174 Strafrecht.

für den Fall der Unmöglichkeit der Verwirklichung jener erlaubten
Absicht auch dieser andere verbotene Erfolg · ins Auge gefasst und in
den Kauf genommen wurde. Das Vorliegen eines solchen dolas eventualis
genügt aber nach feststehender Praxis des Kassationshofs zur Bestrafung.
Wenn die Vorinstanz an einer Stelie ihrer Erwägungen (im Zusammenhange
mit der Erörterung der Frage, ob die Ware ihrer hestimmungsgemässen
Verwendung habe entzogen werden sollen), ausführt, die Einlagerung im
Inlande sei nicht von vorneherein beabsichtigt gewesen, so wollte sie
offenbar damit nicht sagen, es liege auch kein eventueller Vorsatz nach
der erwähnten Richtung vor, sondern mir die primäre Absicht sei auf den
Export gegangen. ) _

Da die durch das angefochtene Urteil ausgesprochene Strafe auf der
unrichtigen Voraussetzung beruht, dass schon diese primäre Absicht
der Verordnung zuwiderlaufe, ist immerhin nicht ausgeschlossen, dass
die Vorinstanz zu einer milderen Bestrafung gelangt wäre, wenn sie die
Sache vom Boden der oben erörterten richtigen Auffassung aus beurteilt
hätte. Es ist deshalb ihre Entscheidung in der Meinung aufzuheben, dass
sie den Fall in diesem Punkte nochmals zu prüfen und je nach dem Schlüsse,
zu welchem sie hiebei gelangt, die Strafe neu festzusetzen hat. ·

OFDAG Offset , Formularund Fotodruck AG 3000 BernA. STAATSBECHT DROIT
PUBLIC

I. GLEICHHEIT VOR DEM GESETZ (RECHTSVBRWEIGERUNG)

ÉGALITÉ DEVANT LA LOI (DÉNI _DE JUSTICE)

(

25. Urteil vom 19. März 1920 i. S. Norddeutscher Lloyd gegen Regierungsrat
Zürich.

Schweizerische Generalagentur einer ausländischen (deutschen)
Schiffahrtsgesellschaft in Form einer besonderen Aktiengesellschaft, die
aber nach der internen vertraglichen Regelung des Verhältnisses zwischen
beiden von der durch sie vertretenen iGesellschaft in Wirklichkeit
Völlig abhängig ist. Besteuerung der letzteren dafür als für ihre eigene
Niederlassung. Anfechtung wegen Doppelbesteuerung und willkürlicher
Anwendung des kantonalen (zürcherischen) Steuerrechts.

A.Die Schiffahrtsgesellschaft Norddeutscher Lloyd in Bremen besitzt
seit vielen Jahren in Zürich einen Generaiagenten, der zur Ausübung
seiner Tätigkeit als solcher ständige Geschäftslokalitäten an der
Bahnhofstrasse gemietet hat. An der Aussenseite derselben sind grosse,
weithin sichtbare Firmatafeln mit den Aufschriften Generalagentur für
die Schweiz, Norddeutscher Lloyd, Reiseagentur des Lloyd angebracht. Die
Schaufenster enthalten Modelle von Schiffen der Gesellschaft-und andere
Reklamegegenstände, sowie eine Menge Drucksachen des Lloyd. Generalagent
war früher die Kollektivgesellschaft Meiss & Cie in Zürich. Im Jahre
1912 trat an deren Stelle die neugegründete Aktiengesellschaft Meiss &
Cie, schweizerische Reise-

AS 46 I 1920 12

i 7
S Staatsreeht.

agentur Lloyd mit Sitz ebenda. Im Zusammenhang damit wurden die
Beziehungen zwischen dieser und dem Norddeutschen Lloyd durch einen
Vertrag eingehend geregelt.

