226 Obligationenrecht. N° 32.

ist somit die klägerische Sohadensersatzforderung auf ihre materielle
Begründetheit zu untersuchen. Diese hängt von dem Schicksal der von
den Beklagten erhobenen Einrede der Unmöglichkeit der Erfüllung ab: es
trägt sich, ob die Behauptung zutrifft, dass die zum Export des Holzes
nach Italien erforderlichen Ausfuhrbewilligungen, deren Erteilung im
Vertrag vorbehalten Wurde, infolge von Umständen, welche die Beklagten
nicht zu verantworten haben, nicht erhältlich waren. Da die Vorinstanz
diese Frage nicht untersucht hat, ist die Sache zur weitem Beurteilung
im Sinne des eventuellen Berufungsantrages an sie 21 rückzuweisen, wobei
es ihr unbenommen bleibt, die ihr allfällig als notwendig erscheinenden
Beweisergänznngen anzuordnen

sollte die Vorinstanz zur Weisung der Einrede ge-

langen, und deshalb in die Lage kommen, die den Klä-

gern gebührende Entschädigung zu bemessen, so wäre für die
Schadensliquidation auf das Ende des Monats Januar 1918 als massgebenden
Zeitpunkt abzustellen. Denn angesichts der Aeusserungen der Beklagten
musste damals Macchi darüber im klaren sein, dass das Holz nicht
geliefert werde. Er durfte deshalb nicht durch spätere Fristansetzungen
die -Marktlage zum Nachteil der Verkäufer ausbeutcn; die am 25. September
1918 angesetzte Nachfrist könnte nur dann für die Schadensberechnung in
Betracht kommen, wenn die Berücksichtigung der damaligen 'Marktlage im
Interesse der Beklagten liegen Würde. '

Demnach erkennt das Bundesgericht:

Die Berufung wird dahin begründet erklärt, dass das Urteil des
Obergerichts des Kantons Luzern vom 9. Dezember 1921 aufgehoben und die
Sache zu neuer Behandlung im Sinne der Erwägungen an das Obergericht
zurückgewiesen wird.Obligaflonenrecht. ,N° 33. 227

33. Urteil der H. Zivilahteilung vom 6. April 1922 i. S. Berger-Scherer
und Konsorten gegen Bello-sie Kaufsoder Vorkaufsrecht? -Vorkaufs-

r e ch t: die Schriftform genügt auch für das limitierte
Vorkaufsrecht. (Art. 216 Abs. 3
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 216 - 1 Kaufverträge, die ein Grundstück zum Gegenstande haben, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung.
1    Kaufverträge, die ein Grundstück zum Gegenstande haben, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung.
2    Vorverträge sowie Verträge, die ein Vorkaufs-, Kaufs- oder Rückkaufsrecht an einem Grundstück begründen, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung.76
3    Vorkaufsverträge, die den Kaufpreis nicht zum voraus bestimmen, sind in schriftlicher Form gültig.77
OR.)_

A. Mit schriftlich ausgefertigtem Vertrag vom 22. September 1915
verpflichtete sich der Beklagte I), Baumeister Berger-Scherer in Luzern,
an der Taubenhansstrasse 22 ein Wohnhaus zu errichten und dem Kläger
Bellasio mietweise zu überlassen. In Ziffer 5 des Vertrages wird dem
Mieter für die ersten fünf Jahre das Verkaufsrecht gewahrt . Diesen
Vertrag hatte der Beklagte 1) dem Kläger am 14. September 1915 zur
Unterschrift zugestellt und dabei in dem Begleitschreiben bemerkt:
Das Vorkaufsrecht zum Preise von 64,000 Fr. ist Ihnen laut Vertrag
gewahrt. Der Preis ist in demselben nicht vermerkt, weil derselbe der Bank
vorgelegt werden muss ', er ist somit in diesem Schreiben festgesetzt.
Infolge besonderer, auf Wunsch des Mieters vorgenommener Bauarbeiten
erhöhte sich die Bausumme um 10,000 Fr. und damit, wie unter den Parteien
nicht streitig ist, auch der in Aussicht genommene Vorverkaufspreis .

