1 68 Staatsrecm.

w. PRESSFREIHEIT

ss LIBERTÉ DE LA PRESSE

26. Urteil vom 23. September 1821 i. S. Bloch gegen Burki.

Geniesst die Behandlung eines Falles von Milchfälschung in der Presse vor
der Erledigung des Strafverfahrens des Schutzes der Pressfreiheit ? Liegt
Willkür in einem Strafnrteil, das in einer Handlung zwei Vergehenstat--

bestände erblickt, die sich gegenseitig auszuschliessen scheinen ?

A. Gegen den Rekursheklagten, Landwirt und Kantonsrat Jonas Burki in
Biberist, wurde ein Verfahren wegen Milchfälschung durchgeführt auf
Grund einer Hüttenprobe vom 16. Mai, die den gesetzlichen Anforderungen
nicht entsprach, und einer Stallprobe vom 20. Mai 1920. Die polizeiliche
Strafklage heim Richter erfolgte am 28. Mai. Durch Urteil des Amtsgerichts
BucheggbergKriegstetten vom 8. September wurden Burki und seine
mitangeklagten Hausgenossenvon der Anklage auf Milchfälschung mangels
Beweises freigesprochen, wobei dem Burki eine Entschädigung von 150
Fr. zuerkannt wurde. Das Gericht stellte, entgegen der Bestreitung des
Burki, fest, dass die'vom let'ztern am Abend des 16. Mai in die Käserei
gelieferte Milch tatsächlich mit der chemisch untersuchten Milch identisch
sei, die einen Wasserzusatz von 11% aufwies ; eine vorsätzliche oder
fahrlässige Handlung des Burki, der am Abend des 16. Mai abwesend war,
sei aber nicht nachgewiesen, und auch inbezug auf die übrigen angeklagten
Personen sei der Nachweis einer Milchfälschung nicht erbracht.

Schon vor Anhebung der Strafuntersuchung war im Solothumer Tagblatt vom
27. Mai folgende Einsendung erschienen : -

"Meike. N' 26. 169

B i b e r i s t. (Einges.) Die Öffentlichkeit hat ein gewisses Interesse
daran, zu vernehmen, ob es den Tatsachen entspricht, dass das kantonale
Lebensmittel amt in der Milch aus dem landwirtschafflichen Betrieb des
Herrn Kantonsrat Jonas Burki in Biberist einen Zuschuss von Wasser
festgestellt hat. Wie verhält es sich damit ?

Nach Erlass des erwähnten Urteils erschien in derselben Zeitung eine
weitere Einsendung : Zum wasseramtlichen Milchpanscherprozess , worin
das Urteil erwähnt und bemerkt wird: Die unangenehme Tatsache, dass Milch
aus dem Betriebe des Burki gewässert gewesen sei, werde dadurch nicht
aus der Welt geschafft. Diese Tatsache muss für den Beklagten Burki,
der sich berufen glaubt, stets nur andern a am Zeug flicken zu dürfen,
eine ganz unangenehme sein. Die Beweisaufnahme hat nur nicht ergeben,
w e r der Milch Wasser zuge setzt hat, wo und wie es hineingekommen
ist. Aber Milch aus dem Landwirtschaftshetriebe des Beklagten hatte
Wasser. Also mangels Beweis musste ein Frei-V spruch erfolgen.
sodann wird die dem Burki zugesprochene Entschädigung kritisiert. Nach
dem Ergebnis der Untersuchung hätte keine solche gesprochen werden sollen.

Burki erhob wegen der beiden Einsendungen je eine Ehrverletzungsklage
gegen den Rekurrenten, Dr. Paul Bloch, Redaktor des Solothumer Tagblattes,
der die Verantwortung für die eingeklagten Einsendungen übernahm. Durch
Urteil wvom 13. Mai 1921 erklärte das Obergericht Solothurn, was die
erste Einsendung anlangt, den Rekurrenten in Anwendung u. a. der §§
130 Abs. 2 und 133 Ziff. 2 StGB als der Beschimpfung durch das Mittel
der Druckerpresse schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldbusse von
50 Fr. In der Begründung wird ausgeführt: Die Einsendung falle ihrem
Inhalte nach nicht in den Aufgabenkreis der Presse und stehe daher nicht
unter dem Schutze der Pressfreiheit. Der Einscnder

1 70 Staatsrecht.

