58 Staatsrecht.

VI. DEROGATORISCHE KRAFT DES BUNDESRECHTS

FORCE DÉROGATOIRE DU DROIT FEDERAL

9. Urteil vom 15. März 1917 1. S. Wellig gegen Saeco u. Einîeîtugsrichber
Brig. Bedeutung des Art. 182 Abs. 1 GG. A 1t. 2 U e b.B e s t. zur BV:
Die Bùrgs eh-aft zur Leistung von Pro-

zesskostensieherheitunterstehtals solche nicht dem kant. Prozessreeht,
sondern den Art. 492 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 492 - 1 Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger des Hauptschuldners, für die Erfüllung der Schuld einzustehen.
1    Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger des Hauptschuldners, für die Erfüllung der Schuld einzustehen.
2    Jede Bürgschaft setzt eine zu Recht bestehende Hauptschuld voraus. Für den Fall, dass die Hauptschuld wirksam werde, kann die Bürgschaft auch für eine künftige oder bedingte Schuld eingegangen werden.
3    Wer für die Schuld aus einem wegen Irrtums oder Vertragsunfähigkeit für den Hauptschuldner unverbindlichen Vertrag einzustehen erklärt, haftet unter den Voraussetzungen und nach den Grundsätzen des Bürgschaftsrechts, wenn er bei der Eingehung seiner Verpflichtung den Mangel gekannt hat. Dies gilt in gleicher Weise, wenn jemand sich verpflichtet, für die Erfüllung einer für den Hauptschuldner verjährten Schuld einzustehen.
4    Soweit sich aus dem Gesetz nicht etwas anderes ergibt, kann der Bürge auf die ihm in diesem Titel eingeräumten Rechte nicht zum voraus verzichten.
. OR.

A. Das Gesetzbuch über die bürgerliche ProzessOrdnung des Kantons Wallis
vom 30. Mai 1856 (bPO) erklärt in den Art. 339 und 340 den Kläger,
sowie auch den appellierenden Beklagten. pflichtig, auf Anlangen für
die Prozesskosten genugsame Sicherheit zu leisten, und bestimmt ferner:

Art. 341. Die Sicherheit kann durch Bürgschaft oder durch Geldhinterlage
oder, in deren Ermanglung, durch Spezialverpfändung hinreichender
Liegenschaften geleistet werden. si

Art. 342. Die Sicherheitsleistung geschieht mittelst Hinterlage beim
Aktuariate entweder des Geldes, oder eines authentischen Bürgschaftenktes,
oder mittelst einer Hypothekaussetzung.

B. In einem vor dem Einleitungsrichter des Bezirks Goms sehwebenden
Arrestprozess zwischen dem Unternehmer Saeco in Brig, dem heutigen
Rekursbeklagten, und einem bei Prozessheginn in Oberwald (Bez1rk Goms)
wohnhaiten Elektriker Decoppet leistete der Rekurrent, Advokat Wellig
in Brig, als Anwalt Decoppets wegen eines von diesem veranlassten
Inzidenzverfahrens auf Verlangen der Gegenpartei Kosten--Derogatorische
Kraft des Bundesrechts. N° 9. 59

sicherheit, indem er mit Bot des Einleitungsriehters vom 3. Oktober 1913
die unterschriftliehe Erklärung abgab, er stelle sich für den Mandanten
Decoppet als Kostenbürge , und beifügte, die Verbürgung beschlage nur
die Kosten betreffend die Inzidenz, nicht aber den Haupthandel. Der
Inzidenzstreit wurde durch Berufungsurteil des Gerichtshofs des
I. Kreises für den Bezirk Goms vom 2. April /16. Juni 1914 endgültig zu
Ungunsten Decoppets ,entschieden und dieser in die Kosten des Verfahrens
verfällt. Mit Zahlungsbefehl des Betreibungsamts Goms vom 23. Dezember
1914 leitete in der Folge Saeco gegen Decoppet,' früher in Oberwald, nun
unbekannten Aufenthalts , für den seinem Vertreter mit gerichtlichem Bot
vom 7. Juli zuvor angezeigten Kostenbetrag von 154 Fr. 40 Cts. Betreihung
ein und erhielt, nachdem der Schuldner sich auf die Zustellung des
Zahlungsbefehls durch Publikation im Walliser Amtsblatt nicht hatte
vernehmen lassen, am 18. Januar 1915 einen Pfändungsverlustschein
für Kapital, Zinsen und Kosten von insgesamt 165 Fr. 15 Cts. Diesen
Betrag setzte er sodann, mit Zahlungsbeiehl vom 17. November 1916,
gegen den Advokaten Wellig als Kostenbürgen gestützt auf die Urkunde
vom 3. Oktober 1913 in Betreibung. Wellig erhob Reehtsvorsehlag und
brachte gegenüber dem Rechtsöfinungsbegehren Saeeos folgende, schon in
der Reehtsvorschlagserldärung skizzierte Einwendungen vor:

