48 * Stats:-echt.

InfolgedeSSen bildete die Bestellung vom 15. September 1916 nicht einen
selbständigen Kauf . oder Kommissionevertrag, sondern nur den Abruf
einer Teillieferung auf

Grund der bereits vorher festgesetzten" Vertragsbestim

mungen. In eine derartige Abrufserklärung hinein

gehört aber eine Vereinbarung über den Gerichtsstand

nicht soll für Streitigkeiten zwischen den Parteien ein

besonderer Gerichtsstand bestimmt werden, so muss,

dies vernünftigerweise in Beziehung auf das ganze Vertragsverhältnis
geschehen ; die Wahl eines besondern Richters in Beziehung auf eine
Teillieferunghat keinen

Sinn. Ein Verzicht auf den Gerichtsstand des. Wohnertes

wie er hier in Frage steht, sollte zudem auch vermöge seiner Tragweite
Bestandteil des eingehend erWogenen ,Vertrages und nicht einer ; rasch
abgegebenen Abrufserklärung sein. Dass der Rekursbeklagte es unterliess,
die Aufnahme der GerichtsStandsklausei in den Vertrag zu bewirken, dann
aber den Rekurrenten veranlasste, sich für den Abruf einer Teillieferung
eines Bestellscheines zu bedienen, der die Gerichtsstandsklausel gedruckt
enthielt, ohne ihn hierauf ,aufmerksam zu machen, lässt sich nur daraus
erklären, dass er vom Rek'urrenten einen Verzicht auf den Gerichtsstand
des Wohnsitzes zu erhalten suchte, ohne in ihm'das Bewusstsein hierüber
zu wecken. Der Rekurrent hat sich denn auch über die Abgabe einer solchen
Erklärung offenbar keine Rechen-

sehakt gegeben, sonst hätte er sich über die nachträgliche '

Einschmuggelung der Klausel zweifellos aufgehalten. Er

konnte sich darauf verlassen, dass es sich bei Unterzeich'

nung des Bestellzettels nur um den Abruf einer Teillieferung handle, im
übrigen aberkikür ihn der Vertrag massgebend sei, und schenkte daher. der
Gerichtsstandshestimmung keine oder doch nicht genügende Aufmerk-

samkeit, zumal. da sie in ganz kleinen Buchstaben ge--

druckt ist. Dies konnte auch, demsi'si-'siRekursbe-klagten

nicht entgehen; er kann sich daher nicht niit Grund .' darauf berufen,
dass eine aussen-Reh einwandfreie Erna-*Gerichtsstand. N° 6. W

rung über den Verzicht auf den Gerichtsstand des Wohn-

-_sitzes vor-liege sein gleichsamgegen Treu und Giauben

gehende-s Verhalten verdient keinen Schutz. Unter diesen Umständen
kommt-nichts darauf an, ob der Rekurrent jeweilenein Doppel des
Bestellzetteis erhalten'hat. Es ist somit. davon auszugehen, dass ein
wirksamer Verzicht des Rekurrenten auf den Gerichtsstand des Wohnsitzcs
nicht vorliegt. Die Zürcher Gerichte sind demnach zur Beurteilung der in
Frage stehenden Klage nach Art. 59
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
1    Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
2    Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig.
3    Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen.
4    Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls.
5    Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes.
BV unzusiändig. ' Der angefochtene
Beschluss ist daher aufzuheben. "Es wird Sache des Obergeüchtes sein,
einen neuen, hiemit im Einklang stehendenKostenentscheid für das kantonale
Verfahrean treffen.

Demnach erkennt das Bundesgericht

Dei Rekurs wird gutgeheissen und der Beschluss der I. Kammer des
Obergeriehtes des Kantons Zürich Tom 14 September 1918 in dem Sinne
aufgehoben, dass

die 7111 cher Gerichte als unzuständig zur Beurteilung der ' '

Klage des Rekursbeklagten erklärt werden.

e; Wu 1701224. um 1919 i. sms gegen Konkmriehter des Vordoriandos von
Appenzell li.-Rh.