habe offenbar keinen andern Zweck verfolgt, als dem politischen Gegner
einen Hieb zu versetzen und ihn in der Öffentlichkeit herabzuwürdigen;
denn die Publikation sei erfolgt vor Durchführung, ja vor Anhebung der
Strafuntersuchung, deren Aufgabe es gewesen sei, den objektiven Tatbestand
und die Schuldfrage festzustellen. Vor Abschluss dieses Verfahrens habe
der Einsender auch nicht in Form einer Frage behaupten dürfen, dass aus
dem Betriebe des Burki gewässerte Milch abgeliefert worden sei. Immerhin
liege nur eine unbesennene Verbreitung falscher Gerüchte vor in der
Absicht, den Burki öffentlich herabzuwürdigen. Es habe daher Verurteilung
wegen Beschimpfung gemäss §§ 130 Abs. 2 und 133 Ziff. 2 StGB zu erfolgen.

Durch ein weiteres Urteil des Obergerichts vom selben

Tage wurde der Rekurrent inbezug auf die zweite Ein-_

sendung freigesprochen mit der Begründung : Die in der Einsendung
enthaltene Kritik überschreite die Grenzen des Erlaubten nicht
und sei auch nicht geeignet, die sittliche Qualität des Burki
herabzuwürdigen. Dieser werde nicht eines unehrenhaiten Verhaltens
hezichtigt, sondern es werde nur von ihm behauptet, dass er sich
berufen glaube, stets den andern am Zeug zu flicken ; es werde also
sein öffentliches Auftreten kritisiert, was sich eine Person, die eine
politische Rolle spiele. wie Burki, gefallen lassen müsse.

B. Gegen das erstere Urteii hat Bloch den staatsrechtlichen Rekurs
an das Bundesgericht ergriffen mit dem Antrag auf Aufhebung. Es wird
ausgeführt: Es bestehe ein Widerspruch zwischen den beiden Urteilen des
Obergerichts. Auch die zweite Einsendung berühre den landwirtschaftlichen
Betrieb des Rekursheklagten. Wenn darin nichts Unerlaubtes gefunden
werde und gefunden werden könne, so könne auch in der ersten Einsendung,
die in Form und Inhalt weniger weit gehe, nichts Unerlaubtes liegen. Es
sei darin gar kein Vorwurf enthalten; die Einsendung wolle nur eine
Aufklärung veran-Precari eikon. N° 26. 171

lassen, wie es sich mit der fraglichen Milchprobe verhalte Der Charakter
des Rekursbeklagten werde keiner Kritik unterzogen im Gegensatz
zur zweiten Einsendung. In der verschiedenen Behandlung der beiden
Strafsachen liege eine offensichtliche Ungleichheit, die als Willkür
erscheine; dies um so mehr, da das Obergericht nach den §§ 130 Abs. 2
und 133 Ziff. 2 StGB verurteile. Nach der erstem Bestimmung könne der
Beschimpfung schuldig erklärt werden, wer eine w a h r e Tatsache in der
Absicht verbreite, dem Angegriffenen Schaden zuzufügen oder ihn dem Spott
oder der Missachtung auszusetzen. Diese Tendenz habe das Obergericht der
Einsendung nicht beigelegt. Es nehme ausdrücklich nur die unbesonnene
Verbreitung falscher Gerüchte an in der Absicht, den Rekursbeklagten in
der öffentlichen Meinung herabznwürdigen, d. fr. den Tatbestand von §
133 Ziff. 2: widerrechtlicher Angriff ohne Behauptung ehrverletzender
Tatsachen durch Wort, Schrift usw. Mit der Anwendung