1. Der angerufene Bürgschaftstitel sei nichtig, weil darin, in Missachtung
des Art. 493
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 493 - 1 Die Bürgschaft bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Erklärung des Bürgen und der Angabe des zahlenmässig bestimmten Höchstbetrages seiner Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
1    Die Bürgschaft bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Erklärung des Bürgen und der Angabe des zahlenmässig bestimmten Höchstbetrages seiner Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
2    Die Bürgschaftserklärung natürlicher Personen bedarf ausserdem der öffentlichen Beurkundung, die den am Ort ihrer Vornahme geltenden Vorschriften entspricht. Wenn aber der Haftungsbetrag die Summe von 2000 Franken nicht übersteigt, so genügt die eigenschriftliche Angabe des zahlenmässig bestimmten Haftungsbetrages und gegebenenfalls der solidarischen Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
3    Bürgschaften, die gegenüber der Eidgenossenschaft oder ihren öffentlich-rechtlichen Anstalten oder gegenüber einem Kanton für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen, wie Zölle, Steuern u. dgl. oder für Frachten eingegangen werden, bedürfen in allen Fällen lediglich der schriftlichen Erklärung des Bürgen und der Angabe des zahlenmässig bestimmten Höchstbetrages seiner Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
4    Ist der Haftungsbetrag zur Umgehung der Form der öffentlichen Beurkundung in kleinere Beträge aufgeteilt worden, so ist für die Verbürgung der Teilbeträge die für den Gesamtbetrag vorgeschriebene Form notwendig.
5    Für nachträgliche Abänderungen der Bürgschaft, ausgenommen die Erhöhung des Haftungsbetrages und die Umwandlung einer einfachen Bürgschaft in eine solidarische, genügt die Schriftform. Wird die Hauptschuld von einem Dritten mit befreiender Wirkung für den Schuldner übernommen, so geht die Bürgschaft unter, wenn der Bürge dieser Schuldübernahme nicht schriftlich zugestimmt hat.
6    Der gleichen Form wie die Bürgschaft bedürfen auch die Erteilung einer besonderen Vollmacht zur Eingehung einer Bürgschaft und das Versprechen, dem Vertragsgegner oder einem Dritten Bürgschaft zu leisten. Durch schriftliche Abrede kann die Haftung auf denjenigen Teil der Hauptschuld beschränkt werden, der zuerst abgetragen wird.
7    Der Bundesrat kann die Höhe der Gebühren für die öffentliche Beurkundung beschränken.
OR, kein Maximum angegeben und verlangt worden sei.

2. Der Bürge hatte sowieso nicht für die Kosten der Betreibung Decoppets;
denn diese sei am unriehtigen Ort erfolgt, da Decoppet zur Zeit der
Betreibungsanhebung seinen Wohnsitz bereits nicht mehr in Oberwald,
sondern, wie Saeco nach den Prozessakten habe Wissen müssen, in Lausanne
gehabt habe.

3. In das der Forderung zu Grunde liegende Kosten-

6D Staatsrecht.

verzeichnis seien unbegründeterweise 6 Posten im Gesamtbetrage von
39 Fr. 45 Cts., die sich nicht auf das Inzidenzverfahren bezögen, mit
aufgenommen worden. Sie könnten jedenfalls dem Bürgen gegenüber nicht
geltend gemacht werden, da das Kostenverzeichnis ihm nicht notifiziert
worden sei.

Mit Entscheid vom 29.'Novemher 1916 verwarf der Einleitungsrichter des
Bezirks Brig als Rechtsöffnnngsbehörde diese Einwendungen und er-kannte
: :

Die anbegehrte Rechtsöfi'nung wird gewährt; der Betriebene trägt die
Kosten des Verfahrens, Herrn Adv. Eschers 3 Fr. .

Der Entscheid beruht ,auf wesentlich folgenden Erwägungen: Die
Kostenhürgschaftsleistung des Advokaten Wellig im Bot vorn 3. Oktober
1913 entspreche den Vorschriften der Art. 339 und 342 wall. bPO, sowie den
Rechtsgepflogenheiten. Die Prozessbürgschaft habe öffentlich-rechtlichen
Charakter. Sie werde vom schweizerischen Privatrecht (OR) nicht berührt,
sondern unterstehe der kantonalen Gesetzgebung, speziell dem Prozessrecht.
Mit dessen Wesen sei sie eng verknüpft ; denn es handle sich dabei
nicht um eine freiwillige, sondern um eine, in jedem Prozess-Stadium
unter bestimmten Rechtsfolgen erzwingbare Leistung. Dass das kantonale
Prozessrecht sie regiere, spreche auch CURTI (gemeint ist : FICK) in
seinem Kommentar zum OR, Ziff. 38 auf S. 946, aus. Eine ziffermässige
Vorausbestimmung des Kostenhctrages wäre bei der Ungewissheit der
Aus; dehnung der Prozesse, des Eintretens von Zwischenfragen usw. kaum
möglich ; es bestände dabei die Gefahr, immer neue Bürgschaften leisten
oder verlangen zu müssen, was unbedingt nicht dem Sinne des Gesetzes
entspreche. Hier liege nun ein rechtskräftiges, vollstreckbares
Kostenverzeichnis vor, das den Advokaten Wellig und Perrig lange vor
Niederlegung ihres Mandates als Vertreter Decoppets angezeigt werden
sei. WelligDerogatorische Kraft des Bundesrechts. N° 9. 61

habe somit volle Kenntnis von den Kosten gehabt. Einer besonderen
Anzeige an ihn als Bingen habe es nicht bedurft ; vielmehr sei das
Kostenverzeichnis durch das stillschweigen der Mandatare rechtskräftig
und sowohl für Decoppet, als auch für dessen Bürgen verbindlich
geworden. Decoppet sei laut Verlustschein an seinem früheren Wohnsitz
Oberwald fruchtlos betrieben worden. Diese Ausklagung des Schuldners wäre
nach dem kantonalen Zivilgesetzbuche (Art. 1798) nicht nötig gewesen,
könne aber als Schonung für den Bürgen aufgefasst werden. _

