122 Schuldbetreibungs und Konkursrecht. N° 30.

30. Auszug aus dem Entscheid vom 22. Juni 1923 i. S. Berner Handels'bank
und Genossen.

SchKG Art. 260 : Weiterziehbarkeit einer Verfügung des Konkursamtes
betreffend die Klagefrist zur Geltendmachung einer Abtretung nach Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.458

SchKG (Erw. 1). Natur der Abtretung nach Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.458
SchKG. Geltendmachung
eines abgetretenen Massaanspruches durch V erg I e i c h ist an sich
zulässig, doch nicht gleichzeitig neben einer g e r i c h t 1 i c h e n
Geltendmachung desselben Anspruches durch andere Abtretungsgläubiger. Die
gerichtliche Geltendmachung geht vor und die vergleichschliesr enden
Abtretungsgläubiger scheiden als Vollmacht-träger der Masse aus (Erw. 2).

Im Konkurse über _die Sterne , Genossenschaft schweizerischer
Schneidermeister, in Bern, trat das Konkursamt Bern Stadt als
Konkursverwaltung die Ansprüche, die der Masse gegen die Genossenschafter
nach den Statuten zustanden und auf die die zweite Gläubigerversammlung
verzichtet hatte, gemäss Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.458
SchKG am 1. Dezember 1922 an eine
Reihe von Gläubigern ab. Die Abtretung erfolgte nach dem offiziellen
Formular mit einer Frist zur Geltendmachung der Ansprüche, die durch
eine spätere Verfügung auf den 1. Februar 1922 verlängert wurde. Mit
Rücksicht auf die zahlreichen sich auf die ganze Schweiz verteilenden
Genossenschafter (300 an der Zahl) wurde besonders verfügt, dass es den
Abtretungsgläubigern anheimgestellt bleibe, innert der genannten Frist
nur gegen einen Genossenschafter vorzugehen, ohne dadurch das Recht
zu verlieren, nach Ablauf der Frist einen andern ins Recht zu fassen ;
für die Geltendmachung der Ansprüche gegen einen andern Genossenschafter
musste vom Konkursamt eine neue Frist verlangt werden.

Die Berner Handclsbank und sieben andere Abtretungsgläubiger erhoben
innert Frist gegen den Genossenschaiter .] . Hurni, den ehemaligen
Sekretär derSchuldbetreibungs und Konkursrecht. N° 30. 123

Genossenschaft, Klage auf Bezahlung von 5000 Fr., während 21 andere
Gläubiger, die zum grössern Teil selber Genossenschaft-er der Sterna
waren, mit Hurni einen Vergleich abschlossen, in dem sich dieser
verpflichtete, zur Vermeidung eines Prozesses 1000 Fr. in die Konkursmasse
zu bezahlen, wogegen sich die vergleichenden Gläubiger für ihre Ansprüche
befriedigt erklärten.

Das Konkursamt war nun der Auffassung, die vergleichenden Gläubiger seien
durch den Abschluss des Vergleichcs innert der angesetzten Frist gegen
einen Genossenschafter im Sinne des Gesetzes vorgegangen und behielt
ihnen durch Verfügung vom 19. Januar 1923 das Recht vor, auch nach Ablauf
der angesetzten Frist gegen jeden anderen Genossenschaft-er vorzugehen,
wozu es ihnen auf Verlangen eine neue Frist ansetzen werde.

Auf Rekurs der Berner Handelsbank und ihrer sieben Genossen, die gegen
Hurni den Prozess eingeleitet hatten, hat das Bundesgericht diese
Verfügung aufgehoben, im wesentlichen mit folgender Begründung :

1. Bei der angefochtenen Verfügung des Konkursamtes handelt es
sich nicht, wie die Rekursgegner geltend machen, lediglich um eine
Angemessenheitsfragc, deren Überprüfung sich dem Bundesgericht entzieht.
Sind Rechtsansprüche der Masse im Sinne von Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.458
SchKG an mehrere
Gläubiger abgetreten worden, so sind diese grundsätzlich gleichberechtigt
und die Konkursverwaltung ist verpflichtet., nichts zu unternehmen, was
diese Gleichberechtigung stören könnte. Sie muss also insbesondere die
Klagen-ist für alle gleich berechnen und darf nicht dem einen gegenüber
die Rechtslage anders gestalten als gegenüber dem andern (BGE 1914 III
Nr. 80). Liegt somit in der angefochtenen Verfügung des Kon-

kursamtes eine Begünstigung der Rekursge'gner, so wären

dadurch die Rekurrenten in ihrem Recht auf gleiche Behandlung
verletzt. Sie sind daher, da eine Gesetzvcrletzung in Frage steht,
zum Rekurse an das Bundesgericht berechtigt.