_Art. 55 SchKG. Sind an verschiedenen Orten mehrere Konkurserkenntnisse
gegen denselben Schuldner erlassen worden, so geht das zuerst erlassene
nur vor, wenn es rechtgültig, also nicht etwa von einem unzuständigen
Richter ausgegangen ist. si . Art. 191
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 191 - 1 Der Schuldner kann die Konkurseröffnung selber beantragen, indem er sich beim Gericht zahlungsunfähig erklärt.
1    Der Schuldner kann die Konkurseröffnung selber beantragen, indem er sich beim Gericht zahlungsunfähig erklärt.
2    Der Richter eröffnet den Konkurs, wenn keine Aussicht auf eine Schuldenbereinigung nach den Artikeln 333 ff. besteht.
SchKG. Oertliche Kompetenz zur
Konkurseröfinung auf Grund einer Insolvenzerklärung. Art. 46
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 46 - 1 Der Schuldner ist an seinem Wohnsitze zu betreiben.
1    Der Schuldner ist an seinem Wohnsitze zu betreiben.
2    Die im Handelsregister eingetragenen juristischen Personen und Gesellschaften sind an ihrem Sitze, nicht eingetragene juristische Personen am Hauptsitze ihrer Verwaltung zu betreiben.
3    Für die Schulden aus einer Gemeinderschaft kann in Ermangelung einer Vertretung jeder der Gemeinder am Orte der gemeinsamen wirtschaftlichen Tätigkeit betrieben werden.83
4    Die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer ist am Ort der gelegenen Sache zu betreiben.84
SchKG. Die
Verlegung des Sitzes einer im Handelsregister eingetragenen juristischen
Person oder Gesellschaft ist für den Betreibungsort erst von dem auf
die Bekanntmachung im Handelsamtsblatt folgenden Tag an maSsgebend.

A.... Im Jahre 1916 wurde die Genossenschaft wart heim ins
Handelsregister von Appenzell A. -Rh. eingetragen, wobei Heiden als ihr
Sitz bezeichnet wurde. Ein-

,1551 1919' ' 4

50 Staatsrecht.

ziges Mitglied des Vorstandes ist Otto JosstisiWegmann, der auch 'allein
für die Genossenschaft zeichnet. Am 11.November 1918 fand laut einem
dem Handelsregisteramt des Kantons St.Gallen vorgelegten Protokoll
eine ausserordentliche Generalversammlung statt, an der die Verlegung
des Sitzes der Genossenschaft von Heiden nach St. Gallen beschlossen
wurde. Anwesend bei dieser Versammlung waren lediglich die Eheleute
J esti-Wegmann.

Der Beschluss wurde am 29. November ins Handels .

register von St. Gallen eingetragen und dies im Schweizen'schen
Handelsamtsblatt vom 4. Dezember 1918 bekannt gemacht. Am 2. Dezember
gab Josti vor dem Konkursgericht' St.Gallen die Erklärung ab, dass die
Genossenschaft zahlungsunfähig sei ; diese Behörde sprach gestützt hierauf
am genannten Tage nachmittags 2 Uhr über die Genossenschaft den Konkurs
aus. Schon vorher hatten aber zwei Gläubiger auf Grund von in Heiden

durchgeführten Betreibungen beim Konkursrichteramt'

des Vorderlandes von Appenzell A.-Rh. das Konkursbegehren gegen die
Genossenschaft gestellt. Am 2. Dezember 1918 nachmittags 4 Uhr wurde
daher auch vom Konkursrichter des appenzellisehen Vorderlandes über die
Genossenschaft der Konkurs eröffnet. Josti beschwerte sich hierüber beim
Obergerichtspräsidium von Appenzell A. Rh. ; die Beschwerde wurde aber
am 16. Dezember 1918 mit der Begründung abgewiesen, dass die Eintragung
' im appenzellischen Handelsregister nicht gelöscht und. daher der
Konkursrichter des Vorderlandes örtlich zuständig gewesen sei. ,

B. Gegen diesen Entscheid hat Josti für sich und namens der Genossenschaft
Wertheim , sowie im Einverständnis mit dem Konkursamt St.Gallen am
15. Februar 1919 die staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht
ergriffen. Er beantragt, das Konkurserkenntnis des Konkursrichteramtes
Vorderland sei aufzuheben und zu erkennen, dass das Konkursverfabren
vom Konkursamt St.Gallen durchzuführen sei.Gerichtsstand. N° 6. .;,L
Zur Begründung beruft er sich auf Art.4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV und Art. 55
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 55 - Der Konkurs kann in der Schweiz gegen den nämlichen Schuldner gleichzeitig nur an einem Orte eröffnet sein. Er gilt dort als eröffnet, wo er zuerst erkannt wird.


