angeführten wirtschaftlichen Gründe, die ihn bestimmtenvon einem
Neubau abzusehen, seien so überzeugend, dass jedenfalls nicht gesagt
werden könne, es habe ihm an gutem Willen gefehlt, und er habe etwa den
Wiederaufbau nur deshalb unterlassen, um den ihm unbequem gewordenen
Verpflichtungen aus dem Vertrag zu entgehen. Es könne übrigens mit
Bestimmtheit angenommen werden, dass die Vergütung der Brandassekuranz
für die Erstellung eines Neubaues nicht ausgereicht haben würde.. Die
Brandassekuranz habe ihm 113,340 Fr. aushezahlen wollen, indem sie den
Wert der übrig gebliebenen Reste auf 11,660 Fr. und das ganze Gebäude
auf 125,000 Fr. geschätzt habe. Dabei sei jedoch bereits ein Abzug für
Altersentwertung des abgebrannten Gebäudes gemacht, und es sei ferner
naheliegend, dass die Schätzungen der Brandassekuranz eher niedrig
gehalten seien. Dazu komme, dass der Brand in eine Zeit gefallen sei,
in welcher mit gesteigerten Baukosten habe gerechnet werden müssen
und auch auf vorsichtige Voranschläge nicht unbedingt habe abgestellt
werden können.
Gegenüber der Einwendung der Kläger, es hätte auch untersucht werden
sollen, ob nicht nach den Preisen vom April 1922 ein Wiederaufbau
angängig gewesen wäre, ist mit der Vorinstanz daran festzuhalten,
dass dem Beklagten nicht zugemutet werden konnte, jahrelang mit der
Entschliessung, ob er wieder aufbauen wolle, zuzuwarten; denn es Wäre
eine unerträgliche Erschwerung seiner persönlichen Verhältnisse, wenn
er die Neugestaltung seiner geschäftlichen Einrichtungen für so lange
hätte in der Schwebe lassen müssen.
Demnach erkennt das Bundesgericht :
.Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des
Kantons Zürich vom 3. April 1922 bestätigt.Obligationenrecht. N° 56. 375
56. Urteil der I. Zivilabteilung vom 26. September 1922 i. S. Sparund
Leihkasse Bern gegen Ursenbacher.
B ü r g s c h a f t : Unbeachtlicher Reehtsirrtnm begründet in der irrigen
Annahme einer gültigen Faustpfandbestellung. Stillschweigende Zusicherung
des Gläubigers an den Bürgen bei Entgegennahme der Bürgerschaft, für die
vom Hauptschuldner versprochene Bestellung eines Faustpfandes besorgt
zu sein. Haftung des Gläubigers für die Folgen der Nichtbestellung.
A. Unterm 31. Juli 1921 stellte Ernst Kaufmann, Alteisenhändler in Nidau,
der Sparund Leihkasse Bern ,folgenden Eigenwechsel aus:
Am 31. Oktober 1921 nächsthin zahle ich gegen diesen Sola W'echsel,
ohne Präsentation, im Kassalokal an die Ordre der Sparund Leihkasse
in Bern die Summe von Franken zwanzigtausend, den Wert bar erhalten,
hiefür, sowie für alle andern Forderungen, welche die Spar-und Leihkasse
in Bern aus irgend einem Rechtsgrund an mich zu fordern hat und in
Zukunft noch zu stellen haben wird, verschreibe und übergehe ich der
Sparund Leihkasse in Bern unter gleichzeitiger Abtretung der auf den
Namen lautenden Wertpapiere im Sinne von Art. 901 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 901 - 1 Bei Inhaberpapieren genügt zur Verpfändung die Übertragung der Urkunde an den Pfandgläubiger. |
|
1 | Bei Inhaberpapieren genügt zur Verpfändung die Übertragung der Urkunde an den Pfandgläubiger. |
2 | Bei andern Wertpapieren bedarf es der Übergabe der Urkunde in Verbindung mit einem Indossament oder mit einer Abtretungserklärung. |
1 Partie Lumpen, laut meinem Verzeichnis vom 22. Januar und 12. November
1920 in mj Lager in Nidau, mit einem Exportwert von ca. 30,000 Fr. mit
der Verpflichtung, sämtliche Ausgänge diesem Wechsel zuzuführen.
