist, schliesst die Gütigkeit der Ladung im Sinne
der ersterwähnten Staatsvertragsbestimmung nicht aus. Ebensewenig,
dass ihr bei der Übergabe keine deutsche Übersetzung beigegeben war,
wenn der Zustellungsempfänger eine solche nicht verlangt hat.
Die Rekurrentin Firma Geiger & C, eine Kollektivgesellschaft mit Sitz
in Luzern, ist durch Kontumazialurteil des Tribunal de commerce de
Perpignan vom
Staatsverträge. N° 64. ss 421
5. Nov. 1920 zur Zahlung von 10,195 Fr. 80 Cts. nebst Verzugszinsen
an den Rekursbeklagten Bigorre in Perpignan verpflichtet worden. Die
Urteilssumme wurde gegen die Rekurrentin in Luzern in Betreibung gesetzt.
Die luzemischen Behörden verweigerten indessen die Rechtsöffnung und
ein dagegen gerichteter Rekurs des Gläubigers wurde vom Bundesgericht
am 13. Juli 1923 abgewiesen, weil wohl feststehe, dass eine Vorladung
zur Verhandlung vor das Gericht in Perpignan dem dortigen Staatsanwalt
zur Zustellung an die Rekurrentin übergeben worden, nicht aber auch,
dass sie tatsächlich und rechtzeitig an die letztere gelangtsei, wie
es nach Art. 17 Ziff. 2 des Gerichtsstandsvertrages mit Frankreich
Voraussetzung für die Vollstreckung des Kontumazialurteils wäre.
In einer darauf angehobenen neuen Betreibung wurde die Rechtsöffnung von
den luzernischen Behörden gewährt, nachdem der Gläubiger zumBeweise für
die Erfüllung, jener Voraussetzung. das Original eines Schreibens des
Procureur de la République près letribunal de 11"e instance de Perpignan
vom 6. Oktober 1920 an Monsieur le' Président du Département fédéral
de, Justice
ss et de Police à Genève beigebracht hatte, worin das
Departement ersucht wurde, den. dem Schreiben beigelegten Akt (enthaltend
die erwähnte Vorladung) nach den Formen der internen schweizerischen
Gesetzgebung und gemäss Art. 2 und 3 der Haager Zivilprozesskonvention von
1909 dem Adressaten zustellen zu lassen und die Bescheinigung über die
erfolgte. Zustellung der ersuchenden Behörde zuzusenden.Am Fusse dieses
Schreibens und auf der Rückseite desselben finden sich folgende Vermerke:
recu, Luzern 13. Oktober 1920... Geiger & Cie.
B e r i c h t: Die vorstehend erwähnte m der Beilage sich befundene
Verfügung wurde auftragsg'emass vom Unterzeichneten dem Inhaber der
Firma zGeiger & Cie,
422 staatsrecht-
Herrn Geiger Wilhelm von Hirslanden/Zürich, Morgartenstrasse Nr. 1 hier
zugestellt und der Empfang vorstehend bescheinigt. Luzern 13. Oktober
1920. Huwyler Korporal.
V e r f ü g u n g. Unter Hinweis auf vorstehende Zustellungshescheinigung
zurück an den Herrn Procureur de la République in Perpignan. Luzern
15. Oktober 1920. Polizeiinspektorat des Kantons Luzern. Habermacher
Lieutenant.
Die Rekurrentin hatte eingewendet, dass eine gehörige Vorladung trotz
der erwähnten Ausweise nicht vorliege. Einmal sei die Zustellung nicht,
wie es Art. 1 der Erklärung vom 1. Februar 1913 zwischen der Schweiz
und Frankreich vorschreibe, durch Vermittlung des eidgen. Justiz-und
Polizeidepartements erfolgt, sondern das Ersuchsschreiben des
Staatsanwalts von Perpignan offenbar von den Genfer Behörden, an die es
adressiert war, direkt an diejenigen von Luzern geschickt worden. Sodann
sei das zuzustellende Aktenstück entgegen Art. 4 derselben Erklärung
nicht von einer deutschen Übersetzung begleitet gewesen.
