374 "Obligationenrecht. N° 55.

angeführten wirtschaftlichen Gründe, die ihn bestimmtenvon einem
Neubau abzusehen, seien so überzeugend, dass jedenfalls nicht gesagt
werden könne, es habe ihm an gutem Willen gefehlt, und er habe etwa den
Wiederaufbau nur deshalb unterlassen, um den ihm unbequem gewordenen
Verpflichtungen aus dem Vertrag zu entgehen. Es könne übrigens mit
Bestimmtheit angenommen werden, dass die Vergütung der Brandassekuranz
für die Erstellung eines Neubaues nicht ausgereicht haben würde.. Die
Brandassekuranz habe ihm 113,340 Fr. aushezahlen wollen, indem sie den
Wert der übrig gebliebenen Reste auf 11,660 Fr. und das ganze Gebäude
auf 125,000 Fr. geschätzt habe. Dabei sei jedoch bereits ein Abzug für
Altersentwertung des abgebrannten Gebäudes gemacht, und es sei ferner
naheliegend, dass die Schätzungen der Brandassekuranz eher niedrig
gehalten seien. Dazu komme, dass der Brand in eine Zeit gefallen sei,
in welcher mit gesteigerten Baukosten habe gerechnet werden müssen
und auch auf vorsichtige Voranschläge nicht unbedingt habe abgestellt
werden können.

Gegenüber der Einwendung der Kläger, es hätte auch untersucht werden
sollen, ob nicht nach den Preisen vom April 1922 ein Wiederaufbau
angängig gewesen wäre, ist mit der Vorinstanz daran festzuhalten,
dass dem Beklagten nicht zugemutet werden konnte, jahrelang mit der
Entschliessung, ob er wieder aufbauen wolle, zuzuwarten; denn es Wäre
eine unerträgliche Erschwerung seiner persönlichen Verhältnisse, wenn
er die Neugestaltung seiner geschäftlichen Einrichtungen für so lange
hätte in der Schwebe lassen müssen.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

.Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des
Kantons Zürich vom 3. April 1922 bestätigt.Obligationenrecht. N° 56. 375

56. Urteil der I. Zivilabteilung vom 26. September 1922 i. S. Sparund
Leihkasse Bern gegen Ursenbacher.

B ü r g s c h a f t : Unbeachtlicher Reehtsirrtnm begründet in der irrigen
Annahme einer gültigen Faustpfandbestellung. Stillschweigende Zusicherung
des Gläubigers an den Bürgen bei Entgegennahme der Bürgerschaft, für die
vom Hauptschuldner versprochene Bestellung eines Faustpfandes besorgt
zu sein. Haftung des Gläubigers für die Folgen der Nichtbestellung.

A. Unterm 31. Juli 1921 stellte Ernst Kaufmann, Alteisenhändler in Nidau,
der Sparund Leihkasse Bern ,folgenden Eigenwechsel aus:

Am 31. Oktober 1921 nächsthin zahle ich gegen diesen Sola W'echsel,
ohne Präsentation, im Kassalokal an die Ordre der Sparund Leihkasse
in Bern die Summe von Franken zwanzigtausend, den Wert bar erhalten,
hiefür, sowie für alle andern Forderungen, welche die Spar-und Leihkasse
in Bern aus irgend einem Rechtsgrund an mich zu fordern hat und in
Zukunft noch zu stellen haben wird, verschreibe und übergehe ich der
Sparund Leihkasse in Bern unter gleichzeitiger Abtretung der auf den
Namen lautenden Wertpapiere im Sinne von Art. 901 Abs. 2
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907
CC Art. 901 - 1 L'engagement des titres au porteur s'opère par leur seule remise au créancier gagiste.
1    L'engagement des titres au porteur s'opère par leur seule remise au créancier gagiste.
2    L'engagement d'autres papiers-valeurs ne peut avoir lieu que par la remise du titre muni d'un endossement ou d'une cession.
3    L'engagement des titres intermédiés est régi exclusivement par la loi du 3 octobre 2008 sur les titres intermédiés647.648
ZGB zu Pfand :
1 Partie Lumpen, laut meinem Verzeichnis vom 22. Januar und 12. November
1920 in mj Lager in Nidau, mit einem Exportwert von ca. 30,000 Fr. mit
der Verpflichtung, sämtliche Ausgänge diesem Wechsel zuzuführen.