Am 9. April 1920 teilte der Beklagtel) dem Kläger mit, er werde die Villa
an die Beklagten 2), die Erbengemeinschaft Scherer-Scherer in Meggen,
verkaufen, da er, Kläger, das Vorkaufsrecht habe, möge er sich binnen 14
Tagen darüber aussprechen, ob er von diesem Rechte Gebrauch mache. Der
Kläger liess die Frist unbenutzt verstreichen, worauf der Verkauf der
Liegenschaft an die Beklagten 2) am 31. Mai 1920 zum Preise von 115,000
Fr. unter Ueberbindung des Mietvertrages erfolgte. Am 8. Juni 1920 hievon
in Kenntnis gesetzt, schrieb der Kläger am 5. Juli 1920 beiden Beklagten
durch seinen Anwalt, er mache von seinem Vsrkaafsrecht zum Preise von
74,000 Fr. Ge-

2 . Obligationenrecht. N° 33.

brauch und verlange Zufertignng der Liegenschaft. Der Beklagte 1)
bestritt, dass dem Kläger, wie er anzunehmen scheine ein Kaufsrccht
zustehe, in Betracht könnte höchstens ein Vorkaufsrecht kommen, aber auch
ein-solches sei nicht gültig zu Stande gekonnnen. Sowohl der Beklagte 1)
als die Beklagten 2) kündigten darauf dem Kläger den Mietvertrag.

Am 13. November 1920 leitete der Kläger die vorliegende Klage ein mit dem
Begehren: 1. die Beklagten seien zu verpflichten, in die Zufertigung
des Grundstückes an den Kläger einzuwilligen; 2. die Zufertigung
an den Kläger sei gerichtlich zu verfügen; 3. eventuell seien die
Beklagten zu verpflichten, an den Kläger unter solidarischer Haft 60,000
Fr. Schadenersatz zu zahlen; 4. eventuell sei wenigstens der Beklagte 1)
zu dieser Ersatzleistung anzuhalten.

Die Beklagten erhoben verschiedene prozessuale Einwendungen und machten in
der Sache selbst geltend, jedenfalls seien die Beklagten 2) dem Kläger in
keiner Weise verpflichtet, ferner stellten sie sich auf den Standpunkt,
es handle sich in Ziff. 5 des Vertrages vom 22. September 1915 um ein
mangels öffentlicher Beurkundung ungültiges Kaufsversprechen, eventuell
wenn man von einem Vorkaufsversprechen ausgehe, so hätte auch dieses
als sog. limitiertes Vorkaufsversprechen öffentlich beurkundet werden
müssen, unter allen Umständen aber könne der Kläger sich im vorliegenden
Falle nicht darauf berufen, weil nur ein Verwandtenkauf vorliege, und
weil es durch Nichtausübung untergegangen sei, ganz eventuell sei die
Ersatzforderung zu reduzieren. Endlich erhoben die Beklagten ihrerseits
einen Schadenersatzanspruch von 10,000 Fr. und verlangten Bezahlung der
(teilweise deporüerten) Mietzinse seit 24. September 1920 an die Beklagten
2). _

B. Mit Urteil vom 29. Dezember 1921 hat das Obergericht des Kantons
Luzern die Beklagten unter Abweisung ihrer Gegenforderungen verpflichtet,
die Zufertigung des streitigen Hauses an den Kläger zu gestatten.

-s-Obligationenrecht. N° 33. 229

_ C. Hiegegen richtet sich die Berufung der Beklagten mit der diese ihre
vor kantonalerInstanz gestellten Anträge erneuern '

Das Bundesgerichi zieht in Erwägung :

1. Auf die prozessualen Einwendungen der Beklagten kann der
Berufungsrichter nicht eintreten, weil diese sich ausschliesslich auf
kantonales Prozessrecht stützan.

