134 Entscheidungen der Schuldbetreibungs-

lichen Verwaltung fällig gewordene Mietzinsen greifen kann, indem
diese Summe nicht einmal zur Deckung der vorangehenden Pfandreehte
ausreicht. Die Inhaber der dritten Hypothek können diese Mietzinsen nicht
beanspruchen, weil sie keine Betreibung angehoben haben. Der Rekurs ist
daher dahin gutzuheissen, dass die Verteilungsliste vom 22. April 1918
diesen Grundsätzen entsprechend abzuändern ist. si

Demnach erkennt die Schuldbetr-. und Konkurskammer : Der Rekurswird im
Sinne del-Erwägungen gutgeheissen.

_36. Entscheid vom 101 September 1918 i. s. schämt

Art. 253
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 253 - 1 Die Konkursverwaltung erstattet der Gläubigerversammlung einen umfassenden Bericht über den Gang der Verwaltung und über den Stand der Aktiven und Passiven.
1    Die Konkursverwaltung erstattet der Gläubigerversammlung einen umfassenden Bericht über den Gang der Verwaltung und über den Stand der Aktiven und Passiven.
2    Die Versammlung beschliesst über die Bestätigung der Konkursverwaltung und, gegebenen Falles, des Gläubigerausschusses und ordnet unbeschränkt alles Weitere für die Durchführung des Konkurses an.
, Abs. 2 SchKG. Befugnisse der zweiten Glàubigerversammlung.
Abänderung des Kollokationsplanes durch sie ist unzulässig.

A. Die heutige Rekurrentin, Frau L. Schänzel, Wirtin in Miinchenstein,
hatte dem Alfons Rosenhlatt den zu ihrer Wirtschaft gehörenden
Konzertsaal vermietet, welcher von jenem als Fabrikräumlichkeit benutzt
wurde. Nachdem über Rosenblatt der Konkurs eröflnet worden war, meldete
die Rekurrentin mit Eingabe vom 12. April 1918 eine Forderung yon 5020
Fr. an für Instandstellung des Mietobjektes. Gleichzeitig kündigte
sie den Mietvertrag undverlangte, dass der Saal so bald als möglich
wieder hergerichtet werde, damit sie ihn Wieder benutzen könne. Die
Konkursverwaltung kollozierte diese Forderung in der V. Klasse. Gegen
diese Kollokation leitete die Reknrrentin Koilokationsklage ein mit
dem Antrag, die Forderung sei unter die piandversicherten Forderungen
aufzunehmen; denn es stehe ihr an den vom Mieter eingebrachten Maschinen
und andern Installationsgegenständen ein Pfandreeht zu. Am 28. Mai
stellte Rechtsanwalt S. namens der Rekurreniin beim Konkurs-

und Konkurskammer. N° 36.135

amt als Konkursverwaltung zu Handen der zweiten Gläubigerversammlung
das Begehren, es sei der Rekurrentinfür die Instandstellung des an den
Krid'aren vermieteten . Saales ein Betrag von 5000 Fr. eventuell ein von
sachverständiger Seite festzustellender Betrag zur Verfügung zu halten. Er
wiederholte in der am 3. Juli abgehaltenen zweiten Gläubigerversammlung
diesen Antrag, welcher trotz Einspruches verschiedener Gläubiger mit
23 gegen 5 Stimmen zum Beschluss erhoben wurde, weil Dr. S. neben der
Rekurrentin noch, 32 Arbeiter des Gemeins schuldners vertrat und deren
Stimmen im Sinne seines. für die Rekurrentin gestellten Begehrens abgab.

Gegen diesen Beschluss erhoben die Konkursgläubigcr Bingueli, CourVoisier,
Brütsehin und Ziegler bei der kanto-si nalen Aufsichtsbehörde Beschwerde
mit dem Antrage auf Aufhebung. Sie nahmen den Standpunkt ein, dass das
Verhalten des Dr. S. durchaus inkorrekt gewesen sei, indem er sich als
Vertreter der in erster Linie beteiligten Frau Schänzel in den Ausstand
hätte begeben sollen. Der angefochtene Beschluss verletzte die Interessen
der ' Gläubiger V. Klasse, weil dadurch die ihnen zukommende Dividende
verkleinert werde. Ganz abgesehen davon, sei die Gläubigerversammlung
überhaupt nicht kompetent; einen Beschluss zu fassen, welcher eine
Forderung privilegiere, ohne dass dieses Privileg im Kollokationsplane zum
Ausdruck komme, wodurch die interessierten Glan-' biger der Möglickeit
beraubt würden, das Privileg auf dem Wege des Kollokationsprozesses
zu beseitigen.