Der Kläger Ursenbachen hat diesen Wechsel als Bürge
unterzeichnet. Ursprünglich lautete der Wechsel bei gleichem Kontexte
auf 37,000 Fr.; unter sechsmaliger Erneuerung hat ihn dann der Schuldner
Kaufmann bis auf 19,000 Fr. abbezahlt. Die letzte Teilzahlung von 1000
Fr. erfolgte im September 1921. Das Pfandrecht an den Lumpen wurde in
der Folge nie bestellt ; diese verblieben in der Verfiigungsgewalt des
Schuldners Kaufmann. Mit Schreiben vom 13. Dezember 1921

376 Obiigutionenrecht. N° sc.

machte die Beklagte den Kläger darauf aufmerksam, dass der Eigenwechsel
des am 8. Dezember verstorbenen Hauptschuldners am 31. Oktober
1921 verfallen sei. sie sei indessen bereit, die Sache durch einen
Schuld-schein zu regeln, damit nicht Barzahlung erfolgen müsse. in seiner
Antwort vom 16. Dezember 1921 führte der Anwalt des Klägers aus, dass
nach Aussage seines Klienten für die Forderung Waren als Faustpiand
haften, sodass der Kläger erst nach Verwertung derselben für einen
allfälligen Ausfall in Anspruch genommen werden könne. Daraufhin schrieb
die Beklagte am 19. Dezember zurück, sie könne sich nicht entschliessen,
die Durchführung des Konkurses Kaufmann, bezw. die Verwertung der
Pfänder abzuwarten . Sollte der Kläger nicht zur Regelung der Sache
Hand bieten, so müsste nach Ablauf der Weihnachtsferien gegen ihn
Betreibung eingeleitet werden. Am 20. Dezember 1921 erkundigte sich
der Anwalt des Klägers, ob die Wechselforderung und das Pfandrecht
im Konkurse des Kaufmann angemeldet und anerkannt worden seien
und welchen Wert das Faustpfand heute approximativ habe, worauf
ihm die Beklagte am 21. Dezember 1921 antwortete, die Anmeldung der
Forderung mit Geltendmachung des Pfandrechts werde erfolgen, sobald die
Konkurspublikation erschienen sei. Wie die Pfänder bewertet werden können,
entziehe sich ihrer Kenntnis. Mit Schreiben vom 22. Dezember gabder Anwalt
des Klägers seinem Erstaunen darüber Ausdruck, dass die Beklagte über den
Wert der Pfänder nicht orientiert , sei. Daraus könne gefolgert werden,
dass dieselben gar nie in ihren Besitz und Gewahrsam übergegangen seien
und daher, wenn dies zutreffen sollte, ein gültiger Pfandvertrag nicht
vorliege. Er müsse sie deshalb bitten, ihm den Faustpfandvertrag zur
Prüfung zuzustellen. Hierauf erwiderte die Beklagte am 28. Dezember,
dass sie die Forderung gegenüber Kaufmann in dessen Konkurs anmelden
und das Pfandrecht geltend machenObligationenrecht. N° 56. 377

werde. Der Kläger werde im Konkursverfahren Gelegenheit haben, die ihr
zur Verfügung stehenden Beweismittel einzusehen.

Im Januar 1922 belangte sodann die Sparund Leihkasse den Kläger
Ursenbacher als Bürgen im Betreibungswege auf Zahlung der noch
ausstehenden 19,000 Fr. Auf dessen Rechtsverschiag hin wurde ihr durch
Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern vom 7.' März 1922 die
provisorische Rechtsöffnung für die in Betreibung gesetzte Forderung
von 19,000 Fr. nebst 7% Zins seit 31. Oktober 1921 erteilt.