2. In materieller Beziehung ist mit der Vorinstanz davon auszugehen,
dass das dem 'Kläger eingeräumte Recht, die Liegenschaft an sich zu
ziehen, im Vertrage ausdrücklich als Vorkanfsrecht bezeichnet wurde,
und dass insbesondere der Beklagte l) in Seinem Begleitschreihen, mit
dem er den Vertrag dem Kläger unterbreitete, wie auch in verschiedenen
späteren Briefen (z; B. vom 9._und 26. September 1919) davon immer als
von einem Vorkaufsrecht n gesprochen hat.

Ist auch die Bezeichnung eines 'Rechtsgeschäftes seitens der Parteien für
die Bestimmung seiner juristischen Natur nicht ohne weiteres massgebend
(Art. 18
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 18 - 1 Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
1    Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
2    Dem Dritten, der die Forderung im Vertrauen auf ein schriftliches Schuldbekenntnis erworben hat, kann der Schuldner die Einrede der Simulation nicht entgegensetzen.
OR), so muss ihr doch dann wesentliche Bedeutung beigemessen
Werden, wenn die Parteien geschäftsgewandte Personen sind, hei denen
eine gewisse Vertrautheit mit der Terminologie des Gesetzes vorausgesetzt
werden darf. Dies trifft im vorliegenden Falle zu. Speziell der Beklagte
l), der dem Kläger den Vertrag nnterhreitete, musste als Baumeister den
Unterschied zwischen Kaufsrecht und Vorkaufsrecht zweifelsohne kennen.

s Dass die Parteien nicht ein Vorkaufsrecht, sondern einKaufsrecht haben
begründen wollen, wie die Beklagten geltend machen, dürfte unter diesen
Umständen nur angenommen werden, wenn hiefür gewichtige Anhaltspunkte
sprechen Würden. Solche Anhaltspunkte ergeben sich zunächst jedenfalls
nicht aus der Entstehungsgeschichte desVertrages. Die. Tatsache, dass
das Haus nach den Wünschen des Klägers gebaut wurde, und, dass er sich
offensichtlich dagegen schützen wollte, gegen seinen Willen daraus
verdrängt zu werden, spricht weder zu

230 s Obligationenrecht. N° 33.

Gunsten der einen noch zu Gunsten der andern Auslegung. Sowohl ein
Kaufsals ein Vorkaufsrecht konnten ihm zur Erreichung des letztem
Zweckes dienen.

Ebensowenig können sich die Beklagten auf die Festsetzung eines festen
Uebernahmepreises bei Eingebung des Vorkaufsversprechens stützen. Wenn
die Einràumung eines limitierten Vorkaufsrechtes auch nicht den Normalfall
des Vorkaufsrechtes bildet, so kommt sie anderseits im Rechtsverkehr
doch auch nicht bloss so ausnahmsweise vor,dass die Angabe eines festen
Verkaufspreises ohne weiteres als Anhaltspunkt dafür betrachtet werden
dürfte, 'die Parteien haben kein Vorkaufsrecht begründen wollen.

Das einzige Moment, das sich für die Konstruktion des Kaufsrechtes
anführen lässt, ist der Umstand, dass der Kläger, als er unter Hinweis
auf den Verkauf an die Beklagten 2) zur Geltendmachung seines Rechtes
aufgefordert wurde, sich nicht entscheiden wollte, sondern sich gerierte,
wie wenn er unabhängig von einem solchen Verkauf das Recht habe, die
Liegenschaft während 5 Jahren an sieh zu ziehen. Allein näher als hieraus
zu schliessen, die Parteien oder doch der Kläger haben bei Abschluss des
Mietvertrages, trotz der gewählten Benennung nicht ein Vorkaufsreeht,
sondern ein Kaufsrecht begründen wollen, liegt die Annahme, es handle
sich hiebei um die in'tümliche Auffassung eines Laien über die Tragweite
des ihm eingeräumten Anspruches

Uebrigens erklärte der Beklagte 1) selber noch in seiner Zuschrift vom
15. Juli 1921 ausdrücklich, ein Kaufsrecht habe nie abgemacht werden
sollen, sondern nur ein Vorkaufsrecht, das aber wegen Formmängeln nicht
gültig sei. Endlich ist darauf hinzuweisen, dass das Verkaufsrecht,
auch das limitierte, den Verpflichteten' weniger belastet als das
Kaufsrecht. Da aber die Parteien den angestrebten Zweck auf dem Wege
des Vorkaufsversprechens ebensowohl erreichen konnten, wie durch die
Bestellung eines Kaufsrechtes, hat der Richter nach be-

..o... . .Obligationenreeht. N° 33. 231

kannter Auslegungsregel im Zweifel anzunehmen, die Kontrahenten haben
sich mit dieser geringem Belastung des Beklagten l) begnügen wollen.