Nach § 1 dieses Schriftstückes überträgt der Norddeutsche Lloyd der
Aktiengesellschaft Meiss & Cie seine Passageagentur für den Platz
Zürich und betraut sie gleichzeitig mit seiner Generalvertretung für die
Schweiz . Ls; der Uebertragung der Passageagentur ist die Ermächtigung
enthalten, auf Grund der jeweilen gültigen Bedingungen, Fahrpläne,
Preislisten und sonstigen Bestimmungen, Beförderungsver-träge für den
Norddeutschen Lloyd vorzubereiten und zu vermitteln : diese Vermittlungen
werden im Namen der A. G. Meiss & Cis abgeschlossen, die dafür die
Verantwortlichkeit den schweizerischen Behörden gegenüber gemäss der
schweizerischen Gesetzgebung übernimmt (g 2). Zr; Generalvertretung
gehört die Ueberwachung der schweizerischen Agenturorganisation des
Norddeutschen Lloyd, die Einrichtung neuer Agenturen und die Uebcrnalzme
der Verantwortlichkeit für alle Agenturen sowohl Les-; Lîzjsi'i als den
Behörden gegenüber, sowie jede sonstige der Pflege und Entwicklung des
Lloydgeschäfios il; der Schweiz dienende Betätigung, vor allem die Wifi
tun; der dazu nötigen Reklame: für die Einrichtung neuer Agenturen und
die Aufhebung der bestehenden ist die Zustimmung des Lloyd erforderlich,'
ebenso für die Anstellung derjenigen Angestellten der A.-G. Meiss & Cie,
dererGehälter vom Lloyd vergütet werden, dieser kann auch die Entlassung
solcher Angestellter verlangen (3 3). Die A. G. Meiss & Cie soll nur
den Norddeutschen Lloyd und die von ihm zugelassenen Gesell-schmissen
vertreten und ohne dessen Billigung keine Nebengeschäi'tc betreiben
dürfen, überhaupt bei allen ihren Handlungen und Geschäften dessen
Interessen stets allen anderen überordnen: als nicht

damit kollidierend sind ihr immerhin von vorneherein ,Gleichheit vor
dem Gesetz. N° 25. 177

folgende Nebengeschäfte ausdrücklich gestattet : Spedition, Geldwechsel,
Verkauf von Reisekoffern, Auszahlungen an überseeischen Plätzen,
Versicherungen, Ver- kauf von Eisenbahnund Schlafwagenbillets (g 5 und
10). Die auf den Namen des Generalag'enten beim eidgen. Finanzdepartement
als Kaution hinterlegten 70,000 Mk. in deutscher Reichsanleihe sind
in Wirklichkeit Eigentum des Lloyd (§ 6). Als Gegenleistung für ihre
Tätigkeit vergütet der Lloyd der Gesellschaft bestimmte Kommissionen auf
den in der Schweiz abgeschlossenen Seepassagegeschäften, im ferneren
die in seinem Auftrage und für seine Rechnung gemachten Auslagen, wie
Lokalmieten und Zuschüsse an Agenten, Heizung und Beleuchtung, Gehälter
der für das Passagegeschäft des Lloyd erforderlichen Angestellten und
Geschäftsführer in Zürich und in den betreffenden Filialen, Drucksachen,
Bureaumaterialien, Porti und Depeschen, Inserate, Reisespesen, Frachten
und Zölle , endlich eine feste per-

' sönliche Entschädigung an das Mitglied der Verwaltung

Hans von Meiss für dessen persönliche Tätigkeit auf dem Gebiete der
Reklame (§ 8 in Verbindung mit §§ 8 und 9

. des insoweit in Kraft gebliebenen früheren Vertrages

mit der Kollektivgesellschaft Meiss & Cie von 1907). Andererseits hat der
Lloyd Anrecht auf einen Anteil am jährlichen Reingeweinn der A.-G. Meiss &
Cie, welcher einer Beteiligung von 15 % an deren jeweils einbezahlt'em
Aktienkapital entspricht, abzüglich der Dividende, welche er auf von
ihm allenfalls tatsächlich erworbenen Aktien bezieht (EUR 9). Er ist
berechtigt, jederzeit Einsicht in die Bücher der A. G. Meiss & Cie zu
nehmen ( § 10). Im ferneren ist der letzteren mit Rücksicht auf die enge
Verbindung mit dem Lloyd die Vornahme folgender Rechtsgeschäfte ohne
vorhergehende schriftliche Genehmigung jenes bei einer Konventionalstrafe
von 30,000 Fr. in jedem Zuwiderhandlungsfalle untersagt-. Aenderung der"
Statuten, Ankauf von Immobilien, Eröffnung oder Schliessung von

