2 1 l) Scania-cent.

rischen Verfahren ergangenen Verfügungen die ,verfügende Behörde sich als
berechtigt betrachten darf, für die Beachtung ihrer Verfügungen s el b s t
durch die Androhung von Strafe bei Ungehorsam zu sorgen, ohne dass hiezu
der Umweg über einen regierungsrätlichen Exekutionshefehl nötig wäre,
so kann er doch unter diesen Umständen unmöglich als die gesetzliche
Grundlage betrachtet werden, deren es bedürfte, um die Renitenz gegen die
Verfügung ohne solche spezielle Androhung als strafbare Widersetzlichkeit
zu erklären, wie denn auch das Kantonsgericht sich auf denselben gar nicht
beruft, sondern sein Urteil noch in der Beschwerdeantwort ausschliesslich
mit der unhaltbaren Erwägung stützt, dass es irgend einer Strafandrohung
durch Gesetz Oder die Verfügung selbst überhaupt nicht hedürfe.

In dem Urteil des Bundesgerichts in Sachen Wyrsch und Konsorten vom
15. September 1904 war Gegenstand der Entscheidung einzig die Frage,
ob der Dienstpflichtige, der einem speziellen polizeilichen Verbote auf
Weisung seines Dienstherrn zuwidergehandelt hat, sich durch letztere als
gedeckt betrachten dürfe, bezw. unter solchen Umständen seine Bestrafung
auf Grund von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV anfechten könne, was verneint wurde. Dasselbe

steht also mit der vorstehend vertretenen Auffassung

in keiner Weise in Widerspruch.

Für die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind massgebend Art. 221
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.

Äbs. 1, 3 und 4 OG, wonach dem Begehren der Rekurrenten um Zuerkennung
einer Prozessentschädigung nicht entsprochen werden kann.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

Die Beschwerde wird gutgeheissen und das angefochtene Urteil des
Kantonsgerichts Nidwalden vom 25. Februar 1920 aufgehoben.

)

Vgl. auch Nr. '28. Voir aussi n° 28.Handelsund Gewerbefreiheit. N° 29. 211

II. HANDELSUND GEWERBEFREIHEITLIBERTÉ DU COMMERCE ET DE L'lNDUSTRIE

28. Urteil vom 16. Juli 1920 i. S. Pfister gegen Polizeigericht des
Kantons Glarus. Patentzwang für Ausverkäufe. Ausdehnung durch den Straf-

richter auf Bekanntmachungen ausserkantonaler Ausverkänfe im
Kanton. Willkür und Verletzung des Grundsatzes

Nulla pocna si'ne lege.

A. Das Gesetz betreffend Händelspolizei des Kantons Glarus vom 12. Mai
1912 bestimmt in § 16, dass, wer einen Ausverkauf veranstalten
Will , bei der Polizeidirektion ein daheriges schriftliches Gesuch
einreichen muss. Nach § 17 ist für einen Ausverkauf in der Regel ein
Patent, ausnahmsweise nach dem Tode eines Geschäftsinhabers -eine blosse
Bewilligung erforderlich. Ausverkaufspublikationen aller Art dürfen nach
§ 18 erst erfolgen, nachdem der betreffende Geschäftsinhaber das Patent
für den Ausverkauf gelöst resp. die daherige Bewilligung eingeholt hat.
ln § 20 wird bestimmt : Die Veranstaltung eines im Sinne dieses
Gesetzes patentpflichtigen Warenausverkaufes kann nur einem solchen
Geschäftsinhaber gestattet werden, der Während mindestens zwei Jahren
in einer Gemeinde des Kantons niedergelassen war und daselbst während
dieser Zeit mit den auszuverkaufenden Warengattungen gewerbsmässig Handel
getrieben hat. § 24 schreibt vor : Bei Übertretungen der Bestimmungen
dieses Gesetzes betreffend Ausverkäufe beträgt die Busse 20 Fr. bis
500 Fr. -

Die Rekurrentin, die in Basel eine Möbelhandlung betreibt, machte am
17. Februar 1920 in den in Glarus