Der Kläger Ursenbachen hat diesen Wechsel als Bürge
unterzeichnet. Ursprünglich lautete der Wechsel bei gleichem Kontexte
auf 37,000 Fr.; unter sechsmaliger Erneuerung hat ihn dann der Schuldner
Kaufmann bis auf 19,000 Fr. abbezahlt. Die letzte Teilzahlung von 1000
Fr. erfolgte im September 1921. Das Pfandrecht an den Lumpen wurde in
der Folge nie bestellt ; diese verblieben in der Verfiigungsgewalt des
Schuldners Kaufmann. Mit Schreiben vom 13. Dezember 1921
376 Obiigutionenrecht. N° sc.
machte die Beklagte den Kläger darauf aufmerksam, dass der Eigenwechsel
des am 8. Dezember verstorbenen Hauptschuldners am 31. Oktober
1921 verfallen sei. sie sei indessen bereit, die Sache durch einen
Schuld-schein zu regeln, damit nicht Barzahlung erfolgen müsse. in seiner
Antwort vom 16. Dezember 1921 führte der Anwalt des Klägers aus, dass
nach Aussage seines Klienten für die Forderung Waren als Faustpiand
haften, sodass der Kläger erst nach Verwertung derselben für einen
allfälligen Ausfall in Anspruch genommen werden könne. Daraufhin schrieb
die Beklagte am 19. Dezember zurück, sie könne sich nicht entschliessen,
die Durchführung des Konkurses Kaufmann, bezw. die Verwertung der
Pfänder abzuwarten . Sollte der Kläger nicht zur Regelung der Sache
Hand bieten, so müsste nach Ablauf der Weihnachtsferien gegen ihn
Betreibung eingeleitet werden. Am 20. Dezember 1921 erkundigte sich
der Anwalt des Klägers, ob die Wechselforderung und das Pfandrecht
im Konkurse des Kaufmann angemeldet und anerkannt worden seien
und welchen Wert das Faustpfand heute approximativ habe, worauf
ihm die Beklagte am 21. Dezember 1921 antwortete, die Anmeldung der
Forderung mit Geltendmachung des Pfandrechts werde erfolgen, sobald die
Konkurspublikation erschienen sei. Wie die Pfänder bewertet werden können,
entziehe sich ihrer Kenntnis. Mit Schreiben vom 22. Dezember gabder Anwalt
des Klägers seinem Erstaunen darüber Ausdruck, dass die Beklagte über den
Wert der Pfänder nicht orientiert , sei. Daraus könne gefolgert werden,
dass dieselben gar nie in ihren Besitz und Gewahrsam übergegangen seien
und daher, wenn dies zutreffen sollte, ein gültiger Pfandvertrag nicht
vorliege. Er müsse sie deshalb bitten, ihm den Faustpfandvertrag zur
Prüfung zuzustellen. Hierauf erwiderte die Beklagte am 28. Dezember,
dass sie die Forderung gegenüber Kaufmann in dessen Konkurs anmelden
und das Pfandrecht geltend machenObligationenrecht. N° 56. 377
werde. Der Kläger werde im Konkursverfahren Gelegenheit haben, die ihr
zur Verfügung stehenden Beweismittel einzusehen.
Im Januar 1922 belangte sodann die Sparund Leihkasse den Kläger
Ursenbacher als Bürgen im Betreibungswege auf Zahlung der noch
ausstehenden 19,000 Fr. Auf dessen Rechtsverschiag hin wurde ihr durch
Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern vom 7.' März 1922 die
provisorische Rechtsöffnung für die in Betreibung gesetzte Forderung
von 19,000 Fr. nebst 7% Zins seit 31. Oktober 1921 erteilt.
