LN!) Obllgationenroeht. N' 42.

und das Urteil des Handelsgeiichts'des' Kantons Zürich vom 11. September
1918 dahin abgeändert, dass der von der Beklagten an den Kläger zu
bezahlende Betrag ven 14,590 Fr. 05 Cts. nebst 6% Zins von 14,576
Fr. 65 Cts. seit 5. Maî'1917, um 8800 Fr., also auf 5790 Fr. 05 Cts.
nebst Zins herabgesetzt wird. ss

42. Urteil der I. Zivilsbtoiluag vom 3. April 1919 i. S. Keim gegen
Munzinger & Cie. Kaufvertrag: Schadenersatzklage des Käufers wegen Nichts

1iekerung. Nichtigkeit des Geschäftes wegen Verstosses gegen die
Kriegswucherverordnung vom 10. August 1914.

A. Durch Vertrag vom 11. Januar 1916 verkaufte der Beklagte Keim
an die Klägerin Munzinger & C'e 15,000 kg coeosiett zum Preise ven 2
Fr. 35 Cts. per kg zur sofertigen Lieferung. Die Klägerin verkaufte das
gleich Quantum am folgenden Tage an die Münchener Fett-_ raffinerien und
Margarinet'abriken Saphir zum Preise von 2 Fr. 66 Cts. Da der Beklagte
nicht lieferte, setzte ihm die Klägerin mit Schreiben vom 17. Januar
eine letzte Frist bis zum 22. Januar 1916 an, unter der Androhung, dass
sie sich sonst anderweitig eindecken und ihn für die Differenz belasten
werde. Der Beklagte antwortete hierauf am 24. Januar, sein Lieferant
verspreche ihm, alles aufzubieten, um das Fett zu erhalten. Mit Telegramm
vom 1. Februar setzte die Saphir ihrerseits der Klägerin eine Nachfrist
zur Lieferung bis zum 3. Februar und schloss nach unbenütztem Ablauf
der Frist einen . Deckungskauf zum Preise von 3 Fr. 32 Cts. ab.

Am 22. Februar 1916 hob die Klägerin gegen den Beklagten Klage an,-mit
der sie als Schadenersatz den Gewinn verlangte, den sie durch die
Weiterlieferung an . die Saphir gemacht hätte, und sie behielt sich in
derObllgationenrecht. N° 42. 281

Hauptverhandlung Vom 11. Mai 1916 die Geltendmachung weiterer
Schadenersatzansprüche ausdrücklich vor, für den Fall, als die Saphir
ihrerseits mit der am 24. Februar

1916 beim Handelsgericht Zürich gegenüber der Klägerin

anhängig gemachten Schadenersatziordemng obsiegen sollte. Die
Klägerin wurde dann mit ihrer Schadenersatz-. l'orderung geschützt,
in letzter Instanz durch das Bundes-. gerieht mit Urteil vom 9. Februar
1918. Inzwischen hatte auch die Saphir gegenüber der Klägerin, laut
Urteil des Bundesgerichts vom 29. September 1916, mit einer Forderung
von 9600 Fr. nebst 5% Zins seit 10. Februar 0bgesiegt.* ., B. Mit der
vorliegenden Klage verlangt nun die

Klägerin den Betrag, den sie an die Saphir habe

bezahlen müssen, und Ersatz der Kosten, die ihr durch jenen Prozess
entstanden seien, nämlich 10,340 Fr. per 16. Oktober 1916 als die der
Saphir zugesprochene Summe nebst Zinsen und Prozessentschädigung, 495
Fr. 40 Cts. Gerichtskosten und 500 Fr. Kosten des eigenen Anwalts.

Der Beklagte verlangt Abweisung der Klage.

C. Durch Urteil vom 4. Oktober 1918 hat das Handelsgerieht Zürich die
Klage im vollen Umfange geschützt. ' .

D. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte die Berufung an das Bundesgericht
erklärt, mit dem Antrag auf Aufhebung und auf gänzliche Abweisnng
der Klage.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung : .

Im Vordergrund steht der heute vom Beklagten mit Nachdruck erhobene
Einwand der Nichtigkeit des dem Prozess zu' Grunde liegenden
Reehtsgeschät'tes wegen Verstosses gegen eine hundesrätiiche
Vorschrift. Den nämlichen Einwand hatte schon die Klägerin ihrerseitsim
Prozesse gegen die Saphir erhoben, woraus freilich nicht geschlossen
werden darf,.sie habe die Richtigkeit

*) AS ia u Nr. 73 s. 481 ff.

