280 Entscheidungen der Schuldbetreibungs-

weil sie sich unzweifelhaft nicht als Verfügung im
Vell-streckungsverfahren, sondern als blosser Inzident des
Beschwerdeverfahrens, nämlich als vorsorgliche Massregel zur
Aufrechthaltung des tatsächlichen Zustandes während der Hängigkeit
jenes Verfahrens darstellte, nicht auf dem Wege des Rekurses an das
Bundesgericht angefochten werden können, so ist eine solche Anfechtung
aber folgerichtig auch nicht möglich gegenüber einem Beschlusse, mit
dem die Aufsichtsbehörde die Rück-' gängigmachung der Massregel ablehnt.

Demnach hat die Schuldhetreibungsu. Konkurskammer erkannt :

Auf den Rekurs wird nicht eingetreten.

58. Auszug aus dem Entscheid vom 9. November 1917 i. S. Genossenschaft
Famos.

Art. i BstV. Begrifi' des Kausalzusammenhangs der Zahlungsunt'ähigkeit
mit dem Kriege.

Wie die Vorinstanz zutreffend hervorgehoben hat, kann die Rechtswohltat
der allgemeinen Betreibungsstundung nur solchen Schuldnern zugute
kommen, auf deren wirtschaftliche Lage der Krieg mit seinen Folgen
als unvorhersehbares Ereignis höherer Gewalt so eingewirkt hat,
dass sie bis zur Rückkehr normaler Zeiten ausser-Rande sind, ihre
Gläubiger voll zu befriedigen. Personen, die erst während des Krieges
und zum Zwecke der günstigen Ausnutzung der dadurch geschaffenen
Verhältnisse ein Geschäft übernehmen odergründen, haben, wenn dieses
entgegen ihren Hoffnungen zu einem Verlust führt, keinen Anspruch auf
eine allgemeine Betreibungsstundung, weil sie mit dem Kriege und der
damit im Zusammenhang stehenden Unsicherheit und VVandelbarkeit der
Wirtschaftlichen Verhältnisse von vornherein rechnen mussten (vergl.
Entscheid i. S. B'ischknecht & Cie vom 1. August 1917).___ ___

und Konkurskammer. N° 59. 231

59. Entscheid von lo. November 1917 i. S. Burkhardt.

Art. 260 SchKG. Begehren um Abtretung der Rechte der Masse auf Ersatz des
Schadens, welcher durch die Anlegung von Massegeldern bei einer privaten
Bank statt bei einer gesetzlich autorisierten Depositenanstalt i. S. von
Art. 24 SchKG seitens des Konkursverwalters entstanden ist ?

A. Am 15. Mai 1908 Wurde über Emil Burkhardt, Darmhändler in Eschlikon,
der Konkurs eröffnet. Die aus der Liquidation der Masse eingehenden
Gelder wurden zum Teil, wie behauptet wird auf Grund eines Beschlusses
der Gläubigerversammlung, nicht bei der kantonalen Depositenanstalt,
sondern bei der Leihund Sparkasse Eschlikon in Kontokorrent angelegt. Vor
Abschluss des Konkursverfahrens geriet die Leihund Sparkasse Eschlikon am
5. August 1912 selbst in Konkurs, sodass die Konkursmasse Burkhardt auf
ihrem Kontokorrentguthaben nur die den'Gläubigern V. Klasse im Konkurse
der Kasse zukommende Dividende erhalten wird. Mit Zahlungshet'ehl vom
26. Mai 1916 betrieb darauf ein Gläubiger irn Konkurse Burkhardt, der
heutige Rekurrent Gottfried Burkhardt, den früheren Konkursbeamten und
Konkursverwalter, Dr. von Streng, in Sirnach auf Zahlung von 13,180 Fr. 80
Cts., Betrag des mutmasslich der Konkursmasse Burkhardt" im Konkurse der
Leihkasse EschIikon entstehenden Ausfalls. Der Betriebene schlug Recht
vor, worauf die Sache einstweilen ruhen blieb. Gegen die im November
1916 erfolgte Auflegung der Schlussrechnung und Verteilungsliste im
Konkurse Burkhardt erhob G. Burkhardt Beschwerde mit der Begründung,
dass die Verteilung gemäss Art. 261 SchKG erst nach Eingang des Erlöses
der ganzen Konkursrnasse vorgenommen Werden dürfe, diese Voraussetzung
aber hier nicht zutreffe, indem die Schlussdividende im Konkurs der
Leihkasse Eschlikon noch ausstehe. Nachdem sich aus der Vernehmlassung
des Konkursamtes und den von ihm vorgelegten Akten er-