124 Schuldbetreibungs und Konkursrecht. N° 30.

2. Zur Beurteilung der Sache selbst ist von der recht

lichen Natur der Abtretung nach Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.458
SchKG auszugehen. Wie das
Bundesgericht wiederholt festgestellt hat (vergl. BGE 1917 III Nr. 32 und
die dort erwähnten Entscheide), ist diese Abtretung keine zivilrechtliche
Zession von Rechten der Konkursmasse oder des Gemeinschuldners, sondern
nur die Übertragung der Befugnis an einen oder mehrere Konkursgläuhiger
zur Geltendmachung solcher Rechte als Vertreter und Beauftragte der
Masse, aber auf eigene Gefahr und mit privilegiertem Anrecht auf
das Ergebnis. Trotz der Abtretung bleibt die Konkursmasse oder der
Gemeinschuldner Träger der abgetretenen Rechte. Auch bei einer Mehrheit
von Abtretungsgläubigern erfolgt die Abtretung stets in dem Sinne, dass
jeder von ihnen die Befugnis und Verpflichtung zur Geltendmachung des g
a n z e n abgetretenen Rechtsanspruchs erhält. Jeder einzelne Gläubiger
wird also Vertreter der Konkursmasse für das ganze ihm abgetretene
Recht und eine Verfügung darüber ist nur im Einverständnis aller
Abtretungsgläubiger möglich.

Das gilt, wie das Bundesgericht schon im Entscheide Levi vom 12. Mai
1917 (BGE 43 III Nr. 32) festgestellt hat, gleicherweise für jede
Alt der Geltendmachung des abgetretenen Rechtsanspruches, d. h. für
die Geltendmachung durch Prozess wie durch ausser-gerichtlichen
Vergleich. Dass als Geltendmachung auch der ausser; gerichtliche Vergleich
aufzufassen ist, kann angesichts des Wortlautes, wie er im offiziellen
Formular für die Abtretung von Rechtsansprüchen enthalten ist, nicht
zweifelhaft erscheinen. Ziffer 2 des Formulars (und im französischen
Texte auch Ziff. 3) sprechen ausdrücklich davon, dass die Geltendmachung
der Massarechte auch aussergerichtlich erfolgen kann. Wenn aber ein
Teil den Prozess anstrengen oder einen angehobenen fortsetzen will, ein
anderer Teil dagegen statt dessen einen Vergleich abschliessen möchte,
so kann dieser Konflikt inSchuldbetreibungs und Konkursrecht. N° 30.125

anderer Weise nicht gelöst werden, als indem eben der Prozess von
denjenigen, die sich dazu bereit erklären, durchgeführt wird, und
die Andern, die das nicht wollen, ' als Vollmachtträger der Masse
ausscheiden müssen, selbst auf die Gefahr hin, dass im Prozess weniger
erreicht werden sollte als mit einem Vergleich vielleicht möglich
gewesen Wäre. Die Abtretung erfolgt in erster Linie, um eine g e r i"
c h t 1 i c h e Feststellung über das bestrittene Recht 'herbeizuführen;
ein Vergleich ist aber gerade ein Mittel, um diesen Zweck zu vermeiden;
diese Art der Geltendmachung des Anspruches muss daher, weil sie eine
Durchführung resp. Fortsetzung des Prozesses begriffsmässig ausschliesst,
vor der andern zurückgetreten. Das Gesetz gibt auch keine Handhabe
dafür, denjenigen Gläubigern, welche eine Vergleichsproposilion des
Schuldners anzunehmen Willens sind, diesen Prozessgewinn für den Fall
zu sichern, dass der von der andern Gläubigergruppe durchgeführte
Prozess weniger ergeben sollte, ganz abgesehen, davon, dass zu einem
solchen Vergleiche sich ein Schuldner ja wohl überhaupt nicht bereit
finden liesse. Ein Vergleich kann also nur mit Zustimmung sämtlicher
Abtretungsgläubiger zustandekommen, und es ist nicht möglich, dass der
eine Abtretungsgläubiger oder eine Gruppe von solchen ihr Ziel durch
einen Vergleich zu erreichen suchen, Während gleichzeitig die andern
Gläubiger oder eine andere Gruppe von ihnen einen Prozess durchführen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 49 III 122
Date : 22. Juni 1923
Published : 31. Dezember 1924
Source : Bundesgericht
Status : 49 III 122
Subject area : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : 122 Schuldbetreibungs und Konkursrecht. N° 30. 30. Auszug aus dem Entscheid vom


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