212 Staatsrecht

erscheinenden Glarner Nachrichten durch Inserat bekannt, dass sie
in ihren Geschäftsräumen in Basel einen Riesenräumungsverkauf zu
unglaublich billigen Preisen. veranstalte. Sie wurde infolgedessen vom
Polizelgericht des Kantons Glarus am 30. April 1920 der Übertretung des
§ 18 des glarnerischen Handelspolizeigesetze-s schnldig erklärt und zu
einer Busse von 60 Fr. verurteilt. Aus der Urteilsbegründung ist folgendes
hervorzuheben : Allerdings sind die glarnerischen Behörden dafür nicht
zuständig, einen auswärtigen Ausverkauf selber zu bewilligen. Dagegen
ist auch für solche Ausverkäufe nach dem klaren Wortlaute des § 18
erforderlich, dass für deren Publikation in den glarnerischen Zeitungen
eine tormhche Bewilligung vorerst eingeholt werde; ma W

die Ofür die Durchführung eines Ausverkaufes auf dem Gebiete des
Kantons Glarus erforderliche amtliche Bewilligung reduziert sich bei
solchen Ausverkäufen welche ausserhalb des Kantons durchgeführt, in den
,glarnerischen Zeitungen aber bekannt gemacht werden sollen

zu einer amtlichen Bewilligung dieser Publikation, soll Jeder auswärtigen
Schmutzkonkurrenz wirksam vorgebeugt werden können.

B. -' Gegen dieses Urteil hat Witwe Pfister am 23. Juni 1920 die
staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht ergriffen mit dem Antrag
auf Aufhebung.

Sue macht geltend : Die Auslegung, die das Polizeigericht dem
Handelspolizeigesetz gebe, sei willkürlich. Dieses enthalte keine
Bestimmungen über auswärtige Geschäftsbetriebe und sehe eine Bewilligung
überhaupt nur für die Ausverkäufe selbst, nicht für blosse Publi-kationen
vor. § 18 beziehe sich ausschliesslich auf Ausverkäufe, die im Kanton dem
Patentzwang runterliegen. Bedürfte die Bekanntmachung als solche'einer
Bewilligung, so müsste ein Kaufmann, der einen Ausverkauf veranstalten
wolle, in einer ganzen Reihe von Kantonen Abgaben entrichten und der freie
Handel wurde dem Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV zuwider übermässig eingeschränkt.Handelsund
Gewerbetreiheit. N° 28. 213

Das Polizeigericht habe eine Handlung, deren Strafbarkeit nirgends
vorgesehen sei, unter Strafe gestellt. f" Das Polizeigericht beantragt
Abweisung der

u.

Beschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

i. Da es sich um ein Strafurteil des Polizeigeriehtes über eine
Polizeiübertretung handelt, das nach den gg 7 und 8 der kantonalen
Strafprozessordnung endgültig und inappellabel ist, so hat der Rekurrent
den kantonalen lnstancenzng erschöpft.

2. Nach den gg 16 ff. des glarnerischen HPolG unterliegen ngr im Kanton
veranstaltete Ausverkäuie dem Bewilligungsoder Patentzwang. Das ergibt
sich ohne weiteres aus der territorial beschränkten Hoheit des Kantons
und sodann auch aus den Bestimmungen des Gesetzes, wonach es sich
um eine Aufsicht und Kontrolle über im Kanton erfolgendc gewerbliche
Veranstaltungen handelt, insbesonderc aus § 20. Nach der Anffassung des
Polizeigerichtes war denn auch die Bis-kurrentin nicht patentpflichtig
für den in Basel veranstalteten Möbelausverkauf, sondern auSschliesslich
für dessen Bekanntmachung in einer glarnerischen Zeitung. Allein nach
dem HPolG unterliegt die Ausverkaulspublikation an und für sich keiner
solchen Beschränkung. Die einzige Vorschrift,' die sich gegen sie
speziell richtet, nämlich § 18, bezieht sich nur auf Bekanntmachungen
für im Kanton veranstaltete Ausverkäufe, indem sie vorschreibt, dass
solche Publikationen erst erfolgen dürfen, nachdem der Ausverkauf selbst
bewilligt worden ist. Gälte sie auch für ausserkantonale Verkäufe und
deren Ankündigung im Kanton, so hätte sie insoweit den Sinn, dass diese
Bekantmachung erst stattfinden könne, nachdem der Ausverkauf im andern
Kanton

amtlich bewilligt worden sei. Das ist aber ganz unmöglich. Vielleicht
sind im andern Kanton Ausverkäufe gar nicht oder in ganz anderer Weise
beschränkt, so dass, was im