3. Nach Art. 216 Abs. 3
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 216 - 1 Kaufverträge, die ein Grundstück zum Gegenstande haben, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung.
1    Kaufverträge, die ein Grundstück zum Gegenstande haben, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung.
2    Vorverträge sowie Verträge, die ein Vorkaufs-, Kaufs- oder Rückkaufsrecht an einem Grundstück begründen, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung.76
3    Vorkaufsverträge, die den Kaufpreis nicht zum voraus bestimmen, sind in schriftlicher Form gültig.77
OR sind Vorkaufsverträge schon in
schriftlicher Form gültig. Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen dem
Vorkaufsversprechen mit bestimmter Preisabmachung, dem limitierten
Vorkaufsversprechen, und denen, die dem Versprechensempfänger nur
das Recht einräumen,'zu den seitens des Besitzers einem allfälligen
Drittkäufer gewährten Bedingungen das Grundstück zu erwerben. Dem
Wortlaute gemäss genügt daher für beide Arten von Vorkaufsversprechen
die blosse Schriftform.

Mit Recht haben jedoch die Beklagten unter Bezugnahme auf das die
Frage allerdings nur anschneidende, nicht beantwortende Urteil des
Bundesgerichts i. S. Müller gegen Berling (PRAXIS II 426) darauf
hingewiesen, dass diese wörtliche Auslegung sich zum System des Gesetzes
insofern in einen gewissen Widerspruch setzt, als sonst Verpflichtungen
zur Veräusserung von Grundeigentum zu bestimmten Bedingungen nur
verbindlich sind, wenn sie öffentlich beurkundet wurden. So sieht
Art. 216
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 216 - 1 Kaufverträge, die ein Grundstück zum Gegenstande haben, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung.
1    Kaufverträge, die ein Grundstück zum Gegenstande haben, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung.
2    Vorverträge sowie Verträge, die ein Vorkaufs-, Kaufs- oder Rückkaufsrecht an einem Grundstück begründen, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung.76
3    Vorkaufsverträge, die den Kaufpreis nicht zum voraus bestimmen, sind in schriftlicher Form gültig.77
OR die öffentliche Beurkundung vor für alle Kaufverträge,
für Vorverträge und für alle Verträge über die Einräumung von Kaufsund
Rückkaufsrechten. Die gleichen Erwägungen, die den Gesetzgeber für
diese Rechtsgeschäfte zu der Einführung der Form der öffentlichen
Beurkundung führten, hätten ihn auch veranlassen können, diese Form
für das limitierte Vorkaufsrecht vorzuschreiben. Zumal im Vergleich
mit dem Kaufsrecht drängt sich die Gleichartigkeit der zu schützenden
Interessen auf. Während beim gewöhnlichen Vorkaufsrecht die Gebundenheit
des Verkäufers sich nur hinsichtlich der Person des Erwerbers äussert,
wogegen es ihm freisteht, die Verkaufsbedingungen, insbesondere den
Preis, jedesmal wenn ein Drittkäufer an ihn herantritt, neu zu bestimmen,
bindet sich der Eigentümer, der ein limitiertes Verkaufs-

232 . Obligationenrecht. N° 33.

recht gewährt, gleich wie wenn er ein Kaufsrecht einräumen Würde,
schon zum Vorausan gewisse Bedingungen, von denen er später nicht mehr
abgehen kann. Wie für das Kaufsrecht wäre daher auch für das limitierte
Vorkaufsrecht ein Schutz des Verkäufers gegen Uebereilung bei Eingebung
der Verpflichtung am Platze gewesen. Allein so gewichtig diese Argumente
für eine verschie-

dene Behandlung des gewöhnlichen und des limitierten-

Vorkaufsversprechens sind, so scheitern sie doch an der Erwägung, dass
das positive Recht schlechthin alle Vorkaufsversprechen der blossen
Schriftform unterstellt hat.