178 Staatsrecht

Filialen, Vornahme einer Fusion, Eingebung von Schuldverpflichtungen
im Betrage von über 20,000 Fr., Zubilligung einer höheren Entschädigung
an die Verwaltung als 10,000 Fr. jährlich, exklusive Tantiemen (§ 12).
Für den Fall als Herr Hans von Meiss aus irgend einem Grunde aus der
Verwaltung der Gesellschaft ausscheidet , soll der Lloyd berechtigt
sein, das gesamte Aktienkapital der A.-G. Meiss & Cie zu erwerben oder
erwerben zu lassen : um die Ausübung dieses Verkaufsrechtes zu sichern,
sind alle Aktientitel bei der Schweiz. Nationalbank Zürich zu hinterlegen
und dürfen den Eigentümern erst aushiugegeben werden, wenn der Lloyd von
dem Vorkaufsrechte innert vertraglicher Frist keinen Gebrauch gemacht
hat; unter dieser Voraussetzung ist die Uebertragung der einzelnen
Stücke zulässig, mit der Einschränkung jedoch, dass sie erst indessiert
werden dürfen, nachdem der Erwerber denVertrag zwischen dem Lloyd und
der A.-G. Meiss & Cie als auch für sich in allen Teilen verbindlich
anerkannt und der Lloyd sich mit der Indossierung einverstanden erklärt
hat (è 13). Das Vertragsverhältnis beginnt mit dem 1. April 1912 und ist
von da an auf 10 Jahre fest; mangels Kündigung sechs Monate vor Ablauf
verlängert es sieh jeweilen stillschweigend auf ein Jahr (5 18).

Gestützt auf diesen Tatbestand betrachteten die-

zürcherischen Steuerbehörden von jeher neben der A..-G. Meiss & Cie auch
den Norddeutschen Lloyd als in Zürich geschäftlich niedergelassen und
deshalb hier steuerpflichtig, und es hat der Norddeutsche Lloyd auch
die ihm auferlegten Steuern, nach einem im Jahre 1914 unternommenen,
aber auf ablehnenden Bescheid der Finanzdirektion nicht durchgeführten
Versuche, die Steuerpflicht zu bestreiten, jeweilen anstandslos bezahlt.
Bei der Selbsttaxation für 1917 behielt er sich indessen vor, in einem
künftigen Jahre auf seine frühere Eihsprache zurückzukommen und zog,
als ihm im November 1918 wiederum eine auf die bisherigen Ansätze
vonGleichheit vor dem Gesetz. N° 25. 179

20,000 Fr. Vermögen und 5000 Fr. Einkommen lautende Taxation für 1918
zugestellt wurde, dieselbe an die in gg 22, 31 und 33 des zürcherischen
staatssteuergesetzes vom 24. April 1870 vorgesehene Rekurskommission
weiter. Zugleich bestritt er in einer besonderen Eingabe an die kantonale
Finanzdirektion seine Steuerpflicht in Zürich überhaupt. '

