lungsfähig war, ein Entmündigungsgrund also schon damals bestand, und
kann demgemäss von den Aufsichtsbehörden nicht nachträglich aufgehoben
werden (AS 25 II s. 299 f. = Sep.-Ausg. 2 S. 97 f.). Insbesondere liegt
es dem Betreibnngsamt nicht ob, der Zustellung vorgängig von sich aus
danach zu forschen, ob der Schuldner anfällig wegen Geisteskrankheit
oder Geistesschwäche nicht urteilsfähig sei. Ueber diese dem materiellen
Zivilrecht angehörende Frage zu befinden, steht ihm, und ebensowenig den
Aufsichtsbehörde-m nicht zu, ganz abgesehen davon, dass sich das Verfahren
vor den letzteren für die' hiefür nötige Instruktion auch nicht eignet.
2. Die danach notwendig werdende Entscheidung über die Zulässigkeit
des nachträglichen Rechtsverschlages fällt nicht in die Kompetenz der
Aufsichtsbehörden, sondern wird vielmehr vom Gerichtspräsidenten von
Aarau zu treffen sein, der denn auch das Verfahren nur sistiert hat.
Demnach erkennt die Schuldbelrund Konkurskammer:
Der Reknrs Wird abgewiesen.
Schuldhetreihungsund Konkursrecht (Zivilabteilungen). N° 55. 213
XI. URTEILE DER ZIVILABTEILUNGEN
ARRETS DES SECTIONS CIVILES
55. Urteil der II. Zivilabteilung vom 21. Dezember 1921
i. S. Ersparniskasse des Amtsbezirks Interlaken gegen Boss.
Gemeinsamer Erwerb eines Grundstückes auf der Zwangsversteigerung durch
zwei Hypothekarsolidarbürgen ; Rechtsfolgen. Aus gemeinsamem Angebot
mehrerer an einer Zwangsversteigerung entsteht Solidarhaftung für die
überbundenen Hypothekarschulden. OR Art. 143, 530, 5-14; SchKG Art. 1
Abs. 1 ; VZG Art. 59.
A. Am 29. September 1905 liess Fritz Kaufmann, Eigentümer des Hotels
Bellevue auf der Schynigen Platte, eine dieses Grundstück im zweiten
Range belastende Pfandobligation für 62,000 Fr. zu Gunsten der
Klägerin, Ersparniskasse des Amtsbezirks Interlaken, errichten. In
der Folge leistete der Beklagte Johann Boss zusammen mit Samuel
Baumann, Peter Tschienner und Alfred Werken Solidarbürgschaft für
diese Pfandobligation. Im Jahre 1915 geriet Kaufmann in Konkurs. Auf
der zweiten Steigerung erwarben der Beklagte und Werren gemeinsam das
Hotel um 120,000 Fr. Dabei wurde ihnen die Pfandobligation,' die nicht
fällig war, in dem durch von Kaufmann geleistete Abza'hlungen auf 60,500
Fr. herabgesetzten Betrage überbunden. Seither sind der Beklagte und
Werreu als Miteigentümer des Hotelgmndstückes im Grundbuch eingetragen. s
B. Mit der vorliegenden, zufolge von Prorogation beim Bundesgericht
direkt eingereichten Klage stellt die Ersparniskasse das Rechtsbegehren:
Es sei gerichtlich zu erkennen, es hafte der Beklagte solidarisch (und
nicht bloss anteilmässig, d. h. zur Hälfte) mit Al-
214 Schuldbetreibnngsund Konkursreeht (Zivilabteilungen). N° 55.
fred Werren, Baumeister in Wilderswil für die der Klägerin ihnen
gegenüber zustehende, auf Pfandobligation vom 29. September 1905 beruhende
Pfandforderung von restanzlich 60,500 Fr. nebst Zinsen, unter Kostenfolge
Das Bundesgericht ziehi in Erwägung:
1. Die Solidarität zwischen dem Beklagten und Werren hinsichtlich der
mit der Pfandobligation verbundenen persönlichen Schuldpilicht lässt sich
nicht aus dem von der Klägerin angerufenen Art. 544 Abs. 3
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat CO Art. 544 - 1 Les choses, créances et droits réels transférés ou acquis à la société appartiennent en commun aux associés dans les termes du contrat de société. |
|
1 | Les choses, créances et droits réels transférés ou acquis à la société appartiennent en commun aux associés dans les termes du contrat de société. |
2 | Les créanciers d'un associé ne peuvent exercer leurs droits que sur sa part de liquidation, à moins que le contrat de la société n'en dispose autrement. |
3 | Les associés sont solidairement responsables des engagements qu'ils ont assumés envers les tiers, en agissant conjointement ou par l'entremise d'un représentant; toutes conventions contraires sont réservées. |
wonach Gesellschafter, die gemeinschaftlich Verpflichtungen eingegangen
haben, regelmässig solidarisch haften. Dass die beiden einen auf
gemeinsamen Erwerb des Hotels Bellevue gerichteten Gesellschaftsvertrag
ausdrücklich abgeschlossen haben, behauptet die Klägerin selbst
nicht. Aber auch ein stillschweigende'r Veltragsschluss kann nicht
angenommen werden. Denn der Beklagte und Werren haben das Hotel nicht etwa
zur gemeinsamen Fortführung des Betriebes erwor ben, sondern einzig zu
dem Zwecke, damit sie nicht aus der von ihnen geleisteten Bürgschaft für
den Pfandausfall in Anspruch genommen werden könnten, der sich mangels
anderer zureichender Angebote sonst ergeben hätte. Dabei handelte es
sich, wie beim Fehlen anderer Anhaltspunkte angenommen. werden muss,
für jeden von Beiden einzig darum, die ihm selbst drohende finanzielle
Einbusse abzuwenden. Der von ihnen verfolgte Zweck war also freilich
gleichartig, jedoch nicht gemeinsam. Und er liess sich auch sehr wohl
erreichen, ohne dass es des Abschlusses eines GesellschaftsVertrages
bedurfte, der, mindestens beim Fehlen einer gegenseitigen Abrede,
Gesamteigentnm begründet hätte: -dadurch nämlich, dass sie ohne jede
nähere Vereinbarung das Hotel einfach gemeinsam ersteigerten, wodurch
sie Miteigentümer desselben wurden. Sie haben denn auch selbst nicht
verlangt, als Gesamteigentümer im
Schuidbetreibungsund Konkursrecht (Zivilabteilungen). N° 55. 215
Grundbuch eingetragen zu werden, und auch die Klägerin hat gegen ihre
Eintragung als Miteigentümer nichts eingewendet.
2. Dagegen ist, wenn bei einer Zwangsversteigerung mehrere ein
gemeinsames Angebot machen, darin ohne weiteres auch die Erklärung zu
erblicken, dass jeder einzeln für die Erfüllung der ihnen durch die
Steigernngsbedingungen auferlegten Verbindlichkeiten hakten wolle,
weil ihnen andernfalls der Zuschlag nicht erteilt werden könnte. Dies
kann jedenfalls mit Bezug auf die, weil fälligen, bar zu bezahlenden
Grundpfaudforderungen nicht in Zweifel gezogen werden. Denn würde
jeder von mehreren Bietern nur im Verhältnis des ihm zufallenden
Miteigentumsanteiis haftbar, so könnte dann, wenn einer von ihnen den
ihn treffenden Teil nicht rechtzeitig bezahlt, natürlich auch nur die
Uebertragnng seines Miteigentumsanteils rückgängig gemacht werden, was
zur Folge haben müsste, dass sich die infolgedessen notwendig werdende
neue steigerung auf diesen Miteigentumsanteil beschränkte. Nun wird
,aber der Umstand, dass nur ein Miteigentumsanteil erworben werden kann,
das Ergebnis der Steigerung regelmässig empfindlich beeinträchtigen,
ohne dass vielleicht der frühere Ersteigerer für den ganzen Ausfall
aufzukommen vermag. Ausserdem stellen sich der Versteigerung eines
Miteigentumsanteils mindestens dann, wenn das Grundstück als solches
verpfändet ist, Schwierigkeiten verfahrensrechtlicher Natur entgegen
(vgl. VZG Art.. 130 bezw. 73 litt. b). Aus diesen Gründen muss die
Zwangsverwertung von Miteigentumsanteilen vermieden werden, wo nicht die
materielle Rechtslage dazu zwingt, in. a. W. es muss verhindert werden,
dass das Zwangsverwertungsverfahren selbst noch Anlass zu einer solchen
Verwertung bietet. Alsdann aber erscheint es ausgeschlossen, dass ein
gemeinsames Angebot mehrerer auf einer Zwangsversteigerung berücksichtigt
werden könnte, wenn die Bieter für die be-
216 sehnldhetreibungsund Konkursrecht (Zivilabteilungen). N° 55.
