318 Staatsrecht

Der angefOchtene Entscheid ist deshalb in der Meinung aufzuheben,' dass
die begehrte Rechtsöffnung grundsätzlich, vorbehältlich der allfälligen
Verrechnung der vom Rekursbeklagten erhobenen Gegenforderung von 30
Fr. gewährt werden muss. Die Zulassung dieser Verreehnungseinrede
wird davon abhängen, ob die Gegenforderung auf Grund des Urteils des
Zivilgerichts Glarus vom 14. Oktober 1920 als nicht nur dem Grundsatze
sondern auch der Höhe nach durch Urkunde festgestellt im Sinne von
Art. 81 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 81 - 1 Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren Entscheid eines schweizerischen Gerichts oder einer schweizerischen Verwaltungsbehörde, so wird die definitive Rechtsöffnung erteilt, wenn nicht der Betriebene durch Urkunden beweist, dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt oder gestundet worden ist, oder die Verjährung anruft.
1    Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren Entscheid eines schweizerischen Gerichts oder einer schweizerischen Verwaltungsbehörde, so wird die definitive Rechtsöffnung erteilt, wenn nicht der Betriebene durch Urkunden beweist, dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt oder gestundet worden ist, oder die Verjährung anruft.
2    Beruht die Forderung auf einer vollstreckbaren öffentlichen Urkunde, so kann der Betriebene weitere Einwendungen gegen die Leistungspflicht geltend machen, sofern sie sofort beweisbar sind.
3    Ist ein Entscheid in einem anderen Staat ergangen, so kann der Betriebene überdies die Einwendungen geltend machen, die im betreffenden Staatsvertrag oder, wenn ein solcher fehlt, im Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987159 über das Internationale Privatrecht vorgesehen sind, sofern nicht ein schweizerisches Gericht bereits über diese Einwendungen entschieden hat.160
SchKG gelten kann (Art. 4 des Konkordates). Dass auch
den Rekurrenten andrerseits gegenüber dem ,Rekursbeklagten noch eine
andere höhere Forderung (aus Dispositiv 6 des Urteils des Kantonsgerichts
St. Gallen) zusteht, ist dagegen offenbar unerheblich, da gleichwie der
Schuldner bestimmen kann, zur Tilgung welcher von mehreren Forderungen
seines Gläubigers eine Zahlung dienen soll, ihm auch freistehen muss
seine Gegenforderung gegenüber irgendeiner jener mehreren Forderungen
zu verrechnen (Art. 88
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 88 - 1 Der Schuldner, der eine Zahlung leistet, ist berechtigt, eine Quittung und, falls die Schuld vollständig getilgt wird, auch die Rückgabe des Schuldscheines oder dessen Entkräftung zu fordern.
1    Der Schuldner, der eine Zahlung leistet, ist berechtigt, eine Quittung und, falls die Schuld vollständig getilgt wird, auch die Rückgabe des Schuldscheines oder dessen Entkräftung zu fordern.
2    Ist die Zahlung keine vollständige oder sind in dem Schuldscheine auch andere Rechte des Gläubigers beurkundet, so kann der Schuldner ausser der Quittung nur die Vormerkung auf dem Schuldscheine verlangen.
OR).

Demnach erkennt das Bundesgericht : Die Beschwerde wird gutgeheissen und
der Entscheid des Zivilgerichtspräsidenten von Glarus vom 11. Februar
1921 im Sinne der Erwägungen aufgehoben.

"}

Interkant, Verkehr mit Motoflahrzeugen n. Fahrrädern N° 44. 319

vm. INTERKANTONALER VERKEHR

MIT MOTQRFAHRZEUGEN UND FAHRRÄDERN CIRCULATION INTERCANTONALE

DES VÉHICULES AUTOMOBILES ET DES CYCLES

44. Urteil vom 8. Juli 1921 i. S. Schweizerische Immobiliengeno'ssensobafi
Oonfiientia gegen Schwyz Regierungsrat.

Konkordat betr. den Verkehr mit Motorfahrzeugen und Fahrrädern
vom 7. April 1914. Art. 40: Die Bestimmung, wonach interkantonale
Strassen nur nach Anhörung der Regierungen der benachbarten Kantone
gesperrt werden dürfen, gibt nur der betr. Regierung, nicht dem
einzelnen Meter-wagenbesitzer ein Recht, gegen die ohne solche Anhörung
erfolgte Sperrung einer Strasse aufzutreten. Angebliche Verletzung der
Rechtsgleichheit, weil die Sperrung nur für Automobile, nicht für andere
Fuhrwerke gelte.

