100 Entscheidungen der Zivilkammern. N° 27

Entscheidungen der Zivilkammem. iran des seetiuns civile:.

M-

27. Auszug aus dem Beschluss der II. Zivilabteilung vom 28. Mai
1919 i. S. Drahtseilbahn Muottas-Marais] A.-G. Nachlassvertrag einer
Eisenbahnunternehmung nach dem BG vom 25. September 1917 (VZEG).

Art. 59
SR 742.211 Bundesgesetz vom 25. September 1917 über Verpfändung und Zwangsliquidation von Eisenbahn- und Schifffahrtsunternehmungen
VZEG Art. 59
1    Der Sachwalter fertigt ein Schuldenverzeichnis an.
2    In dasselbe werden diejenigen Guthaben, die in das Pfandbuch des Departements eingetragen sind, die Forderungen der Grundpfandgläubiger des allgemeinen Zivilrechtes und die Partialobligationen der öffentlichen Anleihen ohne Pfandrecht, mit Einschluss notleidender Zinse, aufgenommen.
3    Der Sachwalter fordert durch öffentliche Bekanntmachung die Gläubiger auf, ihre Forderungen, soweit sie nicht von Amtes wegen in das Schuldenverzeichnis aufzunehmen sind, binnen 30 Tagen schriftlich bei ihm einzureichen, mit der Androhung, dass die Gläubiger im Unterlassungsfalle bei den Verhandlungen über den Nachlassvertrag nicht stimmberechtigt wären.
, Abs. 2 VZEG. Nicht in öffentlichen Büchern eingetragene
Pfandrechte (gesetzliche Grundpfandrechte) hat der Sachwalter nicht von
Amtes wegen in das Schuldenverzeichnis aufzunehmen, Vielmehr sind solche
Pfandrechte innert der Eingabefrist anzumelden. Folgen der Wegweisung
des Pfandrechtes durch den Saehwalter. Folgen der nicht rechtzeitigen
Anmeldung des Pfandrechtes.

Art. 68
SR 742.211 Bundesgesetz vom 25. September 1917 über Verpfändung und Zwangsliquidation von Eisenbahn- und Schifffahrtsunternehmungen
VZEG Art. 68 - Der angenommene Nachlassvertrag wird vom Bundesgerichte bestätigt, wenn:
1  für die übernommenen Leistungen genügende Sicherheit bestellt ist. Die Bestellung von Sicherheit kann der Unternehmung erlassen werden, wenn sich dies nach der Natur der zugesicherten Leistung rechtfertigt, oder wenn die einzelnen Gläubiger ausdrücklich darauf verzichten;
2  die Bestimmungen des Nachlassvertrages den Interessen der Gläubiger angemessen sind und zwischen den einzelnen Gläubigergruppen ein Verhältnis wahren, das der Billigkeit und dem bisherigen Range der Forderungen genügend Rücksicht trägt;
3  die Unternehmung sich keine unredlichen oder grobfahrlässigen Handlungen oder Unterlassungen zum Nachteil der Gläubiger hat zuschulden kommen lassen.
, Zifi. 2. VZEG. Angemessenheit des Vertrages, insbesondere wenn
nur eine Gläubigergruppe vorhanden ist.

1. c) Wie das Bundesgericht in seinem Beschlusse vom 21. November 1918
in Sachen Brunnen Morschach Bahn (AS 44 III S. 217 Erw. 1) ausgesprochen
hat, kann auf die Prüfung der Frage nach dem Vorliegen der materiellen
Voraussetzungen für die Bestätigung des Vertrages (Art. 68
SR 742.211 Bundesgesetz vom 25. September 1917 über Verpfändung und Zwangsliquidation von Eisenbahn- und Schifffahrtsunternehmungen
VZEG Art. 68 - Der angenommene Nachlassvertrag wird vom Bundesgerichte bestätigt, wenn:
1  für die übernommenen Leistungen genügende Sicherheit bestellt ist. Die Bestellung von Sicherheit kann der Unternehmung erlassen werden, wenn sich dies nach der Natur der zugesicherten Leistung rechtfertigt, oder wenn die einzelnen Gläubiger ausdrücklich darauf verzichten;
2  die Bestimmungen des Nachlassvertrages den Interessen der Gläubiger angemessen sind und zwischen den einzelnen Gläubigergruppen ein Verhältnis wahren, das der Billigkeit und dem bisherigen Range der Forderungen genügend Rücksicht trägt;
3  die Unternehmung sich keine unredlichen oder grobfahrlässigen Handlungen oder Unterlassungen zum Nachteil der Gläubiger hat zuschulden kommen lassen.
VZEG) erst
eingetreten werden, wenn feststeht, dass der Vertragsentwurf die vom
Gesetze geforderte Anzahl von Zustimmungserklärungen auf sich vereinigt
hat. Dabei ist, bevor die vom Sachwalter in seinem Gutachten gemachten
Feststellungen über das Quorum der einzelnen Gruppen verifiziert werden,
zu untersuchen, ob die von ihm angeordnete Einteilung der Gläubiger in
Gruppen dem Gesetze entspricht. Im