sowohl die Finanzdirektion als der Regierungsrat des Kantons Zürich
wiesen jedoch diese Bestreitung als unbegründet ab, der Regierungsrat
durch Entscheid vom 28. August 1919 im Wesentlichen mit der Begründung:
anwendbar sei, da es sich um die Besteuerung für 1918 handle, noch
das alte Steuergesetz von 1870. Nach der dem § 2 desselben in der
Praxis gegebenen, in der regierungsrätlich genehmigten Anleitung
der Finanzdirektion für die Steuertaxation niedergelegten Auslegung
genüge aber für die Besteuerung ausländischer Aktiengesellschaften und
Geschäftsfirmen überhaupt die Tatsache, dass sie im Kanton Zürich eine
geschäftliche Niederlassung oder ständige Betriebseinrichtungen haben
oder sich durch Agenten vertreten lassen. Die Generalagentur einer
auswärtigen Schiffahrtsgesellschaft sei aber zum mindesten eine solche
ständige Betriebseinrichtung. Wenn das Bundesgericht dies im Falle der
Hamburg-Amerika-Linie für deren Generalagentur in Luzern angenommen
habe, obwohl dort direkt keine Geschäfte abgeschlossen würden, sondern
sich die Aufgabe jener Niederlassung auf die Erteilung von Auskünften,
die Ueberwachung der übrigen Bureaux in der Schweiz und die Reklame
für die _ Linie beschränke, so müsse das nämliche umsomehr hier gelten,
wo zu den gedachten Funktionen noch die Ausübung des Passagegeschäftes
selbst, d. h. die direkte Vermittlung von Beförderungsverträgen zur See
hinzutrete. Dass mit diesen Aufgaben nicht eigene Leute des Norddeutschen
Lloyd, d. h. in seinem Dienste stehende phy-' sische Personen, sondern
eine Aktiengesellschaft betraut

130 staatsrecht-

sei, sei unerheblich. Für die Frage derBesteuerung komme es nicht sowohl
auf die äussere rechtliche Form als auf den inneren wirtschaftlichen
Charakter des Verhältnisses an. Die Uebcrprüfung des Tatbestandes aus
diesem Gesichtspunkte ergehe aber, dass die A. G. Meiss & (??, obschon
zivilrechtlich ein besonderes Rechtsubjekt, doch in Tat und Wahrheit
mit dem Lloyd eine Einheit bilde und von ihm in jeder Beziehung abhänng
sei. Dass sie die Passageverträge formell auf ihren Namen vermittle,
daneben in neuerer Zeit mit Genehmigung des Lloyd auch noch andere
Schiffahrtsgesellschaften vertrete und ein Geschäft in Reisekoffern
betreibe, vermöge diesen Sachverhalt nicht zu verschieben (was näher
ausgeführt wird). Dazu komme, dass auch sonst infolge der Ausstattung
der Geschäftslokalitäten, der daran angebrachten Aufschriften usw. ihre
Tätigkeit im Interesse des Lloyd sich in einer Weise manifestiere,
welche für das Publikum den Norddeutschen Lloyd selbst als in Zürich
niedergelassen erscheinen lasse. Es rechtfertige sich deshalb nicht, den
Tatbestand anders zu behandeln, als wenn die Generalagenturund sonstige
Geschäftstätigkeit der Firma Meiss & Cie A.-G. für den Lloyd von diesem
selbst unter eigenem

Namen ausgeübt Würde. Die. Feststellung des Um -,

f a n g s des vom Lloyd zu versteuernden Vermögens und Einkommens sei
Sache der Taxationsorgane.

B. Gegen diesen Entscheid des Regierungsrates hat die A.-G. Norddeutscher
Lloyd die staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht ergriffen
mit dem Antrage, er sei aufzuheben und es sei die Steuerpflicht
der Rekurrentin dem Kanton Zürich gegenüber zu verneinen. _Es wird
ausgeführt, dass die Annahme eines Steucrdomizils des Lloyd in Zürich
nicht nur gegen die vom Bundesgericht auf Grund von Art. 46 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11