B. 'Hiegegen richtet sich die vorliegende Aberkennungsklage mit
dem Begehren um Aberkennung dieser Forderung nebst 113 Fr. 40
Cts. Rechtsöffnuugskosten. In der Begründung bestreitet der Kläger
die Rechtsverbindlichkeit der eingegangenen Bürgschaft, indem er
in erster Linie geltend macht, er sei von-der Beklagten dadurch
absichtlich getäuscht werden, dass sie ihn mit dem von ihr geschriebenen
Pfandvermerk in den Glauben versetzt habe, es handle sich um, einen
formrichtige Verpfändung der bezeichneten Waren, während eine gültige
Faustpfandbestellung gar nicht erfolgt sei. Allerdings habe er mit der
Bank nie persönlich verkehrt, allein die Täuschung sei auch von seiten
des Wechselschuldners Kaufmann begangen worden, der als Vertreter der
Beklagten die Unterschrift eingeholt und dabei die Versicherung abgegeben
habe, es handle sich bloss um eine Formsache, und es riskiere der Kläger
mit Rücksicht auf die Verpfändung nichts. Dieses dolose Verhalten ihres
Vertreters habe die Beklagte zu verantworten. _

Sodann beruft sich der Kläger für die Unverbindlichkeit des Vertrages auf
wesentlichen Irrtum im Sinne von Art. 24 Ziff. 1, 3 u. 4. Er habe sich nur
für eine durch Faustpfand sichergestellte Forderung verpflichten wollen;
tatsächlich aber habe er seine Zustimmung zu einem ganz andern Vertrage
erklärt und damit auch

378 ()bligationenreeht. N° 56.

eine Leistung von erheblich grösseremv Umfang versprochen als es
sein Wille gewesen sei. Endlich habe er die Existenz einer gültigen
Pfandbestellung auch als notwendige Grundlage des von ihm eingegangenen
Vertrages betrachten dürfen. Eventuell stelle sich die persönliche
Verpflichtung des Schuldners Kaufmann aus dem Pfandvermerk als Sicherheit
im Sinne von Art. 509
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 509 - 1 La caution est libérée dès que la dette principale est éteinte pour quelque cause que ce soit.
1    La caution est libérée dès que la dette principale est éteinte pour quelque cause que ce soit.
2    Si la qualité de débiteur et celle de caution se trouvent réunies dans la même personne, le créancier conserve les avantages particuliers qui résultent pour lui du cautionnement.
3    Tout cautionnement donné par une personne physique s'éteint à l'expiration du délai de vingt ans dès sa conclusion. Font exception les cautionnements de dettes de droit public envers la Confédération ou ses établissements de droit public ou envers un canton, comme les droits de douane, les impôts et autres droits semblables, et les cautionnements de transport, ainsi que les cautionnements d'officiers publics et d'employés et les cautionnements de prestations périodiques.
4    Pendant la dernière année de ce délai, la caution peut être recherchée même si elle s'est engagée pour un délai plus long, à moins qu'elle n'ait précédemment prolongé le cautionnement ou ne l'ait remplacé par un nouveau.
5    La prolongation peut se faire par déclaration écrite de la caution pour une nouvelle période de dix ans au maximum. Mais cette déclaration doit être donnée une année au plus tôt avant la fin du cautionnement.
6    Si la dette est exigible moins de deux ans avant la fin du cautionnement et que le créancier n'ait pas pu la dénoncer avant ce terme, la caution peut, quelle que soit la nature du cautionnement, être recherchée sans que le débiteur ou les gages soient préalablement mis à contribution. En revanche, la caution peut exercer son droit de recours contre le débiteur avant l'exigibilité de la dette.
OR dar, und es sei daher die Beklagte für deren
Verminderung verantwortlich. Kaufmann habe tatsächlich grössere Posten der
in den Verzeichnissen vom 22. Januar und 12. November 1920 aufgeführten
Waren veräussertohne den jeweiligen Erlös zur Abzahlung des Wechsels
zu verwenden. Den daraus erwachsenen Schaden habe die Beklagte an sich
zu tragen.

Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage, indem sie ausführte:
Aus dem Pfandvermerk gehe deutlich hervor, dass die Waren im Lager
des Schuldners Kaufmann verblieben und somit eine Besitzesübertragung
nicht stattgefunden habe. Von einer absichtlichen Täuschung könne daher
keine Rede sein ; auch Kaufmann habe sich einer solchen nicht schuldig
gemacht, jeden? falls aber werde bestritten, dass er als Vertreter der
Bank gehandelt habe. Der Irrtumsstandpunkt gehe fehl, indem es sich wie
im _Rechtsöffnungsentscheid zutreffend ausgeführt werde, um einen Irrtum
im Motiv oder um einen Rechtsirrtum handle, der nach Gesetz und Praxis
unbeachtlich sei. Art. 509
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 509 - 1 La caution est libérée dès que la dette principale est éteinte pour quelque cause que ce soit.
1    La caution est libérée dès que la dette principale est éteinte pour quelque cause que ce soit.
2    Si la qualité de débiteur et celle de caution se trouvent réunies dans la même personne, le créancier conserve les avantages particuliers qui résultent pour lui du cautionnement.
3    Tout cautionnement donné par une personne physique s'éteint à l'expiration du délai de vingt ans dès sa conclusion. Font exception les cautionnements de dettes de droit public envers la Confédération ou ses établissements de droit public ou envers un canton, comme les droits de douane, les impôts et autres droits semblables, et les cautionnements de transport, ainsi que les cautionnements d'officiers publics et d'employés et les cautionnements de prestations périodiques.
4    Pendant la dernière année de ce délai, la caution peut être recherchée même si elle s'est engagée pour un délai plus long, à moins qu'elle n'ait précédemment prolongé le cautionnement ou ne l'ait remplacé par un nouveau.
5    La prolongation peut se faire par déclaration écrite de la caution pour une nouvelle période de dix ans au maximum. Mais cette déclaration doit être donnée une année au plus tôt avant la fin du cautionnement.
6    Si la dette est exigible moins de deux ans avant la fin du cautionnement et que le créancier n'ait pas pu la dénoncer avant ce terme, la caution peut, quelle que soit la nature du cautionnement, être recherchée sans que le débiteur ou les gages soient préalablement mis à contribution. En revanche, la caution peut exercer son droit de recours contre le débiteur avant l'exigibilité de la dette.
OR sei nicht anwendbar; eventuell sei für den
Kläger ersichtlich gewesen, dass der Pfandvermerk nur eine obligatorische
Verpflichtung darstellte. Kaufmann sei gestattet worden, die Ware zu
behalten, um sie ungehindert verkaufen und den Erlös zur Abtragung seiner
Schuld verwenden zu können. Eine besondere Aufsichtspflicht der Be--

klagten habe nicht bestanden. Eventuell habe Kauf

mann der eingegangenen persönlichen Verpflichtung nicht
zuwidergehandelt. Die relativ niedrige Schätzung der Waren durch das
Konkursamt sei nicht auf eineObligationenrecht. N° 56. 379

vertragswidrige Verwendung, sondern auf die ausserordentliche Entwertung
derselben zurückzuführen. Aber auch. wenn es sich so verhielte, wie
der Kläger behaupte, wäre für ihn kein Schaden entstanden, da es nach
dem Konkursausbruch ganz gleichgültig gewesen sei, ob die Waren noch
verhanden waren oder nicht, dasie nach der dem Kläger bekannten Sachlage
doch nicht. zur privilegierten Deckung des fraglichen Wechsels hatten
Verwendung finden dürfen. .

C. Mit Urteil vom 6. Juli 1922 hat der Appellationshof des Kantons
Bern die Einrede des wesentlichen Irrtums gutgeheissen und demgemäss
die Forderung

' von 19,000 Fr. nebst 7% Zins seit 31. Oktober 1921

und 113 Fr. 40 Cts. Rechtsöffnungskosten aberkannt.

D. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die Berufung an das
Bundesgericht erklärt mit dem. Antrag, die Klage gänzlich,
eventuell teilweise abzuweisen _und die Sache, wenn nötig, an
die Vorinstanz zurückzuwelsen. Sie bemerkte dabei, angesichts
des Rechtsöffnungs-entscheides vom 7. März 1922 habe sie keine
Veranlassung gehabt, sich in erster Instanz auf Art. 25
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 25 - 1 La partie qui est victime d'une erreur ne peut s'en prévaloir d'une façon contraire aux règles de la bonne foi.
1    La partie qui est victime d'une erreur ne peut s'en prévaloir d'une façon contraire aux règles de la bonne foi.
2    Elle reste notamment obligée par le contrat qu'elle entendait faire, si l'autre partie se déclare prête à l'exécuter.
Abs. ,2 OR zu
bemfen. Dies werde hiermit nachgeholt und die Bereitschaft erklärt,
den Bürgschaftsvertrag gelten zu lassen, wie ihn der Aberkennungskläger
Ursenbacher verstanden haben will, sofern das Bundesgericht w1der Erwarten
den Standpunkt der I. Zivilkammer des bernischen Appellationshofes
teilen sollte.