A. Mit Eingabe vom 17. Mai 1921 hat die Schwei-

, zerische Immohfliengenossenschaft Konfidentia in Zürich

beim Bundesgericht gegen den Regierungsrat des Kantons Schwyz
staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung eines Konkordates, eventuell
wegen Willkür und Rechtsverweigerung erhoben. Es Wird ausgeführt :
Die Rekurrentin sei Inhaberin eines Personenautomobils, mit dem sie
öfters die Strecke Zürich-Einsiedeln zu befahren habe. Der kürzeste
Weg führe auf dem Gebiete der schwyzerischen Gemeinde Feusisberg über
das sog. Vegelnest. Hier sei die Strasse von der Gemeinde gesperrt
worden. Dies habe die Rekurrentin erfahren, als sie im April einmal
dort habe durchiahren wollen. Sie habe dann von der schwysizerischen
Staatskansizlei Auskunft verlangt und so von dem Beschluss des
Regierungsrates Schwyz vom 2. Oktober 1920 Kenntnis

320 , Staatsrecht.

erhalten, wodurch einem Gesuche des Gemeinderates von Feusisberg um
Sperrung des Strassenstückes im Vogelnest für den Motorwagenverkehr
entsprochen werden war. Aus dem erwähnten Beschlusse ergibt sich, dass
der Gemeinderat der anstossenden Gemeinde Wollerau schon damals, ohne
sich im übrigen der Sperrung zu widersetzen, die Ansicht vertreten hatte,
es müsste dazu vorher noch die Regierung von Zürich gehört werden, weil
es sich um eine interkantonale Strasse nach Art. 40 des Konkordates über
den Verkehr mit Motorfahrzeugen und Fahrrädern handle. Der Regierungsrat
lehnte jedoch .diese Auffassung in Erwägung 2 und 3 seines Beschlusses
mit der Begründung ab_: unter die angerufene Bestimmung fielen nur
Kantonsstrassen, während man es hier mit einer Gemeindestrasse zu tun
habe : solche dürften nach § 2 der kantonalen Vollziehungsverordnung von
den Gemeinderäten, unter Vorbehalt der Genehmigung durch die Regierung
gesperrt werden. ' Die Rekurrentin ficht in erster Linie diese Auslegung
des Konkordates an : als interkantonale im Sinne von Art. 40 ebenda habe
jede Strasse zu gelten, die den Verkehr zwischen Kantonen vermittle,
was bei dem erwähnten Teilstück der Strasse Zürich-Einsiedeln zutreffe.
Eventuell wäre die Sperrung willkürlich, da sie nur bezwecke, aus
den interkantonalen AutomobilStrassengebühren einen Beitrag für die
Gemeindekasse herauszudrücken. Es liege ferner eine" Rechtsungleich-

heit darin, dass das Strassenstück nur für Automobile, si

nicht auch für andere Fuhrwerke gesperrt werde. B. Der Regierungsrat von
Schwyz hält in seiner Vernehmlassung auf die Beschwerde daran fest, dass

nur solche Strassen als interkantonale im Sinne von

Art. 40 des Konkordates anzusehen seien, die nach der internen
kantonalen Ordnung Kantonsstrassen seien. Dieser Standpunkt sei
auch dem Regierungsrat von Zürich gegenüber in einer Zusammenkunft
vertreteninterkant. Verkehr mit Motorfahrzeugen u. Fahrrädern N° 44. 321

worden, die infolge einer Einsprache des letztem gegen die Sperrung am
16. April 1921 stattgefunden habe. Von Willkür oder Rechtsungleichheit
sei keine Rede, da die Strasse wegen der geringen Breite und der daraus
für den Automobilverkehr sich ergebenden Gefahr gesperrt werden sei. Die
Beschwerde sei deshalb unbegründet. Es fehle aber auch das erforderliche
Interesse zur Erhebung derselben, weil nur das Vergnügen oder die
Bequemlichkeit der Rekurrentin oder besser ihres Anwaltes, Dr. Wettstein,
durch das Verbot beeinträchtigt wurde. Er sei es nämlich gewesen, der
bei einer Sonntagsfahrt im April auf die Verbottaiel gestossen sei.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

1. Die Beschwerde enthält keinen Antrag. Da aber aus der Begründung
nur der Schluss gezogen werden kann, dass das angefochtene Verbot als
unverbindlich zu erklären sei, so mag der formelle Mangel nachgesehen
und die Besehwerdeschrift in diesem Sinne ergänzt werden.

2. Das Interesse an der Anfechtung des Verbotes

kann der Rekurrentin kaum abgesproehen werden.

Auch wenn es nicht eine Geschäftsfahrt war, auf der ihr Automobil durch
das Verbot zu einem Umweg gezwungen wurde, und wenn damals in dem Fahrzeug
nicht eines ihrer Organe, sondern ihr heutiger Vertreter sass, so hat die
Rekurrentin doch als zürcherische, d. h. benachbarte Automobilbesitzerin,
ein Interesse daran, dass eine Strasse, die zu befahren sie in die Lage
kommen kann, nicht in rechtswidriger Weise gesperrt werde. Selbst wenn es
nicht ihr Automobil gewesen sein sollte, das damals. aufgehalten wurde,
erschiene ihre Legitimation zur Beschwerdeführung als gegeben.