beider Bestimmungen setze sich das Obergericht in einen

unlösbaren Widerspruch. Man könne gewiss nicht durch ein und-dieselbe
Äusserung wegen der Behauptung einer w a h r e n Tatsache und wegen eines
widerrechtlichen Angriffes auf die Ehre einer Person ohne Behauptung
solcher ehrverletzenden Tatsachen verurteilt werden. Ebensowenig sei es
möglich. von einem unbesonnenen Verbreiten falscher Gerüchte zu sprechen,
wenn die inkriminierte Behauptung wahr sei und vom Gerichte als richtig
angenommen werde. Die angewandten Gesetzesbestimmungen widersprechen
sich derart offensichtlich. dass die Schlussfolgerung einer willkürlichen
Beurteilung gegeben sei. Das angefochtene Urteil verletze aber namentlich
den Art. 55
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 55 Mitwirkung der Kantone an aussenpolitischen Entscheiden - 1 Die Kantone wirken an der Vorbereitung aussenpolitischer Entscheide mit, die ihre Zuständigkeiten oder ihre wesentlichen Interessen betreffen.
1    Die Kantone wirken an der Vorbereitung aussenpolitischer Entscheide mit, die ihre Zuständigkeiten oder ihre wesentlichen Interessen betreffen.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend und holt ihre Stellungnahmen ein.
3    Den Stellungnahmen der Kantone kommt besonderes Gewicht zu, wenn sie in ihren Zuständigkeiten betroffen sind. In diesen Fällen wirken die Kantone in geeigneter Weise an internationalen Verhandlungen mit.
BV. Zur Zeit der Veröffentlichung sei die Milchpanscherei
bereits durch den kantonalen Lebensmittelchemiker festgestellt gewesen;
daher könne der Rekurrent für sich den guten Glauben in Anspruch nehmen.
Eine Milchpanscherei sei aber auch wichtig genug, um allgemeines Interesse
in einem gewissen Umkreis zu

172 Shaul-echt.

erwecken ; denn die Öffentlichkeit habe ein Interesse daran, dass nur
gute Milch zur Verteilung komme und dass Verfälschungen aufgedeckt und
abgestellt würden. Hiezu gebe es kein besseres Mittel als allgemeine
Aufklärung durch die Presse, die unabhängig von gerichtlichen Massnahmen
einschreiten dürfe. Es sei nicht richtig und nicht erwiesen, dass
der Artikel nach Form und Inhalt rein politische Zwecke verfolge. Die
blosse Tatsache, dass der Artikel in einem freisinnigen Blatte erschien,
genüge in dieser Hinsicht nicht. Dem Artikel fehle jede Animosität gegen
den Rekursbeklagten.

C. Der Rckursbeklagte Burki hat die Abweisung des _Rekurses beantragt. _

Das Obergericht von Solothurn hat sich auf die Bemerkung beschränkt, dass
der Rekurrent nicht nach g 133 Ziff. 2, sondern Ziff. 1 beurteilt worden
sei. In der Urteilsausfertigung. stehe irrtümlicherweise Ziffer 2 statt
1. Auf diesen Schreibfehler sei der Vertreter des Rekur-renten aufmerksam
gemacht worden, unter Vorweisung des Originals, das ihn nicht enthalte-

Das Bundesgericht'siehf in Erwägung :

_ l.Die Beschwerde wegen'Verletzung der Pressfreiheit ist schon deshalb
unbegründet, weil die Einsendung, auf weiche sich die Verurteilung des
Rekurrenten bezieht, überhaupt nicht in den Schntzkreis des Art. 55
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 55 Mitwirkung der Kantone an aussenpolitischen Entscheiden - 1 Die Kantone wirken an der Vorbereitung aussenpolitischer Entscheide mit, die ihre Zuständigkeiten oder ihre wesentlichen Interessen betreffen.
1    Die Kantone wirken an der Vorbereitung aussenpolitischer Entscheide mit, die ihre Zuständigkeiten oder ihre wesentlichen Interessen betreffen.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend und holt ihre Stellungnahmen ein.
3    Den Stellungnahmen der Kantone kommt besonderes Gewicht zu, wenn sie in ihren Zuständigkeiten betroffen sind. In diesen Fällen wirken die Kantone in geeigneter Weise an internationalen Verhandlungen mit.

BV fällt. Zwar kann es unter Umständen zu den Aufgaben der Presse
gehören, über vorgekommene Lebensmittelund speziell Milchfälschnngen
zu berichten, da die Öffentlichkeit in der Tat ein Interesse daran hat,
dass insbesondere nur unverfälschte Milch in den Handel gelange. Allein es
besteht keinerlei allgemeines Interesse daran,-dass die Presse einen Fall
von Milchfälschuug, inbezug auf welche das polizeiliche und gerichtliche
Verfahren in normaler Weise eingeleitet und durchgeführt wird, schon vor
Erledigung oder gar Einleitung des gerichtlichen Verfahrens zur Sprache
bringe, wie es hier geschehen ist. Die Fest-Pressfreiheit. N° 26. 173

