178 Markenschutz. N° 26.

keine genügenden Gründe zu ersehen, Wonach diese Vorkehr nötig und
geeignet wäre, eine zukünftige Schädigung des Klägers zu vermeiden,
nachdem die Beklagte ja das Kreuzbild schon seit langem nicht mehr in
unzulässiger Weise verwendet hat.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt :

1. Die Beklagte wird bei ihrer Anerkennung der klägerischen Marke (lass
ano mit Stern behaftet.

2. In Abänderung des angefochtenen Entscheides wird das Klagebege
hren 1 in dem Sinne gutgeheissen, dass der Beklagten verboten wird,
Lakritzenproduktc mit der Bezeichnung Cassano und einem Kreuz mit oder
ohne Krone herzustellen undsizu vertreiben.

3. Hinsichtlich des Klagebegehrens 3 wird die Sache an die Vorinstanz
zurückgewiesen zu neuer Beurteilung des Begehrens auf Ersatz desjenigen
Schadens, der dem Kläger aus der rechtswidrigen Nachahmung der
klagen-schen Marke Cassano mit Stern durch die Beklagte im Sinne von
Ziffer 2 hievor entstanden ist.

4. Im übrigen wird die Berufung abgewiesen.Vel-sicherungsverîragsrecht. N°
27. 179

VII. VERSICHERUNGSVERTRAGSRECHTCONTRAT D'ASSURANCE

27. Urteil der n. Zivilabteilung vom 17. April 1916 i. s. La. Nationale,
Beklagte, gegen Biermann, Kläger.

Nichtanwendharkeit ausländischer Kriegsbestimmungen auf einen in der
Schweiz abgeschlossenen Lebens-versicherungsvertrag.

A. Die Beklagte, eine in der Schweiz konsessionicrte französische
Versicherungsgesellschaft, hat am 21. März 1900 mit dem, damals
in der Schweiz, gegenwärtig in Deutschland wohnhaften Kläger einen
Lebensversicherungsvertrag für die Summe von 100,000 Fr. abgeschlossen.

Unter Berufung auf das französische Kriegsdekret vom 27. September
1914 verweigert sie einerseits die Annahme der am 21. März 1915 fällig
gewordenen, vom Kläger gehörig angebotenen und am 12. Juli 1915 bei der
Gerichtskasse Basel-Stadt hinterlegten Jahresprämie von 2700 Fr. und
erklärt sie andrerseits im voraus, dass sie, falls Während des Krieges
der Versicherungsfall eintreten sollte, die Versicherungssumme nicht
auszahlen, wohl aber dem Kläger, bezw. seinen Hinterbliebenen reservieren
würde.

Die in Betracht kommenden Bestimmungen des erwähnten französischen
Kriegsdekrets lauten:

Art. 1: A raison de l'état_de guerre et dans l'interét de la defense
nationale, tout commerce avec les sujets des empires d'Allemagne et
d'Autn'che-Hongrie ou les personnes y résidant, se trouve et demeure
interdit.

Art. 2: Est nu] et non avenu comme contraire à

180 Versicherungsvertragsreeht. N° 27.

l'ordre public, tout acte ou contrat passé soit en territoire francais ou
de protectorat francais par toute personne, seit en tous lieux par des
Francais ou prctégés francais, avec des sujets des empires d'Allemagne
et d'AutricheHongrie, ou des personnes y résidant.

La nullité édictee a l'alinea precédent a comme point de départ la date du
4 aoùt pour l'Allemagne et eelle du 13 aoüt 1914 pour l'Autriche-Hongrie;
elle produira effet pendant toute la durée des hostilites et jusqu'ä
une date qui sera ultérieurement fixée par décret.

Art. 3 Abs. 1: Pendant le meme temps, est interdite et déclarée nulle
comme ccntraire à l'ordre public, l'exécution au profit de sujets des
empires d'Allemagne ou d'Autriche-Hongrie ou de personnes y résidant,
des obligations pécuniaires ou autres, résultant de tout acte ou contrat
passe, seit en territoire francais ou de protectorat francais par toute
personne, soit en tous lieux par des Francais ou protégés francais,
antérieurement aux dates llxées à l'alinéa 2 de l'article 2.