3. Dagegen kann aus einem andern Grunde auf die Beschwerde, soweit damit
die Verletzung des Konkordates betreffend den Verkehr mit Motorfahrzeugen

322 _ , _ Staatsrecht.

und Fahrrädern geltend gemacht wird, nicht eingetreten werden. Nach Satz
1 des in Frage kommenden Art 40 des Konkordates steht jedem Kanton das
Recht zu, den Verkehr dei Motorwagen und Motorfahrräder auf gewissen
Strassen ganz zu verbieten oder nur unter gewissen Bedingungen zu
gestatten. Wenn Satz 2 im Anschluss hieran bestimmt, dass interkantonale
Strassen nur nach Anhörung der Regierungen der benachbarten Kantone
gesperrt; werden können , so kann dem angesichts der unbedingten
Anerkennung der kantonalen Strassenhoheit in Satz 1 nicht die Bedeutung
der Aufstellung eines formellen Erfordernisses für die Giltigkeit in
Ausübung jener Hoheit erlassene-r Verbote _beigemessen werden. Es handelt
sich dabei nicht um eine über dem kantonalen Recht stehende, dasselbe
brechende oder ergänzende objektive Rechtsnorm, sondern, wie auch der
Wortlaut zeigt, lediglich um eine Beschränkung der eigenen Hoheitsrechte
im Verhältnisse unter den Kantonen selbst, eine Bindung, die sie unter
sich eingegangen haben und die daher auch nur zwischen ihnen Rechte und
Pflichten begründet : die Zusicherung ausser-kantonale Interessenten
durch die Regierungen der beteiligten Kantone zu Worte kommen zu lassen,
bevor eine Sperrung der Strasse verfügt wird. Die Nichtbeachtung dieser
Verpflichtung mag den betreffenden Regierungen die Befugnis geben gegen
die ohne ihre Anhörung ergangene Sperrung aufzutréten. Dagegen vermag
daraus nicht auch ein Recht des einzelnen Motorwagenbesitzers

zu erwachsen dieselbe als für sich unverbindlich anzu--

fechten. Eine derartige Auslegung ginge nicht nur über den Wortlaut
der Konkurdatsbestimmung, sondern auch über den Zweck hinaus, dem das
Mitspracherecht dienen soll, nämlich zu verhindern, dass der Verkehr
von Kanton zu Kanton einseitig durch Massnahmen der einzelnen Kantone
gehemmt werde. Dazu können sich die kantonalen Interessenten durch die
ihnen nach kantonalem Recht zustehenden Behelfe hinreichend ver--

nenmen lassen. Ausserkantonale Interessenten aber wer -Interkant. Verkehr
mit Motorfahrzeugen u. Fahrrädern N° 44. 323

den richtigerweise und genügend vertreten durch ihre Regierungen. Dies
um so mehr, als das Konkordat weder die unter Art. 40 Satz 2
fallenden interkantonalen Strassen bezeichnet noch die Kennzeichen
dafür bestimmt. Die Qualifikation hat eben gegebenenfalls im Wege der
Aus-sprache von Regierung zu Regierung, eventuell durch Einleitung eines
staatsrechtlichen Verfahrens zwischen diesen Regierungen zu erfolgen. Im
vorliegenden Falle befindet sich denn auch die Angelegenheit bereits,
wie aus der Vernehmlassung des Regierungsrat-s von Schwyz sich ergibt, im
Stadium jener Aussprache, und auf diesem Wege ist der Anstand auszutragen,
nicht auf demjenigen der staatsrechtlichen Beschwerde eines einzelnen
ausserkantonalen Interessenten gegen die Gültigkeit und Verbindlichkeit
des von den Schwyzer Behörden erlassenen Verbots.

4. Die weitere Beschwerde wegen Willkür und ungleicher Behandlung aber,
zu der die Rekurrentin nach Erw. 2 legitimiert ist, erweist sich 'ohne
weiteres als unbegründet, da für den Erlass des Verbotes sachliche Gründe
angeführt worden sind, und wegen des höhern

_Grades der Gefährdung der Sicherheit durch Moto:-fahr-

zcuge ein auf diese sich beschränkendes Verkehrsverbct sich wohl
rechtfertigen lässt. Ob jenes Interesse der öffentlichen Sicherheit
allenfalls vor den höheren des interkantonalen Verkehrs zurückzutreten
hätte, ist, wie gesagt, nicht in diesem Verfahren zu prüfen, womit auch
die Frage unentschieden bleibt, ob man es hier mit einer interkantonalen
Strasse im Sinne von Art. 40 Abs. 2 des Konkordates zu tun habe, und
ob hiefür das von der Rekurrentin oder das von der Regierung von Schwyz
aufgestellte Kriterium, oder welches andere, entscheidend sei.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Beschwerde wird, soweit darauf eingetreten werden kann, abgewiesen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 47 I 319
Date : 01. Januar 1920
Published : 31. Dezember 1921
Source : Bundesgericht
Status : 47 I 319
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : 318 Staatsrecht Der angefOchtene Entscheid ist deshalb in der Meinung aufzuheben,'


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OR: 88
SchKG: 81
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