C. Gegenüber dem vorstehenden (laut Art. 11 Abs. 2, wall. EG z. SchKG
an sich endgültigen) Bechtsöi'fnungsentscheide hat Advokat Wellig das
Bundesgericht angerufen, und zwar zunächst im Wege der zivilrechtlichen
Beschwerde wegen Anwendung kantonalen statt eidgenössischen Rechts,
auf die jedoch durch Urteil vom 24. Januar 1917 nicht eingetreten
worden ist, weil keine Zivilsache im Sinne des Art. 87
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 493 - 1 Die Bürgschaft bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Erklärung des Bürgen und der Angabe des zahlenmässig bestimmten Höchstbetrages seiner Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
1    Die Bürgschaft bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Erklärung des Bürgen und der Angabe des zahlenmässig bestimmten Höchstbetrages seiner Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
2    Die Bürgschaftserklärung natürlicher Personen bedarf ausserdem der öffentlichen Beurkundung, die den am Ort ihrer Vornahme geltenden Vorschriften entspricht. Wenn aber der Haftungsbetrag die Summe von 2000 Franken nicht übersteigt, so genügt die eigenschriftliche Angabe des zahlenmässig bestimmten Haftungsbetrages und gegebenenfalls der solidarischen Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
3    Bürgschaften, die gegenüber der Eidgenossenschaft oder ihren öffentlich-rechtlichen Anstalten oder gegenüber einem Kanton für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen, wie Zölle, Steuern u. dgl. oder für Frachten eingegangen werden, bedürfen in allen Fällen lediglich der schriftlichen Erklärung des Bürgen und der Angabe des zahlenmässig bestimmten Höchstbetrages seiner Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
4    Ist der Haftungsbetrag zur Umgehung der Form der öffentlichen Beurkundung in kleinere Beträge aufgeteilt worden, so ist für die Verbürgung der Teilbeträge die für den Gesamtbetrag vorgeschriebene Form notwendig.
5    Für nachträgliche Abänderungen der Bürgschaft, ausgenommen die Erhöhung des Haftungsbetrages und die Umwandlung einer einfachen Bürgschaft in eine solidarische, genügt die Schriftform. Wird die Hauptschuld von einem Dritten mit befreiender Wirkung für den Schuldner übernommen, so geht die Bürgschaft unter, wenn der Bürge dieser Schuldübernahme nicht schriftlich zugestimmt hat.
6    Der gleichen Form wie die Bürgschaft bedürfen auch die Erteilung einer besonderen Vollmacht zur Eingehung einer Bürgschaft und das Versprechen, dem Vertragsgegner oder einem Dritten Bürgschaft zu leisten. Durch schriftliche Abrede kann die Haftung auf denjenigen Teil der Hauptschuld beschränkt werden, der zuerst abgetragen wird.
7    Der Bundesrat kann die Höhe der Gebühren für die öffentliche Beurkundung beschränken.
OG vorliege, und
hierauf, noch rechtzeitig, im Wege des staatsrechtlichen Rekurses. Dieser
enthält den ' Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und das
Rechtsöffnungsbegehren Saecos abzuweisen, eventuell die Sache zu neuer
Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen... Zur Begründung wird,
als Verletzung des Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV, Wesentlich geltend gemacht : ' si

1. Der Einleitungsrichter von Brig gewähre auf Grund von
Kostenbürgschaften bald provisorische, bald definitive Rechtsöifnung ;
die hier gewährte definitive trage daher eine eklatante Rechtsungleichheit
zur Schau. Zudem liege überhaupt reine Willkür darin, bei Bürgschaften
definitive Rechtsöffnung zu gewähren, da hiefür laut Art. 82
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 82 - 1 Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen.
1    Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen.
2    Der Richter spricht dieselbe aus, sofern der Betriebene nicht Einwendungen, welche die Schuldanerkennung entkräften, sofort glaubhaft macht.
SchKG nur
provisorische Rechtsöffnung

_ gewährt werden dürfe.

s 2. Ferner liege Justizverweigerung vor, weil der Rechtsöffnungsrichter
diejenigen Posten des Kostenverzeichnisses, welche nicht auf die
angeblich verbürgte

62 Staatsreeht.

Inzidenz Bezug hätten, sowie auch die Kosten der offenbar am unrichtigen
Ort durchgeführten Betreibung gegen Decoppet, auf welche die Bürgschaft
sich gewiss nicht erstrecke, nicht ausgeschaltet habe.