BV aufgestellten Grundsätze verstosse, die richtig-erweise auch
für internationale Verhältnisse gelten sollten, sondern auch nach
zürcherischem Steuerrecht unhaltbarGleichheit vor dem Gesetz. N° 25. 181

sei, indem sie auf einer willkürlichen Anwendung und Auslegung
der Vorschriften des letzteren beruhe. Wenn die zürcherische
Steuergesetzgehung von 1870 eine Korporation als im Kanton Zürich
bestehend und folglich ihm gegenüber steuerpflichtig betrachte, falls sie
hier eine geschäftliche Niederlassung oder ständige Betriebseinrichtungen
habe oder sich durch Agenten V e r t r e t e n lasse, so werde damit
vorausgesetzt, dass sie im Kanton auf eigenen Namen und eigene Rechnung
tätig werde,seiesselbstoderdurch einen Stellvertreter. Nur ein solches
eigenes Handeln durch einen mit offener Vollmacht tätigen Dritten
hezeichne der Sprachgebrauch als Vertretung. Hier vertrete aber die
A. G. Meiss & Cie den Lloyd nicht, sondern geschäfte auf eigenen
Namen. Sie und nicht der Lloyd werde Gläubigerin und Schuldnerin aus
den von ihr vorgenommenen Rechtshandlungen und am Arbeitsresultate sei
der Lloyd nicht anders beteiligt als der auswärtige Aktionär, der Titel
einer zürcherischen Aktiengesellschaft besitze. Dies gelte insbesondere
auch für den Abschluss der Passagegeschäfte. Dass solche

Abschlüsse vorher noch von der Rekurrentin genehmigt

werden müssten, liege daran, dass sie als Schiffahrtsgesellschaft
dem Einwanderungslande gegenüber für die Gesetzmässigkeit der
Abschlüsse verantwortlich sei: dem Auswanderer bezw. Reisenden und den
schweizerischen Behörden gegenüber sei es allein die A.-G. Meiss & Cie.
so wenig eine auswärtige Firma, die einem im Inlande niedergelassenen
selbständigen, auf eigenen Namen handelnden Kaufmann den Alleinverkauf
ihrer Produkte übertrage, wegen der von diesem Kaufmann für das Erzeugnis
gemachten Propaganda an seinem Geschäftsorte steuerpflichtig werden könne,
so wenig könne dies hier für die Rekurrentin der Fall sein. Die Art,
wie die auswärtige Firma den betreffenden Kaufmann für seine auch in
ihrem Interesse liegende Tätigkeit entschädige,

sei ein Internum zwischen beiden und berühre den Fiskus

182 statt-recht

nicht. Die Behauptung, dass die A.-G. Meiss & Cie, wenn nicht
zivilrechtlich so doch wirtschaftlich mit der Rekurrentin identisch sei,
sei das Ergebnis einer einseitigen willkürlichen Akteninterpretation. Sie
stehe im Widerspruch zu den eben erörterten aktengemässen Tatsachen,
und lasse sich auch mit dem weiteren Umstande schlechterdings nicht
vereinigen, dass die A. G. Meiss & Ci? ,Passagekarten auch noch für
andere Schiffahrtsgesellschaften verkaufe und weitere mit der Vertretung
der Rekurrentin nicht zusammenhängende Nebengeschäfte, wie den Verkauf
von Reiseartikeln u.s.w., betreibe.

C. Der Regierungsrat des Kantons Zürich beschränkt sich in seiner
Vernehmlassung, worin er Abweisung der Beschwerde beantragt, auf die
Erwägungen .des angefochtenen Entscheides und die nach seiner Ansicht
präjudiziellen Urteile des Bundesgerichts in Sachen Schweizer A.-G. für
Kühlmaschinen L. A. Riedinger vom 13. Februar 1913 (nicht publiziert),
in Sachen Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation (AS 39 I S. 545)
und in Sachen Salamander (AS 41 I S. 83 ff.) Bezug zu nehmen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

1. soweit die Rekurrentin sich zur Begründung

ihrer Beschwerde auf Art. 46 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11
BV stützt, genügt es zu deren
Abweisung auf die beiden in der Vernehmlassung des Regierungsrates zuletzt
angeführten Urteile des Bundesgerichtes zu verweisen, wo bei Gelegenheit
ähnlicher Pekurse deutscher Geschäftsfirmen Über ihre Unterstellung unter
die zürcherische Steuerhoheit bereits ausgeführt worden ist, dass das
bundesrechtliche Verbot der Doppelbes teuerung sich grundsätzlich nur auf
interkantonale Steuerkonflikte, auf internationale jedenfalls hinsichtlich
der hier allein in Betracht kommenden Besteuerung beweglichen Vermögens
und Einkommens nicht bezieht, und dass etwas anderes im Verhältnis
zwischen Deutschland und der Schweiz auch aus demGleichheit vor dem
Gesetz. N° 25, 183