B. 'Hiegegen richtet sich die vorliegende Aberkennungsklage mit
dem Begehren um Aberkennung dieser Forderung nebst 113 Fr. 40
Cts. Rechtsöffnuugskosten. In der Begründung bestreitet der Kläger
die Rechtsverbindlichkeit der eingegangenen Bürgschaft, indem er
in erster Linie geltend macht, er sei von-der Beklagten dadurch
absichtlich getäuscht werden, dass sie ihn mit dem von ihr geschriebenen
Pfandvermerk in den Glauben versetzt habe, es handle sich um, einen
formrichtige Verpfändung der bezeichneten Waren, während eine gültige
Faustpfandbestellung gar nicht erfolgt sei. Allerdings habe er mit der
Bank nie persönlich verkehrt, allein die Täuschung sei auch von seiten
des Wechselschuldners Kaufmann begangen worden, der als Vertreter der
Beklagten die Unterschrift eingeholt und dabei die Versicherung abgegeben
habe, es handle sich bloss um eine Formsache, und es riskiere der Kläger
mit Rücksicht auf die Verpfändung nichts. Dieses dolose Verhalten ihres
Vertreters habe die Beklagte zu verantworten. _
Sodann beruft sich der Kläger für die Unverbindlichkeit des Vertrages auf
wesentlichen Irrtum im Sinne von Art. 24 Ziff. 1, 3 u. 4. Er habe sich nur
für eine durch Faustpfand sichergestellte Forderung verpflichten wollen;
tatsächlich aber habe er seine Zustimmung zu einem ganz andern Vertrage
erklärt und damit auch
378 ()bligationenreeht. N° 56.
eine Leistung von erheblich grösseremv Umfang versprochen als es
sein Wille gewesen sei. Endlich habe er die Existenz einer gültigen
Pfandbestellung auch als notwendige Grundlage des von ihm eingegangenen
Vertrages betrachten dürfen. Eventuell stelle sich die persönliche
Verpflichtung des Schuldners Kaufmann aus dem Pfandvermerk als Sicherheit
im Sinne von Art. 509
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 509 - 1 Durch jedes Erlöschen der Hauptschuld wird der Bürge befreit. |
|
1 | Durch jedes Erlöschen der Hauptschuld wird der Bürge befreit. |
2 | Vereinigen sich aber die Haftung als Hauptschuldner und diejenige aus der Bürgschaft in einer und derselben Person, so bleiben dem Gläubiger die ihm aus der Bürgschaft zustehenden besondern Vorteile gewahrt. |
3 | Jede Bürgschaft natürlicher Personen fällt nach Ablauf von 20 Jahren nach ihrer Eingehung dahin. Ausgenommen sind die gegenüber der Eidgenossenschaft oder ihren öffentlich-rechtlichen Anstalten oder gegenüber einem Kanton für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen, wie Zölle, Steuern u. dgl., und für Frachten eingegangenen Bürgschaften sowie die Amts- und Dienstbürgschaften und die Bürgschaften für periodisch wiederkehrende Leistungen. |
4 | Während des letzten Jahres dieser Frist kann die Bürgschaft, selbst wenn sie für eine längere Frist eingegangen worden ist, geltend gemacht werden, sofern der Bürge sie nicht vorher verlängert oder durch eine neue Bürgschaft ersetzt hat. |
5 | Eine Verlängerung kann durch schriftliche Erklärung des Bürgen für höchstens weitere zehn Jahre vorgenommen werden. Diese ist aber nur gültig, wenn sie nicht früher als ein Jahr vor dem Dahinfallen der Bürgschaft abgegeben wird. |
6 | Wird die Hauptschuld weniger als zwei Jahre vor dem Dahinfallen der Bürgschaft fällig, und konnte der Gläubiger nicht auf einen frühern Zeitpunkt kündigen, so kann der Bürge bei jeder Bürgschaftsart ohne vorherige Inanspruchnahme des Hauptschuldners oder der Pfänder belangt werden. Dem Bürgen steht aber das Rückgriffsrecht auf den Hauptschuldner schon vor der Fälligkeit der Hauptschuld zu. |
Verminderung verantwortlich. Kaufmann habe tatsächlich grössere Posten der
in den Verzeichnissen vom 22. Januar und 12. November 1920 aufgeführten
Waren veräussertohne den jeweiligen Erlös zur Abzahlung des Wechsels
zu verwenden. Den daraus erwachsenen Schaden habe die Beklagte an sich
zu tragen.
Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage, indem sie ausführte:
Aus dem Pfandvermerk gehe deutlich hervor, dass die Waren im Lager
des Schuldners Kaufmann verblieben und somit eine Besitzesübertragung
nicht stattgefunden habe. Von einer absichtlichen Täuschung könne daher
keine Rede sein ; auch Kaufmann habe sich einer solchen nicht schuldig
gemacht, jeden? falls aber werde bestritten, dass er als Vertreter der
Bank gehandelt habe. Der Irrtumsstandpunkt gehe fehl, indem es sich wie
im _Rechtsöffnungsentscheid zutreffend ausgeführt werde, um einen Irrtum
im Motiv oder um einen Rechtsirrtum handle, der nach Gesetz und Praxis
unbeachtlich sei. Art. 509
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 509 - 1 Durch jedes Erlöschen der Hauptschuld wird der Bürge befreit. |
|
1 | Durch jedes Erlöschen der Hauptschuld wird der Bürge befreit. |
2 | Vereinigen sich aber die Haftung als Hauptschuldner und diejenige aus der Bürgschaft in einer und derselben Person, so bleiben dem Gläubiger die ihm aus der Bürgschaft zustehenden besondern Vorteile gewahrt. |
3 | Jede Bürgschaft natürlicher Personen fällt nach Ablauf von 20 Jahren nach ihrer Eingehung dahin. Ausgenommen sind die gegenüber der Eidgenossenschaft oder ihren öffentlich-rechtlichen Anstalten oder gegenüber einem Kanton für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen, wie Zölle, Steuern u. dgl., und für Frachten eingegangenen Bürgschaften sowie die Amts- und Dienstbürgschaften und die Bürgschaften für periodisch wiederkehrende Leistungen. |
4 | Während des letzten Jahres dieser Frist kann die Bürgschaft, selbst wenn sie für eine längere Frist eingegangen worden ist, geltend gemacht werden, sofern der Bürge sie nicht vorher verlängert oder durch eine neue Bürgschaft ersetzt hat. |
5 | Eine Verlängerung kann durch schriftliche Erklärung des Bürgen für höchstens weitere zehn Jahre vorgenommen werden. Diese ist aber nur gültig, wenn sie nicht früher als ein Jahr vor dem Dahinfallen der Bürgschaft abgegeben wird. |
6 | Wird die Hauptschuld weniger als zwei Jahre vor dem Dahinfallen der Bürgschaft fällig, und konnte der Gläubiger nicht auf einen frühern Zeitpunkt kündigen, so kann der Bürge bei jeder Bürgschaftsart ohne vorherige Inanspruchnahme des Hauptschuldners oder der Pfänder belangt werden. Dem Bürgen steht aber das Rückgriffsrecht auf den Hauptschuldner schon vor der Fälligkeit der Hauptschuld zu. |
Kläger ersichtlich gewesen, dass der Pfandvermerk nur eine obligatorische
Verpflichtung darstellte. Kaufmann sei gestattet worden, die Ware zu
behalten, um sie ungehindert verkaufen und den Erlös zur Abtragung seiner
Schuld verwenden zu können. Eine besondere Aufsichtspflicht der Be--
klagten habe nicht bestanden. Eventuell habe Kauf
mann der eingegangenen persönlichen Verpflichtung nicht
zuwidergehandelt. Die relativ niedrige Schätzung der Waren durch das
Konkursamt sei nicht auf eineObligationenrecht. N° 56. 379
vertragswidrige Verwendung, sondern auf die ausserordentliche Entwertung
derselben zurückzuführen. Aber auch. wenn es sich so verhielte, wie
der Kläger behaupte, wäre für ihn kein Schaden entstanden, da es nach
dem Konkursausbruch ganz gleichgültig gewesen sei, ob die Waren noch
verhanden waren oder nicht, dasie nach der dem Kläger bekannten Sachlage
doch nicht. zur privilegierten Deckung des fraglichen Wechsels hatten
Verwendung finden dürfen. .