3. Endlich habe sich der Rechtsöffnungsrichter der willkürlichen
Gesetzesauslegung dadurch schuldig gemacht, dass er annehme, die
Prozesskostenbürgschaft Werde durch die Art. 339
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 339 - 1 Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden alle Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis fällig.
1    Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden alle Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis fällig.
2    Für Provisionsforderungen auf Geschäften, die ganz oder teilweise nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfüllt werden, kann durch schriftliche Abrede die Fälligkeit hinausgeschoben werden, jedoch in der Regel nicht mehr als sechs Monate, bei Geschäften mit gestaffelter Erfüllung nicht mehr als ein Jahr und bei Versicherungsverträgen sowie Geschäften, deren Durchführung mehr als ein halbes Jahr erfordert, nicht mehr als zwei Jahre.
3    Die Forderung auf einen Anteil am Geschäftsergebnis wird fällig nach Massgabe von Artikel 323 Absatz 3.
und 342
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 342 - 1 Vorbehalten bleiben:
1    Vorbehalten bleiben:
a  Vorschriften des Bundes, der Kantone und Gemeinden über das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis, soweit sie nicht die Artikel 331 Absatz 5 und 331a-331e betreffen;
b  öffentlich-rechtliche Vorschriften des Bundes und der Kantone über die Arbeit und die Berufsbildung.
2    Wird durch Vorschriften des Bundes oder der Kantone über die Arbeit und die Berufsbildung dem Arbeitgeber oder dem Arbeitnehmer eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung auferlegt, so steht der andern Vertragspartei ein zivilrechtlicher Anspruch auf Erfüllung zu, wenn die Verpflichtung Inhalt des Einzelarbeitsvertrages sein könnte.
wall. bPO unter
Ausschluss des schweiz. OR regiert. Diese Prozessvorschrif-ten sprachen
sich über Voraussetzungen und Inhalt der Bürgschaft nicht aus, sondern
hiefür sei eben das OR massgebend, gleichwie für die dort neben der
Bürgschaft noch vorgesehenen Prozesskostenhypotek unzweifelhaft das ZGB.

D. Der Rekursbeklagte Saeco hat Abweisung des Rekurses beantragt. Es
handle sich nach der Rekursbegründung, wird eingewendet, in Tat und
Wahrheit einfach um angebliche Verletzung der Art. 82
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 82 - 1 Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen.
1    Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen.
2    Der Richter spricht dieselbe aus, sofern der Betriebene nicht Einwendungen, welche die Schuldanerkennung entkräften, sofort glaubhaft macht.
SchKG und 492 if OR,
also privatreehtlicher Vorschriften. Von einer Verfassungsverletzung könne
nicht die Rede sein. Dem Rekurs stehe daher Art. 182
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 82 - 1 Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen.
1    Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen.
2    Der Richter spricht dieselbe aus, sofern der Betriebene nicht Einwendungen, welche die Schuldanerkennung entkräften, sofort glaubhaft macht.
OG entgegen. Zudem
habe tatsächlich auch keine Gesetzesverletzung stattgefunden. Die
Rechtsöffnung sei gewährt worden auf Grund eines reehtskräftigen Urteils,
nämlich der gesetzmässig notifizierten und in Rechtskraft erwachsenen
Kostenliste, und werde somit eine definitive ein. Auf die Bemängelang
des Umfangs der ,Kostenforderung habe der Rechtsöffnungsrichter nicht
mehr eintreten können, noch viel weniger könne dies das Bundesgericht
tun-. Und bei seinem Entscheide, dass die Prozesskostenbürgschaft
öffentlich-rechtlichen Charakter habe und der kantonalen Gesetzgebung
unterstellt sei, habe der Rechts-offnungsriehter trotzdem auch die Frage
geprüft, ob der verbürgte Betrag in Zahlen angegeben sein müsse, um dem
OR Genüge zu leisten, komme aber zum Sehlusse, dass der Sinn des Gesetzes
nicht der sein könne. Wenn also auch das OR, nicht das kantonale Recht,
die vor-Derogatoriscbe Kraft des Bundesrechts. N°si 9. 63

liegende Bürgschaft regeln würde, so wäre die Gültig keitseinrede
des Rekurrenten nach dem Rechtsöffnungsrichter unhaltbar-, und sollte
dieser letztere den Art. 493OR unrichtig ausgelegt haben, so bestände
deswegen doch kein Grund für einen staatsrechtlichen Rekurs. Nun habe
aber auch das Bundesgericht mit Urteil vom 14. April 1916(AS 42 II N°
23 Erw. 3 S. 152 f.) festgestellt, dass dem Art. 493
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 493 - 1 Die Bürgschaft bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Erklärung des Bürgen und der Angabe des zahlenmässig bestimmten Höchstbetrages seiner Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
1    Die Bürgschaft bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Erklärung des Bürgen und der Angabe des zahlenmässig bestimmten Höchstbetrages seiner Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
2    Die Bürgschaftserklärung natürlicher Personen bedarf ausserdem der öffentlichen Beurkundung, die den am Ort ihrer Vornahme geltenden Vorschriften entspricht. Wenn aber der Haftungsbetrag die Summe von 2000 Franken nicht übersteigt, so genügt die eigenschriftliche Angabe des zahlenmässig bestimmten Haftungsbetrages und gegebenenfalls der solidarischen Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
3    Bürgschaften, die gegenüber der Eidgenossenschaft oder ihren öffentlich-rechtlichen Anstalten oder gegenüber einem Kanton für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen, wie Zölle, Steuern u. dgl. oder für Frachten eingegangen werden, bedürfen in allen Fällen lediglich der schriftlichen Erklärung des Bürgen und der Angabe des zahlenmässig bestimmten Höchstbetrages seiner Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
4    Ist der Haftungsbetrag zur Umgehung der Form der öffentlichen Beurkundung in kleinere Beträge aufgeteilt worden, so ist für die Verbürgung der Teilbeträge die für den Gesamtbetrag vorgeschriebene Form notwendig.
5    Für nachträgliche Abänderungen der Bürgschaft, ausgenommen die Erhöhung des Haftungsbetrages und die Umwandlung einer einfachen Bürgschaft in eine solidarische, genügt die Schriftform. Wird die Hauptschuld von einem Dritten mit befreiender Wirkung für den Schuldner übernommen, so geht die Bürgschaft unter, wenn der Bürge dieser Schuldübernahme nicht schriftlich zugestimmt hat.
6    Der gleichen Form wie die Bürgschaft bedürfen auch die Erteilung einer besonderen Vollmacht zur Eingehung einer Bürgschaft und das Versprechen, dem Vertragsgegner oder einem Dritten Bürgschaft zu leisten. Durch schriftliche Abrede kann die Haftung auf denjenigen Teil der Hauptschuld beschränkt werden, der zuerst abgetragen wird.
7    Der Bundesrat kann die Höhe der Gebühren für die öffentliche Beurkundung beschränken.
OR Genüge geschehe,
wenn sich die verbürgte Summe nur durch eine rechnerische Operation oder
eine logische Ueberlegung bestimmen lasse. Diese Voraussetzung sei hier
erfüllt, da der Rekurrent den verbürgten Kostenbetrag an Hand des Tarifs
habe voraussehen können.