Es liegt nicht etwa der Fall vor, dass der Gesetzgeber das limitierte
Vorkaufsrecht überhaupt nicht in den Rahmen der von ihm aufgestellten
Vorschriften einbezogen hätte, so dass man von einer eigentlichen Lücke
im Gesetze sprechen könhte, die auszufüllen der Richter nach Art. 1 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 1 - 1 Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
1    Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
2    Kann dem Gesetz keine Vorschrift entnommen werden, so soll das Gericht4 nach Gewohnheitsrecht und, wo auch ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde.
3    Es folgt dabei bewährter Lehre und Überlieferung.

ZGB berufen wäre. Zwar nicht schon im Entwurf zum ZGB von 1900, wohl aber
bereits in den Beratungen der Expertenkommission (Prot. III 50) wurde das
limitierte Vorkaufsrecht erwähnt. In Art. 1271 des Entwurfes zum OR von
1905 und seit der Beratung des ZGB durch die nationalrätliche Kommission
im ZGB (Art. 672 spater 681) figuriert es ausdrücklich neben dem nicht
limitierten Vorkaufsrecht (Stenogr. Bulletin 1906 S. 539). Endlich
{wies im Ständerat der Berichterstatter J Ioffmanp gegenüber einer
Aeusserung Scherers speziell darauf hin, dass im Gesetz beide Arten von
Vorkauisrechten vorgesehen seien {(Stenogr. Bulletin 1907 S. 162).

Kann 'aber ein Uebersehen der Besonderheiten des limitierten
Vorkaufsrechtes nicht in Betracht kommen und stellte der Gesetzgeber
dennoch nur eine allgemeine Norm für die Form der Vorkaufsrechte auf,
so ist der Richter hieran gebunden. und darf nicht auf dem Wege der
Auslegung eine Differenzierung einführen, die der Gesetzgeber vermied-

Dabei-. ist zudem speziell zu berücksichtigen, dass
esObligationenrecht. N° 33. 233

sich um die Auslegung von Formvorschriften handelt. Auf derartige
Bestimmungen muss sich der Verkehr verlassen können und es geht nicht an,
sie, ohne schwerwiegende Veranlassung, auf dem Wege der Gesetzesauslegung
abzuändern (LEEMANN, SJZ 10 S. 171; 03123, N. IV 1 zu Art. 216; BECKER,
N. 10; ALLGÄUER, Vorkaufs-, Rückkaufsund Kaufsrecht; Diss. Zch. 1918
S. 42; a. A.: S1MONIUS, ZSR 61 p. 311).

4. Die Erfordernisse der Schriftform sind im vorliegenden Falle
erfüllt. ,Allerdings enthält der von beiden Parteien unterzeichnete
Mietvertrag selber keine Angaben über den Verkaufspreis, der als
wesentlichster Bestandteil der Abmachung zweifelsohne der Schriftform
auch unterliegt. Allein der Beklagte 1) hat sowohl den ursprünglichen als
den erhöhten Preis in seinen Briefen vom 14. September und 6. November
1915 bezw. in dem ,Vertrag über den Bau der Garage vom. 9. Mai 1917 als
Vorkaufspreis anerkannt. Da aber aus der Einräumung eines Vorkaufsrechtes
zunächst nur dem Promittenten Verpflichtungen erwachsen, während der
Promissar bis zur Ausübung seines Zugrechtes von jeder Verbindlichkeit
frei bleibt, genügt nach Art. 13
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 13 - 1 Ein Vertrag, für den die schriftliche Form gesetzlich vorgeschrieben ist, muss die Unterschriften aller Personen tragen, die durch ihn verpflichtet werden sollen.
1    Ein Vertrag, für den die schriftliche Form gesetzlich vorgeschrieben ist, muss die Unterschriften aller Personen tragen, die durch ihn verpflichtet werden sollen.
2    ...3
OR, dass die Preisahmachung durch die
Unterschrift des Beklagten 1) gedeckt ist.