282 Entscheidungen der Schuldbetreibungs--

geben hatte, dass die Auslegung auf Grund einer Vereinbarung mit den
hauptsächlichen Gläubigern und in der Meinung erfolgt war, dass die
fragliche schlussdividende als ' nachträgliches Aktivum formlos verteilt
werden solle , wies die kantonale Aufsichtsbehörde mit rechtskräftig
gewordenem Entscheide vom 26. Januar 1917 die Beschwerde ah, weil sich der
Beschwerdeführer durch den Beitritt zu jener Vereinbarung des Rechtes,
das allerdings an sich nicht gesetzeskonforme Vorgehen des Konkursamtes
anzufechten, begeben habe und zu einem Einschreiten von Amtes wegen
unter den vorliegenden Umständen kein Anlass ,bestehe. Die Auszahlung
der nach der Verteilungsliste den Gläubigern zukommenden Betreffnisse
verzögerte sich dann, weil inzwischen die Ausrichtung einer weiteren
Abschlagsdividende im Konknrse der Leihkasse Eschlikon in nächste Nähe
gerückt war und Verhandlungen geführt wurden, um die letztere Masse im
Wege des Vergleiches zur sofortigen Aushändigung des gesamten der Masse
Burkhardt voraussichtlich noch zukommenden Betrages gegen Verzicht
auf weitere Ansprüche zu veranlassen. Obwohl demnach das Verfahren
nicht vollständig durchgeführt war, hat das Bezirksgericht Münchwilen
auf Antrag des Konkursamtes am 1 . Mai 1917 den Konkurs Burkhardt als
geschlossen erklärt.

Am 27. Juni 1917 verlangte darauf G. Burkhardt vom Konkursamt
die Abtretung der Rechte, welche der Masse gegen den früheren
Konkurs'verwälter, Dr. von Streng, auf Grund der oben namhaft gemachten
Umstände zustehen. Durch Verfügung vom 17. September wies indessen das
Konkursamt das Begehren ab, weil nach Schluss des Konkurses eine Abtretung
nach Art. 260 SchKG nicht mehr möglich sei, es sich überdies nicht um
Rechte der Masse gegen einen Dritten, welche allein der Abtretung fähig
Wären, sondern um eine persönliche Schadenersatzklage des Petenten handle,
endlich der Anspruch angesichts der Beschlüsse der Gläubiger-versammlung
auch offenbar unbegründet und verjährt sei. und Konkurskammcr. N° 59. 283

Eine dagegen gerichtete Beschwerde des G. Burckhardt ver-warf
die kantonale Aufsichtsbehörde am 11. Oktober 1917, indem sie
ausführte : mit der Behauptung, dass der Konkursverwalter entgegen
gesetzlicher Vorschrift Massegelder bei einer nicht autorisierten
Stelle hinterlegt und dadurch einen Verlust verursacht habe, werde
eine Schädigung der Masse und nicht bloss eines einzelnen Gläubigers
geltend gemacht. Es könne daher der darauf gegründete Anspruch von den
einzelnen Gläubigern wohl nur auf Grund einer Abtretung nach Art. 260
verfolgt werden. Jedenfalls müsse gewärtigt werden, dass dem Kläger
mangels einer solchen vom Richter die Klage-legitirnation abgesprochen
würde,sodass es den Vollstreckungshehörden nicht zukommen könne, aus
dem erwähnten Gesichtspunkte die Ausstellung der Abtretungsurkunde zu
verweigern. Ebenso sei in diesem Verfahren nicht zu untersuchen, ob
der Anspruch an sich begründet und ob er eventuell verjährt ware oder
nicht. Auch hier handle es sich um materiellrecht-liche Fragen, deren
Entscheidung allein dem Richter zustehe. Dagegen halte das Konkursamt dem
Beschwerdeführer mit Recht den erfolgten Schluss des Konkursverfahrens
entgegen. Mit dem Schlusserkenntnis habe die Liquidation des Massegutes
ihr Ende gefunden. Eine nachträgliche Admassierung von Vermögensrechten
und folglich auch die Stellung von Ahtretungsbegehren in Bezug auf solche
wäre nur noch zulässig, wenn man es mit erst später entdeckten Aktiven
im Sinne des Art. 269 SchKG zu tun hätte, was augenscheinlich nicht
zutrefie. Dass der Schluss in einem Zeitpunkt verfügt worden sei, wo er
an sich nicht zulässig gewesen wäre, sei unerheblich, weil der Rekurrent
durch den Beitritt zu der im Entscheide vom 26. Januar 1917 erwähnten
Vereinbarung implicite seineZustimmung hiezu gegeben habe. Auch könne
es nicht Sache der Aufsichtsbehörde sein, das rechtskräftig gewordene
Erkenntnis des Bezirksgerichts zu kassieren. Wenn der Rekurrent damit
nicht ein-

284 Entscheidungen der Schuldhetreibungs--

verstanden gewesen sei, so hätte er es innert nützlicher Frist
weiterziehen sollen. Dass er es nicht getan, müsse ihm als Verzicht auf
die Geltendmachung der bekannten Ansprüche, soweit deren Liquidation
nicht vorbehalten worden sei, ausgelegt werden.