stellung des objektiven und subjektiven Tatbestandes einer solchen
Übertretung ist Sache der Behörden. Die Presse mag es rügenwenn die
Behörden in der Erfüllung dieser Pflicht etwa iässig sein sollten. Dafür
aber, dass die Presse, solange der Tatbestand nicht durch Urteil oder
in ähnlicher Weise verbindlich abgeklärt ist, einen Fall erörtere, und
sei es auch nur in Form einer Frage, ob wirklich eine " Milchfäischung
zu Lasten einer bestimmten Person festgestellt sei, besteht keinerlei
Bedürfnis. Eine derartige dem Abschluss des Strafverfahrens vorgreifende
Behandlung der Sache in der Presse kann keinen Nutzen, sondern nur
Schaden stiften. Das Strafverfahren wird dadurch nicht gefördert,
höchstens gestört ; namentlich aber werden Privatpersonen, deren Schuld
noch nicht feststeht und möglicherweise auch gar nicht dargetan werden
kann, in gänzlich unnötiger Weise blossgestellt. Im vorliegenden Falle
wurde das Verfahren wegen Milchfälschung gegen den Rekursbeklagten mit
aller Beförderung durchgeführt. Der Verfasser der Einsendungl hatte
keinerlei Veranlassung, anzunehmen, dass dem nicht so sei. In diesem
Verfahren war festzustellen, ob aus dem Betriebe des Rekursbeklagten
kommende Milch ver-wässert worden sei und ob der Rekursbeklagte oder eine
andere Person sich der Milchfälschung-schuldig gemacht, Habe. Es hatte
keinen durch den Aufgabenkreis der Presse gedeckten Zweck, dass diese,
statt das Ergebnis des'Verfahrens abzuwarten, zu einer Zeit, da das
polizeiliche Verfahren noch schwebte und das gerichtliche chen eröffnet
werden sollte, öffentlich Aufklärung darüber verlangte, ob Milch aus
dem Betriebe des Rekursbeklagten verwässert gewesen sei, wodurch doch
immerhin ein gewisser Make! auf den Rekursheklagten geworfen wurde. Die
Öffentlichkeit hatte höchstens ein Interesse daran, über das Ergebnis des
Strafverfahrens, nicht aber über streitige und noch gar nicht verbindlich
festgestellte Verhältnisse, die den Gegenstand des Verfahrens bildeten,
unterrichtet zu werden. Die unnötige Ein-

174 ss amm-cm.

mischung der Presse in das schwebende Verfahren konnte, wie das
Obergericht mit Recht bemerkt, kein anderes Ziel verfolgen, als
dem Rekursbeklagten persönlich einen Hieb zu versetzen, wobei wohl
dessen politische Stellung und Tätigkeit eine Rolle gespielt hatten.
Dieses Motiv ist aber .nicht geeignet, die Einsendung als ein vor Art. 55
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 55 Mitwirkung der Kantone an aussenpolitischen Entscheiden - 1 Die Kantone wirken an der Vorbereitung aussenpolitischer Entscheide mit, die ihre Zuständigkeiten oder ihre wesentlichen Interessen betreffen.
1    Die Kantone wirken an der Vorbereitung aussenpolitischer Entscheide mit, die ihre Zuständigkeiten oder ihre wesentlichen Interessen betreffen.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend und holt ihre Stellungnahmen ein.
3    Den Stellungnahmen der Kantone kommt besonderes Gewicht zu, wenn sie in ihren Zuständigkeiten betroffen sind. In diesen Fällen wirken die Kantone in geeigneter Weise an internationalen Verhandlungen mit.

BV schntzwürdiges Presserzeugnis erscheinen zu lassen (vgl. über die
Bedeutung der Pressfreiheit unter Berücksichtigung der spezifischen
Aufgaben der Presse BGE 37 I 375 ff.).