Gegen den zweitinstanzlichen Rechtsöffnungsentscheid des
luzernischen Obergerichtsergriff sie den staatsrechtlichen Rekurs
an das Bundesgericht. Sie hielt daran fest, dass es sich bei den
beiden angerufenen Vorschriften um wesentliche Voraussetzungen einer
rechtswirksamen Vorladung handle, der Adressat eine Vorladung, welche
ihnen nicht entspreche, nicht zu beachten und anzufechten brauche,
sondern dies noch im Exekutionsverfahren tun könne und erblickte in der
abweichenden Auffassung des Obergerichts eine Verletzung von Art. 17
Ziff. 2 des Gerichtsstandsvertrages von 1869 in Verbindung mit Art. 1
und 4 der zitierten Erklärung.
Das Bundesgericht hat den Rekuis abgewiesen.
Gründe:
, 1 Voraussetzung für das Vorliegen einer gehörigen Zitation im Sinne
von Art. 17 Ziff. 2 des französisch-
Staatsverträge. N° 64. 423
schweizerischen Gerichtsstandsvertrages ist: 1. der Erlass einer Verfügung
durch das Prozessgericht oder das von ihm damit beauftragte Organ, die
nach Inhalt und Form den an einen solchen Akt zu stellenden Anforderungen
entspricht. 2. die Zustellung dieser Verfügung an die betreffende
Prozesspartei zu einer Zeit, die ihr noch ermöglicht ihre Interessen an
der Verhandlung, zu der vorgeladen wird, wahrzunehmen. Massgebend für
die Rechtswirksamkeit des Aktes selbst nach den unter 1 bezeichneten
Richtungen ist die Gesetzgebung des Prozessortes, für das Verfahren
dagegen, in dem die Zustellung erfolgen muss, um rechtswirksam zu sein,
das Recht desjenigen Kantons, in dem der Adressat wohnt, es wäre denn,
dass dieser sich vertraglich einem besonderen Zustellungsdomizil im Staate
des Prozessgerichts unterworfen hätte (AS 30 I 342 ff.). Daran hat auch
die von der Rekurrentin angerufene Erklärung zwischen der Schweiz und
Frankreich vom ]. Februar 1913 nichts geändert. Es ist hier lediglich in
Anwendung von Art. 1 Abs. 4 der Haager Zivilprozesskonvention das bisher
in Art. 20 und 21 des Gerichtsstandsvertrages zwischen beiden Staaten und
in Art., 1 Abs. 1 und 3 der erwähnten Konvention vorgesehene umständliche
Verfahren der Übermittlung an die zuständige schweizerische Behörde
durch Vermittlung der diplomatischen und Konsularvertreter des anderen
Staates in der Weise ersetzt worden, dass das zuzustellende Aktenstück
vom französischen Gerichte bezw. Staatsanwalt direkt der schweizerischen
Behörde, nämlich dem eidgen. Justizund Polizeidepartement übersandt werden
kann. Letzteres ist dadurch nicht etwa als Organ bestimmt, welches selbst
die Zustellung des Aktenstückes an den Adressaten vornimmt. Es bildet nur
den Vermittler, der die Urkunde an die zuständige Behörde des Wohnortes
des AdresSaten mit dem Auftrag-e weiterleitet, sie diesem in den. nach
dem betreffenden kantonalen Rechte geltenden Formen zu übergeben. Das
ergibt sich unzweideutig auch schon
si L 424 staat-kocht
àus der Fassung: durch die zuständige französische Behörde u n m it
t e l b a r dem eidgen. ,Justizund ' . Polizeideparte'ment in Bern
übersandt 'und es wird ' denn auch etwas anderes vom Rekurrenten
nicht behauptet. Die durch Art. 1 der Erklärung vorgesehene Mitwirkung
des Departementes stellt sich demnach nicht als ein Bestandteil
des Zustellungsverfahrens selbst, z sondern als eine blosse interne