der Zivilkammem. N° 27. 101

vorliegenden Falle insbesondere fragt sich daher zunächst, ob der
Sachwalter mit Recht alle Gläubiger in eine Gruppe vereinigt hat. Dies
kann hier nur zweifelhaft sein mit Bezug auf das Elektrizitätswerk
Madulein und die Gemeinde Samaden, da diese beiden Gläubiger für ihre
Forderungen ein gesetzliches Grundpiandrecht des allgemeinen Zivilrechts
bezw. ein Retentionsrecht zu besitzen behaupten und angemeldet haben,
während alle übrigen Gläubiger lediglich laufende Forderungen geltend
machen. Hiebei ist nun, ohne dass die im Gesetz keineswegs in klarer
Weise geregelte Frage nach der Stellung der Pfandrechte des Zivilrechts
im Eisenbahnnachlassvertrag in allen Einzelheiten näher untersucht werden
müsste, davon auszugehen, dass auch die zivilrechtlichen Pfandrechte
jedenfalls im Schuldenverzeichnis angeschrieben sein müssen, wenn deren
Inhaber im Verfahren die ihnen als Grundpfandgläubiger zukom-mende
Stellung beanspruchen wollen ; denn das Schuldenverzeichnis dient als
Basis sowohl für die Bildung der Gruppen, als zur Ermittlung des für
die Berechnung des Quorums massgebenden gesamten Forderungsbetrages
und es sind nur die in ihm figurierenden Gläubiger zur Teilnahme
am Verfahren (Mitwirkung an der Gläubigerwrsammlung, Stimmabgabe,
Abgabe einer nachträglichen Zustimmungserklärung) berechtigt (AS 44
S. 217 H. Erw. 1). Nun bestimmt allerdings Art. 59 Abs. 2
SR 742.211 Bundesgesetz vom 25. September 1917 über Verpfändung und Zwangsliquidation von Eisenbahn- und Schifffahrtsunternehmungen
VZEG Art. 59
1    Der Sachwalter fertigt ein Schuldenverzeichnis an.
2    In dasselbe werden diejenigen Guthaben, die in das Pfandbuch des Departements eingetragen sind, die Forderungen der Grundpfandgläubiger des allgemeinen Zivilrechtes und die Partialobligationen der öffentlichen Anleihen ohne Pfandrecht, mit Einschluss notleidender Zinse, aufgenommen.
3    Der Sachwalter fordert durch öffentliche Bekanntmachung die Gläubiger auf, ihre Forderungen, soweit sie nicht von Amtes wegen in das Schuldenverzeichnis aufzunehmen sind, binnen 30 Tagen schriftlich bei ihm einzureichen, mit der Androhung, dass die Gläubiger im Unterlassungsfalle bei den Verhandlungen über den Nachlassvertrag nicht stimmberechtigt wären.
VZEG dass die
Forderungen der Grundpfandglaubiger des allgemeinen Zivilrichts gleich den
Anleihensforderungen und den im Pfandbuch eingetragenen Pfandforderungen
von Amtes wegen in das Schuldenverzeichnis aufzunehmen seien, doch kann
sich diese Vorschrift der Natur der Sache nach nur auf in öffentlichen
Büchern eingetragene zivilrechtliche Piandrechte beziehen und mithin
nicht auf gesetzliche Grundpiandrechte, die nach Art. 836
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 836 - 1 Räumt das kantonale Recht dem Gläubiger für Forderungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem belasteten Grundstück stehen, einen Anspruch auf ein Pfandrecht ein, so entsteht dieses mit der Eintragung in das Grundbuch.
1    Räumt das kantonale Recht dem Gläubiger für Forderungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem belasteten Grundstück stehen, einen Anspruch auf ein Pfandrecht ein, so entsteht dieses mit der Eintragung in das Grundbuch.
2    Entstehen gesetzliche Pfandrechte im Betrag von über 1000 Franken aufgrund des kantonalen Rechts ohne Eintragung im Grundbuch und werden sie nicht innert vier Monaten nach der Fälligkeit der zugrunde liegenden Forderung, spätestens jedoch innert zwei Jahren seit der Entstehung der Forderung in das Grundbuch eingetragen, so können sie nach Ablauf der Eintragungsfrist Dritten, die sich in gutem Glauben auf das Grundbuch verlassen, nicht mehr entgegengehalten werden.
3    Einschränkendere Regelungen des kantonalen Rechts bleiben vorbehalten.
ZGB keiner
Eintragung im Grundbuch bedürfen und in diesem daher nicht figurieren,
weil dem Sachwalter jeder Anhaltspunkt für die FestAS 45 m 1919 8