Vertrage zwischen beiden Staaten betreffend die Regelung von
Rechtsverhältnissen der beiderseitigen Staatsangehörigen vom 31. Oktober
1910, 26. n.28. Juni 1911 nicht hergeleitet werden kann. Die Rekurrentin
selbst mit das letztere Abkommen denn auch nur an um darzutun, dass sie
kraft desselben gleich einem Schweizer Anspruch auf den Schutz des Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.

BV habe, was nicht bestreitbar und in den erwähnten früheren Urteilen
stillschweigend als selbstverständlich vorausgesetzt worden ist. Für die
Entscheidung des vorliegenden Konfliktes ist es demnach bedeutungslos,
in welchem Umfang die Rekurrentin an ihrem Gesellschaftssitze, Bremen zur
Steuer herangezogen wird. Vielmehr trägt es sich einfach einzig, ob die
Bejahung ihrer Steuerpflicht in Zürich mit den positiven Vorschriften
des kantonal'zürcherischen Steuerrechts über den Kreis der im Kanton
steuerpflichtigen Personen vereinbar sei.

2. Nun hat das Bundesgericht sich ebenfalls im Falle der
Aktiengesellschait für Anilinfabrikation (ASBL) I S. 545) bereits
dahin ausgesprochen, die züreherische Steuerpraxis, wonach um eine
Aktiengesellschaft als

im Sinne von § 2 des Steuergesetzes im Kanton be-

stehend erscheinen zu lassen, schon das Bestehen ständiger
Betriebseinrichtungen derselben im Kantonsgebiet oder ihre Vertretung
durch Agenten hier genüge, verstosse jedenfalls, soweit damit ein G
e s o h ä f t sbetrieb mit ständigen Betriebseinrichtungen im Kanton
als steuerpflichtig behandelt werde, nicht gegen Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV. Auf diesem
Boden steht denn auch der angefochtene Entscheid, indem er nicht schon
den Umstand allein, dass die Rekurrentin in Zürich einen Agenten hat,
als massgebend betrachtet, sondern entscheidend darauf abstellt, dass sie
hier in Gestalt der von jenem innegehabten Geschäftsräume eine ständige
körperliche Einrichtung besitze, von der aus sich eine der Ausübung und
dem Gedeihen des von ihr betriebenen Transportgeschäktes dienliche

1 &; Staats-echt-

und dafür wesentliche Tätigkeit abspiele. Dabei. haben die Steuerbehörden
nicht verkannt, dass die Besorgung der in Betracht kommenden Verrichtungen
nicht etwa einer im Dienste der Rekurrentin stehenden physischen Person,
sondern einer Aktiengesellschaft anvertraut ist, die zivilrechtlich
den Charakter eines selbständigen Rechtssubjektes hat, dass dieselbe,
auch soweit sie im Interesse der Rekurrentin tätig wird, doch die
einschlägigen Rechtshandlungen auf eigenen Namen vornimmt, und dass
auch der bilanzmässige Reingewinn dieser Gesellschaft nicht etwa einfach
der Rekurrentin zufällt, sondern sie darannur mit einer gewissen Quote
beteiligt ist. Es sind, aber alle diese Tatsachen deshalb nicht als
ausschlaggebend betrachtet werden, weil darin nur die äussere Form liege,
während nach der vertraglichen Ordnung desReehtsverhältnisses zwischen der
A. G. Meiss &Cie und der Rekurrentin tatsächlich jene in einem Masse von
dieser abhängig sei, dass sie nicht mehr als ein selbständiges Gebilde,
sondern als ein blosses Organ der Rekurrentin, als Angestellte derselben,
die Niederlassung, in der sie ihre Tätigkeit ausübe, also als eine
solche der Rekurrentin selbst erscheine Diese Betrachtungsweise lässt
sich zunächst'grundsätzlich nicht beanstanden. Die Steuerbehörde ist,
zum mindesten vom Standpunkte des Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV aus nicht gezwungen, die
zivilrechtliche Form, unter. der ein Lebensverhältnis auftritt, auch
steuerrechtlich ohne weiteres zu respektieren, zumal dann, wenn sie den
Tatsachen nicht entspricht. Es kann ihr beim Fehlen entgegenstehender
spezieller positiver Gesetzesbestimmungen, die hier nicht namhaft gemacht
worden sind, nicht verwehrt werden, neben dem zivilrechtlichen auch den
wirtschaftlichen Charakter der für die Besteuerung in Betracht kommenden
Tatbestände zu berücksichtigen und auf ihn abzustellen, wenn danach
das Gebilde in Wirklichkeit ein anderes ist als es äusserlich in die
Erscheinung tritt. Von diesem Standpunkte aus ist es denn auch schon
als mit Art. 4Gleichheit vor dem Gesetz. N° 25. 185