E. ssAuch der Rechtsòiînungsrichter hat auf Abweisung des Rekurses
angetragen. Er hält an den Erwägungen des angefochtenen Entscheides fest
und schliesst sich ferner auch den Ausführungen des Rekursbeklagteu

an.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Der Rekursbeklagte und mit ihm der Rechtsöffuungsrichter halten dem
Rekurrenten zu Unrecht die Bestimmung des Art. 182
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 82 - 1 Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen.
1    Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen.
2    Der Richter spricht dieselbe aus, sofern der Betriebene nicht Einwendungen, welche die Schuldanerkennung entkräften, sofort glaubhaft macht.
OG entgegen. Diese
schliesst nach feststehender Auslegung (so AS 40 I N° 49 S. 433)den
staatsrechtlichen Rekurs nur insoweit aus, als das Bundesgericht wegen
angeblicher Verletzung privatoder strafrechtlicher Vorschriften
eidgenössischen Rechts auf einem andern Wege (vermittelst der
Berufung, der zivilrechtlichen Beschwerde oder der strafrechtlichen
Kassationsbeschwerde) angegangen werden kann, was hier bezüglich der
in dieser Hinsicht allein in Frage kommenden Vorschriften des OR über
die Bürgschaft nach dem zivilrechtlichen Inkompetenzentscheide des
Bundesgerichts vom 24. Januar 1917 feststehender-s massen nicht der
Fall ist. Daneben ist auch auf diesem Rechtsgebiete eine selbständige
Beschwerde über Ver-

64 Staatsrecht.

letzung verfassungsmässiger Rechte zulässig. Und diesem Erfordernis
entspricht der vorliegende Rekurs, indem darin ausdrücklich Art. 4
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 4 - 1 Wird der Antrag ohne Bestimmung einer Frist an einen Anwesenden gestellt und nicht sogleich angenommen, so ist der Antragsteller nicht weiter gebunden.
1    Wird der Antrag ohne Bestimmung einer Frist an einen Anwesenden gestellt und nicht sogleich angenommen, so ist der Antragsteller nicht weiter gebunden.
2    Wenn die Vertragschliessenden oder ihre Bevollmächtigten sich persönlich des Telefons bedienen, so gilt der Vertrag als unter Anwesenden abgeschlossen.
BBund,
was den Hauptbeschwerdegrund der Nichtberücksichtigung des Art. 493
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 493 - 1 Die Bürgschaft bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Erklärung des Bürgen und der Angabe des zahlenmässig bestimmten Höchstbetrages seiner Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
1    Die Bürgschaft bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Erklärung des Bürgen und der Angabe des zahlenmässig bestimmten Höchstbetrages seiner Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
2    Die Bürgschaftserklärung natürlicher Personen bedarf ausserdem der öffentlichen Beurkundung, die den am Ort ihrer Vornahme geltenden Vorschriften entspricht. Wenn aber der Haftungsbetrag die Summe von 2000 Franken nicht übersteigt, so genügt die eigenschriftliche Angabe des zahlenmässig bestimmten Haftungsbetrages und gegebenenfalls der solidarischen Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
3    Bürgschaften, die gegenüber der Eidgenossenschaft oder ihren öffentlich-rechtlichen Anstalten oder gegenüber einem Kanton für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen, wie Zölle, Steuern u. dgl. oder für Frachten eingegangen werden, bedürfen in allen Fällen lediglich der schriftlichen Erklärung des Bürgen und der Angabe des zahlenmässig bestimmten Höchstbetrages seiner Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
4    Ist der Haftungsbetrag zur Umgehung der Form der öffentlichen Beurkundung in kleinere Beträge aufgeteilt worden, so ist für die Verbürgung der Teilbeträge die für den Gesamtbetrag vorgeschriebene Form notwendig.
5    Für nachträgliche Abänderungen der Bürgschaft, ausgenommen die Erhöhung des Haftungsbetrages und die Umwandlung einer einfachen Bürgschaft in eine solidarische, genügt die Schriftform. Wird die Hauptschuld von einem Dritten mit befreiender Wirkung für den Schuldner übernommen, so geht die Bürgschaft unter, wenn der Bürge dieser Schuldübernahme nicht schriftlich zugestimmt hat.
6    Der gleichen Form wie die Bürgschaft bedürfen auch die Erteilung einer besonderen Vollmacht zur Eingehung einer Bürgschaft und das Versprechen, dem Vertragsgegner oder einem Dritten Bürgschaft zu leisten. Durch schriftliche Abrede kann die Haftung auf denjenigen Teil der Hauptschuld beschränkt werden, der zuerst abgetragen wird.
7    Der Bundesrat kann die Höhe der Gebühren für die öffentliche Beurkundung beschränken.
OR
betrifft, wenigstens der Sache nach auch der in Art. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 2 Zweck - 1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
1    Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
2    Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes.
3    Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern.
4    Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung.
Geb.-Best. 2. BV
enthaltene Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts
gegenüber dem kantonalen Recht als verletzt bezeichnet wird. Aus
Art. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 2 Zweck - 1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
1    Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
2    Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes.
3    Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern.
4    Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung.
Ueb.-Best. z. BV hat das Bundesgericht von jeher ebenfalls ein
Individualrecht abgeleitet und dessen Schutz gewährt,-selbst wenn die
Verfassungsbestimmung nicht ausdrücklich angerufen war (so z. B. neuestens
mit Urteil vom 20. Oktober 1916 i. S. Eidg. Bank gegen Konkursmasse der
sparund Leihkasse Bremgarten und Obergericht des Kantons Aargau: AS 42 }
N° 47 S. 360 f.). Auf den Rekurs ist somit einzutreten. '