wr: Entscheidungen

stellung der Existenz des Piandrechtes und der Höhe der Pfandiord'erung
fehlt, Wenn kein Eintrag vorhanden ist, und ihm daher auch nicht zugemutet
werden kann, gesetzliche, nicht eingetragene Grundpiandrechte von Amtes
wegen zu berücksichtigen. Demnach müssen die Inhaber nicht eingetragener
Pfandrechte, sofern sie als Pfandglaubiger am Verfahren teilnehmen
wollen, innert der Eingabeirist die Forderung und das Pfandrecht
anmelden, gleich wie die laufenden Gläubiger, deren Forderungen nicht
von Amtes wegen aufzunehmen sind, diese einzugehen haben, wenn sie
sich am Verfahren zu beteiligen beabsichtigen. Die Nichtanmeldung
des Pfand-rechts berührt allerdings dessen Rechtsbeständigkeit nicht,
wie denn überhaupt die Unterlassung der rechtzeitigen Anmeldung eines
Anspruches im Nachlassverfahren nur veriahrensrechtliche nicht aber
materielrechtliche Verwirkungsiolgen nach sich zieht. Die Folge der
Nichtanmeldung ist vielmehr nur die, dass der Gläubiger sich nicht als
Piandgläubiger zu dem von der Unternehmung vorgelegten Vertragsprojekt
aussprechen kann, sondern dass er, sofern er wenigstens die Pfandi o r d e
r u n g rechtzeitig geltend gemacht hat, als Kurrentglaubiger zu behandeln
und der Gruppe dieser zuzuteilen ist. Das rechtzeitig geltend gemachte
Pfand-recht kann natürlich von der Unternehmung, gleich wie die Forderung,
im Verfahren nach Art. 61
SR 742.211 Bundesgesetz vom 25. September 1917 über Verpfändung und Zwangsliquidation von Eisenbahn- und Schifffahrtsunternehmungen
VZEG Art. 61
1    In der Zwischenzeit holt der Sachwalter die Erklärung der Unternehmung über die in das Schuldenverzeichnis aufgenommenen Forderungen ein. Er entscheidet hierauf, ob und in welchem Betrage die bedingten Forderungen oder solche mit ungewisser Verfallzeit sowie die bestrittenen Forderungen mitzuzählen und demgemäss die betreffenden Ansprecher bei den Verhandlungen über den Nachlassvertrag mitzuwirken berechtigt sind. Dem gerichtlichen Entscheid über den Rechtsbestand solcher Forderungen wird dadurch nicht vorgegriffen.
2    Der Sachwalter setzt die betreffenden Ansprecher und die Unternehmung von seinem Entscheide schriftlich in Kenntnis.
VZEG bestritten werden. Es liegt alsdann dem
Sachwalter ob, darüber zu entscheiden, ob er das Piandrecht gleichwohl
in das Schuldenverzcichnis aufnehmen und den Gläubiger als Piandgläubiger
amVerfahren teilnehmen lassen will. Lehnt er es ab und unter-lässt es der
Piandgläuhiger gegen ihn beim Bundesgericht Beschwerde zu führen, so ist
das Piandrccht im Verfahren als solches nicht zu berücksichtigen. Wird
ein Manch-echt erst nach Ablauf der Eimsabekrist angemeldet, so fällt
es für das Verfahren von ornhcrein an .,scr Betracht. und für die auf
diese FordeHing entfallende Nachlassdividende ist daher in gleicher