E. In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Beklagten diese
Anträge erneuert. Der Vertreter des Klägers hat auf Abweisung der Berufung
und Bestätigung des angefochtenen Urteils angetragen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

1. Zunächst unterliegt keinem Zweifel, dass, wie auch die Vorinstanz
mit Recht annimmt, ein gültiges Faustpfand an der im Wechsel genannten
Partie Lampen zu Gunsten der Beklagten als Gläubigerin wegen Nicht-

...ma je; ::;

380 Obligatienenrecht. N° 56.

erfüllung des gesetzlichen Erfordernisses der Besitzesübertragung
nicht begründet worden ist. Der Kläger beruft sich hierauf für die
Unverbindlichkeit der Bürgschaftsverpflichtung mit der Begründung, dass er
sich bei Eihgehung der Bürgschaft in einem wesentlichen Irrtum befunden
habe, indem er von der Annahme ausgegangen sei, das Pfand sei gültig
bestellt und die "zu verbürgende Schuld durch dasselbe gesichert. Die
Vorinstanz hat diesen Standpunkt auf Grund der Erwägung gutgeheissen,
dass dieser Irrtum einen sachverhalt betroffen habe, der vom Irrenden
nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage
des Vertrages habe betrachtet werden dürfen. Dieser Auffassung kann
nicht beigepflichtet werden. Mit dem Vordersirichterist allerdings
anzunehmen, dass der Kläger in der Tat glaubte, es bestehe ein gültiges
Pfandrecht. Allein diese unrichtige Annahme des Klägers beruhte nicht
auf einer irrtümlichen Auffassung .-ihrer den Vertragstatbestand,
wie er dem zwischen dem Wechselschuldner Kaufmann und der Beklagten
vereinbarten Pfandgeschäft zu Grunde lag, d. h. über die in der
Pfandklausel verurkundeten Tatsachen, sondern auf einer solchen über
die Rechtsfolgen derselben, nämlich dass dadurch eine rechtsgültige
Pfandverhaftung der Lumpen zu Gunsten der Bank zustande gekommen und
damit die ,zu verbürgende Forderung dinglich gesichert sei. Diese Meinung
des Klägers stützte sich somit auf eine rechtsirrige Beurteilung ihm
bekannter Tatsachen, die ihre Quelle in einer falschen Vorstellung über
die das Fahrnispfand beherrschenden Rechtsnormen hatte. Ein solcher
Rechtsirrtum aber, der lediglich die Wirtschaftliche Tragweite der
Bürgschaftsübernehme betraf, und insofern nur als Irrtum im Beweggrunde
wirksam war (vgl. v. Turin, Zeitschr. f. schweiz. Recht n. F. Bd. 15
S. 307), vermochte die Gültigkeit des abgeschlossenen Vertrages nicht
zu beeinträchtigen, es sei denn, dass er durch betrügerische, vom
GläubigerObligationenrecht. N° 56. 381

zu vertretende Handlungen herbeigeführt worden wäre. Allein 'von einer
absichtlichen Täuschung des Klägers durch die Bank, darin liegend, dass
sie bei ihm wider besseres Wissen den Glauben an das Vorliegen einer
dinglichen Sicherung der Forderung erweckt hättekann keine Rede sein,
da die Beklagte selbst, wie aus ihrem Schreiben vom 21. Dezember 1921
hervorgeht, noch im damaligen Zeitpunkt der Meinung war, sie besitze ein
gültiges Pfandrecht an den Lumpen. Ausserdem hat die Beklagte nach dem
eigenen Zugeständnis des Klägers nie persönlich mit ihm verkehrt. Dass
,sie

s aber für ein allfälliges arglistiges Verhalten des Wechsel--

schuldners Kaufmann, Wofür übrigens nach den Akten alle Anhaltspunkte
fehlen, nicht verantwortlich gemacht werden könnte, bedarf keiner weitem
Erörterung.