SchKG, indem er geltend macht, dass das st.gallische

Konkurserkenntnis allein wirksam sei, weil es dem appenzellischen
zeitlich vorangehe.

C. Das Obergerichtspräsidium beantragt unter Verweisung auf einen Bericht
des Konkursamtes Vorderland die Abweisung der Beschwerde. si

Der Konkursrichter des Vorderlandes stellt sich in seinen Gegenbemerkungen
ebenfalls auf den Standpunkt, dass die Beschwerde unbegründet sei.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

1. Da streitig ist, ob der Konkursrichter des Vorderlandes mit Rücksicht
auf das vom Konkursgericht

St.Gallen bereits erlassene Konkurserkenntnis nach dem

Betreibungsgesetz noch zuständig war, seinerseits den Konkurs zu eröffnen,
so handelt es sich um einen Kompetenzkontlikt zwischen den Behörden
verschiedener Kantone und zugleich um eine Gerichtsstandsfrage des
eid-genössischen Rechtes. Das Bundesgericht kann daher die streitkrage
auf Grund freier Prüfung beurteilen.

Ob Josti persönlich und namens der durch den Konkurs aufgelösten
Genossenschaft Wertheim zur Beschwerde legitimiert ist, kann dahingestellt
bleiben, da das Konkursamt St.Gallen sich mit der Anfechtung des
appenzellischen Konkurserkenntnisses einverstanden erklärt hat.
Dieses Amt als Konkursverwaltung ist in Verbindung mit dem Vorstand der
in Konkurs geratenen Genossenschaft jedenfalls berechtigt, die nötigen
Schritte zu unternehmen, damit nicht an' einem andern Orte in der Schweiz
ein zweiter Konkurs durchgeführt werde.

2. Nach dem System des Betreibungsgesetzes ist es an sich möglich,
dass gegen den nämlichen Schuldner an verschiedenen Orten in der Schweiz
Betreibungen geführt werden (vergl. JAEGER, Komm. z. SchKG Art. 55 N. 1
und 4). Es kann daher auch unter Umständen der Fall vorkommen, dass an
verschiedenen Orten gegen

52 Staatsrecnt.

denselben Schuldner gültig Konkursbegehren hängig sind, die alle zur
Konkm'seröfinungiühren können, und hieraus ergibt sich die Möglichkeit
einer-mehrfachen, an verschiedenen Orten in. der Schweiz erkannten
Konkurs-

eröflnung über einen Schuldner. Nun gilt aber in der.

Schweiz der Grundsatz der Einheit. und Attraktivkraft des Konkurses,
der es ausschliesst, dass zwei Konkurserölfnnngen und -verfahren gegen
denselben Schuldner neben einander bestehen. Daher bestimmt Art. 55
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 55 - Der Konkurs kann in der Schweiz gegen den nämlichen Schuldner gleichzeitig nur an einem Orte eröffnet sein. Er gilt dort als eröffnet, wo er zuerst erkannt wird.
SchKG,
dass bei mehrfachenan verschiedenen Orten erlassenen Konkurserkenntnissen
das frühere den spätern vorgehe.