2. Bei Beurteilung der Frage, ob die vom Rekurrcnten übernommene
Prozesskostenbürgschaft dem kantonalen der dem eidgenössischen Recht
unterstehe, muss zwischen der Pflicht der Sicherheitsleistung für die
Prozesskosten an sich und der Erfüllung dieser

flieht durch Bürgschaftsbestellung unterschieden werden. Was der
Rechtsöffnungsrichter vom Zusammenhang der Prozessbürgschaft mit dem
kantonalen Prozessrechi sagt, gilt unbestreitbar für die Pflicht der
Kostensicherheitsleistung als . solche: sie bildet in der Tat einen
Bestandteil des öffentlich rechtlichen Prozessver-hältnisses und Wird
deshalb an sich nach Voraussetzungen, Inhalt und Rechtswirkungen durch das
einschlägige kantonale Recht, insbesondere die Art. 339 ff. wall. bPO,
bestimmt. Anderseits aber ist die Bürgschaft ein privatrechtliches
Institut, das die eidgenössischen Vorschriften der Art. 492 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 492 - 1 Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger des Hauptschuldners, für die Erfüllung der Schuld einzustehen.
1    Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger des Hauptschuldners, für die Erfüllung der Schuld einzustehen.
2    Jede Bürgschaft setzt eine zu Recht bestehende Hauptschuld voraus. Für den Fall, dass die Hauptschuld wirksam werde, kann die Bürgschaft auch für eine künftige oder bedingte Schuld eingegangen werden.
3    Wer für die Schuld aus einem wegen Irrtums oder Vertragsunfähigkeit für den Hauptschuldner unverbindlichen Vertrag einzustehen erklärt, haftet unter den Voraussetzungen und nach den Grundsätzen des Bürgschaftsrechts, wenn er bei der Eingehung seiner Verpflichtung den Mangel gekannt hat. Dies gilt in gleicher Weise, wenn jemand sich verpflichtet, für die Erfüllung einer für den Hauptschuldner verjährten Schuld einzustehen.
4    Soweit sich aus dem Gesetz nicht etwas anderes ergibt, kann der Bürge auf die ihm in diesem Titel eingeräumten Rechte nicht zum voraus verzichten.
. OR, und
zwar mangels eines ausdrücklichen Vorbehalts zu Gunsten des kantonalen
Rechts ausschliesslich, regeln (vergl. über diesen allgemeinen Grundsatz
der Abgrenzung eidgenössischer und kantonaler Rechtshoheit z. B. AS 37
I NO 10 Erw. 3Derogatorische Kraft des Bundesrechts. N° 9. 65

-S. 45). Jene Vorschriften sind also auch massgebend für .die Verhürgung
von Verbindlichkeiten kantonalund -öifentlich-rechtlicher Natur (so
die Kommentare des OR : .Ossn. Vorbemerkung zum Titel der Bürgschaft,
Zifi'er 2,