B. Gegen den ihm am 14. Oktober 1917 zugestellten Entscheid der
kantonalen Aufsichtsbehörde rekurriert G. Burkhardt am 24. Oktober 1917
an das Bundesgericht, indem er sein BeschWerdebegehren erneuert. Er
bestreitet, dass er je sein Einverständnis zum Schluss des Verfahrens
vor durchgeführt-er Verteilung gegeben habe. Auch wenn es geschehen
wäre, könnte darauf nichts ankommen, weil das eingeschiagene Verfahren
gegen zwingende Vorschriften des Gesetzes verstosse und daher für die
Aufsichtsbehörde umsoweniger verhindlich sein könne, als ein Rechtsmittel
gegen das Schlusserkenntnis-selbst weder nach eidgenössischem, noch nach
kantonalem Rechte bestehe.

C. Die kantonale Aufsichtsbehörde hat auf Abweisung des Rekurses
angetragen und dabei u. &. bemerkt, die Behauptung, dass das
Schlusserkenntnis nach kantonalem Prozessrecht ein endgiltiges gewesen
sei, trefie nicht zu. Die Weiterziehbarkeit solcher Entscheide sei in
der Praxis stets anerkannt werden;

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht i n E r w ä g u n g :

Nach Art. 260 SchKG kann jeder Gläubiger die Abtretung derjenigen
Rechtsansprüche der Masse verlangen, auf deren Geltendmachung die
Gesamtheit der Gläubiger verzichtet. Voraussetzung des Abtretungsbegehrens
ist demnach, dass es sich auf einen Anspruch beziehe, welcher
Bestandteil der Konkursmasse bildet. Was zur Konkursmasse gehört, wird
in Art. 197 -203 SchKG bestimmt. Es sind die Vermögensstücke, welche dem
Gemeinschuldner zur Zeit der Konkurseröfinung gehören oder nachher vorund
Konkurskammer. N° 59. 285"

Schluss des Konkursverfahrens anfallen, einerseits, die durch
die Konkurseröifnung begründeten Ansprüche auf Anfechtung von
ihm vorgenommener Rechtshandlungen nach Art. 214 , 285 -289 SchKG
anderseits. Nur Rechte dieser Art oder Vermögenswerte, die durch deren
Liquidation an ihre Stelle getreten sind, können demnach Gegenstand der
Verfolgung durch die Gläubigergesamtheit, bezw. eines Verzichtsbesehlusses
der letzteren nach Art. 260 SchKG sein. Denn die Gesamtheit der Gläubiger
bildet

eine Gemeinschaft, in welcher der Wille der Mehrheit auch

bindende Kraft für die Minderheit beanspruchen kann, nur insoweit, als
es sich aus der ihr zugewiesenen gemeinsamen Aufgabe, der Realisierung
des alien zustehenden konkursmässigen Beschlagsrechts am Vermögen des
Gemeinschuldners zum Zwecke der gemeinsamen Befriedigung ergibt. Es
kann ihr deshalb auch die Fähigkeit zur Bildung eines körperschaitlichen
Willens nur insoweit zukommen, als es jener Zweck erfordert.

Danach erscheint es aber ausgeschlossen dass der Anspruch, welcher hierin
Frage steht, nämlich die Forderung gegen den Konkursverwalter auf Ersatz
des durch angeblich schuldhaft pflichtwidrige Ausübung seines Mandates
gestifteten Schadens, als ein der Abtretung im Sinne von Art. 260 SchKG
fähiges Aktivum der Masse betrachtet werden könnte, weil man es dabei
weder mit einem Vermögensrechte des Gemeinschuldners, noch mit einer
Anfechtung nach Art. 214, 285 289 des Gesetzes, sondern mit Rechten
zu tun hat, die aus der Verletzung eines den Konkursgläubigern als
solchen gegenüber bestehenden Pflichtverhältnisses hergeleitet werden
und daher unmittelbar in der Person dieser selbst entstehen. Es kann
daher eine solche Forderung niemals von der Gläubigergesamtheit als
Gemeinschaft, sondern nur von den einzelnen Gläubigern, in dem Umfange
als sie tatsächlich geschädigt sind, geltend gemacht werden. Dann bedarf
es aber auch zur Erhebung der Klage einer Abtretung nach

236" Entseheidun gen der Schuldbetreibungs-

Art. 260 nicht, da diese nur da nötig ist, wo die Verfolgung des Anspruchs
ohne solche ausschliesslich der Gesamtheit der Gläubiger zustehen würde.