C. Mit Urteil vom 6. Juli 1922 hat der Appellationshof des Kantons
Bern die Einrede des wesentlichen Irrtums gutgeheissen und demgemäss
die Forderung
' von 19,000 Fr. nebst 7% Zins seit 31. Oktober 1921
und 113 Fr. 40 Cts. Rechtsöffnungskosten aberkannt.
D. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die Berufung an das
Bundesgericht erklärt mit dem. Antrag, die Klage gänzlich,
eventuell teilweise abzuweisen _und die Sache, wenn nötig, an
die Vorinstanz zurückzuwelsen. Sie bemerkte dabei, angesichts
des Rechtsöffnungs-entscheides vom 7. März 1922 habe sie keine
Veranlassung gehabt, sich in erster Instanz auf Art. 25
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 25 - 1 Die Berufung auf Irrtum ist unstatthaft, wenn sie Treu und Glauben widerspricht. |
|
1 | Die Berufung auf Irrtum ist unstatthaft, wenn sie Treu und Glauben widerspricht. |
2 | Insbesondere muss der Irrende den Vertrag gelten lassen, wie er ihn verstanden hat, sobald der andere sich hierzu bereit erklärt. |
bemfen. Dies werde hiermit nachgeholt und die Bereitschaft erklärt,
den Bürgschaftsvertrag gelten zu lassen, wie ihn der Aberkennungskläger
Ursenbacher verstanden haben will, sofern das Bundesgericht w1der Erwarten
den Standpunkt der I. Zivilkammer des bernischen Appellationshofes
teilen sollte.
E. In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Beklagten diese
Anträge erneuert. Der Vertreter des Klägers hat auf Abweisung der Berufung
und Bestätigung des angefochtenen Urteils angetragen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung :
1. Zunächst unterliegt keinem Zweifel, dass, wie auch die Vorinstanz
mit Recht annimmt, ein gültiges Faustpfand an der im Wechsel genannten
Partie Lampen zu Gunsten der Beklagten als Gläubigerin wegen Nicht-
...ma je; ::;
380 Obligatienenrecht. N° 56.
erfüllung des gesetzlichen Erfordernisses der Besitzesübertragung
nicht begründet worden ist. Der Kläger beruft sich hierauf für die
Unverbindlichkeit der Bürgschaftsverpflichtung mit der Begründung, dass er
sich bei Eihgehung der Bürgschaft in einem wesentlichen Irrtum befunden
habe, indem er von der Annahme ausgegangen sei, das Pfand sei gültig
bestellt und die "zu verbürgende Schuld durch dasselbe gesichert. Die
Vorinstanz hat diesen Standpunkt auf Grund der Erwägung gutgeheissen,
dass dieser Irrtum einen sachverhalt betroffen habe, der vom Irrenden
nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage
des Vertrages habe betrachtet werden dürfen. Dieser Auffassung kann
nicht beigepflichtet werden. Mit dem Vordersirichterist allerdings
anzunehmen, dass der Kläger in der Tat glaubte, es bestehe ein gültiges
Pfandrecht. Allein diese unrichtige Annahme des Klägers beruhte nicht
auf einer irrtümlichen Auffassung .-ihrer den Vertragstatbestand,
wie er dem zwischen dem Wechselschuldner Kaufmann und der Beklagten
vereinbarten Pfandgeschäft zu Grunde lag, d. h. über die in der
Pfandklausel verurkundeten Tatsachen, sondern auf einer solchen über
die Rechtsfolgen derselben, nämlich dass dadurch eine rechtsgültige
Pfandverhaftung der Lumpen zu Gunsten der Bank zustande gekommen und