B. Durch Urteil vom 1-5. Februar 1916 hat das Appellationsgericht des
Kantons. Basel-Stadt in Bestätigung eines zivilrechtlichen Urteils vom
4. Dezember 1915 über die Klagebegehren:

1. Die Beklagte sei als verpflichtet zu erklären, die vom Kläger
angebotene am 21. März 1915 fällige Prämie von 2700 Fr. für die laut,
Polize N° 189,156 vom 20/21. März 1900 abgeschlossene Lebensversicherung
über 100,000 Fr. anzunehmen und dafür rechtsgültige Quittung zu erteilen,
und es sei für den Fall weiterer Annahmeverweigerung der Beklagten die
vom Kläger vollzogene gerichtliche Hinterlegung der Prämie von 2700
Fr. als rechtsgültige Zahlung gegenüber der Beklagten zu erklären.

2. Es sei festzustellen, dass der vom Kläger mit der Beklagten laut
Polize N° 189,156 abgeschlossene Lebensversichernngsvertrag zu Recht
besteht und dass dieVersicherungsvertrags'reeht. N° 27. 181

Beklagte jederzeit gegebenenfalles zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten
aus diesem Vertrag verpflichtet ist. erkannt:

I. Die Beklagte wird bei der Anerkennung behaftet, dass der vom Kläger
bei ihr laut Polize N° 189,156 ahgesehlossene Lebensversicherungsvertrag
zu Recht hesteht.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die ihr
aus diesem Vertrag nach Massgabe der Polize und des schweiz. Rechtes
dem Kläger gegenüber obliegenden Verpflichtungen jederzeit zu erfüllen
ohne Rücksicht auf die von der französischen Gesetzgebung aus Anlass
des Krieges Deutschland gegenüber erlassenen besonderen Bestimmungen. Î

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die ihr
vom Kläger angebotene Zahlung der am 21. März 1915 verfallenen Prämie
von 2700 Fr. anzunehmen und hiefür rechtsgültige Quittung auszuStellen,
widrig-Zufalls der Kläger berechtigt ist, den Betrag bei der Gerichtskasse
Basel im Sinne von OR 92 zu hinterlegen.

C. Gegen dieses Urteil richtet sich die vorliegende Berufung mit dem
Antrag auf Abweisung der Klage.

Das Bundesgericht zieht in E r w a g u n g :

1. Zu entscheiden ist einzig die Frage, ob das französische
Kriegsdekret vom 27. September 1914, worin die Erfüllung von
Schuldverpflichtuugen gegenüber Angehörigen des Deutschen Reichs oder
der OesterreichischUngarischen Monarchie für die Dauer "des Krieges
als verboten und nichtig (interdite et nulle comme contraire à l'crdre
public) erklärt worden ist, auf den zwischen den Parteien im Jahre 1900
in der Schweiz abgeschlossenen Lebensversiehernngsvertrag anwendbar sei.