S. 853 und Anmerkung 1 zu Art. 504; FICK, Vorbemerkung zum Titel der
Bürgschaft, Ziffer 3, S. 944,

während die vom Rechtsöflnungsrichter angerufene

Ziffer 38 ebenda nicht auf den Gegensatz von eidgenössischem und
kantonalem Recht, sondern auf die örtliche ,Rechtsanwendung bei
zwischenstaatlichen Verhältnis--

sen Bezug hat). Wenn daher Art. 341 wall. bPO be--

stimmt, dass die Prozesskostensicherheit u. a. durch Bürgschaft
geleistet werden kann, so wird damit in dem Sinne auf das eidgenössische
Bürgschaftsrecht abgestellt, dass der Akt der Sicherheitsleistung durch
Bürgschaft den bundesrechtlichen Erfordernissen einer Bürgschaftsurkunde
entsprechen muss. Hiezu gehört nach Art. 493
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 493 - 1 Die Bürgschaft bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Erklärung des Bürgen und der Angabe des zahlenmässig bestimmten Höchstbetrages seiner Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
1    Die Bürgschaft bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Erklärung des Bürgen und der Angabe des zahlenmässig bestimmten Höchstbetrages seiner Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
2    Die Bürgschaftserklärung natürlicher Personen bedarf ausserdem der öffentlichen Beurkundung, die den am Ort ihrer Vornahme geltenden Vorschriften entspricht. Wenn aber der Haftungsbetrag die Summe von 2000 Franken nicht übersteigt, so genügt die eigenschriftliche Angabe des zahlenmässig bestimmten Haftungsbetrages und gegebenenfalls der solidarischen Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
3    Bürgschaften, die gegenüber der Eidgenossenschaft oder ihren öffentlich-rechtlichen Anstalten oder gegenüber einem Kanton für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen, wie Zölle, Steuern u. dgl. oder für Frachten eingegangen werden, bedürfen in allen Fällen lediglich der schriftlichen Erklärung des Bürgen und der Angabe des zahlenmässig bestimmten Höchstbetrages seiner Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
4    Ist der Haftungsbetrag zur Umgehung der Form der öffentlichen Beurkundung in kleinere Beträge aufgeteilt worden, so ist für die Verbürgung der Teilbeträge die für den Gesamtbetrag vorgeschriebene Form notwendig.
5    Für nachträgliche Abänderungen der Bürgschaft, ausgenommen die Erhöhung des Haftungsbetrages und die Umwandlung einer einfachen Bürgschaft in eine solidarische, genügt die Schriftform. Wird die Hauptschuld von einem Dritten mit befreiender Wirkung für den Schuldner übernommen, so geht die Bürgschaft unter, wenn der Bürge dieser Schuldübernahme nicht schriftlich zugestimmt hat.
6    Der gleichen Form wie die Bürgschaft bedürfen auch die Erteilung einer besonderen Vollmacht zur Eingehung einer Bürgschaft und das Versprechen, dem Vertragsgegner oder einem Dritten Bürgschaft zu leisten. Durch schriftliche Abrede kann die Haftung auf denjenigen Teil der Hauptschuld beschränkt werden, der zuerst abgetragen wird.
7    Der Bundesrat kann die Höhe der Gebühren für die öffentliche Beurkundung beschränken.
OR die Angabe eines
bestimmten Betrages der Haftung des Bürgen. Dieses Erfordernis hat nun der
Rechtsöffnungsrichter hier nicht anerkannt und sich deshalb, entgegen der
Behauptung des Rekursbeklagten, auch nicht darüber ausgesprochen, ob es
erfüllt sei, sondern es ausdrücklich als für die Prozesskostenbürgschaft
nicht passend und nicht im Sinne des von ihm ausschliesslich in
Betracht gezogenen kantonalen Rechts liegend abgelehnt. Damit hat er,
in Anwendung dieses kantonalen Rechts, massgebendes eidgenössisches
Recht missachtet und so gegen Art. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 2 Zweck - 1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
1    Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
2    Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes.
3    Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern.
4    Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung.
Ueb.-Best. 2. BV verstossen. Aus
diesem Grunde ist sein Entscheid in der Meinung aufzuheben, dass er den
Einwand der Nichtigkeit der streitigen Bürgschaftsverpflichtung an Hand
des Art. 493
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 493 - 1 Die Bürgschaft bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Erklärung des Bürgen und der Angabe des zahlenmässig bestimmten Höchstbetrages seiner Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
1    Die Bürgschaft bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Erklärung des Bürgen und der Angabe des zahlenmässig bestimmten Höchstbetrages seiner Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
2    Die Bürgschaftserklärung natürlicher Personen bedarf ausserdem der öffentlichen Beurkundung, die den am Ort ihrer Vornahme geltenden Vorschriften entspricht. Wenn aber der Haftungsbetrag die Summe von 2000 Franken nicht übersteigt, so genügt die eigenschriftliche Angabe des zahlenmässig bestimmten Haftungsbetrages und gegebenenfalls der solidarischen Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
3    Bürgschaften, die gegenüber der Eidgenossenschaft oder ihren öffentlich-rechtlichen Anstalten oder gegenüber einem Kanton für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen, wie Zölle, Steuern u. dgl. oder für Frachten eingegangen werden, bedürfen in allen Fällen lediglich der schriftlichen Erklärung des Bürgen und der Angabe des zahlenmässig bestimmten Höchstbetrages seiner Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.
4    Ist der Haftungsbetrag zur Umgehung der Form der öffentlichen Beurkundung in kleinere Beträge aufgeteilt worden, so ist für die Verbürgung der Teilbeträge die für den Gesamtbetrag vorgeschriebene Form notwendig.
5    Für nachträgliche Abänderungen der Bürgschaft, ausgenommen die Erhöhung des Haftungsbetrages und die Umwandlung einer einfachen Bürgschaft in eine solidarische, genügt die Schriftform. Wird die Hauptschuld von einem Dritten mit befreiender Wirkung für den Schuldner übernommen, so geht die Bürgschaft unter, wenn der Bürge dieser Schuldübernahme nicht schriftlich zugestimmt hat.
6    Der gleichen Form wie die Bürgschaft bedürfen auch die Erteilung einer besonderen Vollmacht zur Eingehung einer Bürgschaft und das Versprechen, dem Vertragsgegner oder einem Dritten Bürgschaft zu leisten. Durch schriftliche Abrede kann die Haftung auf denjenigen Teil der Hauptschuld beschränkt werden, der zuerst abgetragen wird.
7    Der Bundesrat kann die Höhe der Gebühren für die öffentliche Beurkundung beschränken.
OR zu prüfen hat, wobei dann auch zu erwägen sein mag, ob
der Rekurrent in seiner doppelten Eigenschaft als Anwalt und als Bürge
mit diesem Einwande nach Treu und Glauben überhaupt zu hören sei.