Vorschrift über die Formen des Geschäftsverkehrs zwischen den Behörden
beider Staaten dar.'Die Nichtbeachtung dieser Vorschrift mag allenfalls
Anlass zu diplomatischen Vorstellungen bieten, kann aber dem Adressaten
der Zustellung, wenn diese selbst gehörig erfolgt ist, ein Recht zu deren
' Anfechtung nicht geben, wie es denn auch für den ZWeck, den speziell
Art. 17 Ziff. 2 des Gerichtsstandsvertrages verfolgt, gleichgiltig ist,
auf welchem Wege _ die tatsächlich zugestellte Vorladung in die Hände
' der zustellenden kantonalen Behörde gelangt sei. Auch im vorliegenden
Falle kann danach die Rechtswirksamkeit der Vorladung vor das Tribunal
de commerce von Perpignan? nicht deshalb bestritten werden, weil das
Gesuch um Zustellung derselben an die Rekurrentin den luzernischen
Behörden nicht durch Vermittlung des eidg. Justizdepartements, sondern
direkt von der ersuchenden französischen Behörde bezw. durch die
Behörde eines anderen Kantons zugekommen ist, an die es irrtümlicher
Weise 'adressiert war. Vielmehr könnte sich die Bestreitung der
Vollstreckbarkeit des Urteils wegen Fehlens des durch Art. 17 Ziff. 2 des
Gerichtstandsvertrages aufgestellten Erfordernisses höchstens darauf
stützen, dass die , Vorladungsverfügung selbst nach Form und Inhalt
nicht den massgebenden Vorschriften der Gesetzgebung des Prozessortes
(d. h. . des franz. Prozessrechts) entsprochen habe oder ihre Übergabe
(Zustellung im eigentlichen Sinne) an den Adressaten an dessen Wohnort
nicht in nach dem Rechte dieses Ortes wirksamer Weise erfolgt sei. Weder,
dasStaatsverträge. N° 64. 425-
eine noch das andere wird aber von der Rekurrentin behauptet.
2. + Nicht anders verhält es sich mit dem zweiten gerügten Mangel, ;dem
Fehlen einer deutschen Übersetzung der Vorladungsverfügung. Nach Art. 4
Abs. 2 ' der mehr-erwähnten Erklärung soll eine solche. aller-= dings
in den Fällen beigegeben werden, wo die Zustellung ' des 'Aktenstiickes
auf besonderes Verlangen der ersuchenden Behörde durch einen 6 f f e n
t l i c h e n, ' B e a m-te n in einem der unter Ziff. 2 ebenda auf-'
geführten Kantone zu erfolgen hat. Allein Abs. 4 des
,Artikels bestimmt anschliessend hieran: Sofern die
Übersetzungen durch die ersuchende Behörde in den Fällen, in denen
sie hiezu gemäss der gegenwärtigen Erklärung verpflichtet ist, nicht
beigebracht worden sind, so werden sie durch die ersuchte Behörde von
Amtes wegen beschafft. Die Nichtbeachtung des Art. 4 Abs.? berechtigt
die ersuchte Behörde also nicht etwa die Zustellung abzulehnen, vielmehr
hat sie den Mangel ,
' von sich aus zu heben, Wobei ihr die Kosten dafür von
der "ersuchenden Behörde zu ersetzen sind (Art. 5 Ziff. 2); Tut dies die
ersuchte Behörde nicht, so ist es Sache des Adressaten sich an sie zu
wenden und die Übersetzung zu verlangen. Im vorliegenden Falle hat die
rekurrierende Firma ein solches Verlangen nicht gestellt, offenbar Weil
sie wegen ihrer Sprachkenntnisse einer Übersetzung nicht bedurfte. Damit
hat sie aber unzweideutig ihren Willen erklärt, das Aktenstück auch ohne
Übersetzung entgegennehmen zu
{wollen und kann die Verbindlichkeit der Zustellung nieht mehr
nachträglich wegen Fehlens einer solchen bestreiten. '