Rechtsanwalt S. namens Fran Schänzel beantragte, in seiner
Beschwerdeantwort die Abweisung der ,Be-, schwerde. Er bestritt nicht, mit
allen vonihm vertretenen Stimmeni'iir seinen Antrag gestimmmt zu haben,
behauptete aber, dass darin nichts Unerlaubtes erblickt werden könne ;
denn von stimmensammlung oder Stimmenkauf sei keine Rede. Es sei nicht
dargetan, dass seine Stellungnahme dem Willen der von ihm. vertretenen
Arbeiter widerspreche, sondern es müsse sogar angenommen

136 _ Entscheidungen 'der Schuld'betreihungs-

we1den, dass die Arbeiter aus sozialem Empfinden heraus den Antrag der
Frau schänzel unterstützt hätten. Der angefochtene Beschluss sei übrigens
nur die Sanktion des bisherigen Zustandes und er könne auch die Gläubiger
V. KIa'sse in ihren Rechten nicht verletzen, denn die Kenkurs'masse
sei in den Mietvertrag eingetreten. Diese letztere Behauptung wiid vorn
Konkursamt insi seiner Vernehmlassung als umsichtig bestritten.

Durch Entscheid vom 28. Juni hat die kantonale Aufsichtsbehörde die
Beschwerde gutgeheissen, in Erwägung, dass das Ve1 halten des Dr. S. ,sich
alsgroben Stimmenmissbrauch darstelle und sowohl dem Gesetze zuwider
sei als auch mit dem Zwecke des Konkursverfahrens in einem offenbar-en
Widerspruche stehe.

B. Gegen diesen, ihm am 28. Juni zugestellten Ent.scheid rekurriert
Dr. S. am 8. Juli an das Bundesgericht mit dem Antrage-, er sei aufzuheben
und der angefochtene Beschluss dei zweiten Gläubigerversammlung' im
Konkurse über A. Rosenblatt sei als zu Recht bestehend zu erklären. Zur
Begründung we1 den die von der Rekurrentin in ihrer Be'schwei deantwort
gemachten Ausführungen wiederholt und es wird vo1 allem die Behauptung
aufrecht erhalten. dass die Masse in den Vertrag eingetreten sei.

C. Die kantonale Aufsichtsbehörde trägt in ihrer Vernehmlassung auf
Abweisung des Resikm ses an. Sie hält daran fest, dass Dr. S. sein
,Stimmrecht missbrauchlich ausgeübt habe. Wenn auch den Gläubigern
I. Klasse kein Vorteil zugewendet werden sei, so habe sie auch unter
keinen Umständen ein Nachteil treffen können, und sie seien jedenfalls
inbezug auf die Eingabe der Frau Sehänzel rechtlich völlig desinteressiert
gewesen.

Die Séhul'dbetreibungsund Konkurskammer zieht in Erwägung:

si Es ist im vorliegenden Falle davon auszugehen, dass die Konkursmasse
in den zwischen dem Gemeinschuldner und der Rekurrentin abgeschlossenen
Mietvertrag'niehtund Konkurskammer. N° 36.137

eingetreten ist. Dies ergibt sich aus der Vernehmlassung der
Konkursverwaltung und es kann demgegenübei die }egiichen Beweises
euthehrende Bestreitung der R'e'ku1rsi_eiLtip nicht gehört werden. Demnach
ist die von ihrgeltend gemachte Forderung von 5020 Fr über welche der
angeicehtene Beschluss ergangen ist, eine K o n k' u r Sf o r 'd e 1° 11
g und nicht eine Masseforderung, wie un Rekui se darzutun versucht wird.