2. Der Rekurrent ist verurteilt werden wegen Beschimpfung in Anwendung
von § 130 Abs. 2 kant. StGB 'Veröffentlichung einer wahren, der Ehre
des Betrefienden nachteiligen Tatsache zum Zwecke, dem Angegriffenen
Schaden zuzufügen oder ihn dem Spotte und der Verachtung auszusetzen und
§ 133 Ziff. 1 unbesonnenes Verbreiten falscher Gerüchte in der Absicht,
zu beleidigen . Dass das Gericht die letztere Bestimmung im Auge hatte,
und nicht die in der Urteilsausfertigung irrtümlicherweise statt dessen
zitierte Ziff. 2 von § 133 widerrechtlieher Angriff durch Wort usw. ohne
Behauptung ehrenrühriger Tatsachen ergibt sich klar aus der Begründung und
wird in der Antwort des Obergerichts bestätigt. Auch so scheint aber ein
gewisser Widerspruch darin zu liegen, dass in der Einsendung zu-gleich
die Veröffentlichung einer wahren Tatsache und die Verbreitung eines
falschen Gerüchtes gefunden wird. Doch kann der Widerspruch wohl dahin
gelöst werden, dass das Gericht, auch Wenn es in der Begründung nicht
ausdrücklich gesagt ist, die in Form einer Frage erwähnte Tatsache,
dass in der Milch aus dem Betriebe des Rekursbeklagten Wasser gefunden
wurde, eventuell auch als eine wahre Tatsache würdigen will, wie denn
ja in dem Urteil betreffend Milchfälschung festgestellt wurde, dass
Milch des Rekursbekiagten wirklich einen Wasserzusatz aufwies. In der
gleichzeitigen Anführung jener beiden Gesetzesbestimmungen ist daher
keine Willkür zu er--

Preufnihelt. N' 26. 175

hlicken. Im übrigen wäre die Verurteilung des Rekurrenten nur
dann willkürlich, wenn sie sowohl aus § 130 Abs. 2, als auch aus §
133 Ziff. 1 schlechthin und auf den ersten Blick gänzlich unhaltbar
wäre. Das kann aber nicht gesagt werden. Wenn schon die Einsendung nur
die Form einer Frage hat, so mag man darin schliesslich doch auch eine
gewisse Behauptung, dass Milch aus dem Betriebe des Rekursbeklagten
gewässer. worden sei, erblicken. Die Tatsache kann insofern wenigstens
einigermassen als ehrenrührige angesehen werden, als der Gedanke an
die Täterschaft des Rekursbeklagten sich dem Leser ohne weiteres und
unwillkürlich aufdrängt. Mit Rücksicht auf diese durch die Einsendung
hervorgerufene Vorstellung, die dann durch das Strafverfahren nicht
bestätigt werden ist, kann wohl auch von der Verbreitung eines
falschen Gerüchtes gesprochen werden. Und das Gericht stellt sodann
einwandfrei fest, dass der Einsender keinen andern Zweck hatte, als
den Rekursbeklagten in der Öffentlichkeit herabzusetzen. So konnte,
jedenfalls ohne Willkür, wenn vielleicht auch nicht in schlechthin
überzeugender Weise, der Tatbestand von g 130 Abs. 2, even-

_ tuell 133 Ziff. 1 bejaht werden. Ist das angefochtene Urteil

aber. materiell nicht willkürlich, so kann es auch nicht etwa deshalb
aufgehoben werden, weil es mit dem andern, die zweite Einsendung
betreffenden Urteil des Obergerichts vom gleichen Tage in Widerspruch
stehen würde. Ein solcher Widerspruch braucht auch gar nicht angenommen
zu werden. Die Tatbestände waren in den beiden Fällen verschieden. Die
zweite Einsendung unterscheidet sich nach Inhalt und Umständen
von der ersten. Sie wurde veröffentlicht, als das Urteil in der
Milchfälschungssache bereits verlag ; sie erwähnt die Feststellung des
Urteils, dass zwar Milch aus dem Betriebe des Rekursbeklagten mit Wasser
vermischt war, dass aber eine Milchfäischung seitens der angeklagten
Personen nicht bewiesen werden konnte; und daran wird eine kritische
Bemerkung über das öffentliche Auftreten des Rekurs-

176 Sta tsrecht. .

beklagten und über das Urteil hinsichtlich der dem Rekursbeklagten
zugesprochenen Entschädigung geknüpft. Wenn auch die zweite Einsendung
auf ähnliche persönliche Motive zurückgehen diirfte, wie. die erste, so
ist hier doch im Gegensatz zu dieser keine Tatsache publiziert worden,
die nach den Verhältnissen alsfür den Rekursbekiagten als ehrenrührig
angesehen werden konnte oder musste, da ja dessen inzwischen erfolgte
Freisprechung von der Anklage der Milchfälschung angegeben wurde und unter
diesen Umständen die Tatsaelte allein, dass Milch aus dem Betriebe des
Reknrsbeklagten ohne dessen Zutnn Wasser enthielt, nicht als ehrenrührig
erschien.

Demnach erkennt das Bundesgericht : Der Rekurs wird abgewiesen.