der Zivilkammem. N° 27. 103

Weise Sicherheit zu leisten, wie für die übrigen Kurrentforderungen.
Hievon kann nur dann abgesehen werden, wenn was natürlich nicht
ausgeschlossen ist die Unternehmung das Pfandrecht nachträglich noch
anerkennt und es genügende Deckung bietet. Aus den vorstehenden Erwägungen
ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass der Sachwalter mit Recht
das Elektrizitätswerk Madulein und die Gemeinde Samaden bezüglich ihrer
Stellung im Verfahren den Kurrentgläubigern gleichgesetzt hat. Jenes hat
wohl Piandrecht und Pfandforderung rechtzeitig eingegeben, doch hat der
Sachwalter das Pfandrecht weggewiesen und die Gläubigerin hat sich bei
dieser Verfügung beruhigt. Es muss daher bei ihr sein Bewenden haben und
die Forderung ist im Verfahren als Kurrentforderung zu behandeln. Die
Gemeinde samaden hat zwar die Forderung, nicht aber das Piandrecht
bezw. Retentionsrecht innert der Eingabefrist geltend gemacht und es war
mithin lediglich die Forderung als Kurrentforderung zu berücksichtigen.

.....................................

3. b) Somit kann sich nur noch fragen, ob del-vorlie-

si gende Vertrag im ganzen genommen den Interessen der

Gläubiger angemessen sei (Art. 68 Ziff. 2
SR 742.211 Bundesgesetz vom 25. September 1917 über Verpfändung und Zwangsliquidation von Eisenbahn- und Schifffahrtsunternehmungen
VZEG Art. 68 - Der angenommene Nachlassvertrag wird vom Bundesgerichte bestätigt, wenn:
1  für die übernommenen Leistungen genügende Sicherheit bestellt ist. Die Bestellung von Sicherheit kann der Unternehmung erlassen werden, wenn sich dies nach der Natur der zugesicherten Leistung rechtfertigt, oder wenn die einzelnen Gläubiger ausdrücklich darauf verzichten;
2  die Bestimmungen des Nachlassvertrages den Interessen der Gläubiger angemessen sind und zwischen den einzelnen Gläubigergruppen ein Verhältnis wahren, das der Billigkeit und dem bisherigen Range der Forderungen genügend Rücksicht trägt;
3  die Unternehmung sich keine unredlichen oder grobfahrlässigen Handlungen oder Unterlassungen zum Nachteil der Gläubiger hat zuschulden kommen lassen.
VZEG). Ueber die, Frage,
was das Gesetz unter der Angemessenheit des Vertrages verstehe, hat
sich das Bundesgericht im Falle der Brunnen-Morschach-Bahn noch nicht
ausgesprochen; denn damals war in erster Linie zu prüfen, welches
Verhältnis zwischen den einzelnen Gläubigerkategorien gewahrt werden
müsse und es ergab sich in jenem Falle daraus, dass zwischen den Gruppen
das richtige Verhältnis bestand ohne weiteres auch die Angemessenheit
des Vertrages. Hier ist jedoch nur eine _ Gläubigergruppe vorhanden und
es fragt sich daher, welche Opfer den Gläubigern dieser einen Gruppe
zugemutet werden dürfen und müssen, damit der Vertrag als angemessen
bezeichnet werden kann. Hiebei ist vorn Zwecke des Nachlassvertrages
auszugehen, der darin-

104 Entscheidungen

besteht, die notieidende Unternehmung zu sanieren. Folgerichtig muss
einem Vertrage die Bestätigung