BV vereinbar betrachtet worden, eine als selbständige Aktiengesellschaft
im schweizerischen Handelsregister eingetragene Unternehmung
steuerrechtlich nicht als solche, sondern als blosse Filiale einer
ausländischen Aktiengesellschaft zu behandeln, wenn ihr nach der internen
Regelung der Beziehungen zwischen beiden nur jener Charakter zukommt
(Urteil vom 13. Februar 1913 in Sachen Schweizer Aktiengesellschaft
für Kühlmaschinen L. A. Riedinger gegen Zürich). Nach Lage der Akten
kann aber auch die weitere Annahme, dass hier ein solcher Fall der
Diskrepanz zwischen aussereizivilrechtlicher Form und wirklichem
wirtschaftlichem Charakter eines Verhältnisses vorliege, nicht als
will-_ kürlich bezeichnet werden. Der oben widergegebene Inhalt des
Vertrages zwischen der Rekurrentin und der ,A. G. Meiss & Cie lässt die im
angefochtenen Entscheid in dieser Hinsicht gezogenen Schlüsse, wenn nicht
als schlechthin zwingend, so doch jedenfalls als durchaus vertretbar
erscheinen. Es mag dafür nur auf die Bestimmungen verwiesen werden,
wonach die A.-G. Meiss & Cie trotz ihrer angeblichen Selbständigkeit
eine Reihe von Beschlüssen, auch solche die mit ihrer Tätigkeit für den
Lloyd an sich nichts zu tun haben, wie Statutenänderungen usw. nur mit
Zustimmung der Rekurrentin fassen kann und wonach die letztere beim
Ausscheiden ihres besonderen Vertrauensmannes Hans von Meiss aus der
Verwaltung ohne weiteres durch Erwerb der Aktien das ganze Unternehmen
auch zivilrechtlich an sich ziehen kann, ferner auf die mit Rücksicht
auf dieses Vorkaufsrecht über die Aktientitel verhängte Sperre. Dass
die A.-G. Meissöccie die Passageverträge auf eigenen Namen vermittelt,
kann daneben schon deshalb nicht entscheidend in Betracht fallen, weil
aus den eigenen Ausführungen des Rekurses hervorgeht, dass sie dieselben
tatsächlich doch erst nach Einholung der Genehmigung der Rekurrentin
endgiltig abschliessen darf, sodass ihre angebliche Selbständigkeit auch
in dieser Beziehung

1 86 Staatsrecht.

nur eine scheinbare ist. Dasselbe gilt für die weitere Tatsache, dass
sie daneben in neuerer Zeit auch noch andere Schiffahrtsgesellschaften
vertritt und andere Nebengeschäfte betreibt, weil es sich dabei eben
nach dem Vertrage immer nur um eine nebensäehliehe, vor derjenigen für
den Lloyd in den Hintergrund tretende Tätigkeit handeln kann, für welche
überdies dessen ausdrückliche Zustimmung nötig ist.