3. Nach der vorstehenden Erwägung bedürfen die weiteren Rekursargumente
vorläufig keiner Erörterung,

AS 43 l 1917 5

66 Staatsrecht.

da ihre praktische Bedeutung vom neuen grundsätzlichen Entscheide des
Rechtsöfinungsrichters abhängt. Sollte dieser letztere neuerdings zur
Abweisung des Nichtigkeitseinwandes des Rekurrenten gelangen, so hätte
-e r sich zuerst wiederum mit den jenen Argumenten zu Grunde liegenden
Behauptungen zu befassen, also die Frage der betreibungsrechtlichen
Bedeutung des vorliegenden Kostenverzeichnisses gegenüber dem Rekurrenten
als Burgen, sowie die Frage, ob nicht die Haftung des Rekurrenten speziell
für die Kosten der erfolglosen Ausklagung des Hauptschuldners Decoppet
ausgeschlossen wäre, wenn diese Auskiagung Wirklich aus Versehen des
Gläubigers am unrichtigen Orte stattgefunden haben sollte, nochmals
zu prüfen.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt :

Der Rekurs wird gutgeheissen und der Rechtsöfi'nungsentscheid des
Einleitungsrichters des Bezirkes Brig vom 29. November 1916 im Sinne
der Erwägungen aufgehoben.

VII. AUSLIEFERUNG

EXTRAD ITIO N

10. Arrét du 9 mars 1917 dans la cause en extradition Babbat et Limoge.

Traité franco-suisse d'extradition: il est applicable meme lorsque
l'individu recherche n'a pas fui-. de France en Suisse, mais se trouve
en Suisse a la suite de ,son expulsion du territoire francais.

En cas de délit continu commis à la fois en France et en Suisse ainsi
qu'en cas d'aotivité delictueuse déployée en:Auslieferung. N ° 10. _ 67

Suisse, mais dont les etîets se sont produits en France, les tribunaux
suisses sont compétents pour statuer sur l'ensemble du délit et
l'extradition à l'Etat étranger doit par conséquent etre refusée.

A. Le 23 novembre 1916 ont été arrètés à Genève: Rabhat Gabriel, né le
15 mars 1883, banquier, ressortissant turc, et Limoge Philippe, né le
29 juillet 1857, représentant, ressortissant francais. Le 5 décembre
l'Ambassade de France en Suisse a réclamé l'extradition des deux
prévenus. A cette demande étaient joints trois mandats d'arrét décernés
par le Juge d'instruction près le Tribunal de la Seine.

1. Le premier de ces mandats d'arrét concerne Rabbat seul qui est inculpé
d'escroquerie, abus de confiance et tentatives d'escroquerie à raison
des faits relatès comme suit :

a) Affaire Farge.

Rabbat a recu à Paris la visite d'un nomine Farge, paysan illettré et
l'a engagé à acheter des parts de la Banque universelle donnant de gros
hénéfices et dont il lui assurerait la représentation pour ]'Auvergne;
il a prepare et fait signer par Farge une lettre par laquelle celui-ci
demandait qu'on lui envoyàt aussitòt les fonds. nécessaires pour cet
achat. En attendant l'arrivée de l'argent, Rahhat & accaparé Farge, le
conduisant au restaurant, au théätre, le ramenant en automobile,etc. Farge
a recu les fonds seit 6000 fr. mais dans l'antichamhre de Rahhat le
portefeuille qui contenait ces 6000 fr. et en outre 2350 fr. a disparu de
sa pelisse. Rabbat l'a console en affirmant que les operations fructueuses
dans lesquelles il allait l'engager répareraient hientöt cette perte ;
il l'a poussé à écrire chez lui pour demander de nouveau 6000 fr. Farge
ayant été rappelé chez lui, Rabbat l'a suivi en automobile et après lui
avoir offert ainsi qu'à sa fille un déjeuner à la gare du Pont de Dore,
il a obtenu de lui, à ce que dit Farge, un nouveau versement de 7000
fr. Moyennant paiement de 4500 fr., plus 1500 fr. avances à Paris --
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 43 I 58
Date : 15. März 1917
Published : 31. Dezember 1918
Source : Bundesgericht
Status : 43 I 58
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : 58 Staatsrecht. VI. DEROGATORISCHE KRAFT DES BUNDESRECHTS FORCE DÉROGATOIRE DU


Legislation register
BV: 2  4
OG: 87  182
OR: 4  339  342  492  493
SR 813.0: 182
SchKG: 82
Keyword index
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