214 Staatsrecht.

Kanton Glarus als bewilligungspflichtiger Ausverkauf erscheint, es im
andern nicht ist, und sodann Wäre es auch sonst kaum verständlich, dass
ein kantonales Polizeigesetz die Zulässigkeit gewisser Handlungen an
eine ausserkantonale Polizeierlaubnis, einen vom kantonalen Standpunkt
aus gleichgültigen Verwaltungsakt, anknüpfte. Das Polizeigericht gibt
denn auch dem § 18 l. c. nicht diesen Sinn. Es untersucht nicht,
ob der Ausverkauf in Basel bewilligt war. Nach seiner Auffassung
verwandelt sich vielmehr die für Ausverkäufe im Kanton aufgestellte
Bewilligungspflieht in Beziehung auf ausserkantonale Ausverkäufe einfach
in einen Bewilligungszwang für deren Publikation im Kanton. Damit hat
aber das Polizeigericht den Boden des Gesetzes völlig verlassen. § 18
beruht auf der Erwägung, dass ein Ausverkauf einer Bekanntmachung bedarf,
die die erforderliche stärkere Nachfrage herbeiführt und bestimmt und
daher einen Rückschluss auf die Art und die Ausdehnung des Verkaufs
ziehen lässt. Um zu verhindern, dass jemand ohne weiteres auf Grund
einer Bekanntmachung einen Warenabsatz durchführe, der, wenn er auch
nicht als Ausverkauf bezeichnet wird, doch nach der Publikation als
solcher erscheint, oder dass jemand, dem die verlangte Bewilligung nicht
erteilt wird, sich trotzdem durch eine Ausverkaufsankündigung wenigstens
den Vorteil eine1 aussergewöhnlichen Nachfrage für sein Geschäft Sichem
und aufdiese Weise allzu leicht die Bestimmungen über die Unzulässigkeit
nicht bewilligter Ausverkäufe umgehen könne, wird den Behörden das Recht
erteilt, gegenüber Ankündigungen von Ausverkäufen einzuschreiten. für die
eine Bewilligung nicht verlangt oder noch nicht erteilt worden ist. Aus
§ 18 I. c. ergibt sich also keineswegs, dass auch die Bekanntmachung
als solche, losgelöst vom Verkauf, den sie ankündigt, Gegenstand der
Bewilligungsund Patentpflicht sei; sondern die Bestimmung untersagt
gewisse Publikationen nur zu dem Zweck, den damit leicht verbundenen
verbotenen Aus-Handelsund Gewerbefreiheit. N° 28. 215

verkauf im Kanton zu treffen. Wo es sich nicht um die Erreichung dieses
Zweckes handelt, findet das Verbot keine Anwendung. Daraus, dass das
Gesetz ausserkantonale Ausverkäufe selbst weder beschränken will noch
kann, muss notwendig geschlossen werden, dass auch deren Bekanntmachung
im Kanton durch § 18 HPolG nicht an eine Bewilligung geknüpft wird. Eine
derartige Beschränkung hätte im Gesetz besonders vorgesehen und nach
Voraussetzungen und Wirkungen geordnet werden müssen. Man kann nicht
einfach die Bestimmungen über den Bewilligungszwang für Ausverkäufe
auf blosse Ankündigungen ausserkantonaler gewerblicher Veranstaltungen
übertragen, ohne zu unmöglichen Konsequenzen zu gelangen. Wäre z. B. §
20 in dieser Weise anzuwenden, so könnte für solche Publikationen eine
Bewilligung überhaupt nicht erteilt werden.

Die Auffassung des Polizeigeriehtes geht über eine Auslegung des
Gesetzes hinaus; es stellt eine Beschränkung auf, die sich daraus
schlechterdings nicht herleiten lässt, und macht sich damit der Willkür
schuldig. Man hat es mit einer Art Lückenausfüllung zu tun, die darauf
gestützt wird, dass Zweck des Gesetzesauch die Fernhaltung auswärtiger
Schmutzkonkurrenz sei. Allein im Verwaltungsrecht, speziell da,
.wo l es sich um Beschränkungen der individuellen Betätigung durch
die staatliche Verwaltung handelt, die ja im Rechtsstaat MÆetzlieher
Grundlage zulässig sind, ist) eine ähnliche Lückenausfü ung, wie sie
im Zivilrecht vorzukommen pflegt, unzulässig. Der Zivilrichter muss
entscheiden, und wenn er im Gesetz oder im Gewohnheitsrecht keine auf
die ihm vorgelegte Streitsaehe anwendbare Vorschrift findet, selber eine
solche schaffen (Art. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 1 - 1 Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
1    Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
2    Kann dem Gesetz keine Vorschrift entnommen werden, so soll das Gericht4 nach Gewohnheitsrecht und, wo auch ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde.
3    Es folgt dabei bewährter Lehre und Überlieferung.
ZGB). Anders die Verwaltung in einem Falle wie
dem vorliegenden: Enthält das Verwaltungsrecht keine Beschränkung der
individuellen Betätigung, so besteht eben Freiheit. Da es sich hier um
die Beurteilung eines staatlichen Strafanspruches durch den Strafrichter

2115 Staatsrecht.

handelt, und dieser durch analoge Gesetzesanwendung einen Tatbestand
unter eine Strafbestimmung gestellt hat, der auch bei weitester Auslegung
nicht darunter gebracht werden kann, so ist zudem der Grundsatz: Naila
poena sind lege verletzt (vergl. Art. 5 KV).