versagt werden, wenn er diesen Zweck nicht verwirklicht, ss

sei es dass er den Gläubiger-n Opfer auierlegt, die über das zu Sanierung
Notwendige hinausgehen, sei es dass er nur eine Sanierung Vortäuseht,
also der Unternehmung wohl einige Erleichterung gewährt, sie aber nicht
vor einem Zusammenbruch in absehbarer Zeit zu bewahren vermag. Das für
den Umfang der den Gläubigern zuzumutenden Opfer massgebende Kriterium
ist der Wert der Unternehmung, den die Schätzungsexperten festgestellt
haben. Dabei wird in der Regel auf den Ertragswert abzustellen sein
und zwar auch dann, wenn dieser niedriger ist, als der Abbruchswert ;
denn die Aufsichtsbehörde wird im Liquidationsialle den Abbruch nur
gestatten, sofern dieser in der Konzession vorgesehen ist, während sie in
den übrigen Fällen dagegen Einspruch erheben und die Versteigerung unter
Ueberbindung der Verpflichtung zum konzessionsmässigen Weiterbetrieb auf
den Erwerber verlangen kann und wohl auch meist verlangen wird. Insoweit
als der Ertragswert reicht, wird daher den Gläubigern, die auf diesen
Wert im Liquidationsfalle einen Anspruch erheben können, in der Regel ihr
Forderungsrecht belassen Werden müssen, weil davon ausgegangen werden
muss, dass auch im Liquidationsialle dieser Erlös erzielt wird. Gleich
wie das gemeine Nachlassvertragsrecht verlangt, dass die den Gläubigern
angebotene Summe in richtigem Verhältnis zu den Hilfsmitteln des
Schuldners stehe, Was bedeutet, dass ihnen im Nachlassvertrag keine
grösseren Opfer zugemutet werden dürfen, als sie im Konkurse zu tragen
hätten (SEUFFERT, Konkursprozessrecht S. 430; B.JEGER, Kommentar zur KO
Bd. II" S. 351; KOHLER, Lehrbuch des Konkursrechtes S. 488) so muss auch
ein Eisenbahnnachlassvertrag, der den Gläubigern erheblich grössere Opfer
ohne sie kompensierende andere Leistungen zumutet, als nicht angemessen
verworfen werden, wenn

der Zivilkammem. N° 27. 105

nicht ganz besondere Verhältnisse des konkreten Falles eine abweichende
Stellungnahme rechtfertigen. Soweit daher das vorhandene Vermögen im
Liquidationsfalle zur Deckung der Schulden ausreichen Würde und auch
in Zukunft eine Verzinsung ermöglicht, soll den Gläuhigern weder ein
Verzicht auf die Forderung nach auf sie garantierende Sicherheiten, noch
eine Umwandlung in Aktienrechte zugemutet werden. Auch letzteres nicht,
weil die zwangsweise Umwandlung von Forderungen in Aktien einen derart
aussergewöhnlichen Eingriff in die Gläubigerrechte bedeutet, dass sie
nur als aussergewöhnliches und nicht als normales Mittel zur Sanierung
stattfinden und gewissermassen nur als Ersatz für den dem Gläubiger im
Konkurse auszustellenden Verlustschein dienen sollte.

Der vorliegende Vertrag wird diesen Grundsätzen gerecht. Der Sachwalter
hat festgestellt, dass im Falle der Liquidation eine Dividende von
höchstens 37 bis 38%

zu erwarten wäre. Abgesehen davon, dass es sich dabei '

nur um eine hypothetische Annahme handelt und die nicht unbeträchtlichen
Kosten der Liquidation nicht berücksichtigt sind, so bietet der
Nachlassvertrag, der eine Reduktion der Forderungen auf 40% vorsieht, den
Gläubigern jedenfalls nicht weniger, höchst wahrscheinlich damit allein
schon erheblich mehr, als die Dividende im Konkurse betragen würde. Die
neuen Fordemngsrechte sind allerdings nicht fest verzinslich, vielmehr
ist der Zinsfuss vom Betriebsergebnis abhängig und beträgt im Maximum 5%
und es wird den Gläubigern für die Jahre, in denen der Zins ganz oder
teilweise ausfällt kein Nachforderungsrecht eingeräumt. Zieht man jedoch
in Betracht einerseits, dass im Liquidationsverfahren rnit einer Dividende
von weniger als 40% gerechnet werden müsste, andrerseits, dass nach
den Ausführungen der Experten für die noch verbleibenden Obligationen
die volle Verzinsung (5 %) von Anfang an in sicherer Aussicht steht,
die Obligationsgläubiger überdies