Diese Frage ist schon deshalb zu verneinen, weil der

182 Versicherungsvertragsrecht. N° 27.

vorliegende Versicherungsvertrag seinem Inhalte und seinen Wirkungen
nach dem schweizerischen Rechte untersteht. Die Konzessionierung
ausländischer Versicherungsgesellschaften erfolgt in der Schweiz seit
dem Inkrafttreten des Versicherungsaufsichtsgesetzes vom 25. Juni
1885 von vornherein nur unter der Voraussetzung der ausschliesslichen
Anwendbarkeit des schweizerischen Rechts auf alle von den betreffenden
Versicherungsgesellschakten in der Schweiz abzuschliessenden
Versicherungsverträge. In den Allgemeinen Konzessionsbedingungen
(vgl. Bericht des Eidg.' Versicherungsamtes pro 1913, S. 187) kommt
dies zwar nur insofern zum Ausdruck, als darin gegenüber abweichenden
Bestimmungen der Statuten und Versicherungsbedingungen die unbedingte
Gültigkeit der zwingenden Vorschriften der Bundesgesetzgebung , also
der in Art. 97
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 97 - Folgende Vorschriften dieses Gesetzes dürfen durch Vertragsabrede nicht geändert werden: die Artikel 10 Absatz 2, 13, 24, 35b, 35c, 41 Absatz 2, 46a, 46b Absätze 1 und 2, 46c Absatz 1, 47, 51, 58 Absatz 4, 60, 73, 74 Absatz 1 sowie 95c Absätze 1 und 2.
und 98
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 98 - Die folgenden Vorschriften dieses Gesetzes dürfen durch Vertragsabrede nicht zuungunsten des Versicherungsnehmers oder des Anspruchsberechtigten geändert werden: die Artikel 1-3a, 6, 9, 11, 14 Absatz 4, 15, 20, 21, 28, 28a, 29 Absatz 2, 30, 32, 34, 35a, 38c Absatz 2, 39 Absatz 2 Ziffer 2 zweiter Satz, 41a, 42 Absätze 1-3, 44-46, 54, 56, 57, 59, 76 Absatz 1, 77 Absatz 1, 89, 90-95a, 95b Absatz 1, 95c Absatz 3 und 96.
VVG als unabänderlich erklärten Bestimmungen
vorbehalten ist. Allein dieser Vorbehalt hat notwendig zur Voraussetzung,
dass die in Betracht kommenden Verträge überhaupt dem schweizerischen
Recht unterstehen; dass aber diese letztere Voraussetzung erfüllt sei,
wurde bei der Abfassung der Konzessionsbedingungen als selbstverständlich
betrachtet. Tatsächlich entspricht denn auch die Anwendbarkeit des
schweizerischen Rechts dem bei beiden Kontrahenten vorauszusetzenden
Vertragswillen, demjenigen der ,Versicherungsgesellschaften insbesondere
deshalb, weil sie sich sowieso in jedem staate, in welchem sie Verträge
abschliessen wollen, nach der Landesgesetzgebung richten müssen, und
weil sie auch kraft positiver Gesetzesbestimmungen (in der Schweiz kraft
Art. 2 Ziff. 3, vg]. ausserdem Ziff. 4 des Aufsichtsgesetzes) in einem
jeden solchen Staate mindestens ein gerichtsstandhegründendes Domizil zu
ver-zeigen haben, im Zweifel aber-die Anerkennung des Gerichtsstandes
des Vertragsabschlusses zugleich als Unterwerfung unter das materielle
Recht des betreffenden Staates auszulegen ist. Die Beklagte anerkennt
denn auch, dass auf den vor-Versicherungsvertragsrecht. N° 27. 183

liegenden Vertrag ausschliesslich schweizerisches Recht anwendbar war,
solange der Kläger in der Schweiz wohnte, und ihren Ausführungen muss
entnommen werden, dass sie die Anwendbarkeit des schweizerischen
Rechts auch dann anerkennen würde, wenn der Kläger seinen Wohnsitz
wieder in die Schweiz verlegen würde. Das internationale Privatrecht
kennt nun aber keinen solchen, von einseitigen Handlungen der einen
Vertragspartei abhängigen, mit unheschränkter Wiederholungsmöglichkeit
verbundenen Wechsel der auf das interne Vertragsverhältnis anwendbaren
Gesetzgebung, und es erscheint auch ausgeschlossen, dass im vorliegenden
Falle der Wille der Parteien anlässlich des Vertragsabschlusses auf eine
derartige Wandelharkeit des für ihre Vertragsbeziehungen massgebenden
Rechts gerichtet war. Wandelhar sind nach allgemeiner Rechtsauffassung
bloss einerseits das im Verhältnis zu Dritten anwendbare Recht, -auch dies
übrigens nur in gewissen Beziehungen, namentlich im ehelichen Güterrecht,
andrerseits der G e ri c h t s s t a n d. Im vorliegenden Falle handelt
es sich indessen weder um Beziehungen zu Dritten, noch um die Bestimmung
des Gerichtsstandes.

3. Abgesehen davon, dass, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen
ergibt, der zwischen den Parteien abgeschlossene Versicherungsvertrag
als solcher nach wie vor dem schweizerischen Recht untersteht, kann
eine Anwendung des französischen Kriegsdekretes für den schweizerischen
Richter auch deshalb nicht in Betracht kommen, weil es sich dabei nicht um
privatrechtliche Bestimmungen, sondern um solche des öffentlichen Rechts,
und zwar um Vorschriften ganz exzeptionellen Charakters handelt. Fällt
grundsätzlich schon die Anwendung regulären öffentlichen Rechts eines
fremden Staates nieht in den Kompetenzbereich des inländischen Richters,
so ist a fortiori die Anwendung 3 olcher ausländischer Vorschriften,
welche die Bekämpfung des feindlichen Staates auf wirtschaftlichem
oder anderm

184 Versicherungsvertragsreeht. N° 27.

Gebiete bezwecken, dem Richter eines neutralen Staates nicht zuzumuten.