2. Wenn nun aber durch die in die Wechselnrkunde aufgenommene Erklärung
des Hauptschuldners Kaufmann, die fraglichen Waren der Beklagten zu Pfand
zu übertragen, an sich noch keine gültige Verpfändung stattgefunden hat,
so lag darin doch wenigstens die Verpflichtung, diese Übergabe vor-_
zunehmen und damit denjenigen Rechtsakt zu voll-_ ziehen, durch welchen
dann das der Beklagten einzuräumende dingliche Recht begründet worden
wäre. Die Beklagte hatte durch diese Erklärung des Haupt-' schuldners
einen obligatorischen Anspruch auf Be-' gründung des Pfandrechts an
den gedachten Waren, erlangt, und der Bürge durfte darauf zählen, dass
die Beklagte diesen für sie und ihn selbst wertvollen Anspruch nicht
preisgeben, sondern selbstverständlich gestützt auk denselben nunmehr
die Bestellung des Pfandrechts erwirken werde. Umgekehrt konnte die
Beklagte darüber ihrerseits nicht im Zweifel sein, dass der Kläger sich
nur gestützt auf diese svom Hauptschuldner eingegangene Verpflichtung
zur Pfandbestellung und im Vertrauen darauf als Bürge dargebdass die
Beklagte ihre Erfüllung bewirken, also den

382 Obligationcnrecht. N° 56.

Hauptschuldner zur ordnungsmässigen Pfandbestellung verhalten
werde. Unter diesen Umständen lag in der Entgegennahme der Bürgschaft
die stillschweigende Zusicherung des Gläubigers an den Bürgen, fur die
vom Hauptschuldner versprochene Bestellung des Pfandrechts besorgt zu
sein, und die Beklagte kann demzufolge nach den Grundsätzen von Treu und
Glauben vom .Kläger keine weitergehende Leistung fordern, als die, zu
welcher er durch seine Bürgschaft so wie so, d. h. auch dann verpflichtet
wäre, wenn sie sich das Pfand dinglich hätte bestellen lassen; an. a. W.
Sie kann gegen den Kläger ihre Forderung nur unter Abzug des Erlöses,
der ihr aus den versprochenen Pfändern angekommen Wäre, geltend machen.

. Abgesehen hievon wurde die Beklagte dem Kläger in Bezug auf die
Sicherheit, welche in dem obligato-

rischen Anspruch auf Pfandbestellung lag, auch nach

Art. 509
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 509 - 1 La caution est libérée dès que la dette principale est éteinte pour quelque cause que ce soit.
1    La caution est libérée dès que la dette principale est éteinte pour quelque cause que ce soit.
2    Si la qualité de débiteur et celle de caution se trouvent réunies dans la même personne, le créancier conserve les avantages particuliers qui résultent pour lui du cautionnement.
3    Tout cautionnement donné par une personne physique s'éteint à l'expiration du délai de vingt ans dès sa conclusion. Font exception les cautionnements de dettes de droit public envers la Confédération ou ses établissements de droit public ou envers un canton, comme les droits de douane, les impôts et autres droits semblables, et les cautionnements de transport, ainsi que les cautionnements d'officiers publics et d'employés et les cautionnements de prestations périodiques.
4    Pendant la dernière année de ce délai, la caution peut être recherchée même si elle s'est engagée pour un délai plus long, à moins qu'elle n'ait précédemment prolongé le cautionnement ou ne l'ait remplacé par un nouveau.
5    La prolongation peut se faire par déclaration écrite de la caution pour une nouvelle période de dix ans au maximum. Mais cette déclaration doit être donnée une année au plus tôt avant la fin du cautionnement.
6    Si la dette est exigible moins de deux ans avant la fin du cautionnement et que le créancier n'ait pas pu la dénoncer avant ce terme, la caution peut, quelle que soit la nature du cautionnement, être recherchée sans que le débiteur ou les gages soient préalablement mis à contribution. En revanche, la caution peut exercer son droit de recours contre le débiteur avant l'exigibilité de la dette.
und 505
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 505 - 1 Lorsque le débiteur est en retard de six mois pour un paiement de capital ou pour l'intérêt d'un semestre ou pour un amortissement annuel, le créancier doit aviser la caution. Sur demande, il doit en tout temps la renseigner sur l'état de la dette.
1    Lorsque le débiteur est en retard de six mois pour un paiement de capital ou pour l'intérêt d'un semestre ou pour un amortissement annuel, le créancier doit aviser la caution. Sur demande, il doit en tout temps la renseigner sur l'état de la dette.
2    Si le débiteur est déclaré en faillite ou demande un concordat, le créancier est tenu de produire sa créance et de faire tout ce qui peut être exigé de lui pour sauvegarder les droits. Il doit porter la faillite et le sursis concordataire à la connaissance de la caution dès qu'il en est lui-même informé.
3    Si le créancier omet l'une de ces formalités, il perd ses droits contre la caution à concurrence du préjudice résultant pour elle de cette omission.
OR verantwortlich. Nach Art. 505 kann der Bürge,
wenn er den Gläubiger befriedigt, verlangen, dass dessen Rechte
auf ihn übergehen. Nachdem nun die Beklagte ihren obligatorischen
Anspruch gegenüber dem Hauptschuldner auf Einräumung eines Pfandrechts
dadurch verscherzt hat, dass sie ihn nicht rechtzeitig, d. h. bevor der
Hauptschuldner in Konkurs geraten war, geltend machte, hat sie dem Kläger
-_ dle Ausübung dieses Eintrittsrechts verunmöglicht.