dungene Barzahlung nicht solidarisch haften wollten. Da nun angenommen
werden darf, dass nur Angebote . gemacht werden, auf welche hin der
Zuschlag erteilt werden kann, so ist davon auszugehen, jedes gemeinsame
Angebot mehrerer schliesse auch ihre Erklärung ein, dass jeder einzeln
für die Leistung der ganzen hedungenen Barzahlung haften wolle. Halten
sonach die mehreren Bieter für die fälligen und daher bar zu hezahlenden
Grundpfandsehulden solidarisch, so ist nicht einzusehen, wieso für die
nicht fälligen und daher gemäss Art. 135
SR 281.1 Loi fédérale du 11 avril 1889 sur la poursuite pour dettes et la faillite (LP) LP Art. 135 - 1 Les conditions des enchères doivent indiquer que les immeubles sont adjugés avec toutes les charges les grevant (servitudes, charges foncières, gages immobiliers, droits personnels annotés) et que les obligations personnelles du débiteur seront déléguées à l'acquéreur. Le débiteur d'une dette ainsi déléguée est toutefois libéré, dans les cas d'hypothèque et de cédule hypothécaire, si le créancier ne lui déclare pas dans l'année à compter de l'adjudication qu'il entend ne pas renoncer à ses droits contre lui (art. 832 CC270). Les dettes exigibles garanties par gage immobilier ne sont pas déléguées, mais payées par préférence sur le produit de la réalisation.271 |
|
1 | Les conditions des enchères doivent indiquer que les immeubles sont adjugés avec toutes les charges les grevant (servitudes, charges foncières, gages immobiliers, droits personnels annotés) et que les obligations personnelles du débiteur seront déléguées à l'acquéreur. Le débiteur d'une dette ainsi déléguée est toutefois libéré, dans les cas d'hypothèque et de cédule hypothécaire, si le créancier ne lui déclare pas dans l'année à compter de l'adjudication qu'il entend ne pas renoncer à ses droits contre lui (art. 832 CC270). Les dettes exigibles garanties par gage immobilier ne sont pas déléguées, mais payées par préférence sur le produit de la réalisation.271 |
2 | Les conditions indiquent les frais à la charge de l'adjudicataire. |
SR 281.1 Loi fédérale du 11 avril 1889 sur la poursuite pour dettes et la faillite (LP) LP Art. 259 - Les art. 128, 129, 132a, 134 à 137 et 143 s'appliquent par analogie aux conditions d'enchères. Les fonctions attribuées à l'office des poursuites sont exercées par l'administration de la faillite. |
Grund 'pfandschnlden etwas anderes gelten sollte. Insbesondere könnte
auch nicht zugelassen werden, dass durch ein gemeinsames Angebot
mehrerer die Stellung des Gläubigers insofern erschwert Würde, als er,
um für einen sich später allfällig ergebenden Pfandausfall Befriedigung
zu erlangen, diesen in einzelne T eilforderungen zerlegt bei den
mehreren Bietern geltend machen müsste. Hiegegen vermag der Beklagte
nicht mit dem Einwand aufzukommen, die Steigerungsbedingungen erwähnen
von solidariseher Haftbarkeit nichts. Abgesehen davon, dass nach dem
Ausgeführten die solidarisehe Haltbarkeit durch ein gemeinsames Angebot
mehrerer in Verbindung mit dem Zuschlag ohne weiteres begründet wird,
waren sie für ein derartiges Angebot -. gar nicht zugeschnitten, sondern,
wie üblich. bloss für den Normalfall des Einzelangebotes.
3. Uebrigens wäre. die Klage auch, wie. die Klägerin ebenfalls
geltend gemacht hat, in Anwendung des vom Bundesgericht im Urteil
v. 5. Oktober 1921 in Sachen Aargauische Hypothekenbank gegen Tschabold
und Konsorten (AS 47 III S. 146 ff hievor) ausgesprochenen Grundsatzes
der VVeiterhaktung des Bürgen für die im Konkurse auf den Erwerber
überbundenen Schulden aus Grundpfandversehreibung und Schuldbrief dem
die bernische Pfandobligation durch Art. 165 EG zum ZGB gleichgestellt
werden ist zuzuspreehen. W {'u-de nämlich
Sanierung von Hotelunternehmungen. N° 56. 217
davon ausgegangen, der Beklagte und Werren seien nicht durch ihr Angebot
ohne. weiteres sonder-schuldner der Pfandobligation geworden, sondern
jeder nur Schuldner der Hälfte, so wäre jeder kraft der seinerzeit für
Kaufmann geleisteten Solidarbürgschaft auch . für die seinem Mitbieter
überbundene Hälfte haftbar. Eine Entlassung aus dieser Bürgschaft könnte
in dem Beschluss des Verwaltungsrates der Klägerin vom 7. Juli 1916,
dass der Beklagte und Werren als neue Schuldner angenommen werden nicht
gesehen werden.
Demnaeh erkennt das Bandesgerschi :
Die Klage wird zugesprochen.
B. Sanierung von Hotelunternehmungen. Assainissement des entreprises
hotelières.
56. Entscheid vom 27. Dezember 1921 i. S. Christen & C'e.
HPÎNV Art.. 23 Abs. 3: Die Einstellung der Betreibung bei Belangung
von Solidarbürgen oder anderen solidarisch Verpflichteten vor dem
Hauptsehuldner ist durch den Richter anzuordnen.
A. Die Rekursgegnerin, die Sparund l,.eihkasse Thun, betrieb die
Rekurrentin, die Firma Christen & Cie in der Betreihung Nr. 87,268 am
29. September 1921 auf Zahlung einer auf dem Hotel National in Adelboden
haftenden, von ihr (der Rekurrentin) neben andern Burgen verhiirgten
Grundpfaudforderung. Die Rekurrentin erhob Rechtsvorschlag und reichte
am 7. Oktober 1921 sowohl beim Betreibungsamt Basel-Stadt als auch