Etwas anderes ist denn auch in dem von der Vorinstanz angeführten
Entscheide AS 22 Nr. 47 nicht ausgesprochen werden. Denn in jenem
Falle handelte es sich nicht um einen Schadenersatzanspruch gegen den
Konkursverwaltet-, sondern um eine Klage gegen den Betreibungsbeamten
wegen Vorenthaltung eines durch Pfändung in seine Hand gekommenen, in
die Konkursmasse fallenden Geldbetrages, also um die Eintreibung eines
Masse-aktivums im oben umschriebenen Sinne. Ebenso glaubt die Vorinstanz
zu Unrecht, dass darüber, ob der Rekurrent zu seiner Legitimation einer
Abtretung hedürfe, vom Richter und nicht von den Aufsichtsbehörden
zu entscheiden sei, weshalb ihm nicht durch deren Verweigerung die
Klagemöglichkeit abgeschnitten werden. di'nsi'fe. Wenn, wie feststeht und
unbestreitbar ist, es den Aufsichtsbehörden zukommt, darüber zu befinden,
ob ein bestimmtes Vermögensrecht seiner Natur nach überhaupt Bestandteil
des Masse bilden, (1. h. dem konkursmässigen Beschlags-

recht der Gläubiger unterliegen könne, so ist es auch

allein deren Sache festzustellen.,'was aus dem erwähnten Gesichtspunkte
Gegenstand der Abtretung nach Art. 260 sein kann und nicht. Verneinen
sie die Notwendigkeit der Abtretung, weil der im, Streite liegende
Anspruch keinesfalls der Gesamtheit der Gläubiger, sondern höchstens
jedem von ihnen persönlich zustehen könne, so ist diese Entscheidung für
den Richter verbindlich und kann er dem Kläger nicht mangels Verlegung
einer Abtretungsurkunde die Legitimation zur Klage aberkennen.

Demnach hat die Schuldbeti'eibungsu. Konkurskammer erkannt :

. Der Rekurs wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen. und
Konkurskammer. N° 60. 287

60. Arrèt du 21 novembre 1917 dans la cause Meyer-Lehmann.

Sursis général aux poursuites : Intéréts hypothecaires echus depuis
deux ans. Appreciation de la situation du débiteur. Valeur actuelle de
l'immeuble à considérer.

A., Le 1"! octobre 1917, les époux Arnold et Marie Meyer, aubergistes à
Grandfey, ont sollicité du president du Tribunal de la Sarine un sursis'
général aux poursuites jusqu'au 31 décembre 1917. Les requerants
exposaient': Leurs irnmeubles, achetés pour le prix de 38 000 fr.,
sont greves Id'hypothèques pour environ 31 000 fr. En. 'outre ils ont
pour environ 7000 fr. de dettes chirographaires. L'actif, qui comprend
aussi un stock de marchandises, couvre le passif. Les événements de la
guerre empèchent les époux Meyer de désintéresser aetuellement leurs
créanciers. .

B. Le president du Tribunal a écarté la demande de sursis par decision
du 29 octobre 1917 motivée comme suit :

Le stock des marchandises en cave vaut environ 700 fr. Les immeuhles,
dont la taxe cadastrale est de 31 743 fr., peuvent étre évalués à 34
743 fr. Le prix d'achat de 38 000 fr. payé en 1909 est certainement trop
élevé. L'actif se monte au total à 35 443 fr. Le passif atteint 37 965
fr. 95. Les epoux Meyer doivent donc etre considérés comme insolvables
et le bénéfice du sursis ne peut leur etre accordé. Il faut relever
en outre que les requerants ne paient pas les intéréts des créances
hypothécaires. En ce qui concerne la Brasserie Beauregard et M. Guhl,
les intéréts sont echus depuis deux ans.

C. Les époux Meyer ont recouru au Tribunal fédéral. Ils maintiennent
leur demande de sursis.

La Grande Brasserie de Beauregard a conclu au rejet du recours.
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 43 III 281
Date : 09 novembre 1917
Publié : 31 décembre 1918
Source : Tribunal fédéral
Statut : 43 III 281
Domaine : ATF - Droit des poursuites et de la faillite
Objet : 280 Entscheidungen der Schuldbetreibungs- weil sie sich unzweifelhaft nicht als


Répertoire des lois
LP: 24  197  203  214  260  261  269  285  289
Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
mesure • hameau • office des faillites • masse en faillite • administration de la faillite • autorité inférieure • procédure de faillite • dommage • moyen de droit • emploi • question • tribunal fédéral • caisse des dépôts et consignations • volonté • qualité pour agir et recourir • pré • partie intégrante • caisse d'épargne • décision • fin
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