186 Entscheidungen

an einem über das zur Verzinsung Notwendige hinausgehenden Gewinn mit 40%
ihres ursprünglichen Forderungsbetrages als Aktionäre partizipieren und
auch die Leitung der Unternehmung mit Rücksicht auf ihren zukünftigen
Aktienbesitz zum grossen Teil in ihre Hand gelegt wird, so ist die durch
den Nachlassvertrag den Gläubigern eingeräumte Rechtsstellung als sehr
vorteilhaft zu bezeichnen. Von der Kreierung von Zinsnachgenussrechten
rechtfertigte es sich deshalb Umgang zu nehmen, weil die Gläubiger
anders als im Falle der Brunnen-Merschach-Bahn in grösserem Betrage
Aktionäre Werden, ihnen demnach auch der Zugriff auf einen allfälligen
Reingewinn in vermehrtem Masse offen steht und nach dem Gesagten für
sie ein Zinsenauskall auch in den ersten Jahren nach Durchführung der
Sanierung nicht zu befürchten ist. Auch der den Anleihensgläubigern
durch den Vertrag auferiegte Verzicht auf das ihnen nach den früheren
Anleihensbedingungen zustehende Recht, dass keinen ,andern Obligationen
bessere Rechte eingeräumt werden dürften als ihnen, liegt in ihrem
Interesse; denn nachdem nunmehr die. Unternehmung auf Veranlassung des
Instruktionsrichters den zum Bahnund Hotelbetrieb notwendigen Grund und
Boden erworben hat, muss sie auch in die Möglichkeit versetzt werden,
ihn für ein im Interesse der Sanierung neu aufzunehmendes Darlehen zu
verpfänden. Die Gesellschaft hat denn auch mit einem Bankenkonsortium
bereits im Monat März einen Kontokorrentkreditvertrag über einen ihr zu
gewährenden Vorschuss von 100,000 Fr. abgeschlossen. Andrerseits ergibt
sich, dass die den Gläubigern zugemuteten Opfer ausreichend sind, um die
Unternehmung wiederum lebensiähig zu machen; denn aus der vom Sachwalter
unter Berücksichtigung des Nachlassverfahrens aufgestellten Zukunftsbilanz
erhellt, dass nunmehr die Fortexistenz der Gesellschaft hinreichend
gesichert ist. Demnach ist die Angemessenheit'des Vertrages zu hejahen. -

der Zivilkaminern. N° 28. _ im

28. Urteil der II. Zivillabteiiung vom 25. Juni 1919 i. S. Hartkopf
und Kochs Erben gegen Nikielewsky. Berechnung des Streitwertes bei der
Kollokationsklage.Kol-

lokation der Regressforderung zweier Mithiirgen im Konkurse des dritten
Mitbiirgen.

A. A. Hartkopf, W. Koch und J. Rizzi gingen im Jahre 1912 gegenüber
der Rhätischen Bank zugunsten des Schreinermeisters Franz Beck für
den von ihm aufgenommenen Betrag von 9000 Fr. samt Zinsen und Kosten
eine solidarbiirgschakt ein. Am 8. September 1915 fiel Franz Beck in
Konkurs. Da damals Rizzi bereits eine Betreibungsstundung bewilligt war,
hielt sich die Bank an Hartkopi und die Erben des inzwischen verstorbenen
Koch und wurde aus deren Vermögen für den vollen Betrag ihrer Forderung
an Beck von 9849 Fr. 85 Cts. befriedigt. Die beiden Bürgen haben denn
auch im Konkurse Beck anstelle der Bank eine Forderung in dieser Höhe
geltend gemacht. si

Als am 15. August 1916 über J. Rizzi der Konkurs '

eröffnet wurde, meldeten sowohl A. Hartkopi als die

Erben Koch je eine Forderung von 9849 Fr. 85 Cts. an und wurden damit
zugelassen. Darauf erhob ein Konkursgläübiger, A. Nikieléwsky, Klage mit
dem Begehren: Es sei die im Konkurs .]. Rizzi anerkannte und kollozierte
(Bürgscliaftsregress-) Forderung des Be klagten im Betrage von 9849
Fr. 85 Cts. herabzusetzen auf 1641 Fr. 65 Cts., eventuell sei die
den beiden Mitbürgen Rizzis, Kochs Erben und A. Hartkopi' gemeinsam
zu kollozierende Forderung festzusetzen auf 3283 Fr. 30 Cts. .....
Es erkannten : , Das Bezirksgericht Oberlandquart durch Urteil vom
22. Juni 1918 : v I. Die Klage wird zum Teil gutgehcissen und ist der
Kollokationsplan der Massa Rizzi dahin abzuändern,
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 45 III 100
Datum : 01. Januar 1919
Publiziert : 31. Dezember 1920
Quelle : Bundesgericht
Status : 45 III 100
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : 100 Entscheidungen der Zivilkammern. N° 27 Entscheidungen der Zivilkammem. iran