Les-) ovnpmawe N42. '

jener Auffassung anerkannt, denn es ist klar, dass sie sich im eigenen
Interesse des heutigen Beklagten gegenüber der Saphir 'so gut als
möglich wehren musste, weshalb es nahe lag, dass sie auch diesen
Standpunkt einnahm. Wenn das Bundesgericht damals den Einwand als
unbegründet erklärt und infolgedessen die Klägerin zur Bezahlung von
Schadenersatz an die * Saphir verurteilt hat, so hindert dies nicht,
die Frage auf Grund der vorliegenden Akten einer neuen materiellen
Prüfung zu unterwerien, wobei das Hauptgewicht auf die Gültigkeit
des Kaufes Keim-Munzinger &, Cie zu legen ist. Diese Prüfung,
auf Grund des inzwischen besser abgeklärten Sachverhaltes, zeigt
aber. dass tatsächlich schon der-erste Kauf gegen Art. 1 litt. c der
bundesrätlichen Verordnung vom 10. August 1914 betreffend Verteuerung
von Nahrungsmitteln und andern unentbehrlichen Bedarfsgegenständen
verstiess. Nach dieser Bestimmung macht sich des Wuchers schuldig wer, in
der Absicht, aus einer Preissteigerung geschäftlichen Gewinn zu ziehen,
im Inland Einkäufe von Nahrungsmitteln oder andern unentbehrlichen
Bedarisgegenständen macht, die sein gewöhnliches Geschäftsbedürinis
erheblich übersteigen. Diese Voraussetzungen treffen in casu nach
der Auslegung, welche das Bundesgericht ihnen gegeben hat (vergl.
insbes. Urteil des ,Kassationshofes vom 3. Dezember 1918 i. S. Bloch,
AS 44 l S. 208 ff.), in allen Teilen zu. Denn die gedachte Vorschrift
will solche Geschäfte als .illegitim und irregular ausschliessen, die
als volkswirtschaftlich-überfliissig und schädlich erscheinen, indem sie
,im wirtschaftlichen Leben des Landes keine nützliche Funktion erfüllen,
sondern bloss privatwirtschaitlichen Spekulationen dienen und daher die
Wirtschaftsorganissation stören, insbesondere durch Herbeiführung von
Preissteigerungen allgemein nachteilig Wirken, was gerade ,hier der
Fall sein musste; und sie umfasst, wie das Bundesgericht wiederholt
ausgesprochen hat, den ganzen ,sog. Kettenhandel. Es braucht daher
nicht neuerdingsObligationenrecht. N° 43. 283 geprüft zu werden, ob der
Kauf Munzinger & Cle/ Saphir zum Zwecke der Ausfuhr erfolgte, und daher
seinerseits dem Art. 4 des Bundesratsbcschlusses vom 27. November 1915
betreffend Verkauf von Butter und Käse zuwiderlief.

War aber der zwischen den Parteien abgeschlossene Kauf wegen seines
widerrechtlichen Inhalts nach Art.20
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 20 - 1 Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
1    Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
2    Betrifft aber der Mangel bloss einzelne Teile des Vertrages, so sind nur diese nichtig, sobald nicht anzunehmen ist, dass er ohne den nichtigen Teil überhaupt nicht geschlossen worden wäre.
OR nichtig, so ist klar, dass
er keine Schadenersatzforderung begründen kann. Deshalb ist die
vorliegende Klage abzuweisen, ohne dass auf die übrigen, vom Beklagten
erhobenen Einwendungen einzutreten ist. Dem steht auch das Urteil des
Bundesgerichts vom 9. Februar 1918 im früheren Prozesse zwischen den
heutigen Parteien nicht entgegen, weil damals die Frage, ob die Klage
nicht wegen Nichtigkeit des Kaufes unbegründet sei, nicht aufgeworfen
und demgemäss auch nicht entschieden worden war.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

ss Die Berufung wird begründet ,erklärt, das Urteil des Handelsgeriehts
des Kantons Zürich vom 4. Oktober 1918 aufgehoben und die Klage gänzlich
abgewiesen.

43. Urteil derI. Zivilabteilung vom 11. April 1919
i. S. Schweiz. Essehinen Import A.-G. c. Miéviue Art 10
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 10 - 1 Ist ein Vertrag unter Abwesenden zustande gekommen, so beginnen seine Wirkungen mit dem Zeitpunkte, wo die Erklärung der Annahme zur Absendung abgegeben wurde.
1    Ist ein Vertrag unter Abwesenden zustande gekommen, so beginnen seine Wirkungen mit dem Zeitpunkte, wo die Erklärung der Annahme zur Absendung abgegeben wurde.
2    Wenn eine ausdrückliche Annahme nicht erforderlich ist, so beginnen die Wirkungen des Vertrages mit dem Empfange des Antrages.
" Abs. 2
OR. Schadenersatz wegen Nichterfüllung. Ausschluss der Haftung
'? Unzulässigkeit der Geltendmachung eines schon lange vor dem Ablauf
der Nach--

frist und der Verzichtserklärung auf die Lieferung liquidierten Schadens.

A. Mit Schreiben vom 6. September 1916 offerierte die Beklagte,
Schweiz. Maschinen Import A.-G. in Zürich, dem Kläger, Charles Miéville
in Paris, unter Bezugnahme auf eine Besprechung : 10 Drehbänke Vira
150 B zum

A8 45 n .,1919 ao
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 45 II 280
Date : 03. April 1919
Published : 31. Dezember 1920
Source : Bundesgericht
Status : 45 II 280
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : LN!) Obllgationenroeht. N' 42. und das Urteil des Handelsgeiichts'des' Kantons Zürich


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