Nach Art. 253 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 253 - 1 Die Konkursverwaltung erstattet der Gläubigerversammlung einen umfassenden Bericht über den Gang der Verwaltung und über den Stand der Aktiven und Passiven.
1    Die Konkursverwaltung erstattet der Gläubigerversammlung einen umfassenden Bericht über den Gang der Verwaltung und über den Stand der Aktiven und Passiven.
2    Die Versammlung beschliesst über die Bestätigung der Konkursverwaltung und, gegebenen Falles, des Gläubigerausschusses und ordnet unbeschränkt alles Weitere für die Durchführung des Konkurses an.
SchKG 'heschliesst die zweite Gläubigerversannnkung
über die Bestätigung der Konkursverwaltung und gegebenenfalls
des Gläubiger-iusschusses' und ordnet unbeschränkt alles Weitere
zur Durchführung des Konkurses an. Diese Befugnis der zweiten
Gläubigerversammlung kann nun aber keine. unbedingte sein, in dem Sinne,
dass die Gläubiger durch Mehrheitsbeschl'uss schrankénlos über die
Aktibund Passivmasse verfügen dürften; vielmehr hat auch die zweite
Gläubigerversammlung sich an die allgemeinen gesetzlichen Vorschriften
übel das Konkuisx erfahren zu halten, und vor allem das Grundprinzip
des Kankurssiesis, wonach alle Gläubiger unter Vorbehalt der ihnen
nach Gesetz zustehenden Privilegien gleich behandelt werden müssen,
einzuhalten. schon hieraus erhellt, dass die zweite Gläubigervers'ammlung
an den Kollokationsplan gebunden ist; denn jeder Beschluss dei
Gläubiger. welcher dic-f einem einzelnen Gläubiger durch die KollokatiOn
(singe ' räumte Rechtsstellung vei'bessert, verschlimmert gleich? zeitig
die Rechtslage ai'ide1e1 Gläubiger, weil das Plus." das jenem zugewiesen
werden 'soll, diesen entzogen werden muss, indem sich die Aktivmasse
in ihrem Be- stande gleichbleibt; ein solcher Beschluss verletzt somit
das Prinzip der Gleichberechtigung aller Konkursgläubiger. Dass sich
die in Art. 253
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 253 - 1 Die Konkursverwaltung erstattet der Gläubigerversammlung einen umfassenden Bericht über den Gang der Verwaltung und über den Stand der Aktiven und Passiven.
1    Die Konkursverwaltung erstattet der Gläubigerversammlung einen umfassenden Bericht über den Gang der Verwaltung und über den Stand der Aktiven und Passiven.
2    Die Versammlung beschliesst über die Bestätigung der Konkursverwaltung und, gegebenen Falles, des Gläubigerausschusses und ordnet unbeschränkt alles Weitere für die Durchführung des Konkurses an.
SchKG zu Gunsten dei zweiten Gläubigerveisamml'ung
aufgestellten Befugnis? nicht auf das Kollokationssondern nur auf das
Ver-! wertungsbezw. Liquldationsveriabi en beziehen können? ergibt sich
ferner auch daraus, einerseits, dass Art. 253

138 Entscheidungen der Schuldbetreibungs-

Sch G im V. Abschnitt (Verwertung) des siebenteu Titels (Konkursverfahren)
eingereiht ist und andrerseits, dass nach dem Gesetz eine Abänderung
des Koliokationsplanes nur durch den Richter oder die Aufsichtsbehörde
erfolgen kann, durch den Richter, wenn Bestand, Rang oder Höhe
einer Forderung streitig sind, durch die Aufsichtsbehörde, wenn
ein formeller Mangel des Planes gerügt wird. Die Modifikation des
Koilokationsplanes zu Gunsten eines einzelnen Gläubigers kann also nicht
durch Mehrheitsbeschluss der Gläubiger geschehen.

Im vorliegenden Falle verfolgte nun Rechtsanwalt S. als Vertreter
der Rekurrentin mit seinem Antrage ausschliesslich den Zweck, denK o
110 R a t i 0 n s p l a n auf einem vom Gesetze nicht vorgesehenen,
also von ihm verpönten Wege a b z u ä n d e r n und die in jenem der
Rekurrentin eingeräumte Rechtsstellung zu verbessern, indem er einen
Beschluss provozierte-, wonach der Rekurrentin statt der Konkursdividende
der gesamte Fordenmgsbetrag zugewiesen werden sollte. Hiedurch wäre
aber der den andern Gläubigern der V. Klasse zukommende Anteil am
Erlös der Konkursaktiven um die Differenz zwischen dem ganzen von der
Rekurrentin angemeldeten Forderungsbetrag und der auf diese Forderung
entfallenden Dividende verkürzt worden. Dass der angefochtene Beschluss
als verkappte Abänderung des Kollokationsplanes aufzufassen ist, ergibt
sich übrigens auch daraus, "dass der von der Rekurrentin eingeleitete
Koflokations-prozess als gegenstandslos erklärt werden müsste, falls
der Beschluss als zu Recht bestehend anerkannt würde.