5. Für den Fall, dass das Vorkaufsrecht formrichtig zur Entstehung gelangt
sein sollte, haben die Beklagten sich auf den Standpunkt gestellt,
es liege ein sog. Verwandtenkauf vor und ferner sei das Recht des
Klägers durch Nichtausübung untergegangen. Beide Einwendungen sind mit
der Vorinstanz zurückzuweisen. Was die Einrede des Verwandtenkaufes
anbelangt, so kann in allen Teilen auf das Urteil des Bundesgerichts
i. S. Aeschlimann gegen Schütz (AS 44 II 387) verwiesen werden. Von einem
Verkauf im Hinblick auf das Erbrecht des Erwerbers kann im vorliegenden
Falle nicht die Rede sein. Gegenüber der zweiten Einwendung stellt die
Vorinstanz in tatsächlicher Hinsicht fest, der Kläger habe erstmals am
8. Juni 1920 Kenntnis von der erfolgten Veräusserung des

234 _ Obligationenrecht. N° 33.

Grundstückes erhalten. Am 5. Juli 1920 erklärte er den Kaufseintritt. Die
Frist des Art. 681 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 681 - 1 Gesetzliche Vorkaufsrechte können auch bei der Zwangsversteigerung ausgeübt werden, aber nur an der Steigerung selbst und zu den Bedingungen, zu welchen das Grundstück dem Ersteigerer zugeschlagen wird; im übrigen können die gesetzlichen Vorkaufsrechte unter den Voraussetzungen geltend gemacht werden, die für die vertraglichen Vorkaufsrechte gelten.
1    Gesetzliche Vorkaufsrechte können auch bei der Zwangsversteigerung ausgeübt werden, aber nur an der Steigerung selbst und zu den Bedingungen, zu welchen das Grundstück dem Ersteigerer zugeschlagen wird; im übrigen können die gesetzlichen Vorkaufsrechte unter den Voraussetzungen geltend gemacht werden, die für die vertraglichen Vorkaufsrechte gelten.
2    Das Vorkaufsrecht entfällt, wenn das Grundstück an eine Person veräussert wird, der ein Vorkaufsrecht im gleichen oder in einem vorderen Rang zusteht.
3    Gesetzliche Vorkaufsrechte können weder vererbt noch abgetreten werden. Sie gehen den vertraglichen Vorkaufsrechten vor.
ZGB ist daher gewahrt.

6. Dagegen kann das Vorkaufsverspreehen nur dem Beklagten I) gegenüber
geltend gemacht werden. Da es im Grundbuch nicht vorgemerkt wurde (die auf
einseitiges Begehren des Klägers erst im Verlaufe des Prozesses erfolgte
Vormerkung im Sinne von Art. 960 Ziff. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 960 - 1 Verfügungsbeschränkungen können für einzelne Grundstücke vorgemerkt werden:
1    Verfügungsbeschränkungen können für einzelne Grundstücke vorgemerkt werden:
1  auf Grund einer amtlichen Anordnung zur Sicherung streitiger oder vollziehbarer Ansprüche;
2  auf Grund einer Pfändung;
3  auf Grund eines Rechtsgeschäftes, für das diese Vormerkung im Gesetz vorgesehen ist, wie für die Anwartschaft des Nacherben.
2    Die Verfügungsbeschränkungen erhalten durch die Vormerkung Wirkung gegenüber jedem später erworbenen Rechte.
ZGB fällt nicht in Betracht),
stehen dem Kläger daraus nur obligatorische Ansprüche, d. h. nur Ansprüche
gegenüber seinem Vertragsgegner, zu. Um die Beklagten 2) zu verpflichten,
hätte es ihrerseits einer Uebernahme der Verpflichtungen des Beklagten
1) bedurft. Eine solche Uebernahme hat nach den Akten und entgegen der
Auffassung der Vorinstanz nicht stattgefunden. Sowohl die