damit die ,zu verbürgende Forderung dinglich gesichert sei. Diese Meinung
des Klägers stützte sich somit auf eine rechtsirrige Beurteilung ihm
bekannter Tatsachen, die ihre Quelle in einer falschen Vorstellung über
die das Fahrnispfand beherrschenden Rechtsnormen hatte. Ein solcher
Rechtsirrtum aber, der lediglich die Wirtschaftliche Tragweite der
Bürgschaftsübernehme betraf, und insofern nur als Irrtum im Beweggrunde
wirksam war (vgl. v. Turin, Zeitschr. f. schweiz. Recht n. F. Bd. 15
S. 307), vermochte die Gültigkeit des abgeschlossenen Vertrages nicht
zu beeinträchtigen, es sei denn, dass er durch betrügerische, vom
GläubigerObligationenrecht. N° 56. 381
zu vertretende Handlungen herbeigeführt worden wäre. Allein 'von einer
absichtlichen Täuschung des Klägers durch die Bank, darin liegend, dass
sie bei ihm wider besseres Wissen den Glauben an das Vorliegen einer
dinglichen Sicherung der Forderung erweckt hättekann keine Rede sein,
da die Beklagte selbst, wie aus ihrem Schreiben vom 21. Dezember 1921
hervorgeht, noch im damaligen Zeitpunkt der Meinung war, sie besitze ein
gültiges Pfandrecht an den Lumpen. Ausserdem hat die Beklagte nach dem
eigenen Zugeständnis des Klägers nie persönlich mit ihm verkehrt. Dass
,sie
s aber für ein allfälliges arglistiges Verhalten des Wechsel--
schuldners Kaufmann, Wofür übrigens nach den Akten alle Anhaltspunkte
fehlen, nicht verantwortlich gemacht werden könnte, bedarf keiner weitem
Erörterung.
2. Wenn nun aber durch die in die Wechselnrkunde aufgenommene Erklärung
des Hauptschuldners Kaufmann, die fraglichen Waren der Beklagten zu Pfand
zu übertragen, an sich noch keine gültige Verpfändung stattgefunden hat,
so lag darin doch wenigstens die Verpflichtung, diese Übergabe vor-_
zunehmen und damit denjenigen Rechtsakt zu voll-_ ziehen, durch welchen
dann das der Beklagten einzuräumende dingliche Recht begründet worden
wäre. Die Beklagte hatte durch diese Erklärung des Haupt-' schuldners
einen obligatorischen Anspruch auf Be-' gründung des Pfandrechts an
den gedachten Waren, erlangt, und der Bürge durfte darauf zählen, dass
die Beklagte diesen für sie und ihn selbst wertvollen Anspruch nicht
preisgeben, sondern selbstverständlich gestützt auk denselben nunmehr
die Bestellung des Pfandrechts erwirken werde. Umgekehrt konnte die
Beklagte darüber ihrerseits nicht im Zweifel sein, dass der Kläger sich
nur gestützt auf diese svom Hauptschuldner eingegangene Verpflichtung
zur Pfandbestellung und im Vertrauen darauf als Bürge dargebdass die
Beklagte ihre Erfüllung bewirken, also den
382 Obligationcnrecht. N° 56.
Hauptschuldner zur ordnungsmässigen Pfandbestellung verhalten
werde. Unter diesen Umständen lag in der Entgegennahme der Bürgschaft
die stillschweigende Zusicherung des Gläubigers an den Bürgen, fur die
vom Hauptschuldner versprochene Bestellung des Pfandrechts besorgt zu
sein, und die Beklagte kann demzufolge nach den Grundsätzen von Treu und
Glauben vom .Kläger keine weitergehende Leistung fordern, als die, zu
welcher er durch seine Bürgschaft so wie so, d. h. auch dann verpflichtet
wäre, wenn sie sich das Pfand dinglich hätte bestellen lassen; an. a. W.