V. GERICHTSSTAND

FOR

27. Arr da 7 1111151921 dans la cause Mende contre Wooiley.

For de l'action en domma'ges-intérètensnite de séquestre
(art. 189a1.30JF). L'art. 278 al. 2 LP ne met pas obstacle à ce que le
déhiteur. actionné en reeonnaissance de dette par le créancier séquessi

' trant, ne prenne contre lui des conclusions en indemnité par voie
reconventionnelie devant le Juge s_aisi de la demande principale.

A. Le Dr Mende, à Zurich, a donné ses soins,à dame Woolley, en 1915 et
1916. Des difficultés surgirent

entre parties an sujet du réglement des honoraires du premier. Celui ci
requit et obtint le 25 novembre 1918Gerichtsstand. N° 27. 177

du juge zurichois une ordonnance de séquestre contre sa cliente, pour
une prétention de 16 895 fr. Ce séquestre fut execute *le 26 novembre
1918 à Zurich et porta sur 16 bijoux divers, taxes 11 900 fr.

Dame Woolley, qui était domiciliée dans le canton de Vaud, ouvrit
action en contestation du cas de séquestre et obünt gain de' cause
par un jage-Heut du Président du Tribunal de Zurich, du 5 juin 1919,
declarant le séquestre mal fondé et en ordonnant "la mainlevée.

Par citation en conciliation du 28 novembre 1919, dgnnee sous le seeau
du Juge de Paix 'n Cercle de Montreux, et suivie du dépöt d'une demande
devant la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois, le Dr Mende reelarna
en justice à dame Wooliey, 1° 16 895 fr. avec intéréts au 5 % des le 1°'
novembre 1917, à titre d'honoraires et prix de pension, et 2° 15 000
fr. avec intéréts au 5 % des le 28 novembre 1919 pour indemnité. Selon
réponse du 27 mai 1920, la dekenderesse conclut à libération des fins
de la demandegsiet, reconventionneilement, à ce que le Dr Mende solt
sieondamné à lui payer la somme de 10 000 fr. avec intéréts au 5 %
des le 18 décembre 1919, à titre de dommages intérets.

A l'audience préliminaire du President de la Cour civile, du 27
septembre {1920, le demandeur invita la défenderesse à préciser, d
unef'part le chiffre des dommages intéréts qu 'elle eeelartiait pour
séquestre injnstifié, et de l'autre le eliiikre de ceux auxquels elle
pré-tendait pour les auties etes illicites (diffamation, vioiation du
secret professionneL etc. ) allégués en réponse. La defenderfflse dicta
an; procés-verbal qu 'elle n'était pas en mesure de donner ces précisiens,
la quotité des indemnités devant; Îdépendre des resultats de l'instruction
du preces. Efie se boma à deelarer que, sous réserve des modifiejatiojis
que cette instruction pourrait apporter, elle estimaijkxe 6000 fr. pour le
meins le dommage materie] et moral resultatit du séquestre, et à un mon--

AS 47 1 1921 li
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 47 I 168
Datum : 13. Mai 1921
Publiziert : 31. Dezember 1921
Quelle : Bundesgericht
Status : 47 I 168
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 1 68 Staatsrecm. w. PRESSFREIHEIT ss LIBERTÉ DE LA PRESSE 26. Urteil vom 23. September


Gesetzesregister
BV: 55
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 55 Mitwirkung der Kantone an aussenpolitischen Entscheiden - 1 Die Kantone wirken an der Vorbereitung aussenpolitischer Entscheide mit, die ihre Zuständigkeiten oder ihre wesentlichen Interessen betreffen.
1    Die Kantone wirken an der Vorbereitung aussenpolitischer Entscheide mit, die ihre Zuständigkeiten oder ihre wesentlichen Interessen betreffen.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend und holt ihre Stellungnahmen ein.
3    Den Stellungnahmen der Kantone kommt besonderes Gewicht zu, wenn sie in ihren Zuständigkeiten betroffen sind. In diesen Fällen wirken die Kantone in geeigneter Weise an internationalen Verhandlungen mit.
BGE Register
37-I-368
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
milch • presse • wasser • beschimpfung • verurteilung • frage • 1919 • schaden • form und inhalt • verurteilter • bundesgericht • beklagter • ehre • strafuntersuchung • beschuldigter • anklage • weiler • richtigkeit • verhalten • zeuge
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