Beklagten 2) wie auch der Beklagte 1) haben in der Kor-.

respondenz mit dem Kläger immer nur erklärt, die neuen Eigentümer seien in
das M i e t s v e r h ä lt nis eingetreten. Ebenso sieht der Kaufvertrag
vom 31. Mai 1920 nur die Uebemahme des Mietvertrages vor. Von einem
Eintritt in die Verpflichtungen aus dem Vorkaufsversprechen ist dagegen
nirgends die Rede. Uebrigens hätte eine solche Uebernahme auch jedes
innern Grundes entbehrt. Wäre es noch verständlich gewesen, wenn die
Beklagten 2 dem Kläger, um ihn zur Nichtausübung des Vorkaufsrechtes
anlässlich des Eigentumsüberganges auf sie zu veranlassen, für eine
spätere Handänderung ein neues Vorkaufsrecht eingeräumt hätten, so lag für
sie'dagegen keinerlei Grund vor, durch Anerkennung des Vorkaufsrechtes
bezüglich des streitigen Kaufes diesen selbst in Frage zu stellen oder
sich eine Schadenersatzpflicht aufzuladen.

?. Die Gegenforderungen der Beklagten fussen auf der Annahme, der Kläger
sei nicht berechtigt gewesen, ein Vorkaufsrecht auszuüben ; nach den
vorstehenden Ausführungen ist diese Auffassung unzutreffend, womit die
Grundlage dieser Ansprüche dahinfällt.Obligationenrecht. N° 34. 235

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Berufung des Beklagten Berger wird unbegründet erklärt, die Berufung
der Beklagten Scherers Erben dagegen zugesprochen, und die Klage ihnen
gegenüber abgewiesen.

34. Extra-it de l'ai-M de la. I" Section civile du 10 avril 1922

dans la cause de Reding contre Kirchhof.

Pour déterminer la valeur des prestations dont les parties peuvent
réclamer la restitution en cas de nullité du contrat, il faut se reporter
à l'époque où les prestations ont été opérées et s'en tenir à la valeur
dont les parties se sont effectivement enrichies sans égard à la valeur
fixée conventionnellement en vue de l'exécution du contrat.

La nullité du contrat pour cause de dol a pour conséquence la restitution
réoiproque des prestations des parties.

Le demandeur n'ayant jamais pris possession de la fahrique, n'a rien
a rendre au défendeur. En revanche, ce dernier doit lui restitner les
sommes recues. Pour apprécier exactement la valeur de la prestation
faite par le demandeur et dont il est en droit d'exiger la restitution,
il faut se reporter à l'époque où le paiement a été effectué, soit au
16 mars 1920. A cette date, le défendeur a non seulement recu la somme
de 9250 francs suisses, mais en plus un cheque de 312 400 marks. Pour
la conversion de ce dernier montant en francs, l'instance cantonale s'en
est tenue au cours de 12 fr. 50 % par le motif que les parties l'auraient
conventionnellement admis. On ne peut pas se rallier à cette maniere de
voir. Le cours de 12.50 a été convenu} non pas en vue de l'annulation
du contrat mais en vue de son execu-
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 48 II 227
Date : 06. April 1922
Published : 31. Dezember 1922
Source : Bundesgericht
Status : 48 II 227
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : 226 Obligationenrecht. N° 32. ist somit die klägerische Sohadensersatzforderung


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OR: 13  18  216
ZGB: 1  681  960
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44-II-380
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1919 • [noenglish] • [noenglish] • acquisition of property • adult • authorization • buy • commission of experts • community of heirs • compensation • component • condition • contractual party • corn • day • decision • declaration • defendant • directive • doubt • end • federal court • form and content • formation of real right • grammatical interpretation • hamlet • heir • incorporation • intention • italian • judicial agency • knowledge • labeling • land register • law of succession • letter • limited preemption • lower instance • meadow • month • mountain • not limited option • nullity • number • objection • orderer • position • positive law • priority notice • proceeding • question • real property • report • reporting • residential building • right of preemption • right to buy • signature • standard • statement of reasons for the adjudication • time limit • weight • wood
SJZ
10 S.171