Sie kann gegen den Kläger ihre Forderung nur unter Abzug des Erlöses,
der ihr aus den versprochenen Pfändern angekommen Wäre, geltend machen.
. Abgesehen hievon wurde die Beklagte dem Kläger in Bezug auf die
Sicherheit, welche in dem obligato-
rischen Anspruch auf Pfandbestellung lag, auch nach
Art. 509
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 509 - 1 Durch jedes Erlöschen der Hauptschuld wird der Bürge befreit. |
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1 | Durch jedes Erlöschen der Hauptschuld wird der Bürge befreit. |
2 | Vereinigen sich aber die Haftung als Hauptschuldner und diejenige aus der Bürgschaft in einer und derselben Person, so bleiben dem Gläubiger die ihm aus der Bürgschaft zustehenden besondern Vorteile gewahrt. |
3 | Jede Bürgschaft natürlicher Personen fällt nach Ablauf von 20 Jahren nach ihrer Eingehung dahin. Ausgenommen sind die gegenüber der Eidgenossenschaft oder ihren öffentlich-rechtlichen Anstalten oder gegenüber einem Kanton für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen, wie Zölle, Steuern u. dgl., und für Frachten eingegangenen Bürgschaften sowie die Amts- und Dienstbürgschaften und die Bürgschaften für periodisch wiederkehrende Leistungen. |
4 | Während des letzten Jahres dieser Frist kann die Bürgschaft, selbst wenn sie für eine längere Frist eingegangen worden ist, geltend gemacht werden, sofern der Bürge sie nicht vorher verlängert oder durch eine neue Bürgschaft ersetzt hat. |
5 | Eine Verlängerung kann durch schriftliche Erklärung des Bürgen für höchstens weitere zehn Jahre vorgenommen werden. Diese ist aber nur gültig, wenn sie nicht früher als ein Jahr vor dem Dahinfallen der Bürgschaft abgegeben wird. |
6 | Wird die Hauptschuld weniger als zwei Jahre vor dem Dahinfallen der Bürgschaft fällig, und konnte der Gläubiger nicht auf einen frühern Zeitpunkt kündigen, so kann der Bürge bei jeder Bürgschaftsart ohne vorherige Inanspruchnahme des Hauptschuldners oder der Pfänder belangt werden. Dem Bürgen steht aber das Rückgriffsrecht auf den Hauptschuldner schon vor der Fälligkeit der Hauptschuld zu. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 505 - 1 Ist der Hauptschuldner mit der Bezahlung von Kapital, von Zinsen für ein halbes Jahr oder einer Jahresamortisation sechs Monate im Rückstand, so hat der Gläubiger dem Bürgen Mitteilung zu machen. Auf Verlangen hat er ihm jederzeit über den Stand der Hauptschuld Auskunft zu geben. |
|
1 | Ist der Hauptschuldner mit der Bezahlung von Kapital, von Zinsen für ein halbes Jahr oder einer Jahresamortisation sechs Monate im Rückstand, so hat der Gläubiger dem Bürgen Mitteilung zu machen. Auf Verlangen hat er ihm jederzeit über den Stand der Hauptschuld Auskunft zu geben. |
2 | Im Konkurs und beim Nachlassverfahren des Hauptschuldners hat der Gläubiger seine Forderung anzumelden und alles Weitere vorzukehren, was ihm zur Wahrung der Rechte zugemutet werden kann. Den Bürgen hat er vom Konkurs und von der Nachlassstundung zu benachrichtigen, sobald er von ihnen Kenntnis erhält. |
3 | Unterlässt der Gläubiger eine dieser Handlungen, so verliert er seine Ansprüche gegen den Bürgen insoweit, als diesem aus der Unterlassung ein Schaden entstanden ist. |
wenn er den Gläubiger befriedigt, verlangen, dass dessen Rechte
auf ihn übergehen. Nachdem nun die Beklagte ihren obligatorischen
Anspruch gegenüber dem Hauptschuldner auf Einräumung eines Pfandrechts
dadurch verscherzt hat, dass sie ihn nicht rechtzeitig, d. h. bevor der
Hauptschuldner in Konkurs geraten war, geltend machte, hat sie dem Kläger
-_ dle Ausübung dieses Eintrittsrechts verunmöglicht.