3. Ob eine gesetzliche Bestimmung, wonach die Bekanntmachung
ausserkantonaler Ausverkäufe in kantonalen Zeitungen einer Bewilligung
unterliegt, mit dem Grundsatz der Handelsund Gewerbefreiheit im
Widerspruch stehe, braucht unter diesen Umständen nicht untersucht
zu werden.

Deninach erkennt das Bundesgericht :

Der Rekurs wird gutgeheissen und das Urteil des Polizeigerichtes des
Kantons Glarus vom 30. April 1920 aufgehoben.

29. Urteil vom 1. Oktober 1920 i. S. Schuler gegen Graubünden. Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.

BV. Der Verkauf deutscher Bücher auf Grund einer Bekanntmachung der
durch die W'ährungsverhältnisse herbei--

geführten Preisvermihderung kann nicht als patentpflichtiger Ausverkauf
betrachtet werden.

A. Als letztes J ahr die Bücher aus deutschem Verlag wegen der
Währungsverhältnisse in Schweizerfranken billig zu stehen kamen und
nachdem der schweizerische Buchhändlerverband beschlossen hatte, dass ein
Teil der Differenz den Abnehmern zukommen solle, versah der Buchhändler
Schuler in Chur die deutschen Bücher, die er im Schaufenster auslegte,
mit der Aufschrift : statt Fr. nur Fr. Er wurde deshalb im Februar 1920
wegen Verletzung des Hausiergæetzes verzeigt, da das Publikum glauben
müsse, es handle sich um besonders günstige Gelegenheitskäufe, und da
infolgedessen dieseHandelsund Gewerbefreihcit. N° 29. 217

Offerten als patentpflichtige Ausverkäufe zu qualifizieren seien. Schuler
machte in seiner Vernehmlassung darauf aufmerksam, dass es sich dabei nur
um die in Anzeigen, Katalogen usw. bekannt gegebene Kursvergütung handle ;
er erbot sich, der Aufschrift beizufügen abzüglich oder mit Kursvergütung
. Mit Erkenntnis vom 3'. Mai verfällte der Kleine Rat des Kantons
Graubünden den Schuler in eine Busse von 10 Franken und verpflichtete ihn
ferner, die umgangene Patentgebühr mit 45 Fr. nachzuzahlen, die auf 1/3
reduziert werden könne, wenn die Ankündigung in dieser Form nicht weiter
erfolge. Schuler stellte ein Wiedererwägungsgesuch, in dem er ausführte,
es handle sich weder um einen Ausverkauf, noch um eine willkürliche
Preisermässigung, sondern um die durch den Stand der Valuta bedingte
Kursvergijtung auf Bücher deutschen Ursprungs. Jeder Bücherkäufer wisse,
dass eine solche Vergütung gewährt werde, er habe deshalb ein Interesse
daran zu wissen, wie hoch sich dieselbe belaufe. Die Gegenüberstellung
der Preise sei denn auch in der ganzen Schweiz üblich. Die Bruttound
Nettopreise. seien in den Bücherofferten und Inseraten veröffentlicht,
das gleiche zu tun könne dem einheimischen Buchhandel nicht untersagt
sein. Seit der Anzeige habe er den Aufschriften den Vermerk beigefügt
abzüglich Kursvergütung . Der Kleine Rat wies 'mit Beschluss vom
12. Juni 1920 das Wiederenvägungsgesuch ab mit der Begründung: Das
Marktund Hausiergesetz bezweckt die Einschränkung des Wettbewerbes im
Handelsverkehr, soweit er für die allgemeinen Berufsintercssen zum Schaden
gereicht. Die Ausverkäufe sind deswegen durch Auferlegung einer Patenttaxe
erschwert, weil diese durch die billigeren Preise das kauflustige Publikum
zum Schaden anderer Konkurrenzgeschäfte anlocken sollen. Unter diesen
Begriff sind durch die Praxis auch andere Fälle subsumiert worden,
bei denen im Handelsverkehr infolge Ankündigung billigere-r Preise der Er-
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 46 I 211
Date : 25. Februar 1920
Published : 31. Dezember 1920
Source : Bundesgericht
Status : 46 I 211
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : 2 1 l) Scania-cent. rischen Verfahren ergangenen Verfügungen die ,verfügende Behörde


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