Welche Folgen sich aus der Bejahung der grundsätzlichen Steuerpflicht
der Rekurrentin im Kanton Zürich für diejenige der ,A.-Gr. Meiss & Cie
ergeben, d. h. in welchem Umfange daneben auch noch eine Besteuerung
dieser zulässig ist, ist z. Z. nicht zu untersuchen, weil ein Rekurs
ihrerseits nicht vorliegt und auch die Beschwerde des Lloyd selbst die
Verletzung des Art. 4 nicht etwa in der gleichzeitigen Besteuerung der
A. G. Meisscfccje und des Lloyd, sondern ausschliesslich darin erblickt,
dass die Voraussetzungen für die Begründung eines Steuerdomizils in
der Person des Lloyd willkürlich als gegeben betrachtet worden seien
und daher jedenfalls seine Besteuerung unhaltbar sei, ein Standpunkt,
der sich nach dem Gesagten als unbegründet erweist. Im übrigen könnte
auch jene Frage nicht wohl gelöst werden, ohne

dass feststeht, in welcher Weise die beiden Unternehmun

gen nebeneinander herangezogen werden sollen, d. 11. ohne dass
darüber eine Taxation vorliegt. Diese ist aber nicht Sache der
Finanzdirektion und des Regierungsrates, sondern der von ihnen getrennten
Einschätzungebehörden.Demnach erkennt das Bundesgericht: ' Die Beschwerde
wird abgewiesen.Gleichheit vor dem GesausN° 26. 187

26. Urteil vom (.Mai 1920 i. S. Christoph Meriansche Stiftung gegen
Staatsstoaerrekurskommission Basel-Landschaft.

Kantonales Steuerrecht (Baselland). Willkürliehe Ausdehnung des
Einkommensbegriffs liegend in a) der Heranziehung von vermuteten künftigen
Spekulationsgewinnen aus der Veräusserung von Liegenschaften oder der
Wertzunahme solcher ohne besonderen letzteres gestattenden Rechtssatz
bei Feststellung des steuerbaren Einkommens; b) der Besteuerung des
Eigentümers einer verpachteten Liegenschaft nicht nur für den wirklich
bezogenen Pachtzins, sondern für die höhere Summe, die er bei einer
Neuverpachtung als solchen erhalten könnte, bezw. die innert des
Gesamtertrages der Liegenschaft die Grundrente im Gegensatz zu dem
dem Pächter zuzuweisenden Arbeitseinkommen darstellt.

A. Die Rekurrentin ist'eine unter der Aufsicht der Behörden der
Bürgergemeinde Basel stehende öffentlich , rechtlich organisierte
Stiftung, deren Einkünfte satzungs-. gemäss für die Unterstützung der
städtischen Armenanstalten und für andere städtische Zwecke verwendet

,werden. Sie besitzt in den basellandschaftliehen Ge-

meinden Arlesheim, Birsfelden, Münchenstein, Muttenz, Pratteln, Reinach
und Wintersingen Liegenschaften, die bis auf die in Muttenz und Pratteln
gelegenen Waldungen verpachtet sind.

Nach Art. 57 der basellandschaftlichen Verfassung vom 4. April 1892,
der bis zum Erlass eines neuen Steuergesetzes die Grundlage des
basellandschaftlichen Steuerrechts bildet, werden Einkommen und Vermögen
nebeneinander besteuert. Das Verhältnis der Belastung ist gemäss Ziff. 2
ebenda 1 : 5. Ueber die Einschätzung des Vermögens und die Bestandteile
des steuerbaren Einkommens bestimmen Ziff. 5 und 6, dass Gebäude,
Grundstücke und Fahrhabe unter Abzug der darauf haftenden Schulden zum
wirklichen Verkaufswerte einzusetzen
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 46 I 175
Date : 19. März 1920
Published : 31. Dezember 1920
Source : Bundesgericht
Status : 46 I 175
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : 174 Strafrecht. für den Fall der Unmöglichkeit der Verwirklichung jener erlaubten


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