3. Um beurteilen zu können, ob der Kläger der Beklagten aus der Bürgschaft
etwas schulde und eventuell wieviel, wäre somit zu ermitteln gewesen,
bis zu welchem Betrag ihre Forderung an den Hauptschuldner aus der
Verwertung der ihr versprochenen Pfänder gedeckt werden Wäre, wenn diese
ordnungsmässig bestellt worden wären. Auch von dem Standpunkte aus, aus
welchem die Vorinstanz die Aberkennungsklage zugesprochen hat, ergäbe
sich übrigens gemäss Art. 25 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 25 - 1 Die Berufung auf Irrtum ist unstatthaft, wenn sie Treu und Glauben widerspricht. |
|
1 | Die Berufung auf Irrtum ist unstatthaft, wenn sie Treu und Glauben widerspricht. |
2 | Insbesondere muss der Irrende den Vertrag gelten lassen, wie er ihn verstanden hat, sobald der andere sich hierzu bereit erklärt. |
der in der Berufungserklärung abgegebenen Erklärung der Beklagten,
den Bürgschaftsvertrag so gelten zu lassen, A w -. ...-sisssisi ...'... -
' Obligationenrecht. N° 55. 383
wie ihn der Aberkennungskläger verstanden wissen wolle. Nun haben es
aber die Parteien unterlassen, in der kantonalen Instanz irgend welche
Angaben darüber zu machen, Wie viel von den zu Pfand versprochenen Waren
im Konkurse des Hauptschuldners überhaupt zur Verwertung gelangt seien und
was daraus gelöst werden sei. Unter diesen Umständen ist es auf Grund der
vorliegenden Akten unmöglich, festzustellen, ob" und in welchem Umfange
die Bürgschaftsforderung, deren Aberkennung verlangt wird, heute zu Recht
bestehe. Eine Rückweisung an die Vorinstanz zur Beweiserhebung über die
in der angegebenen Richtung relevanten Tatsachen erscheint deshalb nicht
angängig, weil es an den erforderlichen Parteianbringen gebricht. Es
bleibt darnach nur die Lösung des Pro-zesses übrig, die Aherkennungsklage
angebrachtennassen (vgl. JAEGER, Komm., I. Ergänzung : Art. 83 Anm. 10),
beziehungsweise in dem Sinne zuzusprechen, dass festgestellt wird, es
bestehe keine liquide, auf Grund der vorliegenden Akten heute schon
zittermässig bestimmbare Forderung gegen den Bürgen, für welche der
Beklagten hätte Rechtsöffnnng erteilt werden können, dass es aber
anderseits der Beklagten vorbehalten bleiben muss, in einem besondern
Verfahren darzutun, dass und in welchem Betrage ihre Hauptforderung
auch dann ungedeckt geblieben wäre, wenn sie sich rechtzeitig die vom
Hauptschuldner versprochenen Pfänder hätte bestellen lassen.
Demnach erkennt das Bundesgericht :
In teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils wird-die
Aberkennungsklage im Sinne der Erwägungen gutgeheissen und darnach
festgestellt, dass der Kläger von der Beklagten grundsätzlich nur
für denjenigen Betrag der verbiirgten Forderung belangt werden kann,
welcher durch die Verwertung der ihr versprochenen Pfänder nicht gedeckt
werden wäre.
nenn 1923 25