3. Um beurteilen zu können, ob der Kläger der Beklagten aus der Bürgschaft
etwas schulde und eventuell wieviel, wäre somit zu ermitteln gewesen,
bis zu welchem Betrag ihre Forderung an den Hauptschuldner aus der
Verwertung der ihr versprochenen Pfänder gedeckt werden Wäre, wenn diese
ordnungsmässig bestellt worden wären. Auch von dem Standpunkte aus, aus
welchem die Vorinstanz die Aberkennungsklage zugesprochen hat, ergäbe
sich übrigens gemäss Art. 25 Abs. 2
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 25 - 1 La partie qui est victime d'une erreur ne peut s'en prévaloir d'une façon contraire aux règles de la bonne foi.
1    La partie qui est victime d'une erreur ne peut s'en prévaloir d'une façon contraire aux règles de la bonne foi.
2    Elle reste notamment obligée par le contrat qu'elle entendait faire, si l'autre partie se déclare prête à l'exécuter.
OR das gleiche Resultat, angesichts
der in der Berufungserklärung abgegebenen Erklärung der Beklagten,
den Bürgschaftsvertrag so gelten zu lassen, A w -. ...-sisssisi ...'... -

' Obligationenrecht. N° 55. 383

wie ihn der Aberkennungskläger verstanden wissen wolle. Nun haben es
aber die Parteien unterlassen, in der kantonalen Instanz irgend welche
Angaben darüber zu machen, Wie viel von den zu Pfand versprochenen Waren
im Konkurse des Hauptschuldners überhaupt zur Verwertung gelangt seien und
was daraus gelöst werden sei. Unter diesen Umständen ist es auf Grund der
vorliegenden Akten unmöglich, festzustellen, ob" und in welchem Umfange
die Bürgschaftsforderung, deren Aberkennung verlangt wird, heute zu Recht
bestehe. Eine Rückweisung an die Vorinstanz zur Beweiserhebung über die
in der angegebenen Richtung relevanten Tatsachen erscheint deshalb nicht
angängig, weil es an den erforderlichen Parteianbringen gebricht. Es
bleibt darnach nur die Lösung des Pro-zesses übrig, die Aherkennungsklage
angebrachtennassen (vgl. JAEGER, Komm., I. Ergänzung : Art. 83 Anm. 10),
beziehungsweise in dem Sinne zuzusprechen, dass festgestellt wird, es
bestehe keine liquide, auf Grund der vorliegenden Akten heute schon
zittermässig bestimmbare Forderung gegen den Bürgen, für welche der
Beklagten hätte Rechtsöffnnng erteilt werden können, dass es aber
anderseits der Beklagten vorbehalten bleiben muss, in einem besondern
Verfahren darzutun, dass und in welchem Betrage ihre Hauptforderung
auch dann ungedeckt geblieben wäre, wenn sie sich rechtzeitig die vom
Hauptschuldner versprochenen Pfänder hätte bestellen lassen.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

In teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils wird-die
Aberkennungsklage im Sinne der Erwägungen gutgeheissen und darnach
festgestellt, dass der Kläger von der Beklagten grundsätzlich nur
für denjenigen Betrag der verbiirgten Forderung belangt werden kann,
welcher durch die Verwertung der ihr versprochenen Pfänder nicht gedeckt
werden wäre.