Da aber nach dem Gesagten die zweite Gläubigerversammlung zur Abänderung
des Koliokationsplanes nicht kompetent ist, so ist der Beschluss, wonach
der Rekurrentin der volle Forderungsbetrag ausgerichtet werden sollte,
von der Aufsichtsbehörde mit Recht'als gesetzwidrig kassiert worden.

Demnach erkennt die Schuldbetr.und Konkurskammer:

Der Rekurs wird abgewiesen.

und Konkurskammer. N° 37. 139

37. Auszug aus dem Entscheid vom 19. September 1918 i. S. Grimm.'
Verhältnis von Art. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 1 - 1 Das Gebiet jedes Kantons bildet für die Durchführung der Schuldbetreibungen und der Konkurse einen oder mehrere Kreise.
1    Das Gebiet jedes Kantons bildet für die Durchführung der Schuldbetreibungen und der Konkurse einen oder mehrere Kreise.
2    Die Kantone bestimmen die Zahl und die Grösse dieser Kreise.
3    Ein Konkurskreis kann mehrere Betreibungskreise umfassen.
der Kriegsnoveile und Art. 123 und 124 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 124 - 1 Auf Begehren des Schuldners kann die Verwertung248 stattfinden, auch wenn der Gläubiger noch nicht berechtigt ist, dieselbe zu verlangen.
1    Auf Begehren des Schuldners kann die Verwertung248 stattfinden, auch wenn der Gläubiger noch nicht berechtigt ist, dieselbe zu verlangen.
2    Der Betreibungsbeamte kann jederzeit Gegenstände verwerten, die schneller Wertverminderung ausgesetzt sind, einen kostspieligen Unterhalt erfordern oder unverhältnismässig hohe Aufbewahrungskosten verursachen.249
SchKG.

Nach Art. 1 der Kriegsnovelle kann der Schuldner, auch wenn das
Verwertungsbegehren gestellt werden ist, die Hinausschiebung
der Verwertung verlangen, wenn er sich verpflichtet, monatliche
Abschlagszahlungen von mindestens einem Achte] der Betreibungssumme an
das Betreibungsamt zu Handen des Gläubigers zu leisten und die erste
Rate sofort bezahlt. Diese Bestimmung steht im Gegensatz zu Art. 123
des Gesetzes, der es in das E rmessen des Betreibungsamts stellt,
ob der Aufschub gewährt werden soll und hebt diesen Artikel für die
Geltungsdauer der Kriegsnovelle auf, sofern nicht eine der in Art. 2
der Novelle genannten Forderungen in Frage steht. Immerhin kann das dem
Schuldner in Art. 1 ebenda eingeräumte Recht kein unbedingtes sein,
in dem Sinne, dass er unter allen Umständen auf der Verschiebung der
Verwertung beharren könnte; vielmehr " muss dieses Recht zessieren,
sobald dadurch die Rechte des Gläubigers auf ein möglichst günstiges
VerwertungSresultat beeinträchtigt werden ; denn die Vorschrift des
Art.] der Novelle ist ebensosehr in seinem als des Schuldners Interesse
aufgestellt werden, indem sie vermeiden wii], dass der Pfändungsbezw.
Pfandgegenstand zu einem Preise losgeschlagen werden muss, der zu
seinem Werte in keinem Verhältnis steht (JAEGER, N. 1 zu Art. 1 der
Kriegsnovelle). Hieraus erhellt aber, dass das Pfand sofort verwertet
werden kann und soll, wenn durch den Aufschub der von Art. 1 der Novelle
verfolgte Zweck sich nicht verwirklichen lässt, insbesondere also dann,
wenn der Vollstreckungsgegenstand schneller Wertverminderung ausgesetzt
ist oder einen kostspieligen Unterhalt erfordert
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 44 III 134
Date : 21. April 1918
Published : 31. Dezember 1919
Source : Bundesgericht
Status : 44 III 134
Subject area : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : 134 Entscheidungen der Schuldbetreibungs- lichen Verwaltung fällig gewordene Mietzinsen


Legislation register
SchKG: 1  124  253
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