4. Aus demselben Grunde kann endlich auch nicht anerkannt Werden,
dass das von Frankreich gegenüber Deutschland für die Dauer des Krieges
erlassene Zahlungsund Erfüllungsverbot in der Schweiz eine Unmöglichkeit
der Leistung im Sinne des Art. 119
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 119 - 1 Soweit durch Umstände, die der Schuldner nicht zu verantworten hat, seine Leistung unmöglich geworden ist, gilt die Forderung als erloschen.
1    Soweit durch Umstände, die der Schuldner nicht zu verantworten hat, seine Leistung unmöglich geworden ist, gilt die Forderung als erloschen.
2    Bei zweiseitigen Verträgen haftet der hienach freigewordene Schuldner für die bereits empfangene Gegenleistung aus ungerechtfertigter Bereicherung und verliert die noch nicht erfüllte Gegenforderung.
3    Ausgenommen sind die Fälle, in denen die Gefahr nach Gesetzesvorschrift oder nach dem Inhalt des Vertrages vor der Erfüllung auf den Gläubiger übergeht.
OR bewirke. Uebrigens handelt es
sich nach den eigenen Ausführungen der Beklagten für sie nicht um eine
materielle Unmöglichkeit der Erfüllung, sondern nur um ein von Frankreich
erlassenes Ve r b o t, das sie auch in der Siehweiz beobachten zu sollen
glaubt, das aber, wie ausgeführt, auf sehweizerichem Gebiet jeglicher
Sanktion entbehrt.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt :

Die Berufung. wird abgewiesen und das Urteil des Appellationsgerichts
des Kantons Basel Stadt vom 15. Februar 1916 bestätigt. ss

. ··-. ......--

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I. FAM ILIEN RECHTDROIT DE LA FAMILLE

28. Urteil der II. Zivilabteilung vom 7. Juni 1916 ti... S. Sommer,
Beklagte, gegen Fankhauser, Klàgerinnen.

A r t. 323 ZGB. Ein n a c h der Beiwohnung abgegebenes E h ev e r s p
r e eh e n kann nicht zur Zuspreehung des Kindes mit Standesfolgen an
den Vater führen. Das E h e v e r sprech en kann auch ein bedingtes sein.

A. Am 8. März 1915 reichten die Klägerinnen die vorliegende Klage gegen
den Beklagten ein, mit den Anträgen, der Beklagte sei als ausserehelicher
Vater des von der Klägerin Anna F ankhauser am 22. Oktober 1914

gebotenen Mädchens Berta Fankhauser zu erklären und

das Kind ihm mit Standesfolgen zuzusprechen; ausserdem sei der Beklagte
gegenüber der Klägerin Anna Fankhauser zum. Ersatz der Entbindungskosten,
der Kosten des Unterhalts während vier Wochen vor und nach der Geburt,
der andern infolge der Schwangerschaft oder der Entbindung notwendig
gewordenen Auslagen,

sowie zu einer angemessenen Genugtuungssumme zu

verurteilen; eventuell, für den Fall der Ahweisung des Begehrens um
Zusprechung des Kindes mit Standesfolge an den Beklagten, sei der Beklagte
zur Bezahlung angemessener Beiträge an den Unterhalt und die Erziehung
des Kindes Berta Fankhauser, bis zum zurückgelegten 18. Altersjahr, zu
verpflichten. Zur Begründung der Klage wird in Art. 5 der Klage geltend
gemacht, die Klägerin Anna Fankhauser habe sich anfänglich dem Ansinnen
des Beklagten, ihm den Beischlaf zu gestatten, ss 4211 _ 1916 13
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 42 II 179
Date : 17. April 1916
Published : 31. Dezember 1916
Source : Bundesgericht
Status : 42 II 179
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : 178 Markenschutz. N° 26. keine genügenden Gründe zu ersehen, Wonach diese Vorkehr


Legislation register
OR: 119
VVG: 97  98
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authorization • basel-stadt • character • coincidence • coming into effect • contract conclusion • contract conclusion offer • contractual party • damage • decision • defendant • deposit in court • doubt • duration • event insured against • father • federal court • france • germany • hamlet • insurance contract • intention • legal demand • life • life insurance • lower instance • monarchy • nullity • obligation • payment • pregnancy • private international law • public policy • question • relationship between • sanction • sentencing • sexual intercourse • substantive law • swiss law