Diese Regel gilt aber ihrem Grund und Zweck gemäss nur für das Verhältnis
zwischen Konkurserkenntnissen, die im übrigen als rechts-gültig erlassen
anzusehen sind. Erscheint die zeitlich vorgehende Konkurseröfinung als
rechtlich unwirksam, so kann sie der nachfolgenden ihre Rechtswirkung
nicht nehmen. Nun ist der Konkurs in St. Gallen auf Grund einer
Insolvenzerldärung, nach Art-. 191 und 192 SchKG, erkannt worden. Eine
solche Erklärung kann nicht an einem beliebigen Orte abgegeben werden,
sondern nur beim zuständigen Konkursgericht, d. h. bei demjenigen,
in dessen Sprengel der ordentliche Betreibungsort für den Schuldner
liegt (vergl. JAEGER, Komm. Art. 191 Nr. 3). für die Beantwortung der
Frage, wo sich am 2. Dezember 1918 der ordentliche Betreibnngs-ort der
Genossenschaft Wertheim befand, ist Art. 46 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 46 - 1 Der Schuldner ist an seinem Wohnsitze zu betreiben.
1    Der Schuldner ist an seinem Wohnsitze zu betreiben.
2    Die im Handelsregister eingetragenen juristischen Personen und Gesellschaften sind an ihrem Sitze, nicht eingetragene juristische Personen am Hauptsitze ihrer Verwaltung zu betreiben.
3    Für die Schulden aus einer Gemeinderschaft kann in Ermangelung einer Vertretung jeder der Gemeinder am Orte der gemeinsamen wirtschaftlichen Tätigkeit betrieben werden.83
4    Die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer ist am Ort der gelegenen Sache zu betreiben.84
SchKG massgebend,'
wonach die im Handelsregister eingetragenen juristischen Personen an ihrem
Sitze zu betreiben sind. Demgemäss war der ordentliche Betreibungsort der
Genossenschaft ursprünglich Heiden, und es kann sich lediglich fragen, ob
später bis zum 2. Dezember infolge einer Verlegung des Sitzes St. Gallen
ordentlicher Betreibungsort geworden sei. Allerdings ist dieser Ort auf
Grund eines Generalversammlungsbeschlusses vom 11. November, als neuer
Sitz am 29. November 1918 ins Handelsregister von St. Gallen eingetragen
werden. Allein selbst wenn der Beschluss und

Gerichtsstand. N° 6. ...). :

die Eintragung gültig war was dahingestellt sein mag ,so konnten sie
doch vor dem 4. Dezember keine Wirkung iür den Betreibungsort haben; denn
soweit das Handelsregister für das Betreibungsforum massgebend ist, wie
bei den darin eingetragenen juristischen Personen . und Gesellschaften,
tritt die Wirkung _ des Eintrages nicht vor der Bekanntmachung im
Handelsamtsblatt (sondern erst am Tage nachher) ein, und dies gilt
insbesondere auch bei einer Verlegung des Sitzes (vgl. AS 44 III Nr. 3;
JAEGER, Komm. Art. 46 N. 9). Demnach war st. Gallen am 2. Dezember 1918
noch nicht ordentlicher Betreibungsort der Genossenschaft Wertheim und
das Konkursgericht St. Gallen somit damals nicht zuständig, die von Josti
für die Genossenschaft abgegebene Insolvenzerklärung entgegenzunehmen
undgestützt hierauf den Konkurs zu eröffnen. Das von ihm erlassene
Konkurserkenntnis hat daher wegen örtlicher Unzuständigkeit keinen
Rechtsbestand und kann dem appenzel-lischen, das vom zuständigen Richter
ausgegangen ist, nicht vorgehen. ss

Es kann aber vom Bundesgericht wohl kaum förmlich aufgehoben werden,
weil dies nicht eventuell beantragt werden ist. Äusserlich liegen daher
zwei neben einander bestehende Konkurserkenntnissc vor. Diese dürfen
jedoch nicht zu zwei Konkursverfahren führen. Das Konkursamt St. Gallen
wird verpflichtet sein, dem st. gallischen Konkurserkenntnis keine
Folge zu geben und damit die Durchführung des Konkurses dem Konkuisamt
des appenzellischen Vorderlandes zu überlassen ; es könnte hiezu von
diesem nötigenfalls auf dem Beschwerdeweg gezwungen werden; denn das
Konkurserkenntnis eines örtlich unzuständigen Richters ist für ein
Konkursamt nicht verbindlich (vergl. JAEGER, Komm. Art. 178 N.-4 und
die dort'zitierten Entscheidungen).

Demnach èrkenni das Bundesgericht : Der Rekurs wird abgewiesen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 45 I 49
Date : 17. Januar 1919
Published : 31. Dezember 1920
Source : Bundesgericht
Status : 45 I 49
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : 48 Stats:-echt. InfolgedeSSen bildete die Bestellung vom 15. September 1916 nicht


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BV: 4  59
SchKG: 46  55  191
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