Gesetzesregister
VZEG: 59 
SR 742.211 Bundesgesetz vom 25. September 1917 über Verpfändung und Zwangsliquidation von Eisenbahn- und Schifffahrtsunternehmungen
VZEG Art. 59
1    Der Sachwalter fertigt ein Schuldenverzeichnis an.
2    In dasselbe werden diejenigen Guthaben, die in das Pfandbuch des Departements eingetragen sind, die Forderungen der Grundpfandgläubiger des allgemeinen Zivilrechtes und die Partialobligationen der öffentlichen Anleihen ohne Pfandrecht, mit Einschluss notleidender Zinse, aufgenommen.
3    Der Sachwalter fordert durch öffentliche Bekanntmachung die Gläubiger auf, ihre Forderungen, soweit sie nicht von Amtes wegen in das Schuldenverzeichnis aufzunehmen sind, binnen 30 Tagen schriftlich bei ihm einzureichen, mit der Androhung, dass die Gläubiger im Unterlassungsfalle bei den Verhandlungen über den Nachlassvertrag nicht stimmberechtigt wären.
61 
SR 742.211 Bundesgesetz vom 25. September 1917 über Verpfändung und Zwangsliquidation von Eisenbahn- und Schifffahrtsunternehmungen
VZEG Art. 61
1    In der Zwischenzeit holt der Sachwalter die Erklärung der Unternehmung über die in das Schuldenverzeichnis aufgenommenen Forderungen ein. Er entscheidet hierauf, ob und in welchem Betrage die bedingten Forderungen oder solche mit ungewisser Verfallzeit sowie die bestrittenen Forderungen mitzuzählen und demgemäss die betreffenden Ansprecher bei den Verhandlungen über den Nachlassvertrag mitzuwirken berechtigt sind. Dem gerichtlichen Entscheid über den Rechtsbestand solcher Forderungen wird dadurch nicht vorgegriffen.
2    Der Sachwalter setzt die betreffenden Ansprecher und die Unternehmung von seinem Entscheide schriftlich in Kenntnis.
68
SR 742.211 Bundesgesetz vom 25. September 1917 über Verpfändung und Zwangsliquidation von Eisenbahn- und Schifffahrtsunternehmungen
VZEG Art. 68 - Der angenommene Nachlassvertrag wird vom Bundesgerichte bestätigt, wenn:
1  für die übernommenen Leistungen genügende Sicherheit bestellt ist. Die Bestellung von Sicherheit kann der Unternehmung erlassen werden, wenn sich dies nach der Natur der zugesicherten Leistung rechtfertigt, oder wenn die einzelnen Gläubiger ausdrücklich darauf verzichten;
2  die Bestimmungen des Nachlassvertrages den Interessen der Gläubiger angemessen sind und zwischen den einzelnen Gläubigergruppen ein Verhältnis wahren, das der Billigkeit und dem bisherigen Range der Forderungen genügend Rücksicht trägt;
3  die Unternehmung sich keine unredlichen oder grobfahrlässigen Handlungen oder Unterlassungen zum Nachteil der Gläubiger hat zuschulden kommen lassen.
ZGB: 836
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 836 - 1 Räumt das kantonale Recht dem Gläubiger für Forderungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem belasteten Grundstück stehen, einen Anspruch auf ein Pfandrecht ein, so entsteht dieses mit der Eintragung in das Grundbuch.
1    Räumt das kantonale Recht dem Gläubiger für Forderungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem belasteten Grundstück stehen, einen Anspruch auf ein Pfandrecht ein, so entsteht dieses mit der Eintragung in das Grundbuch.
2    Entstehen gesetzliche Pfandrechte im Betrag von über 1000 Franken aufgrund des kantonalen Rechts ohne Eintragung im Grundbuch und werden sie nicht innert vier Monaten nach der Fälligkeit der zugrunde liegenden Forderung, spätestens jedoch innert zwei Jahren seit der Entstehung der Forderung in das Grundbuch eingetragen, so können sie nach Ablauf der Eintragungsfrist Dritten, die sich in gutem Glauben auf das Grundbuch verlassen, nicht mehr entgegengehalten werden.
3    Einschränkendere Regelungen des kantonalen Rechts bleiben vorbehalten.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
vzeg • opfer • koch • erbe • frage • weiler • von amtes wegen • gemeinde • bundesgericht • 1919 • brunnen • pfand • verhältnis zwischen • entscheid • richtigkeit • retentionsrecht • deckung • wert • ertragswert • quorum
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