nenn 1923 25
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 48 II 375
Date : 01 avril 1922
Publié : 31 décembre 1922
Source : Tribunal fédéral
Statut : 48 II 375
Domaine : ATF - Droit civil
Objet : 374 "Obligationenrecht. N° 55. angeführten wirtschaftlichen Gründe, die ihn bestimmtenvon


Répertoire des lois
CC: 901
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907
CC Art. 901 - 1 L'engagement des titres au porteur s'opère par leur seule remise au créancier gagiste.
1    L'engagement des titres au porteur s'opère par leur seule remise au créancier gagiste.
2    L'engagement d'autres papiers-valeurs ne peut avoir lieu que par la remise du titre muni d'un endossement ou d'une cession.
3    L'engagement des titres intermédiés est régi exclusivement par la loi du 3 octobre 2008 sur les titres intermédiés647.648
CO: 25 
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 25 - 1 La partie qui est victime d'une erreur ne peut s'en prévaloir d'une façon contraire aux règles de la bonne foi.
1    La partie qui est victime d'une erreur ne peut s'en prévaloir d'une façon contraire aux règles de la bonne foi.
2    Elle reste notamment obligée par le contrat qu'elle entendait faire, si l'autre partie se déclare prête à l'exécuter.
505 
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 505 - 1 Lorsque le débiteur est en retard de six mois pour un paiement de capital ou pour l'intérêt d'un semestre ou pour un amortissement annuel, le créancier doit aviser la caution. Sur demande, il doit en tout temps la renseigner sur l'état de la dette.
1    Lorsque le débiteur est en retard de six mois pour un paiement de capital ou pour l'intérêt d'un semestre ou pour un amortissement annuel, le créancier doit aviser la caution. Sur demande, il doit en tout temps la renseigner sur l'état de la dette.
2    Si le débiteur est déclaré en faillite ou demande un concordat, le créancier est tenu de produire sa créance et de faire tout ce qui peut être exigé de lui pour sauvegarder les droits. Il doit porter la faillite et le sursis concordataire à la connaissance de la caution dès qu'il en est lui-même informé.
3    Si le créancier omet l'une de ces formalités, il perd ses droits contre la caution à concurrence du préjudice résultant pour elle de cette omission.
509
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 509 - 1 La caution est libérée dès que la dette principale est éteinte pour quelque cause que ce soit.
1    La caution est libérée dès que la dette principale est éteinte pour quelque cause que ce soit.
2    Si la qualité de débiteur et celle de caution se trouvent réunies dans la même personne, le créancier conserve les avantages particuliers qui résultent pour lui du cautionnement.
3    Tout cautionnement donné par une personne physique s'éteint à l'expiration du délai de vingt ans dès sa conclusion. Font exception les cautionnements de dettes de droit public envers la Confédération ou ses établissements de droit public ou envers un canton, comme les droits de douane, les impôts et autres droits semblables, et les cautionnements de transport, ainsi que les cautionnements d'officiers publics et d'employés et les cautionnements de prestations périodiques.
4    Pendant la dernière année de ce délai, la caution peut être recherchée même si elle s'est engagée pour un délai plus long, à moins qu'elle n'ait précédemment prolongé le cautionnement ou ne l'ait remplacé par un nouveau.
5    La prolongation peut se faire par déclaration écrite de la caution pour une nouvelle période de dix ans au maximum. Mais cette déclaration doit être donnée une année au plus tôt avant la fin du cautionnement.
6    Si la dette est exigible moins de deux ans avant la fin du cautionnement et que le créancier n'ait pas pu la dénoncer avant ce terme, la caution peut, quelle que soit la nature du cautionnement, être recherchée sans que le débiteur ou les gages soient préalablement mis à contribution. En revanche, la caution peut exercer son droit de recours contre le débiteur avant l'exigibilité de la dette.
Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
défendeur • commerçant • autorité inférieure • débiteur • gage • maître • tribunal fédéral • valeur • nantissement • volonté • erreur • action en libération de dette • comportement • erreur essentielle • déclaration • nouvelle construction • doute • assurance donnée • dol • intérêt
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